Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300308/2/Ki/Shn

Linz, 04.08.1999

VwSen-300308/2/Ki/Shn Linz, am 4. August 1999

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung der Manuela R, vom 20. Juli 1999 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 2. Juli 1999, Sich96-1156-1-1999, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 2. Juli 1999, Sich96--1156-1-1999, die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie habe sich der Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung schuldig gemacht, indem sie das ihr zur Verfügung stehende Haus "Villa M" in U. 21, am 4.4.1998 um 23.45 Uhr den beiden Damen Renate G und Sabine W für Zwecke der Prostitution zur Verfügung gestellt hat, obwohl mit Verordnung der Gemeinde U. vom 28.08.1992 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution die Anbahnung und Ausübung der Prostitution im Hause K, verboten ist (verletzte Rechtsvorschrift § 2 Abs.3 lit.e Oö. Polizeistrafgesetz iVm § 7 VStG). Gemäß § 10 Abs.1 lit.b Oö. Polizeistrafgesetz wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 20. 000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 110 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 2.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 20. Juli 1999 Berufung. Darin bestreitet sie den ihr zur Last gelegten Sachverhalt.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die laut Geschäftsverteilung zuständige 9. Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens U vom 7. April 1998 zugrunde.

Mit Schreiben vom 16. April 1998 erging seitens der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck an die Bw eine Aufforderung zur Rechtfertigung. Darin wurde ihr (wortgleich dem Spruch des vorliegenden Straferkenntnisses) der verfahrensgegenständliche Sachverhalt vorgehalten. Hinweise darauf, daß die Beihilfe vorsätzlich erfolgte bzw daß die beiden genannten Personen, zu deren Tat Beihilfe geleistet wurde, die strafbare Handlung tatsächlich begangen hätten, finden sich in der Aufforderung zur Rechtfertigung nicht.

In der Folge hat sich die Bw mit Schreiben vom 26. April 1998 schriftlich zu dem Vorwurf geäußert und es erging daraufhin das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 2. Juli 1999.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

Der Bw wird die Beihilfe zu einer Verwaltungsübertretung vorgeworfen. Anstiftung und Beihilfe sind jedoch nur dann strafbar, wenn der unmittelbare Täter das Tatbild hergestellt hat, daß der übertretenen Vorschrift entspricht. Außerdem ist eine Beihilfe nur in der Schuldform des Vorsatzes (zumindest dolus eventualis) möglich.

Laut ständiger Rechtsprechung des VwGH muß bei der Angabe der als erwiesen angenommenen Tat (§ 44a Z1 VStG) im Spruch des Straferkenntnisses zum Ausdruck kommen, daß der Angestiftete oder derjenige, zu dessen Tat Beihilfe geleistet wurde, die strafbare Handlung begangen hat, und weiters, daß sich die Anstiftung oder Beihilfe in der im § 7 VStG geforderten Schuldform des Vorsatzes auf diese strafbare Handlung bezog (VwGH 23.4.1991, 90/04/0276 ua). Eine Erwähnung dieser wesentlichen Tatbestandsmerkmale lediglich in der Begründung eines Straferkenntnisses reicht folglich nicht aus.

Im Spruch des vorliegenden Straferkenntnisses vom 2. Juli 1999 findet sich weder ein Hinweis darauf, daß die Beschuldigte die ihr vorgeworfene Beihilfe vorsätzlich geleistet hätte, noch wird zum Ausdruck gebracht, daß die beiden erwähnten Damen tatsächlich Prostitution ausgeübt hätten. Es wurde lediglich vorgeworfen, daß das der Bw zur Verfügung stehende Haus für Zwecke der Prostitution zur Verfügung gestellt worden wäre. Ob die beiden Personen tatsächlich die Prostitution ausgeübt hätten, geht aus dem Spruch des Straferkenntnisses nicht hervor.

Im Verfahrensakt befindet sich auch keinerlei Hinweis dahingehend, daß diese wesentlichen Tatbestandsmerkmale der Bw im Laufe des Verwaltungsstrafverfahrens vorgeworfen worden wären bzw daß diesbezüglich eine anderweitige taugliche Verfolgungshandlung iSd § 32 Abs.2 VStG gesetzt worden wäre.

Nachdem innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 VStG) somit gegen die Bw keine - unter Berücksichtigung des gesamten Tatvorwurfes - taugliche Verfolgungshandlung ergangen ist, ist wegen der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung bereits Verfolgungsverjährung eingetreten und es ist daher der Berufungsbehörde verwehrt, den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen.

Infolge qualifizierter Unbestimmtheit des (Schuld-)spruches im angefochtenen Straferkenntnis war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Beihilfe - Im Spruch sind die Schuldform des Vorsatzes sowie eine Beschreibung der Art des unmittelbaren Täters anzuführen.

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