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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300272/2/Ki/Shn

Linz, 05.03.1999

VwSen-300272/2/Ki/Shn Linz, am 5. März 1999 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Roland B, vom 4. Februar 1999 gegen den Bescheid der BH Steyr-Land vom 19. Jänner 1999, Pol196-64-1997, betreffend eine Privatanklage nach dem Oö. Ehrenkränkungsgesetz zu Recht erkannt:

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird nach der Maßgabe bestätigt, daß die Jahreszahl im Zitat des Oö. Ehrenkränkungsgesetzes auf "1975" richtig gestellt wird bzw der zitierte Einstellungsparagraph richtigerweise "§ 45 Abs.1 Z1 VStG" zu lauten hat.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24 und 51 VStG Begründung:

1. Der nunmehrige Berufungswerber (Bw) hat mit Schriftsatz vom 18. Juli 1997 bei der BH Steyr-Land gemäß dem Gesetz vom 22. Oktober 1975 über die Verfolgung von Ehrenkränkungen als Privatankläger einen Strafantrag gestellt. Darin hat er Herrn x beschuldigt, dieser hätte ihn in einem Brief einer verächtlichen Eigenschaft und Gesinnung sowie eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, geziehen, weiters werde er durch diesen Brief beschimpft und verspottet. Da der Beschuldigte dies in einem an den Privatankläger gerichteten Brief tue und er nicht davon ausgehen konnte, daß diesen Brief auch jemand anderer zu Gesicht bekommt, erfülle das Verhalten nicht das Tatbild des § 111 StGB und es sei subsidiär das Oö. Ehrenkränkungsgesetz anzuwenden. Wegen des geschilderten Vorfalles werde die Bestrafung des Beschuldigten beantragt. Gleichzeitig legte der Privatankläger einen mit 8. Juni 1997 datierten, offensichtlich vom Beschuldigten an ihn gerichteten Brief, nachstehenden Inhaltes vor: "x Lieber xIch wurde heute vormittag vom Gendarmerieposten Garsten zu Deinem Schreiben vom 23.5.97 an die Staatsanwaltschaft Steyr einvernommen. Eine derart infame Vorgangsweise hätte ich Dir unter keinen Umständen zugetraut. Sollte diese Aktion die Revanche gegen den 'Unbekannten' oder 'Anonymen' darstellen, der Dich einer schwerwiegenden Straftat bezichtigte, so laß Dir einmal gesagt sein, daß wir von dieser Angelegenheit durch das Jugendamt erfahren mußten und durch uns lediglich die angefragte Hilfe angeboten wurde. Wir würden jederzeit wieder gleich handeln. Nachdem nun bekannt ist, daß Du im Besitz des Sparbuches bist, schicke es an Bine, falls Du dieses als Geschenk an sie aufrecht erhältst, andernfalls behebe den Betrag; Bine wird unter diesen Umständen keine Ansprüche darauf erheben. Zu Deinem Schreiben vom 6.4.97 muß ich Dir sagen, daß wir uns mit Deiner Ablehnung zu einem Wiedersehen der Kinder nicht zufrieden geben können. Der für die Kinder (und zwar alle Vier!) wichtige Kontakt steht vorerst außerhalb einer 'vertrauensvollen Beziehung' unserer Familien. Wir kennen jetzt auch die 'Vorkommnisse' die Du in Deinem Brief ansprichst - es sind die Gleichen die Dich veranlaßt haben, den mit Unwahrheiten gehäuften Brief an die Staatsanwaltschaft zu schreiben! Aber es sind die Vorkommnisse der letzten zehn Jahre die uns nicht davon abbringen die Kinder wiederzusehen. Mit aufrichtigem Bedauern, daß diese Entwicklung eingetreten ist, hoffe ich - auch um die Angelegenheit mit den Möbeln und Gegenständen der Kinder zu erledigen - bald von Dir zu hören.

x" Die BH Steyr-Land hat in der Folge das Ermittlungsverfahren eingeleitet und sowohl den Privatankläger als auch den Beschuldigten einvernommen.

