Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300262/8/Wei/Bk

Linz, 23.12.1999

VwSen-300262/8/Wei/Bk Linz, am 23. Dezember 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des B, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. November 1998, Zl. III/S-21.667/98-2 SE, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 14 Abs 1 Pornographiegesetz (BGBl Nr. 97/19504, zuletzt geändert mit BGBl Nr. 599/1988) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Wie durch Organe der BPD Linz festgestellt wurde, haben Sie am 18.06.1998 um 14.00 Uhr in L, zwei Exemplare der Druckschrift Ö Extra 3 und ein Exemplar Ö Nr. öffentlich ausgestellt und zum Kauf angeboten, obwohl mit Bescheid des BMfJ vom 17.03.1998 und 22.10.1997 jede Verbreitung dieser Zeitschriften an Personen unter 16 Jahren sowie das Anschlagen, Aushängen oder Ausstellen an Orten, wo das Druckwerk auch Personen unter 16 Jahren zugänglich ist, untersagt wurde."

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 10 Abs 1 und § 14 Abs 1 Pornographiegesetz als übertretene Rechtsvorschriften und verhängte nach dem Strafrahmen des § 14 Abs 1 leg.cit. eine Geldstrafe von S 1.500,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Tagen. Gemäß § 14 Abs 2 leg.cit. wurden die bezeichneten Exemplare für verfallen erklärt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Handen seines Rechtsvertreters am 6. November 1998 zugestellt wurde, richtet sich die rechtzeitig am 19. November eingelangte Berufung vom 18. November 1998, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt wurde.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. In der Anzeige der kriminalpolizeilichen Abteilung der belangten Behörde vom 19. Juni 1998 wird über eine Kontrolle vom Vortag um 14.00 Uhr in der vom Bw gepachteten Tankstelle in L betreffend Ausstellen, Auflegen und Verkauf von pornographischen Zeitschriften berichtet. Bei der Durchsicht des 200 cm hohen Zeitschriftenregals neben der Eingangstür zum Kassenraum wären pornographische Zeitschriften in einer Höhe von ca. 180 cm festgestellt worden, die auch für Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren leicht zugänglich gewesen wären. Es wurden insgesamt 89 pornographische Zeitschriften vorgefunden, wobei man 29 Stück nach § 143 StPO und 60 Stück nach den Bestimmungen der Verwaltungsgesetze vorläufig sicherstellte. Außerdem wären die Druckwerke Ö und Ö mit Bescheiden des BMI vom 17. März 1998, Zl. 43.614/145-II/15/98 und 22. Oktober 1997, Zl. 43.614/134-II/15/98, unter Verbreitungsbeschränkung gestellt worden.

Im kriminalpolizeilichen Bericht vom 24. Juni 1998 wird dieser Sachverhalt im Wesentlichen wiederholt und über die Erstattung verschiedener Anzeigen berichtet. Wegen unzüchtiger Abbildungen und Textstellen wurde wegen des Verdachts eines Vergehens nach dem Pornographiegesetz Anzeige an den Bezirksanwalt beim BG Linz erstattet. Außerdem habe man auch Übertretungen des Oö. Jugendschutzgesetzes und des § 10 Pornographiegesetz zur Anzeige gebracht.

Der Bw wurde von der Kripo am 24. Juni 1998 auch als Verdächtiger niederschriftlich einvernommen. Er gab an, dass er von den Zeitungsverschleißern nicht über Verbreitungsbeschränkungen informiert worden wäre. Vom Verbot des Ausstellens pornographischer Zeitschriften hätte er auch keine Kenntnis gehabt.

