Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101811/7/Br

Linz, 29.04.1994

VwSen - 101811/7/Br Linz, am 29. April 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn He, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 31. Jänner 1994, Zl. St.-15.068/92-Hu, nach der am 29. April 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird mit der Maßgabe F o l g e gegeben als die Strafe in Punkt 1) und 2) auf je 700 S und die Ersatzfreiheitsstrafe auf je 24 Stunden ermäßigt wird; in Punkt 3) wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis wird in diesem Punkt vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs. 2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch, BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge in Punkt 1) und 2) auf je 70 S; in Punkt 3) werden dem Berufungswerber zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten als Kosten für das Berufungsverfahren 100 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 u. 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wider den Berufungswerber wegen zweimaliger Übertretung nach § 64 Abs. 1 KFG eine Geldstrafe von je 3.000 S und für den Nichteinbringungsfall je fünf Tage Ersatzfreiheitsstrafe und wegen der Übertretung nach § 75 Abs.4 KFG eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 18 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 9. Dezember 1992 um 07.45 Uhr in Linz, von Panholzerweg bis Panholzerweg und am gleichen Tag um 08.05 Uhr in Linz, von Panholzerweg bis Panholzerweg, das Kfz mit dem Kennzeichen auf Straßen mit öffentlichem Verkehr ohne im Besitz einer von der Behörde erteilte Lenkerberechtigung gewesen zu sein gelenkt habe, 3) habe er nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungsbescheides <gemeint: der Lenkerberechtigung> (BPD Linz, Zl. Verk I/48/67/54) - das ist der 23.11.1992 - den über die Lenkerberechtigung ausgestellten Führerschein nicht unverzüglich der Behörde abgeliefert. 1.1. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß die Verwaltungsübertretung grundsätzlich nicht bestritten worden sei. Der vorerst einschreitende Rechtsvertreter habe ausgeführt, daß der Berufungswerber aufgrund seiner psychischen Verfassung nicht fähig gewesen wäre, das Unrecht der jeweiligen Tat einzusehen bzw. nach dieser Einsicht zu handeln. Schließlich sei der Berufungswerber neuerlich aufgefordert worden sich zu verantworten. Dieser Aufforderung habe er jedoch unentschuldigt keine Folge geleistet. Er sei daher wegen schuldhaften Verstoßens gegen diese Rechtsvorschriften zu bestrafen gewesen. Diese Strafen seien tatschuldangmessen und schienen geeignet (gemeint wohl: erforderlich) den Berufungswerber vor weiteren derartigen Übertretungen abzuhalten. Abschließend vermeint die Erstbehörde noch, daß eine Übertretung nach § 64 Abs.1 KFG zu den schwersten Übertretungen gegen das Kraftfahrrecht gehöre, weil diese dem Schutze der Gesundheit und des Lebens anderer diene. Es wurde von einem monatlichen Mindesteinkommen in der Höhe von 8.000 S ausgegangen. 2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber mit einem mit 14. Februar 1994 datiertem und am 24. Februar 1994 persönlich beim O.ö. Verwaltungssenat abgegebenen Schreiben Berufung erhoben. Zumal der durch die Erstbehörde nachgereichte Rückschein unauffindbar ist, war im Zweifel von der Rechtzeitigkeit der Berufung auszugehen.

Inhaltlich bringt der Berufungswerber im wesentlichen vor, daß sein Einkommen sehr gering sei. Es sei ferner der Milderungsgrund der Unbescholtenheit nicht berücksichtigt worden. Er habe nie jemandem etwas zuleide getan. Er habe ferner eine Lenkerberechtigung "erhalten"; nachdem ihm die Polizei den Führerschein abgenommen gehabt habe, habe er sein Fahrzeug nicht auf der öffentliche Straße abgestellt lassen können, sondern habe er es auf einen Parkplatz bringen müssen. Er habe ferner bis heute kein schriftliches amtsärztliches Gutachten erhalten. Er fahre schließlich seit 40 Jahren unfallfrei. Auch habe er keine sonderbaren Handlungen begangen, somit sei das Straferkenntnis (gemeint das zu diesem Straferkenntnis führende Verfahren) einzustellen. In Punkt 7. und 8. macht der Berufungswerber schließlich Angaben, daß ihm die Polizei noch Geld schulde und er dieses zurückfordere.

Dieser Berufung ist jedenfalls zu entnehmen, daß der Berufungswerber sich zu Unrecht bestraft fühle und er sich aus diesem Grunde an den unabhängigen Verwaltungssenat wende.

3. Zumal eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu erkennen. Da mit der Berufung offenbar nicht nur das Ausmaß der verhängten Strafe bekämpft werden wollte, war eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Erstbehörde. Dem Akt angeschlossen befindet sich ein Gutachten des Polizeiamtsarztes hinsichtlich des Gesundheitszustandes des Berufungswerbers. Ferner wurde Beweis erhoben durch Vernehmung des Berufungswerbers im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung am 29. April 1994.

