Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300483/2/SR/Ri

Linz, 16.10.2002

VwSen-300483/2/SR/Ri Linz, am 16. Oktober 2002

DVR.0690392

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung der C E, Rweg , S, gegen den Ermahnungsbescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 16.9.2002, Zl. Pol96-44-2002 wegen Übertretung des Oö. Jugendschutzgesetzes 2001 (im Folgenden: Oö. JSchG), zu Recht erkannt:

  1. Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Ermahnungsbescheid behoben.

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 44a und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit oben bezeichnetem Bescheid des Bezirkshauptmannes von Schärding wurde die Berufungswerberin (Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben folgende Verwaltungsübertretungen begangen: Tatort: P, Hstraße, im Lokal `P´ Tatzeit: 30.5.2002 zw. 08.00 und 15.10 Uhr - Sie haben zum Tatzeitpunkt am Tatort an C D D übermäßig alkoholische Getränke angegeben, da dieser im dortigen Lokal einige Bier und eine Flasche Sekt konsumiert hatte, obwohl der übermäßige Konsum von alkoholischen Getränken durch Jugendliche verboten ist.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§§ 8 Abs.2 i.V.m. § 12 Abs.1 Ziff. 3 Oö. Jugendschutzgesetz 2001 LGBl. Nr.93/2001.

Spruch

Es wird von der Verhängung einer Strafe abgesehen und ihnen eine Ermahnung erteilt. Rechtsgrundlage § 21 des Verwaltungsstrafgesetzes"

2. Gegen diesen der Bw nach dem 23. September 2002 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, bei der Behörde erster Instanz am 2. Oktober 2002 eingelangte und somit rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. In der Begründung des angefochtenen Bescheides hat die Behörde erster Instanz auszugsweise den Gesetzestext des § 21 Abs.1 VStG wiedergegeben und abschließend ausgeführt, dass "diese Voraussetzungen zutreffen".

2.2. Die Bw hat in der Berufungsschrift die Verabreichung alkoholischer Getränke an den C D bestritten.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat den bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit der Zl. Pol96-44-2002 vorgelegt und gleichzeitig einen Verhandlungsverzicht abgegeben.

3.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat in den Vorlageakt Einsicht gehalten. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender relevanter Sachverhalt:

C D (ein Jugendlicher, der das 16. Lebensjahr bereits vollendet hat) hat am 30. Mai 2002, in der Zeit von ca. 08.00 Uhr bis ca. 15.10 Uhr, in P, Hstraße , im Lokal "P" Bier konsumiert und gegen 15.00 Uhr eine Flasche Sekt erworben. Wer an den Jugendlichen das Bier - der Menge nach unbestimmt - abgegeben hat, kann dem Akt nicht entnommen werden. Die Flasche Sekt (Flascheninhalt und Volumsprozent des alkoholischen Getränkes unbekannt) wurde von C D bestellt und von der Bw an ihn abgegeben. Ob überhaupt und wenn ja, wieviel C D davon konsumiert hat, wurde nicht erhoben. Zum Zeitpunkt der Amtshandlung (nach 15.13 Uhr) wies der Jugendliche deutliche Alkoholisierungsmerkmale (deutlicher Alkoholgeruch, schwankender Gang, lallende Sprache, deutliche Bindehautrötung, unhöfliches und aggressives Benehmen) auf.

3.2. Aufgrund der Aktenlage ist als erwiesen anzusehen, dass die Bw an den Jugendlichen eine Flasche Sekt abgegeben hat. Das Vorbringen im Rechtsmittel - nunmehrige Bestreitung ohne Konkretisierung und ohne Bezug auf ein Schlüsselerlebnis - ist in dieser Allgemeinheit als Schutzbehauptung zu werten. Ursprünglich hatte die Bw gegenüber dem einschreitenden Organ die Abgabe der Flasche Sekt nicht bestritten und ausgesagt, dass sie sich nicht mehr an den Besteller erinnern könne. Es widerspricht aber der Lebenserfahrung, dass Personen, die im Servierberuf tätig sind, sich an Bestellungen, die nur einige Minuten zurückliegen, nicht mehr erinnern oder diese nicht mehr zuordnen können. Dagegen haben die Tischnachbarn die Bestellung der Flasche Sekt durch den Jugendlichen und die Abgabe durch die Bw an ihn übereinstimmend bestätigt. Die Feststellung der Alkoholisierungsmerkmale durch den Meldungsleger ist nachvollziehbar und die Erkennbarkeit dieser ist ihm zuzumuten. Somit hätte auch die Bw bei Wahrung der entsprechenden Sorgfalt den durch Alkohol beeinträchtigten Zustand des Jugendlichen erkennen und ihre weitere Handlungsweise danach ausrichten müssen.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 8 Abs.1 Oö. JSchG ist Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und der Konsum von Tabakwaren und von alkoholischen Getränken verboten. Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr ist der übermäßige Alkoholkonsum sowie der Erwerb und der Konsum von alkoholischen Getränken mit über 14 Volumsprozent verboten.

