Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300231/2/Kei/Bk

Linz, 23.07.1999

VwSen-300231/2/Kei/Bk Linz, am 23. Juli 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung des Werner W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 15. Juni 1998, Zl. Pol 96-70-1996-Hol, wegen einer Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes, zu Recht:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991, § 45 Abs.1 Z1, § 45 Abs.1 Z3 und § 66 Abs.1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde der Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als Betreiber des Nightclubs und Tanzcafes 'E', 131, am 5.12.1996 gegen 22.05 Uhr im Bereich eines Nebenzimmers beim früheren Eingang dieses Nightclubs und Tanzcafes die Aufstellung von drei Geldspielapparaten der Marke 'Funworld' mit dem Spielprogramm 'Joker-Card' geduldet, obwohl es sich bei diesen Spielapparaten um verbotene Spielapparate handelt."

Dadurch erachtete die belangte Behörde die §§ 13 Abs.1 Z2, 13 Abs.2, 3 Abs.3 und 3 Abs.1 Z1 Oö. Spielapparategesetz als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte gemäß § 13 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz eine Geldstrafe von S 10.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 1.000,-- vorgeschrieben.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung. Die Berufung rügt Mangelhaftigkeit des Ermittlungsverfahrens und unrichtige rechtliche Beurteilung.

Die Berufung begehrt die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und strebt sinngemäß die Einstellung des Strafverfahrens an.

3. Das in der gegenständlichen Sache zuständige Mitglied des Oö. Verwaltungssenates hat nach Einsicht in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding, Zl. Pol96-70-1996 vom 30. Juni 1998, und in den Akt des Oö. Verwaltungssenates, Zl. VwSen-300230, festgestellt, daß das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist.

Mit Schreiben vom 3. Mai 1999 hat das in der Sache VwSen-300230 (Berufung gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 16. Juni 1998, Zl. Pol96-70-1-1996-Hol) zuständig gewesene Mitglied des Oö. Verwaltungssenates die belangte Behörde um eine notwendige Ergänzung des Ermittlungsverfahrens zur entscheidungswesentlichen Frage ersucht, mit welchem Einsatz pro Spiel die Geldspielapparate betrieben werden konnten und welcher höchste Gewinn möglich war. Die Strafbehörde übermittelte dazu einen von Richard Ortner, sachkundiger Bediensteter der Polizeiabteilung des Amtes der Oö. Landesregierung, verfaßten "Nachtrag zum Aktenvermerk vom 17. Jänner 1995" betreffend die Glücksspielapparate der Marke "Fun World" in der Diskothek "ESCAD", der mit 10. Mai 1999 datiert ist.

Dieser Nachtrag enthält eine Kurzbeschreibung der im "E" vorgefundenen Glücksspielapparate Fabrikat "Fun World" mit dem Programm "Jolly Joker". Unter Punkt 3. berichtet Herr O zu den Einsatzmöglichkeiten, daß am Gerät ein Münzeinwurf von S 10,-- und über ein Geldeinziehgerät die Eingabe eines Betrages von S 20,-- bis S 1.000,-- als Kreditguthaben (Spielguthaben) möglich ist. Die Einsatzmöglichkeiten pro Spiel befinden sich im Rahmen von S 2,-- bis S 50,-- je nach Einstellung der Software. Die tatsächliche Einstellung wird nicht festgestellt. Unter dem Titel Gewinnplan werden die verschiedenen Möglichkeiten der Gewinnerzielung (ähnlich wie beim Pokerspiel) aufgelistet. Je nach Einstellung der Software könne der Spieler den Einsatz im Bereich von S 2,-- bis S 40,-- verändern. Aus der Aufstellung von Herrn O ergibt sich, daß nach der Geräteeinstellung ein Gewinn mit dem Faktor 1.000 im Falle des Treffers "Five of a Kind" (zBsp bei einem Einsatz von S 2,-- ein Gewinn von S 2.000,-- usw.) oder mit dem Faktor 500 bei "Royal Flash" möglich ist.

4. Der Oö.Verwaltungssenat hat erwogen:

Die belangte Behörde ist ohne weitere Problematisierung davon ausgegangen, daß es sich bei den gegenständlichen Spielapparaten um Geldspielapparate iSd § 2 Oö. Spielapparategesetz und damit um gemäß § 3 Abs.1 Oö. Spielapparategesetz verbotene Spielapparate handelt. Sie hat dabei übersehen, daß nach der salvatorischen Klausel des § 1 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz die Bestimmungen dieses Landesgesetzes nur so ausgelegt werden dürfen, daß sie keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung entfalten. Demnach will der Landesgesetzgeber Überschneidungen mit Bundeskompetenzen, insbesondere mit dem Tatbestand "Monopolwesen" in Art.10 Abs.1 Z4 B-VG, vermeiden. Der Umfang des Glücksspielmonopols wird durch das Glücksspielgesetz - GSpG (BGBl Nr. 620/1989 idF BGBl Nr. 747/1996, BGBl I Nr. 69/1997 und BGBl I Nr. 90/1998) des Bundes vorgegeben (vgl Erl z RV GSpG 1.067 BlgNR 17. GP, 16 - Zu § 3 und § 4). In die subsidiäre Regelungskompetenz der Länder nach Art.15 Abs.1 B-VG können nur die vom Glücksspielgesetz nicht erfaßten Spiele fallen. Ausspielungen mittels Glücksspielapparaten (vgl § 2 Abs.2 GSpG) - die gegenständlichen Apparate würden auch den Begriff des Glücksspielapparates oder -automaten nach § 2 Abs.2 und 3 GSpG erfüllen - fallen grundsätzlich in die Kompetenz des Bundes. Ausnahmen vom Glücksspielmonopol des Bundes regelt § 4 GSpG.

