Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-101884/7/Br

Linz, 17.05.1994

VwSen - 101884/7/Br Linz, am 17. Mai 1994 DVR. 0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Mag. Franz P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 22. Februar 1994, Zl. VerkR96-3650-1993, wegen Übertretung der StVO 1960 nach der am 17. Mai 1994 unter Vornahme eines Ortsaugenscheines durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl. Nr. 866/1992 - AVG iVm. § 19, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 666/1993 - VStG; II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten wird für das Berufungsverfahren ein Kostenbeitrag von 100 S (20 % der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§ 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen derÜbertretung nach § § 99 Abs.3 lit. a iVm § 8 Abs.4 StVO 1960 eine Geldstrafe von 500 S und für den Nichteinbringungsfall 24 Stunden Ersatzfreiheits-strafe verhängt, weil er am 5. August 1993 um 19.50 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen in Perg auf der Dr. Schoberstraße am Gehsteig entlang des Hauses Nr. 17 abgestellt und diesen dadurch vorschriftswidrig benützt habe.

2. Begründend führte die Erstbehörde im wesentlichen aus, daß der Sachverhalt durch einen Gendarmeriebeamten des GP Schwertberg dienstlich festgestellt worden sei. Nach fristlosem Verstreichen der Möglichkeit für die Bezahlung eines Organmandates sei die Anzeige erstattet worden. Dann sei die Bestrafung mittels Strafverfügung erfolgt, wobei gegen diese Strafverfügung binnen offener Frist Einspruch erhoben worden sei. Nach einem durchgeführten Ermittlungsverfahren in Form der zeugenschaftlichen Vernehmung des Meldungslegers habe der Berufungswerber die Gelegenheit sich zu diesem Beweisergebnis zu äußern nicht ergriffen. Die verhängte Strafe sei im Sinne des § 19 VStG angemessen, wobei mildernd die Unbescholtenheit zu werten gewesen ist. 2.1. Dagegen bringt der Berufungswerber in seinem fristgerecht bei der Erstbehörde eingelangten und als Berufung bezeichnetem Schreiben inhaltlich vor:

"Es ist unrichtig, daß ich den PKW am 5. 8. 1993 auf dem Gehsteig entlang des Hauses 17 abgestellt habe. Mein Lokal, das ich beliefert habe, hat nicht diese Hausnummer. Aus diesem Grund ist der Bescheid ungültig. Außerdem verweise ich auf die in Perg gängige Praxis, daß Lieferanten üblicherweise auf Gehsteige fahren, zB wenn Bäckereien beliefert werden, um die Verkehrsflüssigkeit nicht zu behindern. Daß bei meiner Person andere Maßstäbe angelegt werden, ist halt dem Umstand zu verdanken, daß ich gegenüber der Hoheitsverwaltung und Exekutive nicht antichambriere. Franz Primetzhofer (e.h. Unterschrift)." 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Eine öffentliche mündliche Verhandlung unter Abhaltung eines Ortsaugenscheines war anzuberaumen, weil vom Berufungswerber die in der Anzeige umschriebene Beschaffenheit der Vorfallsörtlichkeit in Abrede gestellt worden ist (§ 51e Abs.1 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt der Bezirkshauptmannschaft Perg, VerkR96-3650-1993, sowie durch Vornahme eines Ortsaugenscheines und die Vernehmung des Meldungslegers im Zuge der öffentlichen mündlichen Verhandlung.

5. Der durchgeführte Ortsaugenschein hat ergeben, daß die Tatortbezeichnung "entlang des Hauses Nr. 17" tatsachenbezogen ist. Das Haus Nr. 17 ist wohl nicht mit einem Hausnummernschild versehen. Es liegt aber neben dem Haus Nr.15. Die Ordnungsnummern verlaufen an der linken Straßenseite der Dr. Schoberstraße ungerade, sodaß die von der Erstbehörde vorgenommene Tatortbezeichnung keinen Zweifel über den Vorfallsort offen läßt. Der Gebäudeflucht vorgelagert befindet sich ein etwa 1,2 bis 1,5 m breiter Gehsteig, welcher im Bereich der Einfahrt des Hauses Nr.17 abgeschrägt ist. Auf diesem Gehsteig hat sich das Fahrzeug des Berfungswerbers mit den linken Rädern - also in Richtung Osten - abgestellt befunden. Zum Zeitpunkt dieser Wahrnehmung hat der Berufungswerber sich nicht bei seinem Fahrzeug befunden.

5.1. Dieses Beweisergebnis stützt sich auf die Feststellungen anläßlich des Ortsaugenscheines, sowie die glaubwürdigen und plausibel klingenden Angaben des Meldungslegers. Demgegenüber mußten die Angaben des Berufungswerbers als Schutzbehauptung gewertet werden. So ist einerseits das Einspruchsvorbringen, der Berufungswerber habe eine Liefer- bzw. Ladetätigkeit zum nächstgelegenen Gasthaus "4320" getätigt, durch die Aussage des Zeugen widerlegt, andererseits behauptet der Berufungswerber dies nicht einmal mehr selbst in seiner Berufung. Darin kommt nur mehr zum Ausdruck, daß er sich im Vergleich zu anderen Unternehmen, welche wegen derartigem nicht bestraft würden, ungleich behandelt fühle. Zumal schließlich der Berufungswerber es nicht einmal der Mühe Wert gefunden hatte zu der an seinem Wohnort durchgeführten Berufungsverhandlung zu erscheinen, ist im Zusammenhalt mit seinem sonstigen Vorbringen davon auszugehen gewesen, daß nicht einmal er selbst an den von ihm vertretenen Standpunkt ernsthaft festzuhalten geneigt ist. Sein Vorbringen erwies sich objektiv als unwahr und die gegenüber der Behörde erhobenen Vorwürfe, da durch nichts belegt, als unhaltbar.