5. Das dem Berufungswerber zur Last gelegte Verhalten wurde im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung nicht bestritten. Der Berufungswerber bringt zum Ausdruck, daß er, nachdem ihm durch die Beamten der Sicherheitswache der Führerschein aufgrund eines rechtskräftigen Entzugsbescheides am 9. Dezember 1992 um 07.45 Uhr abgenommen worden war, das Fahrzeug nur ein kurzes Stück auf einen Parkplatz gefahren habe. Dies ergibt sich schließlich auch aus den sich aus der Anzeige ergebenden Tatörtlichkeiten. Aus der Anzeige vom 9. Dezember 1992 geht hervor, daß die Organe der Sicherheitswache der Bundespolizeidirektion Linz auf H "Vorpaß" gehalten haben um ihm den Führerschein abzunehmen. Diese Maßnahme war auf den rechtskräftigen Entzugsbescheid der BPD-Linz, Zl. Verk I/48/67/54 gestützt. Nachdem er mit seinem Fahrzeug angetroffen wurde, erfolgte die Führerscheinabnahme. Eine halbe Stunde später verbrachte P sein Fahrzeug auf einen in geringer Entfernung gelegenen, geeigneten Parkplatz, wobei er auch wegen dieses "abermaligen Lenkens" seines Kraftfahrzeuges ohne Lenkerberechtigung zur Anzeige gebracht worden ist. Der Berufungswerber vermittelt im Zuge seiner ausführlichen Befragung den Eindruck, daß er persönlich zutiefst überzeugt ist, daß ihm die Lenkerberechtigung zu Unrecht entzogen worden sei. Er beteuert mehrfach, seit seiner 40-jährigen Fahrpraxis, nie Probleme im Straßenverkehr gehabt zu haben. Die Tatsache des Führerscheinentzuges und der diesbezüglich an ihn ergangene Bescheid war (ist) ihm bewußt. Warum er der Aufforderung auf Rückgabe des Führerscheines an die Behörde nicht nachgekommen ist, vermochte der Berufungswerber nicht zu beantworten. Offenkundig war dies die Folge seiner subjektiven Rechtsüberzeugung, daß für einen Entzug kein Grund vorliege. Der Berufungswerber scheint subjektiv überzeugt, daß es sich ihm gegenüber um eine nicht gerechtfertigte Maßnahme der Behörde handelt. Der Berufungswerber hat nach - aus seiner Sicht - vergeblichen Warten auf die Rückerstattung seines Führerscheines zwischenzeitig sein Fahrzeug verkauft. Er macht im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung glaubhaft, daß er lediglich über ein knapp 5.000 S übersteigendes Monatseinkommen verfügt. Anhaltspunkte für das Vorliegen der Voraussetzungen im Hinblick auf § 3 VStG vermochten nicht erblickt werden. Das diesbezüglich im Akt befindliche und mit dem Berufungswerber erörterte Gutachten des Polizeiamtsarztes der Bundespolizeidirektion Linz, vom 26. August 1993, ergibt - so wie auch der persönliche Eindruck des Berufungswerbers - keinen Anhaltspunkt für eine derartige Annahme. Eine mangelhaft kritische Beurteilungsfähigkeit oder Beurteilungswilligkeit des behördlichen Handelns ist im Rahmen der Beurteilung der subjektiven Tatseite zu berücksichtigen. 6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

6.1. Gemäß § 64 Abs.1 KFG ist das Lenken eines Kraftfahrzeuges auf Straßen mit öffentlichem Verkehr nur auf Grund einer von der Behörde erteilten Lenkerberechtigung für die Gruppe (§ 65 Abs.1 leg.cit.) zulässig, in die das Kraftfahrzeug fällt; demzufolge darf ein Kraftwagen mit nicht mehr als acht Plätzen für beförderte Personen außer dem Lenkerplatz und einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von nicht mehr als 3.500 kg, auch wenn mit ihnen ein leichter Anhänger oder, sofern die Summe der höchsten zulässigen Gesamtgewichte beider Fahrzeuge 3.500 kg nicht übersteigt, ein Anhänger gezogen wird, dessen höchstes zulässiges Gesamtgewicht das Eigengewicht des Zugfahrzeuges nicht übersteigt, nur mit einer Lenkerberechtigung der Gruppe "B" gelenkt werden.

7. Gemäß § 19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Die von der Erstbehörde verhängten Geldstrafen sind hinsichtlich der Übertretungen nach § 64 Abs.1 KFG weder dem objektiven Tatunwert noch der subjektiven Tatschuld des Berufungswerbers angemessen. Dem Ergebnis des Beweisverfahrens folgend, hat beim Berufungswerber zur Tatzeit - objektiv beurteilt, wohl nicht gerechtfertigt - subjektiv kein aktuelles Unrechtsbewußtsein bestanden. Der Berufungswerber brachte diesbezüglich im Rahmen seiner Verantwortung durchaus glaubwürdig zum Ausdruck, daß er absolut nicht verstanden habe, warum die Behörde ihm die Lenkerberechtigung entzogen habe. Es war davon auszugehen, daß er den rechtsgestaltenden Charakter des Entzugsbescheides nicht im vollen Umfang erkannt bzw. verdrängt gehabt haben könnte. Es war daher von einem bloß geringem Verschulden auszugehen. Darüber hinaus ist insbesondere zu berücksichtigen, daß mit der Übertretung keine nachteiligen Folgen in jenem Ausmaß gegeben gewesen sind, wie die Erstbehörde diese angenommen hat. So hat der Berufungswerber in beiden Fällen sein Fahrzeug jeweils nur eine kurze Strecke gelenkt gehabt, wobei insbesondere die zweite Tat zur Wahrung eines anderen rechtlich geschützten Interesses begangen wurde, indem das Fahrzeug auf einen geeigneten Parkplatz verbracht worden ist. Indem der Berufungswerber sein Fahrzeug schließlich in der Einsicht dieses nicht mehr lenken zu dürfen verkauft hat, ist entgegen der Annahme der Erstbehörde, das von ihr verhängte Strafausmaß nicht (mehr) mit den Überlegungen der Spezialprävention zu rechtfertigen. Schließlich ist die Erstbehörde von einem um 1/3 höheren Einkommen ausgegangen. All diese neu hervorgekommenen Tatsachen rechtfertigen die doch erhebliche Reduzierung des Strafausmaßes. In Punkt 3) war die verhängten Strafe im Hinblick auf die obigen Betrachtungen nicht als überhöht zu erachten.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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