Der Privatankläger führte bei dieser Einvernahme aus, daß er den Strafantrag aufrechterhalte. Er sehe keine Möglichkeit, diese causa privat zu erledigen. Er wünsche eine Bestrafung des Herrn Handl wegen der unfairen Vorwürfe im Brief. Mehr habe er dazu nicht zu sagen. Der Beschuldigte führte bei seiner Einvernahme aus, daß im besagten Brief an Herrn xvon ihm keine Unwahrheiten gemacht worden wären. Auch seien (wohl die Äußerungen) nicht dafür gedacht gewesen, Herrn B in seiner Ehre zu kränken. Die "infame Vorgangsweise" sei darauf zurückzuführen, daß er von Herrn xbei der Staatsanwaltschaft Steyr wegen angeblichen Betrugs angezeigt wurde. Dies stimme aber nicht. Er habe keinesfalls die Absicht gehabt, eine Übertretung des Oö. Ehrenkränkungsgesetzes zu begehen. Mehr könne er dazu nicht sagen.

In einer Stellungnahme vom 9. April 1998 brachte der Privatankläger vor, daß die Rechtfertigung des Beschuldigten, er habe den Privatankläger nicht in seiner Ehre kränken wollen, eine reine Schutzbehauptung sei. Nach ganz eindeutiger Judikatur zu den §§ 111 ff StGB, die auch auf das Ehrenkränkungsgesetz Anwendung findet, sei ein sogenannter gefärbter Vorsatz (animus injuriandi) in der Praxis zwar häufig, jedoch nicht erforderlich. Es genüge der normale Vorsatz (dolus eventualis). Der Täter müsse lediglich mit Kundgabewillen handeln, um die Wahrnehmbarkeit eines Dritten wissen und sich des diffamierenden Charakters seiner Behauptung bewußt sein. Am letztgenannten Erfordernis fehle es nur in Extremfällen, wenn der Täter zB ein ehrverletzendes Schriftstück unterschreibt, ohne dessen Inhalt zu kennen. Ansonsten reiche es aus, wenn er den ehrverletzenden Charakter der Äußerung nach Laienart richtig einschätze.

Daß das Zeihen einer infamen Vorgangsweise bzw das Schreiben eines mit Unwahrheiten gehäuften Briefes an die Staatsanwaltschaft den Tatbestand des Ehrenkränkungsgesetzes erfülle, sei auch einem juristischen Laien eindeutig erkennbar.

Nach Einsichtnahme in den Gerichtsakt hat die BH Steyr-Land den nunmehr angefochtenen Bescheid erlassen. Mit diesem Bescheid vom 19. Jänner 1999, Pol96-64-1997, wurde die von Herrn Roland Böhm gegen den Beschuldigten am 18. Juli 1997 eingebrachte Privatanklage wegen Ehrenkränkung (Schreiben vom 8.6.1997) eingestellt. In der Begründung führte die BH Steyr-Land aus, daß der Brief vom 8.6.1997 in seiner Gesamtheit her sachlich gehalten sei und der Verfasser, Hans H, nach seinen eigenen Angaben nicht die Absicht hatte, jemanden zu beleidigen. Dies wäre auch nicht zweckdienlich gewesen, da Herr H bei der Verfassung des Briefes vom 8.6.1997 damit rechnen mußte, daß dieser dem Gericht oder den Ermittlungsbehörden zur Kenntnis gebracht würde. Es führte auch dazu, daß das gerichtliche Strafverfahren wegen Ehrenkränkung eingestellt wurde. Mangels entsprechenden Tatbestandes sei daher das Strafverfahren wegen Ehrenkränkung einzustellen.

