Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300486/2/SR/Ri

Linz, 07.01.2003

 

 

 VwSen-300486/2/SR/Ri Linz, am 7. Jänner 2003

DVR.0690392
 
 
 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung der H E, Nweg, B gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 20. September 2002, Zl. Pol96-230-2002-W, wegen Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes 1979 (im Folgenden: Oö. PolStG), zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.
  2.  

  3. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45 Abs.1 Z. 2, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: §§ 64, 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn wurde die Berufungswerberin (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben am 15. Mai 2002 gegen 23.15 Uhr an der Stehbar des "Freizeitclub M" in B a I, M Straße die Prostitution gegenüber zwei Gendarmeriebeamten angebahnt, ohne die Nutzung dieses Objektes für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zwei Monate vor Aufnahme der Tätigkeit der Stadtgemeinde Braunau am Inn angezeigt zu haben. Konkret gaben Sie gegenüber den zwei Beamten an, dass Sie bereit wären mit den Männern aufs Zimmer zu gehen, wobei Sie als Leistungspreis für eine halbe Stunde Geschlechtsverkehr 130 Euro und für eine ganze Stunde 210 Euro verlangen würden.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 2 Abs.1 iVm § 2 Abs.3 lit.d Oö. Polizeistrafgesetz 1979,BGBl. Nr. 36/1979 i.d.g.F.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

900 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

60 Stunden

gemäß

§ 10 Abs.1 lit.b PolStG 1979 i.d.g.F.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

90 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 990 Euro."

 

2. Gegen dieses der Bw am 15. Oktober 2002 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Die Behörde erster Instanz hat die im Spruch zur Last gelegte Verwaltungsübertretung aufgrund der Anzeige des Gendarmeriepostenkommandos Braunau am Inn vom 16. Mai 2002, GZP 1733/1796/2002-Fo als erwiesen angenommen. Die Nichtbeantwortung der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 12. August 2002 hat die Behörde erster Instanz als Beweis dafür gewertet, dass die Bw der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung nichts entgegenzuhalten habe.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit der Bw als strafmildernd zu werten gewesen, während erschwerende Umstände nicht hervorgekommen seien. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung zu schätzen gewesen.

 

2.2. Dagegen hat die Bw im Wesentlichen vorgebracht, dass sie ein Bekannter ihres Verlobten zu einer privaten Feier in sein Haus eingeladen habe. Gegen 20.00 Uhr sei sie mit einer Bekannten und ihrem Verlobten beim Haus des Bekannten eingetroffen. Nach dem Genuss mehrerer alkoholischer Getränke sei die Stimmung ausgelassen geworden. Während der Abwesenheit des Hausherrn hätten zwei Herrn geläutet. In der Annahme, dass es sich dabei um zwei Gäste des Hausherrn, die dieser angekündigt hatte, handeln würde, hätte sie diese in das Haus gebeten. An der Hausbar seien mehrere alkoholische Getränke konsumiert worden und während der angeregten Unterhaltung sei auch über das Thema Sex und Prostitution in Form von Witzen gesprochen worden. Von der Ausübung der Prostitution könne keine Rede sein. Bei ihren Aussagen habe es sich lediglich um eine "Gaudi" gehandelt. Zu keiner Zeit habe sie gewusst, dass es sich bei den Räumlichkeiten, in denen die private Feier stattgefunden hat, um einen Freizeitclub handeln würde. Sie habe sich erstmalig in diesem Haus befunden.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn zu Zl. Pol96-230-2002-W und eine ergänzende Befragung des Meldungslegers vorgenommen; im Übrigen konnte gemäß § 51e Abs. 2 Z.1 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Der Meldungsleger bestätigte im Wesentlichen die Angaben der Bw. Weiters führte er aus, dass die Bekannte der Bw ihn und den weiteren Beamten unmittelbar nach dem Eintreffen erkannt habe. Während des folgenden Gespräches an der Hausbar sei auch der Bw bewusst gewesen, dass es sich bei ihren beiden Gesprächspartnern um Gendarmeriebeamte in Zivil gehandelt habe.

 

3.2. Aufgrund der Aktenlage und der ergänzenden Ermittlung steht folgender Sachverhalt fest:

 

Die Bw hielt sich zur Tatzeit erstmalig im "Freizeitclub M" auf. Ihr war nicht bewusst, dass es sich dabei um einen Freizeitclub gehandelt hat. Sie ging davon aus, dass sie mit ihrem Verlobten und einer Bekannten zu einer privaten Feier eingeladen worden ist. Nachdem die Bw einige alkoholische Getränke konsumiert hatte, trafen zwei weitere Gäste ein. Ursprünglich hat die Bw die beiden Männer für Bekannte des Hausherrn gehalten. Kurz nach deren Eintreffen klärte E L die Bw darüber auf, dass es sich bei den beiden "Gästen" um zwei Gendarmeriebeamte in Zivil handeln würde. Trotzdem entwickelte sich zwischen der Bw und diesen "Gästen" ein anregendes Gespräch. Im Spaß und ohne darauf Bedacht zu nehmen, welchen Eindruck ihre Äußerungen bei den beiden Gendarmeriebeamten hinterlassen, sprach die Bw in ausgelassener Stimmung mit diesen über käuflichen Sex.

 

3.3. Dem Vorbringen der Bw konnte die Glaubwürdigkeit nicht abgesprochen werden. Ihre Berufungsausführungen werden durch die Aussage der E L (siehe Anzeige Seite 2 - Einladung zu einer Privatparty) bestätigt. Auch die Angaben des Meldungslegers in der Anzeige sind glaubwürdig und stimmen mit den Ausführungen der Bw überein. Sie geben jedoch nur einen Teil des tatsächlichen Geschehens wieder. In der Anzeige ist nicht enthalten, dass das Gespräch mit der Bw erst begonnen hat, nachdem E L der Bw mitgeteilt hatte, dass es sich bei den beiden "Gästen" um zwei Gendarmeriebeamte handeln würde. Das Gespräch in Kenntnis dieses Umstandes lässt berechtigte Zweifel aufkommen, dass die Bw die Unterhaltung mit den beiden Gendarmeriebeamten tatsächlich ernst gemeint hat. Es widerspricht nicht der Lebenserfahrung, dass ein Gespräch unter diesen Umständen und mit diesem Inhalt zur "Gaudi" geführt wird.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat entschieden:

 

4.1. Wer gemäß § 2 Abs. 1 Oö. PolStG beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen, hat dies, soweit es nicht nach Abs. 3 lit.c verboten ist, der Gemeinde mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen.

 

Gemäß § 2 Abs. 3 lit.d Oö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung begeht wer die Anzeige gemäß Abs. 1 nicht erstattet.

 

4.2. § 2 Abs. 1 Oö.PolStG setzt die Absicht voraus, eine Wohnung zu Erwerbszwecken für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung der Prostitution zu nutzen.

 

Wie in der Beweiswürdigung dargelegt, hatte die Bw zu keinem Zeitpunkt die Absicht, die Privaträumlichkeiten des Bekannten ihres Verlobten für Zwecke der Anbahnung und Ausübung der Prostitution zu Erwerbszwecken zu nutzen. Sie konnte glaubhaft machen, dass sie in ihrer ausgelassenen Stimmung und in Kenntnis der wahren Identität der "Gäste" mit diesen kein ernstzunehmendes Anbahnungsgespräch geführt hat.

 

4.3. Da die Bw die ihr zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen hat, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z.2 VStG einzustellen.

 

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG bzw. § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der Behörde erster Instanz noch ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

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