Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300276/2/Ki/Shn

Linz, 30.04.1999

 

VwSen-300276/2/Ki/Shn Linz, am 30. April 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung des Dr. Helmut Ö, vom 25. März 1999 gegen das Straferkenntnis der BH Steyr-Land vom 10. März 1999, Pol96-72-1998, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Steyr-Land hat mit Straferkenntnis vom 10. März 1999, Pol96-72-1998, den Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe es als Halter von 2 Rottweilerrüden zu verantworten, daß durch die mangelhafte Beaufsichtigung der beiden Rüden "BASCO" und "CARO" am 15.07.1998 gegen 12.00 Uhr, diese den auf der Liegenschaft A Nr.16, frei laufenden Dackel "SAMMY" der Fam. F, mehrere schwere Bißverletzungen zufügten.

Gemäß § 10 Z2b Oö. Polizeistrafgesetz wurde über ihn eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 300 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Der Rechtsmittelwerber erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schriftsatz vom 25. März 1999 rechtsfreundlich vertreten Berufung.

I.3. Die BH Stey-Land hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat

zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Bad Hall vom 4. August 1998 zugrunde, wonach es der Bw unterlassen habe, am 15. Juli 1998 gegen 12.00 Uhr als verantwortlicher Halter/Aufsichtsperson die beiden, während eines Spazierganges freilaufenden Rottweilerrüden "BASCO" und "CARO" so zu beaufsichtigen, sodaß es diesen beiden möglich war, in A den auf ihrem Grundstück freilaufenden Dackel "SAMMY" der Familie F, A 16, mehrere schwere Bißwunden zuzufügen, sodaß dieser am 30. Juli 1998 an den Folgen seiner Verletzung verstarb.

In der Folge wurde ein Ermittlungsverfahren geführt, in welchem ausschließlich der in der Anzeige festgestellte Sachverhalt Gegenstand von Erhebungen war. Ob die allfällige mangelhafte Beaufsichtigung auch eine Gefährdung oder eine über das zumutbare Maß hinausgehende Belästigung von Personen zur Folge haben hätte können, ist laut den vorliegenden Verfahrensunterlagen nicht zur Debatte gestellt worden.

Mit dem nunmehr angefochtenen Straferkenntnis vom 10. März 1999, Pol96-72-1998, hat die BH Steyr spruchgemäß den in Rede stehenden Sachverhalt vorgeworfen und die bekämpfte Verwaltungsstrafe über den Bw verhängt. In der Begründung des Straferkenntnisses wurde ua ausgeführt, daß bei der gegenständlichen Verwaltungs-übertretung zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehöre, weshalb es sich um ein sogenanntes Ungehorsamsdelikt handle.

Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung vom 25. März 1999. In der Berufungsbegründung wird ua argumentiert, daß § 5 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz eine Verwaltungsübertretung normiere, welche darin bestehe, daß durch das gehaltene Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, von anderen, hier nicht in Betracht kommenden Fällen, abgesehen. Vorliegend sei weder die Gefährdung einer Person noch die Belästigung einer Person durch das gehaltene Tier festgestellt worden. Zu Schaden gekommen sei ein anderes Tier. Wenn zufolge Gesetzesänderung auch ein Tier nunmehr nicht mehr eine Sache sei (§ 285 ABGB), so sei doch ein Tier jedenfalls keine Person. Durch den vorliegenden Vorfall sei eine dritte Person durch das vom Beschuldigten gehaltene Tier jedenfalls weder gefährdet noch als Person belästigt worden. Mangels Gefährdung oder Verletzung einer Person sei daher kein Straftatbestand gesetzt.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 5 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz begeht, wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, daß durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, oder gegen die aufgrund der Absätze 2 und 3 erlassenen Verordnungen oder behördlichen Anordnungen verstößt, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, eine Verwaltungsübertretung. Als unzumutbare Belästigung Dritter gilt insbesondere auch die Verunreinigung von Kinderspielplätzen und ähnlichen Flächen.