2.2. Die belangte Behörde erließ gegen den Bw die Strafverfügung vom 25. Juni 1998, gegen die der Bw rechtzeitig durch seinen Rechtsvertreter den Einspruch vom 14. Juli 1998 erhob. Nach Akteneinsicht wurde die Stellungnahme vom 10. August 1998 erstattet, in der der Bw die Beschaffung des Bescheides des BMI und die Durchführung eines Lokalaugenscheins beantragte. Die belangte Behörde holte daraufhin den Bericht des BI S vom 28. August 1998 ein, in dem dieser die Art der Ausstellung der Zeitschriften im Verkaufsraum der A in der P näher beschrieb und berichtete, dass keine Hindernisse wahrgenommen wurden, damit Personen unter 16 Jahren die in 180 cm Höhe verkaufsfördernd ausgestellten pornographischen Magazine nicht erreichen konnten. In der Anlage wurden Ablichtungen der Kundmachungen der gegenständlichen Bescheide des BMI aus der Wiener Zeitung, mit denen die Verbreitung von Heft Nr. 3 der Serie "Ö" und Heft Nr. der Serie "Ö" an Personen unter 16 Jahren sowie die Ausstellung, das Aushängen oder Anschlagen an Orten, die auch solchen Personen zugänglich sind, untersagt wurde, übermittelt. In der weiteren Stellungnahme vom 22. Oktober 1998 beantragte der Bw neuerlich die Beischaffung der Bescheide des BMI und die Einstellung des Strafverfahrens.

2.3. Daraufhin erging das angefochtene Straferkenntnis vom 4. November 1998. In diesem stellte die belangte Behörde fest, dass sich das Zeitschriftenregal rechts neben dem Eingang zum freizugänglichen Verkaufsraum befunden hätte und ca 2,5 m hoch, 1,5 m breit und 50 cm tief gewesen wäre. Es wäre waagrecht in drei Etagen unterteilt gewesen, die sich treppenförmig in mehreren Stufen zur Rückwand hin verjüngten. Über Spielsachen, Zeitschriften und Comics für Kinder und Jugendliche wären erotische Magazine zum Verkauf präsentiert worden. Hindernisse wären keine vorgesehen worden. Das Warenangebot wäre für alle Altersklassen gewesen. Die Behauptung, dass das Verkaufspersonal Personen unter 16 Jahren fernhalten würde, erschien der belangten Behörde unglaubwürdig und angesichts des Verkaufsinteresses nicht nachvollziehbar. Das Ausstellen in einer Höhe von 180 cm könnte nicht als Sicherungsmaßnahme angesehen werden. Es käme nur auf die potenzielle sittliche Gefährdung von Kindern und Jugendlichen an.

Zum Einwand des Bw, dass er nicht Normadressat der Bescheide des BMI gewesen wäre, meinte die belangte Strafbehörde, dass sich die Bescheide an die individuell bestimmte Personengruppe richteten, die mit diesen Druckwerken Handel betreibt und nicht nur an jene, die sie herstellt oder verlegt. Da sich die Bescheide nicht an eine Einzelperson richteten, der zugestellt werden könnte, hätte das BMI für die Kundmachung die Verlautbarung gewählt. Die Behauptung, die Bescheide wären dem Bw nicht bekannt geworden, müsste als reine Schutzbehauptung zurückgewiesen werden, weil schon leichte Fahrlässigkeit für die Strafbarkeit ausreiche. Ab dem Zeitpunkt der ordnungsgemäßen Kundmachung im Amtsblatt der Wiener Zeitung hätten die Bescheid ihre volle Wirkung auch gegenüber dem Bw entfaltet. Als Pächter der Tankstelle hätte er sich über die einschlägigen Rechtsvorschriften informieren müssen. Die fehlende Aufklärung durch die Zulieferer könnte daher nicht als entschuldigend gewertet werden. Für die belangte Behörde bestand auch kein Anlass, an der Richtigkeit und Verlässlichkeit der Anzeige des geschulten Erhebungsbeamten zu zweifeln.

2.4. Die Berufung macht der Sache nach Mangelhaftigkeit des Verfahrens und inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend. Ein gegenüber dem Bw wirksam gewordener Bescheid liege nicht vor. Die Beischaffung der Originalbescheide habe die belangte Behörde zu Unrecht unterlassen, weil nur anhand dieser nachvollzogen werden könnte, an wen sie sich richten. Die Ausführungen der belangten Strafbehörde stünden mit sich selbst in Widerspruch. Bei einer Gruppe von Personen, die mit Druckwerken Handel treibt, handelte es sich in Wahrheit um einen unbestimmten und allgemeinen Personenkreis. Eine Norm für diesen Personenkreis könnte allenfalls eine Verordnung, keinesfalls aber ein Bescheid sein. Bescheide, die sich nicht an einen individuellen Adressaten richten, seien der Rechtsordnung fremd.

