Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300535/2/SR/Ri

Linz, 20.01.2004

 

 

 VwSen-300535/2/SR/Ri Linz, am 20. Jänner 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des M H, , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. F W, Sgasse, W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 10. Oktober 2003, Zl. Pol96-119-2003, wegen einer Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes, zu Recht erkannt:

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Freistadt vom 10. Oktober 2003, Zl. Pol96-119-2003, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben als verantwortlicher Gewerbeinhaber des Lokals "W z S" in P, P Straße, geduldet, dass im öffentlich zugänglichen Gastzimmer ein Videospielapparat (Kajot), welcher unter die Bestimmungen des Oö. Spielapparategesetzes 1999 fällt, aufgestellt ist und auch betrieben wird.

Im Zuge einer routinemäßigen Spielapparatekontrolle, am 26.8.2003 um 21.30 Uhr, wurde festgestellt, dass Sie im vorher genannten Lokal den oben bezeichneten Videospielapparat aufgestellt haben, ohne eine dafür erforderliche Spielapparatebewilligung zu besitzen.

Es handelt sich dabei um eine dienstliche Wahrnehmung von Überprüfungsorganen der Bezirkshauptmannschaft Freistadt.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:

§ 3 Abs.1 Ziff.4 in Verbindung mi § 10 Abs. 2 Oö. Spielapparategesetz 1999

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

400 €

 

 

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

4 Tage

gemäß

 

§ 10 Abs.2 leg.cit.

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

40,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 440,00 Euro."

 

1.2. Gegen dieses dem Rechtsvertreter am 29. Oktober 2003 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 11. November 2003 - und damit rechtzeitig - bei der Erstbehörde eingebrachte Berufung.

 

2.1. Im angefochtenen Straferkenntnis führt die belangte Behörde im Wesentlichen begründend aus, dass anlässlich einer Spielapparateüberprüfung durch Organe der Bezirkshauptmannschaft Freistadt festgestellt worden sei, dass im öffentlich zugänglichen Gastzimmer des gegenständlichen Lokales der Videospielapparat Kajot, Nr. 3731 mit dem Spielprogramm Magic Fun 3.0 gegen Entgelt betrieben würde. Zum Zeitpunkt der Kontrolle habe der Bw über keine Bewilligung verfügt. Es stünde somit einwandfrei fest, dass "die Beschuldigte den in ihrem Lokal aufgestellten Videospielapparat ohne die hiefür erforderliche Bewilligung aufgestellt bzw. betrieben habe".

 

Im Zuge der Strafbemessung sei die bisherige Unbescholtenheit des Rechtsmittelwerbers als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien; infolge Unterlassung einer entsprechenden Mitwirkung seien die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse von Amts wegen zu schätzen gewesen. Im Besonderen wurde darauf hingewiesen, dass lediglich die Mindeststrafe verhängt worden sei.

 

2.2. Dagegen wendet der Rechtsvertreter des Bw u.a. Begründungsmängel ein. Darüber hinaus weist er auf die Entscheidungspraxis des UVS Oö. hin und bemängelt die behördliche Beweiserhebung zur Entlastung des Beschuldigten.

 

Aus diesen Gründen wird - erschließbar - die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verfahrens beantragt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der BH Freistadt zu Zl. Pol96-119-2003; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 3 Abs.1 Z. 4 Oö. Spielapparategesetz 1999, LGBl.Nr. 53/1999 (im Folgenden: Oö. SpielapparateG), ist das Aufstellen von Spielapparaten oder die Verwendung von Spielprogrammen ohne die dafür erforderliche Spielapparatebewilligung verboten.

 

Gemäß den Begriffsbestimmungen des § 2 Abs. 4 leg.cit. ist Betreiber im Sinn dieses Landesgesetzes die Person, die über den Aufstellort verfügungsberechtigt ist.

 

Gemäß § 10 Abs.1 Z. 2 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs.1 Z. 3 und 4 verstößt.

 

Gemäß § 10 Abs. 1 Z. 3 leg.cit. begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 duldet.

 

Gemäß § 10 Abs. 2 leg.cit. ist, wer eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z. 2 begeht mit einer Geldstrafe von 400 bis 4.000 Euro und wer eine Verwaltungsübertretung gemäß Abs. 1 Z. 3 begeht, mit einer Geldstrafe von 2.000 bis 20.000 Euro zu bestrafen.

 

4.2. Gemäß § 44a Z. 1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der hiezu ergangenen Judikatur des VwGH ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Dabei sind die Anforderungen an Tatort und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtschutzüberlegungen zu messen (vgl. VwGH 9.9.1998, 97/04/0031 ua.). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1996, S.971).

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG (VwGH 3.9.1996, 96/04/0080 u.a). Sache des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (VwGH 19.3.1997, 93/11/0107 u.a). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher nicht zulässig (VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).

 

Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Erstbehörde ist derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs. 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Der Tatvorwurf der Erstbehörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands nach § 10 Abs. 1 Z 2 iVm § 3 Abs. 1 Z 4 Oö. SpielapparateG und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.

 

So wird der Bw im Spruch einerseits als Verfügungsberechtigter betrachtet, der die Aufstellung und den Betrieb eines Videospielapparates duldet und andererseits wird ihm im Spruch vorgeworfen, dass er einen Videospielapparat aufgestellt hat. Die angeführte Rechtsvorschrift trägt nicht zur Klärung der Tat bei. Als verletzte Rechtsvorschrift wird § 3 Abs. 1 Z 4 iVm § 10 Abs. 2 Oö. SpielapparateG bezeichnet.

 

Da sich der erste Satz des Spruches auf § 10 Abs. 1 Z 3 SpielapparateG - Duldung eines Verstoßes gegen ein Verbot des § 3 leg.cit - bezieht und der zweite Satz des Spruches ein aktives Tatverhalten - Aufstellen eines Spielapparates - umschreibt, dass nur unter § 10 Abs. 1 Z 2 leg.cit zu subsumieren ist, war von einer Vermengung verschiedener Tatbestände auszugehen.

 

Mit den Spruchausführungen hat die Behörde erster Instanz keinen dem Oö. SpielapparateG entsprechenden, sondern einen eigenständigen, da vermengten Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz so keine Deckung findet.

 

Darüber hinaus hat der Oö. Verwaltungssenat in ständiger Rechtsprechung (siehe im Erkenntnis vom 23. Oktober 2001, VwSen-300435/2/Ki) ausgeführt, dass vom Verbot nach § 3 Abs.1 Z 4 Oö. SpielapparateG, nur der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Spielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst ist. Der Vorwurf der Behörde erster Instanz geht demnach gemessen am gesetzlichen Wortlaut ins Leere.

 

Da die Behörde erster Instanz keine nach dem Oö. SpielapparateG strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Der Oö. Verwaltungssenat musste daher schon auf Grund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einstellen. Auf das weitere Berufungsvorbringen war nicht mehr einzugehen.

 

Ergänzend wird darauf hingewiesen, dass im Sinne des Konkretisierungsgebotes des § 44a VStG im Spruch das den Gegenstand des Verwaltungsstrafverfahrens bildende Gerät exakt zu bezeichnen gewesen wäre. Jedenfalls wäre der Spielapparat nach Typ, Marke oder Erzeuger und Identifikationsnummer genau zu definieren. Eine solche Konkretisierung wurde im Spruch nicht vorgenommen.

5. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Beschwerdeführer gemäß § 65 VStG kein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 
 

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