Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101868/7/Br

Linz, 16.05.1994

VwSen -101868/7/Br Linz, am 16. Mai 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn W P, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 21. Februar 1994, AZ. VU/P/3527/92 W, wegenÜbertretungen der StVO 1960, nach der am 16. Mai 1994 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben als die Geldstrafe auf 500 S ermäßigt wird; im übrigen wird das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl.Nr. 51/1991, zuletzt ge ändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG, iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt ge ändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich demzufolge auf 50 S. Für das Berufungsverfahren entf ällt ein Verfahrenskostenbeitrag.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs. 1 u. 2 und § 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit dem Straferkenntnis vom 21. Februar 1994, AZ. VU/P/3527/92 W, über den Berufungswerber wegen derÜbertretung nach § 18 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 700 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe verhängt, weil er am 2. September 1992 gegen 16.35 Uhr in Linz, auf dem linken Fahrstreifen der Wankmüllerhofstraße, vom Bulgariplatz kommend stadtauswärts, in Höhe des Hauses Nr. 5 als Lenker des Krad mit dem Kennzeichen beim Fahren hinter einem Fahrzeug keinen solchen Abstand eingehalten habe, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre (gemeint wohl ist), auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wurde. 1.1. Hiezu führte die Erstbehörde im wesentlichen begründend aus, daß der Berufungswerber einen zu geringen Tiefenabstand zu dem vor ihm fahrenden Fahrzeug gewählt gehabt habe. Dies sei daraus ersichtlich, daß er selbst angegeben hätte, er sei mit ca. 40 km/h gefahren und sein Abstand zum Vorderfahrzeug habe zum Zeitpunkt der Bremsung etwa 10 Meter betragen. 2. In der dagegen fristgerecht erhobenen Berufung führt schließlich der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter zur Sache selbst im wesentlichen aus, daß er diese Verwaltungsübertretung nicht zu verantworten habe. Er habe eben nicht mit dem plötzlichen Abbremsen des Vorderfahrzeuges rechnen müssen. Das Vorderfahrzeug h ätte nicht überraschend abgebremst werden dürfen. Der vom technischen Sachverst ändigen errechnete, erforderliche Mindesttiefenabstand von 11 Metern, sei ohnedies eingehalten worden. Lediglich bedingt durch eine mit einer Zeitdauer von 1,2 Sekunden anzunehmende Blickwendung nach rechts sei es bei einer Ausgangsgeschwindigkeit von 40 km/h zu dieser Kollision gekommen. Der Tatvorwurf könne daher angesichts dieser sachverständigen Feststellungen nicht aufrechterhalten werden. Ferner l ägen auch die Voraussetzungen für die Anwendung des § 21 VStG vor. Der Berufungswerber stellt den Antrag auf Aufhebung dieses Verwaltungsstrafverfahrens wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften, in eventu beantragt er das Verfahren unter Anwendung des § 21 VStG einzustellen.

3. Der unabh ängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis aufgenommen durch die Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz vom 22. Oktober 1993, AZ. VU/S/5647/91 und der Erörterung des Akteninhaltes im Rahmen der öffentlichen mündlichen Verhandlung, sowie die Vernehmung der Zeugin Helga L 4. Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

4.1. Der Berufungswerber hat sein Fahrzeug an der im Spruch angeführten Írtlichkeit stadtausw ärts gelenkt. Vor ihm ist die Zeugin Helga L mit ihrem Fahrzeug gefahren. Es war davon auszugehen, daß die Fahrgeschwindigkeit beider Fahrzeuge im Bereich zwischen 40 und 50 km/h gelegen ist. Bedingt durch einen, aus der Sicht der Zeugin von rechts nach links die Fahrbahn überquerenden Radfahrer, mußte diese ihr Fahrzeug plötzlich abbremsen. Bei dieser Bremsung hat es sich maximal um eine st ärkere Betriebsbremsung, keinesfalls aber um eine Vollbremsung gehandelt. Als Folge dieses Bremsmanövers ist der Berufungswerber wegen eines nicht ausreichenden Abstandes zum Vorderfahrzeug auf das Fahrzeug der Zeugin aufgefahren. Dabei ist er zu Sturz gekommen. 5. Das entscheidungsrelevante Beweisergebnis stützt sich insbesondere auf die Aussage der Zeugin Helga L. Es ergibt sich daraus schlüssig, daß auch der Berufungswerber objektiv die Möglichkeit gehabt h ätte das Verhalten des Radfahrers zu sehen und sein Fahrverhalten daher entsprechend anzupassen. Schließlich r äumt der Berufungswerber auch selbst ein, daß der Abstand von 10 Metern zum Vorderfahrzeug der Mindestsicherheitsabstand gewesen sei. Das vom Berufungswerber vorgelegte Sachverständigengutachten qualifiziert den - errechneten - vom Berufungswerber eingehaltenen Sicherheitsabstand als "knapp unter dem Mindestsicherheitsabstand liegend." Da diese Schlußfolgerung eine Fahrgeschwindigkeit von nur 40 km/h zugrundegelegt ist, sei daher unter Bezugnahme auf den eingetretenen Erfolg (Auffahrunfall) jedenfalls von einem nicht ausreichenden Mindestabstand zum Vorderfahrzeug auszugehen gewesen. 5.1. Rechtlich hat er unabh ängige Verwaltungssenat erwogen:

5.1.1. Gem äß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum n ächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

5.1.2. Dieser Abstand ist dem Schutzzweck dieser Bestimmung folgend auch dann einzuhalten, wenn mit einem plötzlichen Abbremsen des Vorderfahrzeuges nicht gerechnet werden müßte. Zumal hier ein Abbremsen im Sinne der Verkehrssicherheit erforderlich gewesen ist, worauf sich der Berufungswerber bei Aufwendung der objektiv erforderlichen und ihm daher auch zumutbaren Sorgfalt sogar einstellen h ätte können, kann er sich jedenfalls nicht mit Erfolg auf die Bestimmung des § 21 Abs.1 StVO 1960 (unerlaubtes plötzliches Abbremsen) berufen (Kammerhofer - Benes, Kommentar zur StVO, idF.d.10. Novelle, Anm.3 u. 4, Seite 204). Wenngleich als Regelfall der Sicherheitsabstand in der Länge des Reaktionsweges ausreicht (hier wäre dieser mit mindestens 11 Meter zu veranschlagen gewesen) besagt dies nicht, der gegenst ändliche Fall beweist dies wohl anschaulich, daß dieser Mindestabstand situationsspezifisch nicht ein höherer sein muß. Dies wird insbesondere bei einem Motorradfahrer anzunehmen sein, welcher sowohl als Fahrzeuglenker, als auch als Verkehrsteilnehmer zus ätzlichen Anforderungen im Straßenverkehr ausgesetzt ist, sodaß etwa nicht eine bloß ganz verkehrstypische Ablenkung, wie etwa eine Blickwendung, schon kumulativ kausal für einen Auffahrunfall wird. Der Schutzzweck des § 18 Abs.1 VStG stellt eben auf die Bewerkstelligung des rechtzeitigen Anhaltens unter allen verkehrstypischen Bedingungen ab (vgl. VwGH 26.4.1991, Zl. 91/18(0070). Bei der Wahl des Sicherheitsabstandes wird daher etwa auch auf die Art, die Ausrüstung und den Zustand des jeweiligen Fahrzeuges und die individuelle Vertrautheit des Lenkers mit diesem, Bedacht zu nehmen sein.

6. Bei der Strafzumessung ist gem äß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuw ägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

6.1. Die Anwendung des § 21 Abs.1 VStG kann nicht in Betracht kommen, zumal die Folgen derÜbertretung nicht bloß unbedeutend geblieben sind (Auffahrunfall). Gefolgt vermochte dem Berufungswerber jedoch darin werden, daß es sich bei dem ihm anzulastenden Verschulden um ein geringfügiges handelt. Dies ergibt sich daraus, daß es sich einerseits tats ächlich nur um eine geringfügige Unterschreitung des Sicherheitsabstandes gehandelt hat, das offenkundige Fehlverhalten eines dritten Verkehrsteilnehmers primär unfallauslösend gewesen und andererseits der Berufungswerber selbst der Hauptgesch ädigte des Verkehrsunfalles geblieben ist. Das dem Berufungswerber zur Last zulegende Fehlverhalten bewegt sich in einem Rahmen, wie es auch einem durchschnittlich sorgf ältigen Verkehrsteilnehmer unterlaufen kann und in aller Regel unerkannt und ohne Folgen bleibt. Trotz eines wesentlich höheren Einkommens als es von der Erstbehörde ihrer Entscheidung grundgelegt worden war, konnte daher die nunmehr festgesetzte Strafe als schuldangemessen erachtet werden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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