Zunächst wird festgestellt, daß Sache des vorliegenden Berufungsverfahrens ausschließlich die Prüfung des im erstinstanzlichen Verfahrens erhobenen Vorwurfes bzw dem Verfahren zugrundegelegten Sachverhaltes ist. Die Berechtigung der Berufungsbehörde, den angefochtenen Bescheid nach jeder Richtung abzuändern, wird nach ständiger Judikatur des VwGH auf die im Strafverfahren konkret zur Last gelegte Tat beschränkt.

Ausschließlicher Zweck der Bestimmung des § 5 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz ist im Zusammenhang mit dem konkreten Fall der, daß Tiere in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt werden, daß durch das Tier dritte Personen weder gefährdet noch über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden. Diese Verpflichtung trifft den Halter eines Tieres.

Die BH Steyr-Land vertritt dazu, wie in der Begründung des angefochtenen Strafer- kenntnisses zum Ausdruck kommt, die Auffassung, daß bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung zum Tatbestand weder der Eintritt eines Schadens noch einer Gefahr gehört, weshalb es sich um ein sogenanntes Ungehorsamkeitsdelikt handle.

In "Hauer/Leukauf" wird andererseits die Auffassung vertreten, daß es sich bei einer Übertretung nach § 5 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz um ein Erfolgsdelikt handle (siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, S 1426, Erläuterung 2 zu § 5 Oö. Polizeistrafgesetz).

Unter Erfolgsdelikt ist ein solches zu verstehen, bei dem der Eintritt des Erfolges Tatbestandsvoraussetzung für das Vorliegen des vollendeten Deliktes ist.

Die erkennende Berufungsbehörde vertritt ebenfalls die Auffassung, daß eine Übertretung des § 5 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz ein Erfolgsdelikt darstellt und zwar dahingehend, daß zumindest durch die mangelhafte Beaufsichtigung des Tieres eine potentielle Gefährdung bzw Belästigung dritter Personen resultiert. Diese potentielle Gefährdung bzw über das zumutbare Ausmaß hinausgehende Belästigung dritter Personen stellt jedenfalls ein wesentliches Sachverhaltselement für die Bestrafung nach der gegenständlichen Gesetzesbestimmung dar. Demgemäß hat ein ordnungsgemäßer Tatvorwurf diesen Umstand der Gefährdung bzw über das zumutbare Ausmaß hinausgehende Belästigung dritter Personen zu enthalten und es sind überdies im Ermittlungsverfahren die Umstände zu eruieren, welche die Annahme einer derartigen Gefährung bzw Belästigung begründen würden.

Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist es in einer Situation, welche dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren zugrundeliegt, durchaus nicht denkunmöglich, daß eine Gefährdung bzw Belästigung dritter Personen erfolgen könnte, der erstbehördliche Tatvorwurf zielt jedoch ausschließlich dahin, daß durch die vorgeworfene mangelhafte Beaufsichtigung bzw Verwahrung der beiden Rottweilerhunde ein anderes Tier zu Schaden gekommen ist. Dieser Sachverhalt ist durch die Bestimmung des § 5 Abs.1 Oö. Polizeistrafgesetz, wenn auch durch die Verletzung des Tieres eine mittelbare Belästigung von Personen gegeben sein könnte, nicht erfaßt.

Die erkennende Berufungsbehörde verkennt nicht, daß - generell betrachtet - die mangelhafte Beaufsichtigung bzw Verwahrung von Tieren, welche ihrer Natur nach geneigt sind, sich gegenüber von Menschen und auch anderen Lebewesen gefahrengeneigt zu verhalten, grundsätzlich einer verantwortungsvollen Einstellung innerhalb der Gesellschaft entbehrt, gemessen an der objektiven Rechtslage stellt jedoch das dem Bw zur Last gelegte Verhalten im Zusammenhang mit den im Spruch des Straferkenntnisses dargelegten Folgen keine Verwaltungsübertretung dar.

Der diesbezüglichen Argumentation des Rechtsmittelwerbers in der Berufungsbegründung folgend, war daher dieser Berufung Folge zu geben und das Verwaltungs- strafverfahren einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

 

Beilagen

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

- Verletzung eines Tieres als Folge mangelhafter Beaufsichtigung iSd § 5 Oö. Polizeistrafgesetz - keine Straffolgen

- § 5 (1) Oö. PolStG ist ein Erfolgsdelikt

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