Eine gemäß § 21 AVG nach dem Zustellgesetz vorzunehmende Zustellung an den Beschuldigten wäre nicht erfolgt. Auch eine Heilung iSd § 7 Zustellgesetz scheide mangels tatsächlichem Zukommens aus. Eine "verfahrensökonomische" Zustellung durch Kundmachung in der Wiener Zeitung fände im Zustellgesetz keine Deckung. Eine abweichende Form der Kundmachung wäre zur Regelung des Gegenstandes des Pornographiegesetzes im Hinblick auf Art 11 Abs 2 B-VG nicht erforderlich. Aus § 12 Pornographiegesetz ergebe sich als Adressatenkreis der Herausgeber oder Verleger. Das Berufungsrecht dieser Personen spreche dafür, dass die Verbreitungsbeschränkungen als Bescheide konzipiert wurden. Bei § 13 Abs 2 Pornographiegesetz könne es sich nur um eine Verpflichtung zur zusätzlichen Kundmachung des Bescheides handeln. Einer Verordnung mangelte es an der gesetzlichen Grundlage. Jedenfalls wäre sie aber nicht gehörig kundgemacht, weil die Einschaltung in der Wiener Zeitung kein Ersatz für die Kundmachung im Bundesgesetzblatt nach § 2 Abs 1 des Gesetzes über das BGBl sein könnte. Im Übrigen könne der BMI Verbreitungsbeschränkungen gemäß § 11 Abs 3 Pornographiegesetz nur im Einvernehmen mit dem BMU anordnen, worauf in der Kundmachung der Verordnung hinzuweisen wäre. Vorsorglich werde auch bestritten, dass der kundgemachte Text der Urschrift entspricht. Eine allfällige Verordnung wäre keinesfalls gehörig kundgemacht und daher vom unabhängigen Verwaltungssenat gemäß Art 89 iVm Art 129a Abs 3 B-VG nicht anzuwenden. Schließlich wird noch eine "Doppellösung" in Erwägung gezogen, wonach Verbreitungsbeschränkungen Bescheidcharakter gegenüber Herausgeber und Verleger und sonst Verordnungscharakter haben könnten. Diese Konstruktion verwirft die Berufung aber wegen Verfassungswidrigkeit, weil eine ungleiche Behandlung der Rechtsunterworfenen vorläge. Ferner beharrt die Berufung auf einem kontradiktorisch zu gestaltenden Lokalaugenschein. Auf der Höhe von 1,80 m wäre ein Plexiglas angebracht, weshalb auf zumindest 1,95 m hätte gegriffen werden müssen, um eine der fraglichen Zeitschriften zu erfassen. Von einem ungeschützten Ausstellen könnte auch im Hinblick auf das Verhältnis Regalbreite zur Breite einer solchen Zeitschrift nicht ausgegangen werden.

Schließlich verweist die Berufung auf ein Strafverfahren zu 18 U 452/98p des BG Linz, in dem der Bw wegen desselben Vorfalles freigesprochen worden wäre. Nach Art 4 des 7. ZP zur EMRK dürfe niemand wegen einer strafbaren Handlung, wegen der er bereits verurteilt oder freigesprochen wurde, erneut verfolgt und bestraft werden. Auch aus diesem Grund wäre der ergangene Strafbescheid zu beheben und das Strafverfahren einzustellen. Die Beischaffung der Bescheide des BMI und des Strafaktes des BG Linz wird beantragt.

3.1. Der unabhängige Verwaltungssenat hat entsprechend den Berufungsanträgen sowohl Ablichtungen der Bescheide des BMI vom 22. Oktober 1997, Zl. 43.614/134-II/15/97, und vom 17. März 1998, Zl. 43.614/145-II/15/98, als auch den Strafakt 18 U 452/98p des BG Linz beigeschafft und daraus Ablichtungen für den h. Verfahrensakt angefertigt.

Die beiden Bescheide sind jeweils nur an die Ö Gesellschaft m.b.H., K, ergangen. Ihr Spruch lautet:

Aufgrund der §§ 10 und 11 des Bundesgesetzes über die Bekämpfung unzüchtiger Veröffentlichungen und den Schutz der Jugend gegen sittliche Gefährdung vom 31.3.1950, BGBl. Nr. 97, wird im Einvernehmen mit dem Bundesministerium für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten

das Heft Nr. der Serie Ö bzw. das Heft Nr. 3 der Serie Ö

von jeder Verbreitung an Personen unter 16 Jahren ausgeschlossen sowie sein Ausstellen, Aushängen oder Anschlagen an Orten, wo es auch Personen unter 16 Jahren zugänglich ist, überhaupt untersagt.

