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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300343/4/Ki/Rd

Linz, 16.08.2000

VwSen-300343/4/Ki/Rd Linz, am 16. August 2000 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der G, vom 26. Juni 2000 gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 19. Juni 2000, III/S-4.685/00-2, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens-kostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 19. Juni 2000, GZ: III/S-4.685/00-2, die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie habe am 4. Februar 2000, 20.30 Uhr, bis 5. Februar 2000, 01.15 Uhr, in L, G, durch ständiges Verrücken und Fallenlassen von Gegenständen sowie Klopfen auf den Fußboden ungebührlicherweise störenden Lärm erregt. Gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 800 S (Ersatzfreiheitsstrafe 48 Stunden) verhängt. Außerdem wurde Sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 80 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

In der Begründung des Straferkenntnisses wurde ua ausgeführt, dass der Bw der Akteninhalt in der mündlichen Verhandlung am 7. März 2000 zur Kenntnis gebracht und ihr zur Einbringung einer schriftlichen Stellungnahme eine Frist von drei Wochen eingeräumt wurde. Diese Frist sei um zwei Wochen verlängert worden. Sie habe jedoch auch innerhalb der verlängerten Frist keine Stellungnahme abgegeben, sodass das Verfahren ohne ihre Anhörung durchgeführt werden musste. Vom Anzeiger und Zeugen S sei sowohl bei der Anzeigeerstattung als auch bei der niederschriftlichen Vernehmung widerspruchsfrei und schlüssig angegeben worden, dass sie zur angeführten Zeit ständig Gegenstände verrückt und fallen gelassen hätte sowie auf den Fußboden geklopft habe. Der dabei verursachte Lärm sei aufgrund der Dauer und der Lautstärke für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung getreten. Für die Behörde habe keinerlei Anlass bestanden, an der Richtigkeit der Angaben des Zeugen zu zweifeln, zumal er im Verwaltungsstrafverfahren der Wahrheitspflicht unterliege.

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis mit Schreiben vom 26. Juni 2000 Berufung. Darin führte sie zunächst als Begründung für das Ausbleiben der Stellungnahme im Wesentlichen aus, dass sie einen absoluten Unwillen habe einen Mithausbewohner anzeigen zu müssen. Sie habe Herrn S eine Chance geben wollen, seine Anzeige zurückzuziehen. Es sei nämlich kurzzeitig Ruhe eingetreten und sie habe nicht von Neuem durch ihre sehr wohl begründeten und belegten Anschuldigungen gegen Herrn S Öl in die Flamme gießen wollen. Nun sei sie jedoch gezwungen S Verhalten darzustellen.

Inhaltlich bestreitet sie den ihr zur Last gelegten Vorwurf.

I.3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Überdies wurde der für das Wohnhaus G zuständige Hausbesorger, Herr H, am 11. August 2000 als Zeuge einvernommen.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil im angefochtenen Bescheid keine 3.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat (§ 51e Abs.3 Z3 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:

Dem gegenständlichen Strafverfahren liegt eine Anzeige der Bundespolizeidirektion Linz vom 8. Februar 2000 zu Grunde. Nach dieser Anzeige wurden die Meldungsleger am 5. Februar 2000 um 17.20 Uhr zu Heinz S beordert (G), da dieser eine Anzeige wegen einer Lärmerregung erstatten wollte. Am Auftragsort eingetroffen, habe S eine Anzeige erstatten wollen, da in der darüber gelegenen Wohnung der G angeblich störender Lärm erregt werde. Von den Meldungslegern konnte jedoch nur leises Laufen, offensichtlich von Kindern verursacht, wahrgenommen werden. Da es sich dabei um einen unvermeidbaren und auch nicht ungebührlicherweise störenden Lärm handelte, sei Schober auf die Tatsache hingewiesen worden, dass kein strafbarer Tatbestand vorliege. Anschließend habe S gegen G eine Anzeige erstattet, da sie in der Nacht vom 4. Februar 2000, 20.30 Uhr, bis 5. Februar 2000, 01.15 Uhr, durch ständiges Rücken und Fallenlassen von Gegenständen sowie durch Klopfen auf den Fußboden ungebührlicherweise störenden Lärm erregt hätte. Der Lärm sei laut Angaben des Anzeigers vermeidbar gewesen und habe äußerst störend gewirkt.

