Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300443/4/WEI/Be

Linz, 11.09.2002

VwSen-300443/4/WEI/Be Linz, am 11. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzer Dr. Schön) über die Berufung des A., vertreten durch Dr. G, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried im Innkreis, vom 6. September 2001, Zl. Pol 96-76-1-2000, wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 7 VStG iVm § 2 Abs 3 lit e) Oö. Polizeistrafgesetz - Oö. PolStG (LGBl Nr. 36/1979, zuletzt geändert durch LGBl Nr. 30/1995) zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben als persönlich haftender Gesellschafter und somit gem. § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher der H A T & M KEG, in Ihrem Lokal 'Bar R S A und K die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert, indem diese in der Nacht zum 29.10.2000, je einem Gast im obgenannten Objekt, in welchem mit Verordnung der Stadtgemeinde Ried i.I. vom 3.10.1986 die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution (Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken) verboten ist, die Durchführung eines Geschlechtsverkehrs zum Preis von S 2.500,-- für 1 Stunde angeboten und haben somit die Prostitution angebahnt und einer Untersagung gem. § 2 Abs. 2 Oö. Polizeistrafgesetz zuwider gehandelt haben.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt: § 7 Verwaltungsstraf-gesetz 1991 iVm § 2 Abs. 3 lit. e Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl. Nr. 36/1979 idF. LGBl. Nr. 30/1995 und §§ 1 und 2 der Verordnung der Stadtgemeinde Ried i.I. vom 3.10.1986, Zl. Pol-158/1986-Dr.-S/H;"

Wegen dieser Verwaltungsübertretung verhängte die belangte Behörde gemäß § 10 Abs 1 Z 2 lit b) Oö. PolStG eine Geldstrafe von S 30.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 3.000,-- vorgeschrieben.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 11. September 2001 zugestellt wurde, richtet sich die am 26. September 2001 bei der belangten Behörde rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 25. September 2001, mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Reduktion der Strafe auf ein angemessenes Ausmaß angestrebt wird.

1.3. Die belangte Behörde hat ihren Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung abgesehen.

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

2.1. Die belangte Behörde ging im angefochtenen Straferkenntnis von den Angaben der als Zeugen einvernommenen Gendarmeriebeamten RI S und GI H aus (vgl die strafbehördlichen Niederschriften je vom 16.11.2000). Diese beiden Beamten führten in der Nacht vom 28. zum 29. Oktober 2000 verdeckte Ermittlungen in der Bar "R" in der durch. Dem Zeugen RI S bot die S A, einen variantenreichen Geschlechtsverkehr zum Preis von ATS 2.500,-- für die Dauer einer Stunde an. Nach Darstellung des Zeugen GI H bot auch eine Österreicherin mit dem Künstlernamen "A" an, mit ihnen auf das Zimmer zu gehen, wobei sie abgestufte Tarife je nach den gebotenen Leistungen zur sexueller Befriedigung bekannt gab.

Irgendwelche Erhebungen oder Erkenntnisse in Bezug auf die Art und Weise der Führung des Animierlokals, vor allem hinsichtlich der finanziellen Gebahrung, sind nicht aktenkundig geworden.

Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 28. November 2000 wurde dem Bw die Tat wie im angefochtenen Straferkenntnis angelastet und er aufgefordert, seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse bekannt zu geben. Gleichzeitig wurde für den Fall der Nichtmitwirkung eine Schätzung der persönlichen Verhältnisse, und zwar ein monatliches Nettoeinkommen in Höhe von ATS 30.000,-- bei fehlendem Vermögen und Sorgepflichten, mitgeteilt. In weiterer Folge brachte der Bw durch seinen Rechtsvertreter die rechtfertigende Stellungnahme vom 13. Dezember 2000 ein, in der unter Vorlage eines Geschäftsführerbestellungsvertrages auf die strafrechtliche Verantwortlichkeit iSd § 9 Abs 2 VStG des Z, der auch Generalhandlungsvollmacht iSd § 54 HGB habe, hingewiesen wird.

Der Bw weist ausdrücklich darauf hin, dass er in der Nacht zum 29. Oktober 2000 nicht anwesend gewesen sei, und demnach auch nicht für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften Sorge tragen haben können. Im Übrigen habe er die Weisung erteilt, dass in der Bar "R" lediglich Getränkeanimation erfolgen dürfe.

Die belangte Behörde erließ in der Folge das angefochtene Straferkenntnis vom 6. September 2001, ohne dass weitere Ermittlungen stattgefunden hätten.

2.2. In der rechtsfreundlich vertretenen Berufung wird zunächst abermals die Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten iSd § 9 Abs 2 VStG geltend gemacht. In der Sache bemängelt die Berufung die Feststellung der belangten Behörde, dass es "auf der Hand liege", die Verwendung des Lokals zur Anbahnung der Prostitution könne nicht gegen den Willen des Bw geschehen. Diese Formulierung zeige, dass das Beweisverfahren keinerlei Substanz dafür hergebe. Auf Grund der vorliegenden Beweisergebnisse hätte die belangte Behörde gar keine Feststellungen zur subjektiven Tatseite treffen können. Auch im Verwaltungsstrafrecht herrsche der Grundsatz "in dubio pro reo". Die weiteren Ausführungen bekämpfen die Strafhöhe. Mit ergänzender Eingabe vom 15. Oktober 2001 hat der Bw Sorgepflichten für zwei schulpflichtige Kinder und einen Lehrling im 2. Lehrjahr bekannt gegeben.