3.2. Im beigeschafften Gerichtsakt befindet sich eine weitere Ausfertigung der schon aus dem Verwaltungsstrafakt bekannten Anzeige samt Beilagen. Der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz hat mit Strafantrag vom 6. Juli 1998, Zl. 43 BAZ , folgende Tat angeklagt:

"B hat wissentlich Schriften und Abbildungen (Magazine) auf eine Art ausgestellt, dass dadurch der anstößige Inhalt auch einem größeren Kreis von Personen unter 16 Jahren zugänglich wird, indem er diese im Verkaufsraum der A, in einem frei zugänglichen, in einer Höhe von 180 cm befindlichen Regal zum Verkauf auflegte und zwar:"

Es folgt eine Aufzählung, in der unter Punkt 6. 3 Stück Ö und unter Punkt 18. 2 Stück Ö mit u.a. je 1 Ö angeführt werden. Weiters wurde beantragt, die sichergestellten Magazine gemäß § 3 Abs 1 Pornographiegesetz für verfallen zu erklären. Bemerkenswert erscheint, dass in den von der Kripo getrennt angelegten Sicherstellungsscheinen nach dem § 143 StPO und nach dem § 39 VStG insgesamt 3 Stück Ö Nr. 3 und 2 Stück Ö VIDEO PACKAGE mit je 1 Ö Nr. 347 angeführt werden. Genau diese Menge an Magazinen umfasste auch der Strafantrag des Bezirksanwalts.

Dem ausgefüllten StPO-Form U 8 (Protokollsvermerk und gekürzte Urteilsausfertigung - bei Freispruch) ist zu entnehmen, dass der Bw von der wider ihn mit Strafantrag vom 6. Juli 1998 erhobenen Anklage wegen des Vergehens nach § 2 Abs 1 lit b Pornographiegesetz freigesprochen wurde. Außerdem wurden die sichergestellten pornographischen Schriften mit wenigen Ausnahmen nach dem § 3 Abs 1 Pornographiegesetz eingezogen, wozu der Bw Rechtsmittelverzicht erklärte.

Als Grund des Freispruchs wurde im Formblatt der Punkt "Mangelnde Strafwürdigkeit der Tat" angekreuzt. Der öffentliche Ankläger verzichtete auf Berufung, weshalb die Entscheidung rechtskräftig geworden ist.

3.3. Nach Durchführung dieser ergänzenden Erhebungen war der wesentliche Sachverhalt schon nach der Aktenlage hinlänglich geklärt und für den erkennenden Verwaltungssenat ersichtlich, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Nach § 10 Abs 1 Pornographiegesetz kann die Bezirksverwaltungsbehörde von Amts wegen oder auf Antrag einer Behörde oder einer Person, die ein berechtigtes Interesse nachweist, für ihren Amtsbereich bestimmte Druckwerke, die geeignet sind, die sittliche, geistige oder gesundheitliche Entwicklung jugendlicher Personen schädlich zu beeinflussen, von jeder Verbreitung an Personen unter 16 Jahren ausschließen und ihren Vertrieb durch Straßenverkauf, Zeitungsverschleißer sowie ihr Ausstellen, Aushängen oder Anschlagen an Orten, wo sie auch Personen unter 16 Jahren zugänglich sind, überhaupt untersagen.

Der Landeshauptmann kann nach § 11 Abs 2 Pornographiegesetz die Verbreitungsbeschränkungen unter den gleichen Voraussetzungen für das ganze Bundesland anordnen. Schließlich kann nach § 11 Abs 3 Pornographiegesetz das BMI im Einvernehmen mit dem BMU Verbreitungsbeschränkungen iSd § 10 Abs 1 leg.cit. für das ganze Bundesgebiet anordnen. Nach § 18 leg.cit. sind allerdings bis zum Inkrafttreten des in § 1 BVG BGBl Nr. 142/1946 angekündigten BVG die Aufgaben des Landeshauptmannes von den Sicherheitsdirektionen zu besorgen.