Dagegen richtet sich die nunmehr vorliegende Berufung und es wird in dieser begründend ausgeführt, daß es irrelevant sei, ob ein Schreiben in seiner Gesamtheit sachlich gehalten sei oder nicht, wenn hierin auch nur einzelne Passagen den Tatbestand des § 1 Oö. Ehrenkränkungsgesetz erfüllen. Der Beschuldigte habe ausdrücklich geschrieben "daß er mir eine derart infame Vorgangsweise unter keinen Umständen zugetraut hätte" und spricht weiters von einem "mit Unwahrheiten gehäuften Briefen an die Staatsanwaltschaft". Der Beschuldigte zeihe ihn dadurch ua einer verächtlichen Eigenschaft Gesinnung (infam) sowie eines unehrenhaften und gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen und herabzusetzen (Absenden eines mit Unwahrheiten gehäuften Briefes an die Staatsanwaltschaft). Weiters werde er durch diesen Brief beschimpft und verspottet. Es könne daher nicht entscheidend sein, daß der gegenständliche Brief nicht quasi durchgehend Beschimpfungen enthält, sondern auch sachliche Passagen. Wenn der Beschuldigte nunmehr im nachhinein behaupte, er hätte nicht die Absicht gehabt, zu beleidigen, so werde auf die im bereits erstinstanzlichen Verfahren getätigte Stellungnahme aber insbesondere darauf hingewiesen, daß sich der Beschuldigte des diffamierenden Charakters seiner Behauptung lediglich bewußt sein müsse. Am letztgenannten Erfordernis könne es nur dann fehlen, wenn er zB ein ehrverletzendes Schriftstück unterschreibt ohne dessen Inhalt zu lesen. Irgendeine vernünftige Erklärung, wieso der Beschuldigte nicht wissen sollte, daß er den Privatankläger in den von ihm gewählten Formulierungen beleidige und verächtlich mache, hätte im ganzen erstinstanzlichen Verfahren nicht dargetan werden können. Falls der Beschuldigte tatsächlich damit gerechnet hätte, daß der Brief dem Gericht oder den Ermittlungsbehörden zur Kenntnis gebracht werde, hätte er ihn gar nicht geschrieben bzw die heiklen Passagen überhaupt weggelassen. Interessant sei in diesem Zusammenhang auch sicher, daß die Behörde erster Instanz davon ausgehe, daß ein gerichtliches Strafverfahren wegen Ehrenkränkung eingestellt wurde, obwohl ein solches tatsächlich nie stattgefunden habe.

2. Die BH Steyr-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Die Zuständigkeit eines Einzelmitgliedes ist im § 51c VStG festgelegt. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte entsprechend den Bestimmungen des § 51e VStG Abstand genommen werden. 3. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat im Beweisverfahren durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt den unter Punkt 1 dargelegten Sachverhalt erhoben und unter Zugrundelegung dieses Sachverhaltes wie folgt erwogen:

Wer vorsätzlich a) einen anderen einer verächtlichen Eigenschaft oder Gesinnung zeiht oder eines unehrenhaften Verhaltens oder eines gegen die guten Sitten verstoßenden Verhaltens beschuldigt, das geeignet ist, ihn in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen, b) einem anderen eine gerichtlich strafbare Handlung vorwirft, für die die Strafe schon vollzogen oder wenn auch nur bedingt nachgesehen oder nachgelassen oder für die der Ausspruch der Strafe vorläufig aufgeschoben worden ist, c) einen anderen beschimpft, verspottet, am Körper mißhandelt oder mit einer körperlichen Mißhandlung droht, ohne daß die Tat das Tatbild einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, begeht gemäß § 1 des Gesetzes vom 22. Oktober 1975 über die Verfolgung von Ehrenkränkungen eine Verwaltungsübertretung der Ehrenkränkung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu dreitausend Schilling zu bestrafen.

Im gegenständlichen Verfahren ist zu prüfen, ob der Beschuldigte durch seine Äußerungen im Brief vom 8. Juni 1997, nämlich daß er dem Privatankläger "eine derart infame Vorgangsweise unter keinen Umständen zugetraut hätte" bzw er von einem "mit Unwahrheiten gehäuften Brief an die Staatsanwaltschaft" gesprochen hat, diesen in seiner Ehre gekränkt hat. Maßstab für eine Beurteilung sind dabei die Bestimmungen der §§ 111 ff StGB nach der Maßgabe, daß eine verwaltungsstrafrechtliche Kompetenz subsidiär dann gegeben ist, wenn die in Frage stehenden diffamierenden Äußerungen nicht die für eine strafrechtliche Verfolgung notwendige Publizität aufweisen.