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen.

6.1. Gemäß § 8 Abs.4 StVO 1960 (erster Satz) ist die Benützung von Gehsteigen, Gehwegen und Schutzinseln mit Fahrzeugen aller Art und die Benützung von Radfahrstreifen, Radwegen und Geh- und Radwegen mit Fahrzeugen, die keine Fahrräder sind, insbesondere mit Motorfahrrädern, verboten. Zumal es sich bei der vom Berufungswerber benutzten Verkehrsfläche einwandfrei erkennbar um einen Gehsteig gehandelt hat, ist ihm das Abstellen seines Fahrzeuges auf dieser Verkehrsfläche als rechtswidrig vorzuwerfen. Es konnte dabei grundsätzlich dahingestellt bleiben, ob dieses Abstellen einer Ladetätigkeit gedient gehabt hat. Diese Frage hätte allenfalls bei der Beurteilung des Verschuldens Bedeutung erlangt. Für eine Ladetätigkeit ergaben sich aber ohnehin keinerlei Anhaltspunkte. 7. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der § 32 bis § 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngeäß anzuwenden.

7.1. Darüber hinaus ist zur Strafzumessung festzuhalten, daß, dem Berufungswerber - entgegen der Annahme der Erstbehörde - der Milderungsgrund der bisherigen verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit nicht zugutekommen kann. Vielmehr bestehen zahlreiche Vormerkungen wegen kraftfahrrechtlicher und straßenpolizeilicherÜbertretungen. Darunter befindet sich sogar eine Einschlägige, sodaß darin ein Erschwerungsgrund zu erblicken ist. Demnach hätte auch nicht der Anspruch auf die Verhängung des Strafsatzes in Höhe der Anonymverfügung bestanden. Laut § 49a Abs.1 VStG kann nämlich die Behörde, soweit die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen, durch Verordnung zur Verfahrensbeschleunigung einzelne Tatbestände von Verwaltungsübertretungen bestimmen, für die sie durch Anonymverfügung eine unter Bedachtnahme auf § 19 Abs.1 im vorhinein festgesetzte Geldstrafe bis zu 1.000 S vorschreiben. Laut Abs.2 leg.cit. ist normiert, "wenn die Behörde durch Verordnung gemäß Abs.1 eine Geldstrafe im vorhinein festgesetzt hat, von der Ausforschung des unbekannten Täters vorerst Abstand nehmen und die Geldstrafe ohne Festsetzung einer Ersatzstrafe durch Anonymverfügung vorschreiben kann, wenn 1. die Anzeige auf der dienstlichen Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht und 2. sowohl das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, als auch die nachteiligen Folgen, welche die Tat sonst nach sich gezogen hat, keine Bedachtnahme auf die Person des Täters erfordern". Diese Voraussetzungen liegen hier nicht vor! Die Bezirkshauptmannschaft Perg hat mit Verordnung vom 28. Mai 1993, Zl. VerkR-96/1/1993, den Tatbestand des § 8 Abs.4 StVO 1960 als anonymverfügungsfähig bestimmt und für die Verwaltungsübertretung eine Geldstrafe von 500 S festgelegt und damit den objektiven Unrechtsgehalt mit diesem Betrag bewertet. Zur Tatzeit stand diese Verordnung in Geltung. Auch wenn nun für die Behörde infolge Nichteinzahlung der Anonymstrafe im gegenständlichen Fall eine Ausforschung des Täters erforderlich wurde, wären wegen des hier vorliegenden Erschwerungsgrundes (das Vorliegen jedenfalls einer einschlägigen Vormerkung) ein objektiver Grund dafür gewesen vom Strafsatz gemäß dem mit § 49a Abs.2 VStG objektiv vertypten Unwertgehalt abzuweichen. Daher wäre es durchaus gesetzeskonform und vom Gedanken der Spezialprävention sogar indiziert gewesen, für dieses Delikt eine höhere Geldstrafe zu verhängen. Zusammenfassend sei daher festgestellt, daß wohl bei Tatbeständen, die eher geringfügigeÜbertretungen betreffen, wenn die Voraussetzung für die Erlassung einer Anonymverfügung vorliegen, in der Strafverfügung und darüber hinaus im Straferkenntnis - wenn nicht die entsprechenden Gründe (hier straferschwerende Umstände) vorliegen - die Strafe grundsätzlich nicht höher sein darf, als sie in der Verordnung für Anonymstrafen vorgesehen ist. Hier wäre jedoch eine Bindung an den Strafsatz wie er für die Anonymverfügung vorgesehen ist nicht gegeben gewesen. Wegen des Verschlechterungsverbotes im Berufungsverfahren ist eine Anpassung der Strafe nach oben aber nicht möglich. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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