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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300458/2/Ki/La

Linz, 25.04.2002

VwSen-300458/2/Ki/La Linz, am 25. April 2002 DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Alfred Kisch über die Berufung der M R, C.-W 44/10, 5 S vom 5.4.2002, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 26.2.2002, Pol96-184-2000, wegen einer Übertretung des Oö. Veranstaltungsgesetzes, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskosten-beiträge.

Rechtsgrundlage:

zu  I: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 3 und 51 VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft SV hat mit Straferkenntnis vom 26.2.2002, Pol96-184-2000, die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie habe als Untermieterin der "Villa M" in U a.A., K 21, zu verantworten, dass am 4.9.2000 um ca. 2.30 Uhr im Bordell "Villa M in U a.A., K 21, Gästen Pornofilme mit einer Videoanlage vorgeführt wurden, obwohl keine Ausnahmebewilligung gemäß § 2 Abs.4 Oö. Polizeistrafgesetz vorliegt und es sich um eine offensichtliche Anbahnung zur Ausübung der Prostitution durch die anwesenden Damen gehandelt hat. Sie habe dadurch § 16 Abs.1 Z1 i.V.m. § 14 Z6 des Oö. Veranstaltungsgesetzes 1992, LGBl. Nr. 75/1992, i.d.F. LGBl. Nr. 84/2001 verletzt.

Gemäß § 16 Abs.2 Oö. Veranstaltungsgesetz wurde über sie eine Geldstrafe in Höhe von 600 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 60 Euro (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.

I.2. Die Rechtsmittelwerberin erhob gegen dieses Straferkenntnis per Telefax am 5.4.2002 Berufung mit der Begründung, dass sie weder Untermieterin noch Obfrau sei.

I.3. Die Bezirkshauptmannschaft SV hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt.

Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde abgesehen, weil bereits aus der Aktenlage ersichtlich ist, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

I.5. Nach Durchführung des Ermittlungsverfahrens hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich wie folgt erwogen:

Gemäß § 16 Abs.1 Z1 Oö. Veranstaltungsgesetz begeht eine Verwaltungsüber-tretung, wer eine verbotene Veranstaltung durchführt (§ 14) oder in seiner Betriebsstätte bzw. in seinen Betriebseinrichtungen duldet.

Zutreffend ist die Bezirkshauptmannschaft SV im vorliegenden Falle davon ausgegangen, dass die Vorführung von Pornofilmen mit einer Videoanlage vor Gästen einen Zusammenhang mit der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution mit Wahrscheinlichkeit erwarten lässt und es sich daher um eine verbotene Veranstaltung iSd Oö. Veranstaltungsgesetzes handelt. Allerdings entbehrt der Strafvorwurf den für Verwaltungsstrafverfahren gebotenen Konkretisierungs-merkmalen.

Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Dieser Vorschrift ist dann entsprochen, wenn dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Beschreibung vorgeworfen ist, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen bzw sich rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Demnach ist die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass die vorgeworfene Tat in Ansehung aller Tatbestandsmerkmale exakt beschrieben wird.

Mit dem Vorwurf, die Beschuldigte habe es (als Untermieterin) zu verantworten, dass Gästen Pornofilme mit einer Videoanlage in der "Villa M" vorgeführt wurden, wird diesem Konkretisierungsgebot nicht entsprochen. § 16 Abs.1 Z1 bezeichnet nämlich zwei Tatvarianten, nämlich einerseits die (unmittelbare) Durchführung einer verbotenen Veranstaltung (1. Fall) und andererseits die Duldung einer derartigen Veranstaltung in der Betriebsstätte bzw. mit den Betriebseinrichtungen (2. Fall). Mit der Formulierung, die Beschuldigte habe die Vorführung der Pornofilme zu verantworten, wird keine Aussage dahingehend getroffen, nach welcher Variante des § 16 Abs.1 Z1 Oö. Veranstaltungsgesetz tatsächlich die Tat begangen worden ist. Diesem Umstand kommt insofern auch wesentliche Bedeutung zu, da das Dulden einer verbotenen Veranstaltung jedenfalls das Wissen und Wollen des Täters auch bezüglich des veranstaltungsrechtlichen Verbotenseins und damit ein bewusst rechtswidriges Täterverhalten voraussetzt (vgl. VwSen-300216/2/Wei/Bk vom 15.2.1999 u.a.). Für den Fall des Eintrittes der 2. Tatvariante sind daher jedenfalls auch hinsichtlich des Tatvorsatzes Ermittlungen durchzuführen bzw. Feststellungen zu treffen.

Nachdem, wie dargelegt wurde, der (Schuld-)spruch des angefochtenen Straferkenntnisses mit qualifizierter Unbestimmtheit belastet ist und überdies im Hinblick auf die mittlerweile gesetzlich festgelegte Verfolgungsverjährungsfrist (§ 31 VStG) eine entsprechende Korrektur nicht mehr möglich ist, war der Berufung Folge zu geben und das Verwaltungsstrafverfahren gegen die Bw einzustellen.

Der Ordnung halber wird noch ausgeführt, dass aus den Verfahrensunterlagen auch in keiner Weise hervorgeht, dass die Bw, wie vorgeworfen wurde, tatsächlich Untermieterin der "Villa M" ist. Es wird empfohlen, bei künftigen Verfahren, bereits vor der Erlassung des Straferkenntnisses entsprechende Ermittlungen zu führen bzw. Beweise aufzunehmen.

Angemerkt wird, dass als verletzte Rechtsvorschrift das Oö. Veranstaltungsgesetz 1992 idF LGBl.Nr. 84/2001, zitiert wurde. Zur vorgeworfenen Tatzeit (4.9.2000) war diese zitierte Novelle des Oö. Veranstaltungsgesetzes 1992 noch nicht in Kraft.

II. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichts-hof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. K i s c h

Beschlagwortung:

§ 16 Abs. 1 Oö Veranstaltungsgesetz beinhaltet zwei Tatvarianten; im Schuldspruch ist auf die jeweilige Tatvariante exakt abzustellen.

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