Verfahrensgegenstand ist daher, ob die vom Beschuldigten in seinem Brief vom 8. Juni 1997 gemachten Äußerungen eine üble Nachrede (vgl § 1 lit.a Oö. Ehrenkränkungsgesetz) bzw eine Beleidigung (§ 1 lit.c Oö. Ehrenkränkungsgesetz) darstellen könnten.

Als üble Nachrede wäre eine Schmähung des Privatanklägers durch den Beschuldigten oder der Vorwurf eines unehrenhaften oder sittenwidrigen Verhaltens anzusehen. Eine Schmähung liegt dann vor, wenn jemand ein ungünstiges Urteil über den Charakter des anderen fällt, dh, daß er ihm allgemein einen Charaktermangel vorwirft, wobei sich dieser Vorwurf jedoch auf verächtliche Eigenschaften oder Gesinnungen beziehen muß.

Dies trifft im vorliegenden Fall nicht zu, hat sich der Beschuldigte in seinem Brief doch weder hinsichtlich der Charaktermerkmale noch hinsichtlich der inneren Einstellungen des Privatanklägers allgemein geäußert. Was den Vorwurf eines unehrenhaften oder sittenwidrigen Verhaltens anbelangt, so könnte ein strafbares Verhalten darin gesehen werden, daß sich die Beschuldigung auf ein hinreichend konkretisiertes Verhalten bezieht, wobei sie die Tatsachen, in denen die Unehrenhaftigkeit oder Unsittlichkeit begründet ist, wenigstens ihrer Art nach erkennen lassen muß. Als unehrenhaft könnte nur ein Verhalten bezeichnet werden, daß der herrschenden Vorstellung von moralisch Richtigem in einem Maße zuwiderläuft, daß die soziale Wertschätzung des Betroffenen darunter zu leiden hat. Gegen die guten Sitten verstößt jedes Verhalten, daß dem Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden widerspricht, wobei allerdings das sittenwidrige Verhalten geeignet sein muß, den Angegriffenen in der öffentlichen Meinung verächtlich zu machen oder herabzusetzen. Letztlich könnte das strafbare Verhalten des Beschuldigten darin liegen, daß er den Privatankläger beleidigt hat. Dh, daß die gegenständlichen Äußerungen eine Beschimpfung des Privatanklägers darstellen würden. Die erkennende Berufungsbehörde vertritt dazu die Auffassung, daß der Beschuldigte den Privatankläger mit seinen Äußerungen weder eines unehrenhaften oder sittenwidrigen Verhaltens bezichtigen wollte, noch daß diese Äußerungen eine Beschimpfung iSd zitierten Gesetzesvorschrift darstellt. Wohl kann aus dem gegenständlichen Brief abgeleitet werden, daß der Beschuldigte mit einer Vorgangsweise des Privatanklägers subjektiv nicht einverstanden war, völlig zu Recht hat jedoch die BH Steyr-Land den Sachverhalt dahingehend beurteilt, daß der Brief sachlich gehalten ist und der Verfasser nicht die Absicht hatte, den Privatankläger in seiner Ehre zu kränken. Aus dem inhaltlichen Gesamtzusammenhang des gegenständlichen Schreibens ist auch nicht abzuleiten, daß der Beschuldigte eine Ehrenkränkung des Privatanklägers im behaupteten Ausmaß auch nur für möglich gehalten hätte. Wie bereits dargelegt, wollte er bloß seine subjektive Meinung über diese Angelegenheit replizieren.

Inwieweit der vorliegende Brief, wie ebenfalls im Berufungsschriftsatz behauptet wurde, eine Verspottung des Privatanklägers darstellen sollte, ist der erkennenden Berufungsbehörde überhaupt in keiner Weise ersichtlich. Zusammenfassend wird daher festgestellt, daß aus dem Brief des Beschuldigten vom 8. Juni 1997 an den Privatankläger keine ehrenkränkenden Äußerungen festgestellt werden können, mangels entsprechenden Tatbestandes hat die BH Steyr-Land daher das Strafverfahren wegen Ehrenkränkung zu Recht eingestellt. Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Beilagen Mag. K i s c h

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