Gegen eine von der Bezirksverwaltungsbehörde angeordnete Verbreitungs-beschränkung kann gemäß § 12 Abs 1 Pornographiegesetz vom betroffenen Herausgeber oder Verleger Berufung erhoben werden, die keine aufschiebende Wirkung hat. Die vom Landeshauptmann getroffenen Entscheidungen sind hingegen nach § 12 Abs 2 leg.cit. endgültig.

Nach § 13 Abs 2 leg.cit. ist die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer Verbreitungsbeschränkung unverzüglich in jener Zeitung kundzumachen, in der amtliche Verlautbarungen der Behörde, die die Anordnung erlassen hat, erfolgen, erforderlichenfalls auch in einer anderen Zeitung, die Ankündigungen gegen Entgelt aufnimmt.

Nach § 14 Abs 1 Pornographiegesetz begeht eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht nach anderen Bestimmungen einer strengeren Strafe unterliegt, und ist mit Geldstrafe bis zu S 3.000,-- oder mit Arrest bis zu einem Monat zu bestrafen,

wer einer auf Grund des § 10 oder des § 11 erlassenen Anordnungen zuwiderhandelt.

Gemäß § 14 Abs 2 Pornographiegesetz können die Stücke des Druckwerkes, auf die sich die strafbare Handlung bezieht, für verfallen erklärt werden, sofern sie dem Täter oder einem Mitschuldigen gehören oder ihnen vom Verfügungsberechtigten überlassen worden sind.

4.2. Wie der Aktenlage eindeutig zu entnehmen ist, hat der Bezirksanwalt beim Bezirksgericht Linz in seinem umfassenden Strafantrag wegen des Vergehens nach dem § 2 Abs 1 lit b) Pornographiegesetz auch die dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis angelastete Tathandlung, die gleichzeitig ein Zuwiderhandeln gegen die Verbreitungsbeschränkungen nach den Bescheiden des BMI darstellte, erfasst. Das Bezirksgericht Linz hat deswegen auch über das ungesicherte Ausstellen der verfahrensgegenständlichen Zeitschriften Ö Nr. 3 und Ö Nr. 347 auf eine Art, dass dadurch der anstößige Inhalt auch einem größeren Kreis von Personen unter 16 Jahren zugänglich wird, abgesprochen. Das Strafgericht ging von der Verwirklichung des Straftatbestandes nach § 2 Abs 1 lit b) Pornographiegesetz aus und nahm daher auch Wissentlichkeit beim Bw an. Es sprach ihn allerdings frei, weil es die Voraussetzungen der mangelnden Strafwürdigkeit der Tat nach § 42 StGB für gegeben erachtete. Diese Bestimmung setzt die Annahme geringer Schuld (Z 1) und unbedeutender oder gutgemachter Folgen (Z 2) sowie eine positive spezial- und generalpräventive Prognose (Z 3) voraus. Das bedeutet weiter, dass nach Meinung des Strafgerichts ein gerichtlich strafbarer Tatbestand grundsätzlich vorlag.

Schon aus diesen Darlegungen folgt, dass die belangte Behörde im Hinblick auf die Subsidiaritätsklausel des § 14 Abs 1 Pornographiegesetz das angefochtene Straferkenntnis nicht hätte erlassen dürfen. Das Vergehen nach § 2 Abs 1 lit b) leg.cit. ist nämlich mit strengerer Strafe bedroht und ein über den gerichtlichen Tatbestand hinausgehender Tatvorwurf wurde offensichtlich im Verwaltungsstraf-verfahren nicht erhoben. Schon aus diesem Grund war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren einzustellen, ohne dass ein Rückgriff auf das Doppelbestrafungs- und Doppelverfolgungsverbot nach Art 4 des 7. ZP zur EMRK erforderlich gewesen wäre.

