Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300447/2/WEI/Be

Linz, 17.09.2002

VwSen-300447/2/WEI/Be Linz, am 17. September 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des B, vertreten durch WKG, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 17. Oktober 2001, Zl. Pol 96-139-1999, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 57 Abs 2 Rechtsanwaltsordnung (RAO) zu Recht erkannt:

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG eingestellt.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben unter Berufung auf die von Herrn R, wohnhaft, erteilten Vollmacht dessen Vertretung übernommen und in diesen Zusammenhang selbständig gegen Entgelt und somit erwerbsmäßig am 16.07.1999 ein Schreiben an die Erste Bank 4720 Neumarkt/H. gerichtet, welches ein außergerichtliches Vergleichsangebot zur Abstattung eines noch aushaftenden Kredits enthielt.

Indem Sie einen zahlungsunfähigen Schuldner vertraten und versuchten, Vereinbarungen mit dessen Gläubiger, Ratenabmachung und andere Zahlungsmodalitäten zu erreichen, bemühten Sie sich um die Vermittlung eines außergerichtlichen Vergleiches und übten damit die Tätigkeit eines Ausgleichsvermittlers aus, obwohl diese Tätigkeit den Rechtsanwälten vorbehalten ist und derjenige eine Verwaltungsübertretung begeht, der unbefugt eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit erwerbsmäßig ausübt."

Dadurch erachtete die belangte Strafbehörde § 8 Abs 2 iVm § 57 Abs 2 Rechtsanwaltsordnung (RGBl Nr. 96/1868, zuletzt geändert mit BGBl I Nr. 27/2000) als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von ATS 8.400,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 33 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafeverfahrens wurde gemäß § 64 VStG der Betrag von ATS 840,-- (10 % der Geldstrafe) vorgeschrieben.

2.1. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 19. Oktober 2001 eigenhändig zugestellt worden ist, richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 2. November 2001, die noch rechtzeitig am gleichen Tag zur Post gegeben wurde und am 5. November 2001 bei der belangten Behörde einlangte. In der Berufung wird primär die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens, hilfsweise die Anwendung des § 21 VStG beantragt.

In der Sache selbst bringt die Berufung vor, dass der Bw Herrn R mit dem der Erste Bank in Neumarkt/Hausruck gemachten außergerichtlichen Vergleichsangebot lediglich einen Freundschaftsdienst erwiesen habe. Von einer gewerbsmäßigen Tätigkeit könne jedenfalls nicht die Rede sein. Er habe keinerlei Entgelt verlangt und so könne auch nicht von einer auf Dauer angelegten Tätigkeit die Rede sein. Es sei für den Bw völlig unverständlich, dass die belangte Behörde ein gewerbsmäßiges Vorgehen annehmen konnte.

In den wesentlichen Kernaussagen, nämlich ob die Tätigkeit des Bw honoriert wurde oder nicht, lägen gleichlautende Zeugenaussagen von Herrn R und Frau Mag. S vor, die wiederum mit der Aussage des Bw übereinstimmten. Danach müsse sich im Rahmen der Beweiswürdigung ergeben, dass eine entgeltliche Tätigkeit nicht gegeben war. Die Verwaltungsübertretung nach § 57 Abs 2 RAO begehe nur, wer unbefugt eine den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausübt. Die Gewerbsmäßigkeit bedürfe nach ständiger Judikatur einer dauernden, auf Gewinn orientierten entgeltlichen Tätigkeit. Auch wenn man zur Interpretation dem StGB folgt, wäre für die Behörde nichts gewonnen.

Die Auslegung des Schreibens des Rechtsanwalts Dr. W wäre lediglich zum Nachteil des Bw vorgenommen worden. Dieser führe nicht an, dass er mit der für das Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit ausschließen könne, dass sich der Bw nicht doch bei ihm erkundigt habe. Zusammenfassend ergebe sich eindeutig, dass es an der subjektiven Tatseite fehle. Jedenfalls wäre aber ein Vorgehen nach § 21 VStG angezeigt gewesen.

2.2. Mit dem am 3. Dezember 2001 beim Oö. Verwaltungssenat eingelangten Vorlageschreiben hat die belangte Behörde die Berufung mit ihrem Verwaltungsstrafakt zur Entscheidung vorgelegt und mitgeteilt, dass von der Möglichkeit einer Berufungsvorentscheidung kein Gebrauch gemacht werde.

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aufzuheben ist. Zum Sachverhalt wird zur Vermeidung von Wiederholungen auf die Darstellung im angefochtenen Straferkenntnis auf Seiten 2 ff verwiesen.

4. In der Sache hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Gemäß § 57 Abs 2 RAO begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu ATS 60.000,-- zu bestrafen,

wer unbefugt eine durch dieses Bundesgesetz den Rechtsanwälten vorbehaltene Tätigkeit gewerbsmäßig ausübt.

Die Befugnis zur umfassenden berufsmäßigen Parteienvertretung im Sinne des § 8 Abs 1 RAO ist gemäß § 8 Abs 2 RAO den Rechtsanwälten vorbehalten.

Nach § 8 Abs 1 Satz 1 RAO erstreckt sich das Vertretungsrecht eines Rechtsanwalts auf alle Gerichte und Behörden der Republik Österreich und umfasst die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung in allen gerichtlichen und außergerichtlichen und in allen öffentlichen und privaten Angelegenheiten.

Das konzessionierte Gewerbe der Ausgleichsvermittlung wurde durch die Gewerberechtsnovelle 1992 gestrichen und fällt daher seit 1. Juli 1993 unter die den Rechtsanwälten vorbehaltenen Tätigkeiten. Die weitere Ausübung des Gewerbes der Ausgleichsvermittler nach der Übergangsvorschrift des § 376 Z 34c GewO 1994 kommt für den Bw mangels einer jemals erworbenen Berechtigung nicht in Betracht.

Der mit Schreiben vom 16. Juli 1999 der Erste Bank unter Vorlage einer am 22. Juni 1999 unterfertigten Vollmacht vom Bw unterbreitete Vorschlag eines außergerichtlichen Vergleiches in Höhe von 20 % des noch offenen Kreditbetrags, war demnach eindeutig eine Tätigkeit, die unter die Befugnis zur berufsmäßigen Parteienvertretung der Rechtsanwälte fällt.

Wie die belangte Strafbehörde schon näher ausführte, spricht gegen den Bw die Verwendung eines Vollmachtsformulars mit Honorarvereinbarung nach den Autonomen Honorarrichtlinien des Österreichischen Rechtsanwaltskammertages und der quasi professionelle Anschein durch Briefkopfbezeichnungen wie "Century 21" und "we do care". Für den Bw sprechen die aktenkundigen Zeugenaussagen des R und der Mag. S über die Leistung eines bloßen Freundschaftsdienstes im gegenständlichen Fall. Er selbst behauptete einen Freundschaftsdienst und gab an, dass er im Nachhinein wisse, diese Art der Vollmacht nicht hätte verwenden zu dürfen. Woher er das Vollmachtsformular hatte, wisse er nicht mehr. Es wäre der einzige Vorfall gewesen und er hätte im guten Glauben gehandelt (Niederschrift vom 22.05.2001).

4.2. Gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 VStG darf ein Straferkenntnis nicht mehr gefällt werden, wenn seit dem in Abs 2 bezeichneten Zeitpunkt drei Jahre vergangen sind. Nach dem § 31 Abs 2 Satz 2 VStG ist die Verjährungsfrist von dem Zeitpunkt zu berechnen, an dem die strafbare Handlung abgeschlossen worden ist oder das strafbare Verhalten aufgehört hat; ist der zum Tatbestand gehörende Erfolg erst später eingetreten, so läuft die Frist erst von diesem Zeitpunkt.

Im vorliegenden Fall ist mittlerweile Strafbarkeitsverjährung gemäß § 31 Abs 3 Satz 1 eingetreten, zumal seit der angelasteten Tätigkeit einer gewerbsmäßigen Ausgleichsvermittlung durch das Schreiben vom 16. Juli 1999 an die Erste Bank Neumarkt/Hausruck bereits mehr als drei Jahre verstrichen sind. Das gegenständlich angelastete strafbare Verhalten war bereits mit diesem Zeitpunkt oder zumindest unmittelbar danach (nach Ablehnung des außergerichtlichen Vergleichs durch die Bank) abgeschlossen. Nach dem § 31 Abs 3 letzter Satz VStG nicht einzurechnende Verfahrenszeiten liegen nicht vor. Spätestens mit Ablauf von drei Jahren seit der angelasteten Tätigkeit war die Strafbarkeit der angelasteten Übertretung daher als verjährt anzusehen.

Im Hinblick auf die eingetretene Strafbarkeitsverjährung bedarf es an sich keiner weiteren Erörterungen in der Sache. Ob die entscheidungswesentlichen Tatfragen in Bezug auf die Gewerbsmäßigkeit im Rahmen des Beweisverfahrens in einer Berufungsverhandlung vor dem Oö. Verwaltungssenat, die im Hinblick auf Art 6 EMRK und §§ 51e ff VStG offensichtlich erforderlich gewesen wäre, eindeutig geklärt hätten werden können, erscheint aber nach der Aktenlage eher fraglich.

Das angefochtene Straferkenntnis war jedenfalls aus Anlass der Berufung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 2 VStG einzustellen, weil nunmehr mit der Strafbarkeitsverjährung ein Umstand vorliegt, der die Strafbarkeit aufhebt.

5. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. W e i ß

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