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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300311/2/Ki/Shn

Linz, 29.09.1999

VwSen-300311/2/Ki/Shn Linz, am 29. September 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der Claudia H, vom 2. August 1999 gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 15. Juli 1999, Sich96-1415-1997, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 15. Juli 1999, Sich96-1415-1997, die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie habe in der Nacht zum 1.11.1997 an einem öffentlichen Ort gegen ein Prostitutionsverbot verstoßen, indem sie in den Räumlichkeiten des Hauses "Club R" in S, durch ihr äußeres Erscheinungsbild (sie war nur in Unterwäsche bekleidet) und durch die Aufforderung an einen Gast, mit ihm einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt durchzuführen, die Prostitution angebahnt hat, obwohl mit Verordnung des Marktgemeindeamtes S vom 26.09.1991, betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution die Prostitution im Haus "Club R" in S, verboten wurde und seither rechtskräftig verboten ist.

Gemäß § 10 Abs.1 lit.b Oö. Polizeistrafgesetz wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 8.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 40 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 800 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 2.8.1999 Berufung. Darin bezeichnete sie die gegen sie erhobenen Vorwürfe als unwahr.

I.3. Die BH Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens St. Georgen i.A. vom 12. November 1997 zugrunde. Nach dieser Anzeige wurde der zur Last gelegte Sachverhalt im Rahmen einer Bordellkontrolle festgestellt.

Mit Schreiben vom 28. November 1997 erging an die Bw seitens der BH Vöcklabruck eine Aufforderung zur Rechtfertigung. In dieser Aufforderung wurde ihr die zur Last gelegte Tat, wie letztlich im Spruch des Straferkenntnisses ausgeführt wurde, vorgeworfen.

Die BH Vöcklabruck hat dann in der Folge das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw fortgesetzt, hinsichtlich des Tatvorwurfes wurden zusätzlich zur ersten Verfolgungshandlung keine weiteren Sachverhaltselemente festgestellt. Letztlich wurde das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht. Dies bedeutet, daß die Tatzeit ein wesentliches Tatbestandsmerkmal darstellt.

Wie genau die Tatzeit festzustellen ist, bestimmt sich nach der konkreten Situation des Einzelfalles. So mag es in manchen Fällen durchaus zulässig sein, einen längeren Zeitraum als Tatzeit gelten zu lassen, in bestimmten Fällen hingegen ist es unerläßlich, daß die Tatzeit exakt, und zwar auch im Hinblick auf die genaue Uhrzeit, festgestellt wird, zumal nur dann der Beschuldigte in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten bzw daß nur dann gewährleistet ist, daß der Beschuldigte wegen desselben Verhaltens nicht nochmals zur Verantwortung gezogen werden kann.

Was nun die Tatzeitkonkretisierung bei einem Delikt wie dem gegenständlichen anbelangt, so kommt es auch hier auf die Umstände des Einzelfalles an. Unter Anbahnung der Prostitution ist jedes erkennbare Sichanbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs in der Absicht zu verstehen, sich hiedurch eine Einnahmsquelle zu verschaffen. Sie umfaßt - allgemein - ein generelles Verhalten, das darauf hinzielt, Kunden zum Vollzug des Geschlechtsverkehrs anzulocken, im einzelnen jedoch auch ein Verhalten, das darauf hinzielt, eine bestimmte Person für einen Geschlechtsverkehr zu werben.

Im Falle einer allgemeinen Anbahnung, wie etwa im Falle des Aufenthaltes in einem Clublokal, in welchem durch das äußere Erscheinungsbild generell eine Anbahnung erfolgen soll, mag es hinsichtlich der Tatzeit durchaus ausreichen lediglich den Zeitraum "einer Nacht" zu bezeichnen. Anders verhält sich dies jedoch dann, wenn sich die Anbahnung lediglich an eine bestimmte Person richtet, zumal durchaus nicht ausgeschlossen werden kann, daß letztlich im Zeitraum einer Nacht mehrere solche Einzelanbahnungen stattfinden könnten, und daher durch die in diesem Fall nicht exakte Bezeichnung der Tatzeit nicht mehr festgestellt werden kann, auf welche Anbahnung sich das entsprechende Verfahren bezieht. Dadurch wäre in diesem Fall der Beschuldigte möglicherweise nicht mehr in die Lage versetzt, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und wäre darüber hinaus nicht sichergestellt, daß der Beschuldigte wegen desselben Verhaltens nicht nochmals zur Verantwortung gezogen wird.

Im vorliegenden Falle wurde der Bw vorgeworfen, durch die Aufforderung an einen Gast mit ihr einen Geschlechtsverkehr gegen Entgelt durchzuführen, die Prostitution angebahnt zu haben. Für diese Art des Tatvorwurfes wäre es zur Entsprechung des Konkretisierungsgebotes gemäß § 44a Z1 VStG iS der obigen Ausführungen unbedingt erforderlich gewesen, die Tatzeit näher zu konkretisieren. Da dies weder durch irgendeine Verfahrenshandlung noch im angefochtenen Straferkenntnis erfolgt ist, ist der Spruch des Straferkenntnisses nicht ausreichend konkretisiert. Im Hinblick auf die mittlerweile eingetretene Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) ist es der Berufungsbehörde versagt, eine entsprechende Ergänzung des Tatvorwurfes vorzunehmen.

Mangels qualifizierter Tatkonkretisierung war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Oö. PolStG - Anbahnung der Prostitution - Tatzeitkonkretisierung

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