Nach der im gegebenen Zusammenhang relevanten Ausnahme nach § 4 Abs.2 GSpG unterliegen Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten nicht dem Glücksspielmonopol, wenn

1. die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von S 5,-- nicht übersteigt und

2. der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von S 200,-- nicht übersteigt.

Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Erkenntnissen vom 18. Oktober 1993, Zl. VwSen-230233/15/Wei/Shn, vom 23. August 1994, Zl. VwSen-230253/7/Wei/Bk und vom 29. Oktober 1998, Zl. VwSen-300207/3/WEI/Bk, die Ansicht vertreten, daß aus kompetenzrechtlichen Gründen eine verfassungskonforme einschränkende Auslegung des Oö. Spielapparategesetzes geboten ist, wonach trotz der weiten Legaldefinition im § 2 Oö. Spielapparategesetz nur solche Geldspielapparate landesgesetzlich erfaßt werden, mit denen Bagatellausspielungen iSd § 4 Abs.2 GSpG tatsächlich durchgeführt werden. Demnach darf der mögliche Höchsteinsatz den Gegenwert von S 5,-- und der mögliche Höchstgewinn den Gegenwert von S 200,-- nicht übersteigen, widrigenfalls der Sachverhalt unter das Glücksspielmonopol zu subsumieren wäre. Zur näheren Begründung wird auf das Erkenntnis vom 18. Oktober 1993, Zl. VwSen-230355/15/Wei/Bk, verwiesen.

Das sog. kleine Glücksspiel kann demnach nur bei kumulativer Einhaltung der Bagatellgrenzen des § 4 Abs.2 GSpG vorliegen. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 1996, Zl. 93/17/0058, im gleichen Sinne klargestellt, daß die Ausnahmebestimmung des § 4 Abs.2 GSpG so zu verstehen ist, daß schon die Möglichkeit der Überschreitung einer der beiden Bagatellgrenzen genügt, um eine Ausnahme vom Glücksspielmonopol zu verneinen. Es kommt nach dieser Entscheidung nicht auf den bei einem Spiel konkret geleisteten Einsatz oder konkret erzielten Gewinn, sondern auf den bei einem Glücksspielautomaten nach seiner Funktionsweise pro Spiel möglichen Einsatz und die in Aussicht gestellte mögliche Gegenleistung an.

Die belangte Behörde hat die aufgezeigten Rechtsfragen verkannt und keine ausreichenden Feststellungen in tatsächlicher Hinsicht getroffen. Aus dem unter 3. referierten Nachtrag zum Aktenvermerk des sachkundigen Bediensteten Richard Ortner ergibt sich zwar keine tatzeitbezogene, eindeutige Aussage über die aktuellen Einsatzmöglichkeiten eines Spielers pro Einzelspiel, weil nur auf Einsatzmöglichkeiten im Rahmen von S 2,-- bis S 40,-- je nach Einstellung der Software hingewiesen wird. Allerdings spricht die Möglichkeit der Eingabe von Geldscheinen bis zu S 1.000,-- eher für höhere als für niedrigere Spieleinsatzmöglichkeiten. Auch im Hinblick auf den Münzeinwurf von S 10,-- wird man eher davon ausgehen müssen, daß mehr als S 5,-- pro Spiel eingesetzt werden konnten. Im übrigen steht nach den Darlegungen von Herrn Ortner aber eindeutig fest, daß der höchstmögliche Gewinn im Verhältnis zum Einsatz mit dem Faktor 1.000 anzusetzen ist.

Bei dieser Sachlage konnte aber nicht mehr davon die Rede sein, daß mit den gegenständlichen Apparaten die Bagatellgrenzen des § 4 Abs.2 GSpG eingehalten wurden, weshalb auch kein Fall des sog. kleinen Glücksspiels vorlag. Mangels einer in Betracht kommenden Ausnahme vom Glücksspielgesetz konnte das Oö. Spielapparategesetz bei verfassungskonformer Auslegung entsprechend der salvatorischen Klausel des § 1 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz nicht zur Anwendung gelangen. Die belangte Strafbehörde hat die einschlägige Übertretung des Betreibens oder Zugänglichmachens von Glücksspielautomaten außerhalb einer Spielbank nach dem § 52 Abs.1 Z5 GSpG weder angelastet noch in diese Richtung Erhebungen gepflogen. Eine mit Blickrichtung auf das Glücksspielgesetz taugliche Verfolgungshandlung ist dem gesamten Verwaltungsstrafakt nicht zu entnehmen. Abgesehen davon, daß insofern längst Verfolgungsverjährung nach § 31 Abs.1 und 2 VStG eingetreten ist, fehlt es überdies an den für eine Anwendung des § 52 Abs.1 Z5 GSpG notwendigen Tatsachenfeststellungen. Eine Befugnis zur Auswechslung des Tatvorwurfes kommt dem Oö. Verwaltungssenat nach § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG auch nicht zu.

Zusammenfassend ergibt sich demnach, daß das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z1 und § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen ist, weil die zur Last gelegte Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes unanwendbar erscheint, für eine denkbare Übertretung des Glücksspielgesetzes keine Anlastung mit geeigneten Feststellungen vorliegt und überdies nach Ablauf der Sechsmonatefrist des § 31 Abs.2 VStG Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs.1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- zu entrichten.

Dr. Keinberger

 

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