4.3. Der Vollständigkeit halber ist aber noch anzumerken, dass die Berufung auch mit ihren übrigen Ausführungen grundsätzlich im Recht ist. Die Ansicht der belangten Behörde, wonach die vom BMI mit Bescheid erlassenen Verbreitungsbe-schränkungen offenbar im Hinblick auf die Kundmachung in der Wiener Zeitung gegenüber allen Personen, die mit diesen Druckwerken Handel treiben, wirksam werden, ist unhaltbar. Auch die Annahme der belangten Strafbehörde, wonach diese Bescheide nicht an eine bestimmte Einzelperson gerichtet wäre, ist schlechthin falsch, wie ein einfacher Blick in die vom BMI übermittelten Ablichtungen der Originalbescheide bestätigt. Nach den oben dargestellten Vorschriften des Pornographiegesetzes ist davon auszugehen, dass Verbreitungsbeschränkungen dem Herausgeber oder Verleger des Druckwerkes mit Bescheid vorgeschrieben werden. Die Verpflichtungen aus diesem Bescheid treffen grundsätzlich nur die Personen, gegenüber denen der Bescheid erlassen wurde. Ein Bescheid wird als Individualrechtsakt selbstverständlich immer nur gegenüber den Bescheidadressaten wirksam. Andernfalls hätte der Gesetzgeber die Rechtssatzform der Verordnung vorsehen müssen. Im Hinblick auf die allgemein verbindlichen Verbreitungsverbote nach den gerichtlichen Straftatbeständen gemäß § 2 lit a) bis c) Pornographiegesetz erscheint aber eine zusätzliche Verordnungsermächtigung aus rechtspolitischer Sicht jedenfalls als nicht notwendig.

Die im § 13 Abs 2 Pornographiegesetz vorgesehene Kundmachung der Verbreitungsbeschränkung in der Zeitung für amtliche Verlautbarungen oder gegebenenfalls auch in einer anderen Zeitung, macht die Bescheide nach §§ 10 f leg.cit. nicht zu Verordnungen. Die Berufung hat mit Recht darauf hingewiesen, dass die Kundmachung einer Verordnung des BMI im Bundesgesetzblatt erfolgen müsste, widrigenfalls keine gehörige Kundmachung vorläge und der unabhängige Verwaltungssenat die Verordnung nach Art 129b Abs 3 iVm Art 89 B-VG nicht anzuwenden hätte. Die Kundmachung nach § 13 Abs 2 Pornographiegesetz hat aber den Sinn eine gewisse Publizität der erlassenen Verbreitungsbeschränkungen herbeizuführen. Einerseits können auf diese Weise Strafverfolgungsbehörden informiert und andererseits kann der gute Glaube von Angehörigen der beteiligten Verkehrskreise durch die Wahl eines geeigneten Publikationsmediums zerstört werden. Dieser Umstand ist im Zusammenhang mit Strafverfahren gegen Beteiligte iSd § 7 VStG von Bedeutung, zumal diese Bestimmung für die Strafbarkeit vorsätzliches Handeln voraussetzt. Eine unmittelbare Wirksamkeit der Bescheide über Verbreitungsbeschränkungen gegenüber allen Personen, die Handel mit pornographischen Druckwerken betreiben, ist vom Bescheidbegriff her als einem individuellen normativen Verwaltungsakt nicht denkbar (zum verfassungsrechtlichen Begriff des Bescheids näher Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 379 ff; dieselben, Bundesverfassungsrecht8, Rz 605). Die Bescheidwirkungen sind in subjektiver Hinsicht grundsätzlich auf die Parteien des Verfahrens beschränkt. Abweichungen sind nur dort möglich, wo eine Rechtsnachfolge in bestimmte Positionen erfolgt ist und eine Erstreckung der Bescheidwirkungen sachlich gerechtfertigt erscheint (vgl zur Einzelrechtsnachfolge und zu sog. dinglichen Bescheiden Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 488 ff). Ein solcher Fall liegt gegenständlich freilich nicht vor. Auch eine vom Zustellgesetz abweichende Form der Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung, die entgegen der Annahme der belangten Behörde im Pornographiegesetz gar nicht vorgesehen ist, wäre wohl verfassungswidrig, weil zur Regelung des Gegenstandes nach Art 11 Abs 2 B-VG nicht erforderlich (zur Erlassung von Bescheiden siehe näher Walter/Mayer, Verwaltungsverfahrensrecht7, Rz 426 ff).

Aus den dargelegten Überlegungen müsste das angefochtene Straferkenntnis daher auch wegen Verkennung der Grenzen von Bescheidwirkungen durch die belangte Behörde aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt werden. Die an sich denkbare Anlastung einer Beteiligungshandlung nach § 7 VStG an der Tat der unmittelbaren Täter (Herausgeber oder Verleger) ist nicht aktenkundig geworden.

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren mangels einer strafbaren Verwaltungsübertretung gemäß § 45 Abs 1 Z 1 Fall 2 VStG einzustellen. Gemäß § 66 Abs 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Dr. W e i ß

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