Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101844/2/Br

Linz, 21.03.1994

VwSen - 101844/2/Br Linz, am 21. März 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn R R, gegen das Straferkenntnis des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, vom 7. Februar 1994, Zl.: 101-5/3, wegen Übertretung der StVO 1960 zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm §19, § 24, § 45 Abs.1 Z3, § 51 Abs.1 und § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG.

II. Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge. Rechtsgrundlage:

§ 65 und § 66 VStG.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :

1. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt hat mit dem Straferkenntnis vom 26. Jänner 1994, Zl.101-5/3 wegen der Übertretungen nach § 82 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.d StVO 1960 über den Berufungswerber Geldstrafen von je 1.000 S und für den Nichteinbringungsfall je einen Tag Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 27. Mai und 24. September 1993 in Linz, Haiderstraße 12, die Straßen durch das Aufstellen von Warenkörben im Ausmaß von 2 m2 zu verkehrsfremden Zwecken benützt habe, ohne daß hiefür die erforderliche straßenpolizeiliche Bewilligung erteilt worden sei.

1.1. Begründend hat die Erstbehörde sinngemäß ausgeführt, daß dieses Strafverfahren auf Grund der Anzeige des Marktamtes vom 5. Oktober 1993 seinen Anfang genommen habe. Die Übertretung sei aufgrund dieser Anzeige als erwiesen anzusehen. Die Übertretung sei vom Berufungswerber auch nicht bestritten worden.

2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung bestreitet der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen. Vor allem werde Verfolgungsverjährung eingewendet. Darüber hinaus bringt er im wesentlichen vor, daßselbst wenn die Straftat vorläge, was er entschieden in Abrede stelle, diese nicht er, sondern seine Frau begangen hätte, welche jedoch mit den Körben niemals zwei Quadratmeter in Anspruch genommen gehabt hätte. Der Spruch des Straferkenntnisses sei insbesondere dadurch unverständlich, weil darin die Uhrzeit nicht hervorgehe zu welcher die Übertretung begangen worden sein solle. Im übrigen habe seinen Erkundigungen gemäßin der Humboldtstraße kein einziger türkischer Geschäftsmann die von ihm (dem Berufungswerber) geforderte Bewilligung, obwohl dort durch die aufgestellten Waren, von der durch die Abgase bedingten Gesundheitsschädigungsgefahren abgesehen, für die Verkehrsteilnehmer eine weitaus größere Gefahr drohte, als sie vor seinem Geschäft in der Haiderstraße 12 theoretisch in Betracht käme. Diese Anzeige sei auf ein Ressentiment des anzeigenden Beamten gegenüber ihn zurückzuführen. Es werde sozusagen aus einer Mücke ein Elefant gemacht. Im übrigen sei gegen die Reformatio in peius verstoßen worden, indem offenbar, weil er sich erlaubt habe einen Einspruch zu erheben, die Strafe gleich verdoppelt worden sei. Er stelle daher die Berufungsanträge a) das Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen, b) die mangelnde Strafwürdigkeit im Sinne des § 21 VStG festzustellen.

3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden. Eine öffentliche mündliche Verhandlung war gemäßder sich aus der Aktenlage schon ergebenden Entscheidungsreife nicht anzuberaumen (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz - Bezirksverwaltungsamt, Zl. 101-5/3, welchem die Berufungsschrift des Berufungswerbers beigeschlossen ist.

5. Rechtlich ist hiezu auszuführen:

5.1. Dem Spruch des Straferkenntnisses kommt im Hinblick auf die in § 44a Z1 bis Z5 VStG festgelegten Erfordernissen besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat nach der Rechtsprechung des VwGH ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde, usw.

Die zentrale Frage, wie ein Spruch abgefaßt sein muß, um der Bestimmung des § 44a Z1 VStG zu entsprechen, ergibt sich aus der hiezu entwickelten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes. Ein bedeutender Schritt zur Lösung der Problematik kann in dem Erkenntnis des VwGH v. 13.6.1984 Slg. 11466 A gesehen werden, in dem dargelegt wurde, daßdie Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben ist, daß 1. die Zuordnung des Tatverhaltens zur Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist, in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale ermöglicht wird und 2. die Identität der Tat (zB nach Ort und Zeit) unverwechselbar feststeht.

Ferner ist es für die Befolgung der Vorschrift des § 44a Z1 VStG erforderlich, daßim Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, daßer a) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden.