3. Die erkennende Kammer des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit e) Satz 1 O.ö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach § 10 Abs 1 lit b) leg. cit. mit Geldstrafe bis ATS 200.000,--, im Fall der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu 6 Wochen zu bestrafen,

wer einer Untersagung gemäß Abs 1 oder 2 sowie einem Verbot gemäß Abs 2 zuwiderhandelt.

Gemäß § 2 Abs 2 Oö. PolStG kann die Gemeinde die Nutzung bestimmter Gebäude, Gebäudeteile oder Gruppen von Gebäuden des Gemeindegebietes zum Zweck der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution durch Verordnung untersagen, wenn durch diese Tätigkeit die Nachbarschaft in unzumutbarer Weise belästigt oder das örtliche Gemeinwesen gestört wird oder sonstige öffentliche Interessen, insbesondere solche der Ruhe, Ordnung und Sicherheit oder des Jugendschutzes verletzt werden.

Mit Verordnung vom 3. Oktober 1986, Zl. Pol-158/1986-Dr.S/H, hat der Gemeinderat der Stadt Ried im Innkreis die Anbahnung oder Ausübung der Prostitution im Haus verboten.

4.2. Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses stellt die Beteiligungsverhältnisse nicht korrekt dar. In Anknüpfung an seine Judikatur zur konkretisierten Tatanlastung nach § 44a Z 1 VStG, wonach die Zuordnung des Tatverhaltens bezüglich aller Tatbestandsmerkmale möglich sei und die Identität der Tat unverwechselbar feststehen muss (vgl VwSlg 11.466 A/1984 und 11.894 A/1985), hat der Verwaltungsgerichtshof in zwei Erkenntnissen aus dem Jahr 1990 zur Beteiligungsform der Beihilfe klargestellt, dass im Spruch sowohl die Tatumstände zu konkretisieren sind, welche eine Zuordnung der Tat des Haupttäters zur verletzten Verwaltungsvorschrift ermöglicht, als auch jenes konkrete Verhalten darzustellen ist, durch welches der Tatbestand der Beihilfe verwirklicht wird. Dazu bedarf es auch eines konkreten inhaltlichen Tatvorwurfes bezüglich der vorsätzlichen Begehungsweise (vgl näher VwSlg 13.112 A/1990 und VwSlg 13.224 A/1990).

Der von der belangten Behörde formulierte Spruch umschreibt zwar die Anbahnung der Prostitution in der Bar "R" durch die beiden Animierdamen A und K, nicht aber die Beihilfehandlung des Bw. Denn die strafbehördliche Darstellung, der Bw habe vorsätzlich die Begehung einer Verwaltungsübertretung erleichtert, indem zwei Animierdamen im bezeichneten Objekt je einem Gast verbotenerweise die Ausübung der Prostitution anboten, entbehrt eines schlüssigen Zusammenhangs und vermag nicht darüber hinwegzutäuschen, dass die belangte Behörde zur Umschreibung der Beihilfe nur die verba legalia herangezogen und die Beihilfehandlung in Wahrheit überhaupt nicht konkretisiert hat.

Wenn dann später begründend bei § 7 VStG der Verwaltungsgerichtshof zitiert wird, wonach das Zurverfügungstellen eines Gebäudeteils zum Zwecke der Anbahnung der Prostitution in einem mit Prostitutionsverbot belegten Gebäude den Tatbestand der Beihilfe herstelle, so ändert dies nichts daran, dass die belangte Behörde solche Umstände nicht in geeigneter konkretisierter Form vorgeworfen hat. Der Berufung ist insofern zuzubilligen, dass das Beweisverfahren auch keinerlei Substanz für einen solchen Vorwurf geboten hat. Welche Rolle der Bw im Zusammenhang mit der Anbahnung der Prostitution durch die Animierdamen spielen könnte, wurde nicht einmal ansatzweise ermittelt. Die belangte Behörde hat sich vielmehr mit der zwar naheliegenden, aber für Zwecke eines Strafverfahrens unzulässigen Vermutung zum Nachteil des Täters begnügt, dass es auf der Hand liege, dass die Verwendung des Lokals zur Anbahnung der Prostitution nicht gegen den Willen des Bw geschehen könnte. Mit dieser Feststellung hat die belangte Strafbehörde gegen den rechtsstaatlichen Grundsatz " in dubio pro reo" verstoßen.

5. Im Ergebnis war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis schon aus den angeführten Gründen aufzuheben und das Strafverfahren nach § 45 Abs 1 Z 1 VStG einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. F r a g n e r

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