Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300241/3/Kei/Bk

Linz, 27.11.1998

VwSen-300241/3/Kei/Bk Linz, am 27. November 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine 1. Kammer (Vorsitz: Dr. Guschlbauer, Berichter: Dr. Keinberger, Beisitzer: Dr. Wegschaider) über die Berufung des Thomas Paul S, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 5. August 1998, Zl. Sich96-1012-1996+3, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes (Oö. PolStG), zu Recht:

I. Aus Anlaß der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 45 Abs.1 Z3, § 31 Abs.1 und 2 und § 51 Abs.1 VStG. II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde sowie zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 110 Stunden) verhängt, weil er "am 23.12.1995 um 01:45 Uhr Beihilfe zur Ausübung der Prostitution an einem öffentlichen Ort" geleistet habe "und dabei gegen ein Prostitutionsverbot verstoßen" habe, indem er "am 23.12.1995 um 01:45 Uhr durch zur Verfügungstellung der Räumlichkeiten des Hauses K 23, i.A., Rosalia P und Michaela A die Ausübung der Prostitution in den genannten Räumlichkeiten ermöglicht" habe, "obwohl mit Verordnung des Marktgemeindeamtes St.Georgen i.A. vom 26.09.1991 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution die Anbahnung und Ausübung der Prostitution im Hause K. 23 verboten wurde bzw. rechtskräftig verboten ist." Der Bw habe dadurch eine Übertretung des "§ 2 Abs.3 lit e) des oö. Polizeistrafgesetzes, LGBl.Nr. 36/1979 in der Fassung LGBl.Nr. 30/1995, und i.V.m. § 7 des Verwaltungsstrafgesetz" begangen, weshalb er "gemäß §§ 10 Abs.1 lit b) leg.cit." zu bestrafen gewesen sei.

2. Gegen dieses dem Bw am 19. August 1998 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die Berufung, die am 2. September 1998 der Post zur Beförderung übergeben wurde und somit fristgerecht erhoben wurde. Mit der Berufung begehrt der Beschuldigte im Grunde, wegen der Sache nicht bestraft zu werden. 3. Der Oö. Verwaltungssenat hatte - weil eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden (§ 51c VStG). Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshaupt-mannschaft Vöcklabruck vom 9. September 1998, Zl. Sich96-1012-3-1996, Einsicht genommen. Da bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte in Entsprechung der Bestimmung des § 51e Abs.1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung Abstand genommen werden.

4. In der Sache selbst hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. § 2 Abs.1 und 2 O.ö. PolStG lauten:

(1) Wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat dies, soweit es nicht nach Abs.3 lit.c verboten ist, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen. Die Gemeinde hat die Verwendung zu diesem Zweck innerhalb von zwei Monaten ab Einlangen der Anzeige mit Bescheid zu untersagen, wenn auf Grund der örtlichen oder sachlichen Verhältnisse zu befürchten ist, daß dadurch die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden. (2) Die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution ist in der Nähe von Kirchen, Friedhöfen, Krankenanstalten, Schulen, Kindergärten, Kinder- und Jugendspielplätzen, Jugendheimen und dergleichen verboten. Überdies kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit 1. die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt wird oder 2. das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder eine solche Störung zu erwarten ist oder 3. sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes, verletzt werden oder eine solche Verletzung zu erwarten ist. § 2 Abs.3 lit.e O.ö. PolStG lautet: Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer einer Untersagung gemäß Abs.1 oder 2 sowie einem Verbot gemäß Abs.2 zuwiderhandelt. § 7 VStG lautet: Wer vorsätzlich veranlaßt, daß ein anderer eine Verwaltungsübertretung begeht, oder wer vorsätzlich einem anderen die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert (Beihilfe), unterliegt der auf diese Übertretung gesetzten Strafe, und zwar auch dann, wenn der unmittelbare Täter selbst nicht strafbar ist. 4.2. Der im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses angeführten, als erwiesen angenommenen Tat ist ua zu entnehmen, daß der Bw Räumlichkeiten des Hauses K 23, zur Verfügung gestellt hätte und dadurch der Rosalia P und der Michaela A die Ausübung der Prostitution trotz eines mit Verordnung des Marktgemeindeamtes S vom 26. September 1991 (richtig: 25. September 1991) ausgesprochenen Verbotes in diesen Räumlichkeiten ermöglich hätte. Der Bw hätte Beihilfe zur Ausübung der Prostitution an einem öffentlichen Ort geleistet.

Im Gegensatz dazu lautete die Verfolgungshandlung vom 19.1.1996 hinsichtlich der vorgeworfenen Tat:

"Verwaltungsübertretung nach § 2 Abs.3 lit.e) Oö. Polizeistrafgesetz (Prostitutionsverbot) im Hause K 23 am 23.12.1995". Sie bezog sich also auf keinen konkretisierten Lebenssachverhalt und auf keine Beihilfehandlung und beschrieb auch kein vorsätzliches Handeln. Auch die Zeugeneinvernahmen vom 29.2.1996 und vom 29.5.1996 nehmen darauf keinen Bezug. Ungeachtet des Umstandes, daß die (erst) im angefochtenen Straferkenntnis beschriebene Tat nach der Aktenlage als erwiesen erscheint, war rechtlich zu bedenken: Innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist - diese beträgt im gegenständlichen Zusammenhang gemäß § 31 Abs.2 VStG 6 Monate - wurde dem Bw die Beihilfehandlung und insbesondere das Element des Vorsatzes nicht vorgeworfen. Diese Elemente wurden dem Bw erstmals mit dem angefochtenen Straferkenntnis (und zum Teil in dessen Begründung), das mehr als zwei Jahre nach Ablauf der Verfolgungsverjährungsfrist ergangen ist, zum Vorwurf gemacht. Weil sohin hinsichtlich des Tatvorwurfes der Beihilfe Verfolgungsverjährung vorliegt, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z3 VStG einzustellen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. Guschlbauer

 

 

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