Nach diesen, aber auch nur nach diesen Gesichtspunkten ist in jedem konkreten Fall insbesondere auch zu beurteilen, ob die im Spruch des Straferkenntnisses enthaltene Identifizierung der Tat nach Ort und Zeit dem § 44a Z1 VStG genügt oder nicht genügt, mithin, ob die erfolgte Tatort- und Tatzeitangabe im konkreten Fall das Straferkenntnis als rechtmäßig oder rechtswidrig erscheinen läßt (siehe obzit.Judikat). Das an Tatort- und Tatzeitumschreibung zu stellende Erfordernis wird daher nicht nur von Delikt zu Delikt - sie auch VwGH 14.12.1985, 85/02/0013 - sondern auch nach den jeweils gegebenen Begleitumständen in jedem einzelnen Fall verschiedenes, weil an den oben wiedergegebenen Rechtsschutzüberlegungen, zu messendes Erfordernis sein.

5.2. Diese Anforderungen erfüllt das gegenständliche Verwaltungsstrafverfahren und Straferkenntnis nicht! Weder kann der Tatumschreibung des angefochtenen Straferkenntnisses noch sonst dem Akt entnommen werden, zu welcher Uhrzeit an den jeweiligen Tagen (27.5. und 24.9.1993) die zum Tatvorwurf gemachte Verhaltensweise vom Berufungswerber begangen worden sein sollte. Dem Tatvorwurf mangelt es daher einer ausreichenden Bestimmtheit, sodaßdamit auch keine taugliche Verfolgungshandlung (§ 32 Abs.1 u.2 VStG) verbunden gewesen ist (vgl. VwGH verst.Sen. 19.10.1978, 1664/75).

Die Möglichkeit einer Doppelbestrafung, nämlich wegen des gleichen Tatverhaltens nochmals bestraft zu werden, kann daher hier nicht ausgeschlossen werden. Ebenfalls liegt darin eine Einschränkung in der Möglichkeit sich auf den Tatvorwurf hin zweckmäßig zu verteidigen. Es liegt auch nicht im Wesen dieser Verwaltungsmaterie, daß die Kriterien der Tatzeit (die Anführung der Uhrzeit) ein zu hohes Präzisierungserfordernis stellen würde. Es ist in diesem Zusammenhang nicht nachvollziehbar, daß das die Tathandlung wahrnehmende Organ in der Anzeige nicht auch die Uhrzeit festhalten hätte können.

Dem Akt ist auch nicht zu entnehmen, daßdem Berufungswerber etwa innerhalb der Frist von sechs Monaten, wenn auch nur mündlich, etwa im Zuge einer Vernehmung, die ihm zur Last gelegte Tat konkret vorgehalten worden wäre, worauf er zu den Vorwürfen Stellung beziehen hätte können (siehe etwa VwGH 13.5.1981, 3145/80). Unrichtig ist in diesem Zusammenhang die in der Begründung des Straferkenntnisses getroffene Feststellung, daßder Berufungswerber nicht bestritten habe, durch die Aufstellung der Warenkörbe die Straße zu gewerblichen Zwecken und somit zu anderen Zwecken als zu solchen des Straßenverkehrs benutzt zu haben. Dies läßt sich jedenfalls aus dem Einspruch nicht schlüssig entnehmen. Aus diesen Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben und das Verfahren einzustellen. Es fällt noch auf, daßdie auf Blatt 1 des Aktes auf einem Vordruck angefertigten Aktenvermerke "1. AV: und 2. AV:" gleichzeitig, nämlich am 5. Oktober 1993 erstellt worden sein dürften und vielleicht zu diesem Zeitpunkt die genauen Tatzeiten nicht mehr rekonstruierbar gewesen sind. Nicht nachvollziehbar ist ferner auch, warum im Straferkenntnis die Strafsätze verdoppelt worden sind.

Ein weiteres Eingehen auf das inhaltliche Vorbringen des Berufungswerbers, insbesondere, ob die Anwendung des § 21 VStG in Betracht zu ziehen wäre, erübrigt sich daher. Grundsätzlich sei aber bemerkt, daßangesichts der doch (hier) eher unbedeutenden Folgen eines derartigen Verhaltens und eines anzunehmenden geringen Verschuldens, auch der Anwendung dieser Gesetzesbestimmung grundsätzlich nichts entgegenstehen würde. Ferner ist daher auch nicht mehr zu erörtern, ob die hier zur Last gelegte Tätigkeit eine im Sinne des § 82 Abs.3 lit.a StVO 1960 gewesen sein könnte (VwGH 85/18/0338, Slg.Nr.12059).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß- von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat: Dr. B l e i e r

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