Gemäß § 8 Abs. 2 Oö. JSchG dürfen an Jugendliche keine alkoholischen Getränke oder Tabakwaren abgegeben werden, welche sie im Sinn des Abs.1 nicht erwerben und konsumieren dürfen.

§ 12 Oö. JSchG (Strafbestimmungen für Erwachsene - auszugsweise):

Abs. 1: Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder durch andere Verwaltungsvorschriften mit strengerer Strafe bedroht ist, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 7.000 Euro und zu sechs Wochen zu bestrafen, wer als Erwachsener

......

3. entgegen dem Verbot des § 8 Abs. 2 an Jugendliche alkoholische Getränke und Tabakwaren, welche diese nicht erwerben und konsumieren dürfen (§ 8 Abs.1), abgibt,

.......

Abs.3: Abgesehen von § 21 VStG ist bei einer Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z3 von der Behörde anstelle einer Geldstrafe mit Bescheid eine Ermahnung auszusprechen, wenn

1. diese Verwaltungsübertretung nicht vorsätzlich begangen wurde und

2. diese Person wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z3 noch nicht rechtskräftig bestraft oder in den letzten drei Jahren vor der Verwaltungsübertretung noch nicht zweimal rechtskräftig mit Bescheid ermahnt wurde.

4.2 Anders als im Falle eines Jugendlichen bis zum vollendeten 16. Lebensjahr ist Jugendlichen ab dem vollendeten 16. Lebensjahr der Erwerb und Konsum von alkoholischen Getränken nicht schlechthin verboten. Die Grenze der Zulässigkeit bildet einerseits, dass es sich um keinen übermäßigen Alkoholkonsum handelt und andererseits dass es nicht den Erwerb und Konsum von alkoholischen Getränken mit über 14 Volumsprozent betrifft.

4.3. Der Spruch eines Bescheides, mit welchem eine Ermahnung ausgesprochen wird, hat, wenn er nicht auf Einstellung lautet, gemäß § 44a VStG unter anderem,

1. die als erwiesen angenommene Tat und

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist,

zu enthalten.

Im Spruch des Bescheides müssen daher alle jene Tatbestandsmerkmale enthalten sein, die zur Bezeichnung des inkriminierten Verhaltens erforderlich sind (VwGH 19.5.1980, 3407/79).

4.4. Der Spruch des angefochtenen Bescheides wird den Erfordernissen des § 44a VStG nicht gerecht. Auch wenn die Überschrift "Spruch" erst unmittelbar vor dem Ausspruch über die Ermahnung angeführt ist, sind hier die Ausführungen über die als erwiesen angenommene Tat als Spruchbestandteil zu werten.

Der Spruch, dem zumindest ein erforderliches Tatbestandselement fehlt, lässt eine exakte Tatumschreibung vermissen.

Einerseits stellt dieser Spruch auf eine Zeitspanne (zwischen 08.00 und 15.00 Uhr) und andererseits auf einen Zeitpunkt ab. Der Bw wird vorgeworfen, dass sie zum Tatzeitpunkt an "C D D" übermäßig alkoholische Getränke "angegeben" hat. Das erforderliche Tatbestandselement "Jugendlicher ab dem vollendeten 16. Lebensjahr" findet überhaupt keine Erwähnung. Weiters wird das Verbot der Abgabe mit "dem (übermäßigen) Konsum einiger Bier und einer Flasche Sekt" beschrieben. Schlussendlich scheint sich die Ermahnung auf § 21 VStG und nicht auf § 12 Abs.3 Oö. JSchG zu stützen.

Die Behörde hat den Schuldspruch nicht begründet. Somit konnte die Bw das von der Behörde angenommene, inkriminierende Verhalten nicht einmal durch Einsicht in die Begründung eruieren.

4.5. Da iSd § 44a VStG dem Spruch die als erwiesen angesehene Tat nicht widerspruchsfrei entnommen werden kann, war der Berufung stattzugeben und der Ermahnungsbescheid aufzuheben.

5. Kosten waren keine vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

Beschlagwortung: Ermahnung

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