Herr S wurde in der Folge seitens der Erstbehörde am 2. März 2000 als Zeuge einvernommen. Bei dieser Einvernahme erklärte er, dass Frau G durch ständiges Herumrücken von verschiedenen Gegenständen bzw Möbelstücken über einen längeren Zeitraum ungebührlichen Lärm erzeugt habe. Dies habe sich auch in der Weise geäußert, dass die betreffenden Gegenstände immer wieder angehoben und fallen gelassen wurden. Da er seine Wohnung direkt unter ihrer Wohnung habe, sei gerade der Lärm beim Fallenlassen eines Gegenstandes in seiner Wohnung sehr deutlich und störend wahrnehmbar. Am betreffenden Abend habe er noch laute Klopfgeräusche vernommen, die offensichtlich von einem Hämmern herrühren. Da sich der angezeigte Lärm über mehrere Stunden erstreckt habe, hätte er schließlich die Anzeige erstattet.

Die Bundespolizeidirektion Linz hat daraufhin der Bw die Möglichkeit zu einer Stellungnahme eingeräumt, von dieser hat sie nicht Gebrauch gemacht und es ist schließlich das nunmehr angefochtene Straferkenntnis ergangen.

Der als Zeuge einvernommene H führte aus, dass er als Hausbesorger ua für das Wohnhaus G zuständig sei. Frau G sei vor ca. vier Jahren eingezogen, sie sei bis zum Einzug des Herrn S im Jahre 1998 in keiner Weise auffällig gewesen. Erst nachdem Herr Schober einzogen war, und zwar ca ein halbes Jahr danach, sei er deshalb auf Frau G aufmerksam geworden, weil ab dieser Zeit sich G und S bei ihm gegenseitig wegen Lärmbelästigung beschwerten. Gegen Frau G habe es bzw gebe es seitens der anderen Hausparteien keinerlei Beschwerden, jedenfalls habe sich ihm gegenüber noch niemand (außer natürlich S) negativ geäußert. Andererseits würden gegen Herrn S sehr wohl Beschwerden, und zwar vorwiegend wegen Lärmbelästigungen seitens anderer Hausparteien vorliegen. Dies sei in der Hausverwaltung aktenkundig. Er könne sich natürlich vorstellen, dass jemand der ständig einer Lärmbelästigung (Terror) durch einen Nachbarn ausgesetzt ist, sich irgendwann einmal entsprechend abreagiere und selbst auch eine Lärmerregung sozusagen als Revanche herbeiführe. Er persönlich sei der Meinung, dass Herr S eine normale Lärmbelastung subjektiv als Belästigung wahrnehme und er überdies nicht konfliktfähig sei. Konkret habe er sich einmal bei ihm über eine ungebührliche Lärmerregung durch Frau G beschwert, dies etwa zwischen 19.00 Uhr und 20.00 Uhr. Eine sofortige Überprüfung habe jedoch für ihn ergeben, dass keinerlei ungebührliche Lärmerregung vorgelegen habe. Frau G habe Besuch einer befreundeten Familie gehabt, wobei auch glaublich zwei Kinder anwesend waren. Die konkrete Lärmbelastung sei für ihn in Anbetracht der Tageszeit völlig normal gewesen.

I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 10 Abs.1 lit.a Oö. Polizeistrafgesetz sind Verwaltungsübertretungen gemäß § 3 von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, mit Geldstrafe bis zu 5.000 S zu bestrafen.

Gemäß § 3 Abs.1 leg.cit. begeht, wer ungebührlicherweise störenden Lärm erregt, außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung, eine Verwaltungsübertretung.

Unter störenden Lärm sind gemäß § 3 Abs.2 Oö. Polizeistrafgesetz alle wegen ihrer Dauer, Lautstärke oder Schallfrequenz für das menschliche Empfinden unangenehm in Erscheinung tretenden Geräusche zu verstehen.

Gemäß § 3 Abs.3 Oö. Polizeistrafgesetz ist störender Lärm dann als ungebührlicherweise erregt anzusehen, wenn das Tun oder Unterlassen, das zur Erregung des Lärmes führt, gegen ein Verhalten verstößt, wie es im Zusammenleben mit anderen verlangt werden muss und jene Rücksichtnahme vermissen lässt, die ihre Umwelt verlangen kann.

Zunächst wird festgestellt, dass auch im Verwaltungsstrafverfahren der Grundsatz "in dubio pro reo" anzuwenden ist. Nach diesem Grundsatz gilt, wenn im Wege des Beweisverfahrens und anschließender freier Würdigung der Beweise nicht mit Sicherheit die Überzeugung von der Richtigkeit des Tatvorwurfes erzeugt werden kann, die zunächst vermutete Unschuld nicht als widerlegt und es hat ein Freispruch zu erfolgen.

In freier Würdigung der vorliegenden Beweise gelangt die erkennende Berufungsbehörde im Gegensatz zur Erstbehörde nicht zur Überzeugung, dass die zeugenschaftliche Aussage des Herrn S ausreicht, den erhobenen Vorwurf gegen Frau G zu belegen. Es mag durchaus zutreffen, dass Herr Schober sich tatsächlich durch eine Lärmerregung belastet fühlte, diesbezüglich ist jedoch, wie aus der obzitierten Bestimmung des § 3 Oö. Polizeistrafgesetz abzuleiten ist, ein objektiver Maßstab anzulegen.

Aus den vorliegenden Aktenunterlagen bzw aus der Zeugenaussage des Hausbesorgers, welche durch die erkennende Berufungsbehörde als schlüssig und nicht im Widerspruch zu den Erfahrungen des Lebens angesehen wird, geht hervor, dass Herr S offensichtlich auch dann Anzeigen bzw Beschwerden erstattete, wenn die Lärmbelastung kein ungebührliches bzw störendes Ausmaß iSd Oö. Polizeistrafgesetzes erreicht hat. Dies ergibt sich insbesondere aus der Anzeige der BPD Linz vom 8. Februar 2000, wonach Herr S eine Anzeige wegen Lärmerregung erstattet hatte, von den Meldungslegern jedoch festgestellt werden konnte, dass es sich im konkreten Fall um einen unvermeidbaren und auch nicht ungebührlicherweise störenden Lärm gehandelt hat. Auch eine Überprüfung durch den Hausbesorger zufolge einer Beschwerde durch Herrn S hat ergeben, dass in Anbetracht der Tageszeit kein störender Lärm erregt wurde. Daraus lässt sich ableiten, dass Herr S möglicherweise in subjektiver Hinsicht zwar gegen Lärmbelastungen durch andere Personen empfindlich ist, diese Lärmbelastungen jedoch im Zusammenleben mit anderen bei einer objektiven Betrachtungsweise durchaus in einem erträglichen Rahmen sind.

Was das Verhalten der Bw allgemein anbelangt, so hat überdies der Hausbesorger in seiner zeugenschaftlichen Einvernahme ausgesagt, dass es mit ihr bisher keinerlei Probleme gegeben hat und gegen sie (außer in Bezug auf Herrn S) keinerlei Beschwerden vorliegen.

Nachdem außer der belasteten Aussage durch Herrn S keinerlei Hinweise hervorgekommen sind, dass die Bw tatsächlich die ihr vorgeworfenen Handlungen begangen hat, kann die vorgeworfene Verwaltungsübertretung seitens der erkennenden Berufungsbehörde nicht als erwiesen angesehen werden.

Nach dem obzitierten Grundsatz "in dubio pro reo" war daher der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw einzustellen.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.

Mag. K i s c h

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