Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300315/2/Ki/Shn

Linz, 29.09.1999

VwSen-300315/2/Ki/Shn Linz, am 29. September 1999 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender Dr. Bleier, Beisitzer Dr. Leitgeb, Berichter Mag. Kisch) über die Berufung der Renate G, vom 31. August 1999, gegen das Straferkenntnis der BH Vöcklabruck vom 12. August 1999, Sich96-1156-3-1998, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
  2. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die BH Vöcklabruck hat mit Straferkenntnis vom 12. August 1999, Sich96-1156-3-1998, die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie habe in der Nacht vom 4. auf 5. April 1998 im Haus "V" in U, die Prostitution zumindest angebahnt, obwohl mit Verordnung der Gemeinde U vom 28.8.1992 betreffend das Verbot der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution die Anbahnung und Ausübung der Prostitution im Hause K, verboten ist. Gemäß § 10 Abs.1 lit.b Oö. Polizeistrafgesetz wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 20.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 110 Stunden) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 2.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 31. August 1999 Berufung. Darin bestreitet sie den ihr zur Last gelegten Sachverhalt.

I.3. Die BH Vöcklabruck hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die geschäftsordnungsgemäß zuständige 9. Kammer zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren liegt eine Anzeige des Gendarmeriepostens Unterach a.A. vom 7. April 1998 zugrunde.

Die BH Vöcklabruck hat die Bw mit Schreiben vom 16. April 1998 zur Rechtfertigung aufgefordert und ihr den später im Spruch des Straferkenntnisses dargelegten Sachverhalt zur Last gelegt. Im Laufe des weiteren Verfahrens wurden keine weiteren Tatbestandselemente festgestellt. Letztlich hat die BH Vöcklabruck das nunmehr angefochtene Straferkenntnis vom 12. August 1999 erlassen.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, daß er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, daß die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird und die Identität der Tat auch nach Ort und Zeit unverwechselbar feststeht.

Unter Anbahnung der Prostitution ist jedes erkennbare Sichanbieten zur Ausführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs in der Absicht zu verstehen, sich hiedurch eine Einnahmsquelle zu verschaffen. Laut Rechtsprechung des VwGH setzt die Subsumtion eines konkreten Verhaltens unter den Begriff der Anbahnung voraus, daß das jeweilige Verhalten die Absicht, sich gegen Entgelt fremden Personen hinzugeben, allgemein erkennbar zum Ausdruck bringt (vgl ua VwGH vom 7.9.1998, 98/10/0018).

Anbahnung könnte demnach - allgemein gesehen - etwa das Herumstehen in der erkennbaren Ansicht Kunden anzulocken oder etwa das Verweilen in allgemein zugänglichen Clubräumen, wo durch das äußere Erscheinungsbild eine Anregung zu einem Geschlechtsverkehr gegeben werden könnte, sein. Unter Anbahnung ist jedoch auch etwa eine Kontaktaufnahme oder das Treffen von Preisabsprachen für den Vollzug eines Geschlechtsverkehrs zu verstehen.

Es steht außer Frage, daß bei generellen Tatbeständen, wie etwa das Verweilen in Clubräumen für den Zeitraum einer Nacht durchaus andere Kriterien zu berücksichtigen sind, als dies für sogenannte Einzelfälle geboten ist. Gerade im Falle einer Anbahnung in Form einer konkreten Aufforderung an einen speziellen Kunden könnten durchaus mehrere Übertretungen im Zeitraum einer Nacht begangen werden, weshalb eine entsprechende Konkretisierung unumgänglich ist, um die Beschuldigte in die Lage zu versetzen, sich entsprechend verteidigen zu können bzw daß sichergestellt ist, daß sie wegen desselben Verhaltens nicht nochmals zur Verantwortung gezogen werden kann. Aus diesem Grunde stellt die Angabe des Verhaltens, welches die Anbahnung der Prostitution bildet, im vorliegenden Fall ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar.

Nachdem die BH Vöcklabruck wegen dieses wesentlichen Tatbestandsmerkmales keinerlei taugliche Verfolgungshandlung gesetzt hat und sich ein solches wesentliches Tatbestandsmerkmal auch nicht im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses findet, erfüllt der Strafvorwurf nicht die Erfordernisse des Konkretisierungsgebotes des § 44a Z1 VStG.

Im Hinblick auf die mittlerweile eingetretene Verfolgungsverjährung (§ 31 VStG) ist es der erkennenden Berufungsbehörde verwehrt, den Tatvorwurf entsprechend zu ergänzen, weshalb der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw einzustellen war.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Dr. B l e i e r

Beschlagwortung:

Oö. PolStG - Art der Anbahnung zur Prostitution stellt ein wesentliches Tatbestandsmerkmal dar

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum