Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300455/15/Ki/Ka

Linz, 16.05.2002

VwSen-300455/15/Ki/Ka Linz, am 16. Mai 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der AH, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. BG, vom 7.3.2002 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. vom 20.2.2002, Pol96-23-2002, wegen einer Übertretung des Oö. Jugendschutzgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.5.2002 zu Recht erkannt:

Der Berufung wird Folge gegeben, der angefochtene Bescheid wird behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat mit Bescheid vom 20.2.2002, Pol96-23-2002, der Berufungswerberin (Bw) eine Ermahnung erteilt. Es wird ihr vorgeworfen, sie habe am 2.2.2002 in der Zeit zwischen 23.00 und etwa 24.00 Uhr im LK in W an den Jugendlichen MK (17 Jahre) alkoholische Getränke (etwa 10 Cola-Rum) verabreicht, obwohl Jugendlichen ab dem 16. Lebensjahr der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und Konsum von alkoholischen Getränken über 14 Volumsprozent verboten ist. Sie habe dadurch § 8 Abs.2 iVm § 12 Abs.1 Z3 und Abs.3 Oö. Jugendschutzgesetz 2001, LGBl.Nr.93/2001, verletzt.

2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen diesen Bescheid mit Schriftsatz vom 7.3.2002 Berufung, mit dem Antrag, der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wolle den angefochtenen Bescheid ersatzlos beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einstellen.

Bemängelt wird, dass aus dem Spruch des angefochtenen Bescheides nicht erkennbar sei, welches Verhalten und welcher Straftatbestand der Beschuldigten nun eigentlich vorgeworfen werde, sei es die Ausgabe alkoholischer Getränke mit über 14 Volumsprozent Alkohol oder die Abgabe alkoholischer Getränke, die zu einem übermäßigen Alkoholkonsum eines Jugendlichen führe.

Die Bw habe weder zu der in der Ermahnung vom 20.2.2002 angegebenen Zeit noch auch sonst an den Jugendlichen MK alkoholische Getränke mit über 14 Volumsprozent Alkohol ausgegeben, noch alkoholische Getränke ausgegeben, die zu einem übermäßigen Alkoholkonsum des genannten Jugendlichen geführt hätten.

Das in der Anzeige genannte Mixgetränk "Cola-Rum" weise einen Alkoholgehalt von weitaus weniger als 14 Volumsprozent Alkoholgehalt auf, da bei diesem Mixgetränk 2 cl Schankrum zu 22 Volumsprozent Alkoholgehalt mit 8 cl Cola gemischt werden würden und das Glas zusätzlich mit Eis aufgefüllt werde, sodass sich ein durchschnittlicher Alkoholgehalt des Mischgetränks von deutlich weniger als 7 Volumsprozent ergebe.

Eine Ausgabe alkoholischer Getränke, die zu einem übermäßigen Alkoholkonsum eines Jugendlichen führe, setze wiederum Erkennbarkeit einer (beginnenden) Alkoholisierung des Jugendlichen voraus, was im Gegenstand aber nicht gegeben gewesen sei.

Der Bw sei der Jugendliche MK persönlich nicht bekannt, sie könne auch mit Sicherheit ausschließen, alkoholische Getränke an Jugendliche ausgegeben zu haben, wenn diese Jugendlichen alkoholisiert gewesen wären oder schienen.

Im Weiteren wird das von der Erstbehörde durchgeführte Ermittlungsverfahren bemängelt.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14.5.2002. An dieser Berufungsverhandlung nahmen die Bw im Beisein ihres Rechtsvertreters sowie eine Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. teil. Als Zeuge wurde MK einvernommen.

Die Beschuldigte führte bei ihrer Einvernahme aus, dass sie seit 26 Jahren als Kellnerin im nunmehrigen LK beschäftigt sei, sie kenne sehr wohl ihre Pflichten als Kellnerin und wisse auch, dass an Jugendliche und Betrunkene kein Alkohol ausgeschenkt werden dürfe. Zur vorgeworfenen Tatzeit sei im Lokal vermutlich viel los gewesen, zumal Windischgarsten ein Wintersportort ist. Es seien auch Sicherheitsleute beschäftigt, welche eine Ausweiskontrolle durchführen und automatisch betrunkene Leute nicht ins Lokal lassen würden. Sie kenne den Zeugen zwar vom Sehen her, er sei ihr aber damals sicher nicht aufgefallen.

Für die Herstellung von Cola-Rum werde ein Schankrum mit ca. 22 Volumsprozent Alkoholgehalt verwendet, dieser werde durch die Schankanlage portioniert. Dazu würden 8 cl Cola gemischt und darüber hinaus auch noch Eis beigegeben werden. Es gebe natürlich auch höherprozentigen Rum, welcher wesentlich teurer ist. Wenn ein Gast einen solchen verlangen würde, würde sie ihn darauf aufmerksam machen.

Die Vertreterin der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf/Kr. bestätigte in diesem Zusammenhang, dass sie über eine Anfrage bei der Lebensmittelpolizei eruieren konnte, dass es einen Schankrum mit ca. 22 Volumsprozent gibt.

MK führte als Zeuge aus, dass er an jenem Samstag mit einigen Kollegen fortgegangen sei. Es sei auch getrunken worden. Bei dieser Lokaltour seien Cola-Rum und Bier getrunken worden. Zunächst habe er das LK aufgesucht, er habe in diesem Lokal nur Cola-Rum getrunken. Wie viele davon könne er nicht mehr sagen, es müssten so um die 10 gewesen sein. Auf Vorhalt, dass er vor dem Gendarmerieposten Windischgarsten ausgesagt habe, er wäre zuerst in einem anderen Lokal und erst in der Folge gegen 23.00 Uhr in der "Altstadt" gewesen, führte er aus, dass dies nicht stimme. Beim Betreten des Lokales hätte es eine Visitation durch die "Bodyguards" gegeben, nach einem Ausweis sei jedoch nicht gefragt worden.

Er habe an der Bar bei der Bw die Cola-Rum bestellt und diese auch von ihr erhalten, er sei sich ausdrücklich sicher, dass es sich um diese Dame gehandelt habe, weil er sie schon seit zwei Jahren kenne.

Im Anschluss an den Besuch im LK sei er dann in die Tenne gegangen, wo er ebenfalls Cola-Rum getrunken habe. Schließlich sei er im Lokal P gelandet, wo er Bier getrunken habe. Dort sei ihm dann auch schlecht geworden.

I.5. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 12 Abs.1 Z3 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung, wer als Erwachsener entgegen dem Verbot des § 8 Abs.2 an Jugendliche alkoholische Getränke oder Tabakwaren, welche diese nicht erwerben oder konsumieren dürfen (§ 8 Abs.1 ), abgibt.

Gemäß § 8 Abs.1 leg.cit. ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von alkoholischen Getränken mit über 14 Volumsprozent verboten.

Gemäß § 8 Abs.2 leg.cit. dürfen an Jugendliche keine alkoholischen Getränke abgegeben werden, welche sie im Sinn des Abs.1 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

Anders als im Falle eines Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und Konsum von alkoholischen Getränken nicht schlechthin verboten. Die Grenze der Zulässigkeit bildet einerseits, dass es sich um keinen übermäßigen Alkoholkonsum handelt und andererseits dass es sich nicht um alkoholische Getränke mit über 14 Volumsprozent handelt. Im letzteren Falle ist sowohl der Erwerb als auch der Konsum für Jugendliche ab dem vollendeten 16. Lebensjahr verboten.

Nach Angaben des Zeugen hat dieser im Lokal "A" ca. 10 Cola-Rum getrunken. Dies stellt eine glaubwürdige Aussage dar und konnte letztlich auch von der Bw nicht widerlegt werden. Im Gegensatz zu seiner ursprünglichen Aussage am Gendarmerieposten Windischgarsten hat jedoch nunmehr der Zeuge ausgeführt, dass er zuerst in das LK gegangen ist und erst in der Folge andere Lokale besucht hat. In Anbetracht der Tatsache, dass er seine zeugenschaftliche Aussage unter Wahrheitspflicht bzw strafrechtlichen Sanktionen einer allfälligen falschen Zeugenaussage getätigt hat, wird die Angabe des Zeugen in der mündlichen Berufungsverhandlung als glaubwürdiger angesehen und daher der Entscheidung zugrunde gelegt, dass er im LK noch nicht alkoholisiert erschienen ist.

Es stellt sich nun zunächst die Frage, ob der Konsum von 10 Cola-Rum in der Zusammensetzung von jeweils 2 cl Rum mit 22 Volumsprozent und 8 cl Cola einen "übermäßigen Alkoholkonsum" im Sinne des § 8 Abs.1 Oö. Jugendschutzgesetz darstellt. Laut dem Bericht des Ausschusses für allgemeine innere Angelegenheiten betreffend das Landesgesetz über den Schutz der Jugend, Beilage 1142/2001 zum kurzschriftlichen Bericht des Oö. Landtages, XXV. Gesetzgebungsperiode, kann von einem übermäßigen Alkoholkonsum jedenfalls dann ausgegangen werden, wenn deutliche Anzeichen der Alkoholisierung, wie gerötete Augenbindehäute, lallende Aussprache oder schwankender Gang erkennbar sind. Derartige Symptome sind nach allgemeiner Lebenserfahrung im Allgemeinen erst dann zu erkennen, wenn sich die betreffende Person in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befindet, welcher den Grenzwert des § 5 Abs.1 StVO 1960 (0,8 Promille) bildet. Ausgehend von einem Gewicht von ca. 70 kg (Eindruck des erkennenden Mitgliedes vom Erscheinungsbild des Zeugen bei der mündlichen Berufungsverhandlung) errechnet sich bei der oben dargelegten Trinkmenge nach der "Widmark-Formel" (Grundlage für die Berechnung der Blutalkoholkonzentration) im vorliegenden Falle ein Blutalkoholgehalt von 0,73 Promille. Dieser Wert liegt noch unter dem oben dargelegten Grenzwert von 0,8 Promille, sodass jedenfalls nach dem Grundsatz "in dubio pro reo" noch nicht von einem übermäßigen Alkoholkonsum gesprochen werden kann und daher auch die Abgabe dieser Alkoholmenge noch zulässig war.

Ebenfalls nicht zulässig ist der Erwerb und der Konsum und daraus resultierend auch die Abgabe von alkoholischen Getränken mit über 14 Volumsprozent. Wie bereits oben dargelegt wurde, handelte es sich im vorliegenden Falle jeweils um ein Mixgetränk, welches sich aus 2 cl Rum mit 22 Volumsprozent und 8 cl Cola (darüber hinaus wurden noch Eiswürfel beigegeben) zusammengesetzt hat. Die belangte Behörde vertritt dazu die Auffassung, dass die Abgabe derart alkoholischer Getränke verboten sei und stützt sich dabei auf einen Erlass der Oö. Landesregierung, wonach das Mischgetränk zwischen alkoholfreiem Basisgetränk und beigefügtem hochprozentigem (über 14 Volumsprozent) Alkohol bei den diversen Mixgetränken nicht von vornherein ausreichend kalkulierbar und als fertigen Mix geprüft auszuweisen ist und sich die beigefügten hochprozentigen Alkoholika mitunter sehr drastisch in ihrer volumsprozentigen Stärke (zB Rum mit 40, 60 oder 80 Volumsprozent) unterscheiden. Andererseits werden durch diesen Erlass diverse Fertigmixgetränke als zulässig angesehen.

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vertritt dazu die Auffassung, dass auch bei Mixgetränken, die erst vor Ort zusammengemischt werden, nicht eine Verallgemeinerung vorgenommen werden darf. Insbesondere im Verwaltungsstrafverfahren ist auf die konkrete Einzelfallsituation abzustellen und es kann nicht von vornherein eine allgemein mögliche volumsprozentige Stärke zu einem generellen Verbot führen. Es kommt ausschließlich auf den Alkoholgehalt des einzelnen Getränkes an, was insbesondere dann leicht zu eruieren ist, wenn, wie im vorliegenden Falle, die Menge des alkoholischen Getränkes genau portioniert werden kann. Die im erwähnten Erlass der Oö. Landesregierung vorgenommene Unterscheidung zwischen Fertigmixgetränken einerseits und Mixgetränken, die erst vor Ort zusammengemischt werden, ohne konkrete Prüfung des Einzelfalles könnte nach Auffassung der erkennenden Berufungsbehörde zu unsachlichen und daher auch gesetzeswidrigen Ergebnissen führen.

Ausgehend von einem Alkoholgehalt des verwendeten Rumes von 22 Volumsprozent errechnet sich bei einem Mischungsverhältnis von 2 cl Rum und 8 cl Cola ein Wert von 4,4 Volumsprozent. Dieser Wert liegt weit unterhalb des gesetzlich vorgegebenen Grenzwertes und ist etwa vergleichbar mit jenem der im Erlass der Oö. Landesregierung angeführten Fertigmixgetränke und es ist daher auch unter diesem Aspekt hinsichtlich eines Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb sowie der Konsum und damit auch die Abgabe dieser Getränke zulässig.

Zusammenfassend wird daher festgestellt, dass der Konsum der vom Zeugen genossenen alkoholischen Getränke im vorliegenden konkreten Falle zulässig war, weshalb die Abgabe dieser Getränke an den Jugendlichen MK durch die Bw kein strafbares Verhalten darstellt. Dass er letzlich anschließend in anderen Lokalen weitere alkoholische Getränke konsumiert hat, ist für den vorliegenden Fall nicht relevant. Aus diesem Grunde war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180  Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

Oö. Jugendschutzgesetz: Übermäßiger Alkoholkonsum im Allgemeinen dann, wenn 0,8 Promille erreicht werden (BAG); auch individuell zubereitete Mixgetränke können weniger als 14 Volumsprozent aufweisen

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum