Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300542/2/SR/Ri

Linz, 03.02.2004

 

 

 VwSen-300542/2/SR/Ri Linz, am 3. Februar 2004

DVR.0690392
 

 

E R K E N N T N I S
 
 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des K S, Ustraße, L, vertreten durch RAe Dr. R G, Dr. J K und Mag. H P OEG, L, K-W-Straße, vom 8. 1. 2004 gegen den Ermahnungsbescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. Dezember 2003, Zl. 330153732 wegen Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes - Oö. PolStG, LGBl. Nr. 36/1979 zuletzt geändert durch LGBl. Nr. 147/2002, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, der angefochtene Ermahnungsbescheid aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl.Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002 - AVG iVm § 24, § 45Abs. 1 Z.2, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit oben bezeichnetem Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und ermahnt:

 

"Sie haben es als Halter und Besitzer eines dt. Schäferrüden, Rufname Q verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass dieser am 8.10.2002, gegen 07.15 Uhr vor dem Haus Estraße, initiativ die Hunde von Frau L angriff. In weiterer Folge sprang Q Frau L an, sodass diese zu Sturz kam. Frau L, die am Boden lag, nahm ihre Hunde schützend an sich, aber Q ließ nicht locker und attackierte initiativ weiter. Dabei verletzte er einen der beiden Pudeln durch Bisse schwer. Frau L selbst wurde über das zumutbare Maß hinaus belästigt und gefährdet.

Verletzte Verwaltungsvorschriften in der gültigen Fassung:
§§ 5 Abs.1; 10 Abs. 2 Oö. Polizeistrafgesetz, LGBl. Nr. 36/1979.
Es wird jedoch von der Verhängung einer Strafe abgesehen und eine Ermahnung erteilt".

 

2. Gegen diesen dem Vertreter des Bw am 29. Dezember 2003 zugestellten Ermahnungsbescheid richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Die Behörde erster Instanz hat in der Begründung ausgeführt, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt auf Grund der Aktenlage sowie des Ergebnisses des durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzunehmen sei. Der Bw habe es verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten, dass der Hund mit dem Rufnamen Q die Hunde von Frau I L, nunmehr I S (im Folgenden: Anzeigerin) initiativ angegriffen habe. Diese sei dabei zu Sturz gekommen und habe am Boden liegend ihre Hunde schützend an sich genommen. Q habe die Hunde weiter attackiert und dabei einen der beiden Pudel durch Bisse schwer verletzt. Die Anzeigerin sei über das zumutbare Maß hinaus belästigt und gefährdet worden. Neben der objektiven Tatbestandsmäßigkeit sei auch die subjektive Tatbestandsmäßigkeit gegeben, da dem Bw der Schuldentlastungsbeweis mit seiner Rechtfertigung nicht gelungen sei. Da die Voraussetzungen des § 21 Abs. 1 VStG gegeben seien, habe die Behörde erster Instanz von der Verhängung einer Strafe abgesehen. Um dem Bw sein Fehlverhalten vor Augen zu führen und ihn in Zukunft von einem rechtswidrigen Verhalten abzuhalten, sei eine Ermahnung auszusprechen gewesen.

 

2.2. Dagegen hat der Bw u.a. vorgebracht, dass er entgegen der Ansicht der Behörde erster Instanz den Schäferhund Q an der Leine geführt habe. Mit Bescheid des Magistrats der Landeshauptstadt Linz vom 25. September 2002 sei ihm als Halter des Hundes Q ein Leinenführgebot auferlegt worden. Diesem habe er Folge geleistet und für diesen Zweck im Frühjahr 2002 eine Hundeleine um ca. 36 Euro gekauft. Zum Tatzeitpunkt sei die Hundeleine relativ neuwertig gewesen.

Bei Ansichtigwerden der Hunde der Anzeigerin habe sich Q losgerissen und einen Pudel der Anzeigerin verletzt. Die Verletzungen des Pudels seien in der Tierklinik in Leonding behandelt worden. Als Zeugen für den Vorfall habe er seinen Sohn St Si namhaft gemacht und dieser habe auch vor der Erstbehörde ausgesagt. Das angebotene Beweismittel habe die Erstbehörde nicht entgegengenommen und sie habe auch nicht begründet, warum den Aussagen des Zeugen St Si nicht gefolgt würde. Selbst wenn das Delikt nach § 5 Abs. 1 Oö. PolStG auf Grund des gegenständlichen Vorfalles objektiv verwirklicht worden sei, treffe ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden. Ihm könne nicht einmal fahrlässiges Verhalten vorgehalten werden, da in unvorhersehbarer Weise eine beinahe neuwertige Hundeleine gerissen sei.

 

Abschließend wird der Antrag auf Aufhebung des Ermahnungsbescheides gestellt.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu Zl. 101-6/101-5/1-552-330153732; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3.1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender relevanter Sachverhalt fest:

Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 25. September 2002, Zl. 101-5/1-396-330130457, wurde dem Bw vorgeschrieben, seinen Schäferhund außerhalb der Wohnung bzw. ausreichend eingefriedeten Grundstücken an der Leine zu führen. Der Schäferhund war kastriert und der Bw hat mit ihm einen Welpenkurs bei der "Ortsgruppe Wegscheid" und einen Kurs bei der "Ortsgruppe Urfahr" besucht.

 

Die Anzeigerin ging am 8. Oktober 2002 gegen 07.15 Uhr mit ihren beiden Hunden an der Tatörtlichkeit spazieren. Sie hatte beide Hunde an der Leine. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite befand sich der Bw mit seinem Schäferhund Q. Der Schäferhund wurde ebenfalls an der Leine geführt. Als Q die beiden Pudel wahrnahm, bewegte er sich ruckartig in deren Richtung. Dabei löste sich die Vernietung der Leine im Halsbandbereich des Schäfers. Q überquerte die Straße und stürzte sich auf einen der beiden Pudel. Dabei kam die Anzeigerin zu Sturz. Am Boden liegend versuchte sie ihre Hunde zu schützen und den Schäfer abzuhalten. Unmittelbar danach wurde sie vom Bw und seinem Sohn St Si bei der Trennung der Hunde unterstützt. Erst nachdem sich der angegriffene Pudel nicht mehr rührte, ließ Q von diesem ab. Der Zeuge St Si brachte die Anzeigerin und ihren Pudel in die Tierklinik Leonding. Im Laufe des 8. Oktober 2002 wurde der Pudel eingeschläfert. Auf Grund dieses Vorfalles wurde auch der Schäferhund Q in der Tierklinik Leonding eingeschläfert.

 

Das Beweisangebot des Bw, die gegenständliche Hundeleine besichtigen zu lassen, wurde von der Behörde erster Instanz nicht angenommen.

 

3.2. Der Vorfall als solcher, die tierärztliche Versorgung und die Einschläferung des Pudels und des Schäferhundes sind unbestritten.

 

Bei der Schilderung, wie es zu diesem Vorfall gekommen ist, sind die Angaben der Anzeigerin teilweise unscharf und widersprüchlich. So hat sie in der Anzeige am 8. Oktober 2002 ausgeführt, dass sie den heranstürmenden Schäfer wahrgenommen und vor seinem Eintreffen ihre beiden Hunde hochgehoben bzw. auf den Arm genommen hat. Bei der niederschriftlichen Befragung hat sie dagegen am 27. Mai 2003 ausgeführt, dass sie der "Schäfer auf die Seite räumte" und sie in der Folge "neben den Hunden am Boden lag".

 

Strittig ist jedoch, warum es zu diesem Vorfall kommen konnte. In der Anzeige vom 8. Oktober 2002 machte die Anzeigerin betreffend einer Hundeleine keine Angaben. Sie sagte lediglich aus, dass ihr der Bw von einer gerissenen Leine berichtet habe. Diesbezügliche eigene Wahrnehmungen gab sie nicht zu Protokoll. Im Zuge der ersten Stellungnahme wies der Bw auf die gerissene Leine hin und beantragte die Einvernahme des St und der S Si. Die Anzeigerin wies erstmals in der niederschriftlichen Befragung am 27. Mai 2003 darauf hin, dass sie "eine abgerissene Leine nicht feststellen konnte". In der Folge verstärkte sie diese Aussage und brachte vor, dass der "Hund keine Leine umhatte bzw. keine gerissen war". Dagegen sagte der Zeuge St Si bei der Zeugenbefragung am 29. Juli 2003 aus, dass sein Vater Q an der Leine hatte. Beim Anziehen des Hundes hätte es einen "Schnalzer" gemacht und die Leine sei gerissen. Auf Grund einer telefonischen Besprechung teilte S Si per e-Mail der Behörde erster Instanz mit, dass ihr Mann den Hund an der Leine geführt hätte. Als der Hund mit einem Ruck anriss, seien die Nieten der Leine kaputt gegangen. Die Leine sei ein halbes Jahr davor um ca. 500 Schilling gekauft worden.

 

Die Verantwortung des Bw ist nachvollziehbar und deckt sich mit Aussage des Zeugen St Si und der abgegebenen Stellungnahme der S Si. Die Wahrnehmungen der Anzeigerin stehen grundsätzlich diesen Aussagen nicht entgegen. Sie hat trotz der Ausnahmesituation am Tatort die Verantwortung des Bw wahrgenommen und diese bei der Anzeigeaufnahme wiedergegeben. Es ist auch verständlich, dass sie bei der Hundeattacke nicht auf eine Leine, einen Leinenrest oder ein allfällig beschädigtes Halsband geachtet hat. Nicht nachvollziehbar ist, dass sie bei der Anzeigeerstattung zwar die Verantwortung des Bw wiedergegeben, aber dieser keine eigenen Wahrnehmungen entgegen gehalten hat. Dass die Anzeigerin sich aber nach mehr als sieben Monaten an Wahrnehmungen erinnert, die sie am Tattag bei der Anzeigeerstattung in diesem Zusammenhang nicht gemacht hat, widerspricht jeder Lebenserfahrung. Doch selbst wenn die Anzeigerin auf Grund der besonderen Umstände am Tatort - schwere Verletzung ihres Pudels, Belästigung und Gefährdung der eigenen Person - schlichtweg bei der Anzeigeerstattung auf die Bekanntgabe dieser Wahrnehmungen vergessen hätte, ändert dieses Vorbringen (bei der niederschriftlichen Befragung) nichts an der Nachvollziehbarkeit der Verantwortung des Bw. Da die Leine im Halsbandbereich gerissen ist, hätte die Anzeigerin auch zum Zeitpunkt der Anzeigeerstattung keine andere als die von ihr geschilderte Wahrnehmung tätigen können. Die Aussage des Bw findet Bestätigung im Vorbringen des Tatzeugen St Si und in der schriftlichen Darstellung der Gattin des Bw.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Das Halten von Tieren ist u.a. im § 5 Oö. PolStG geregelt. Gemäß § 5 Abs. 1 leg.cit. begeht der Halter eines Tieres eine Verwaltungsübertretung, wenn er das Tier in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden, oder gegen die auf Grund der Abs. 2 und 3 (Abs. 3 aufgehoben mit LGBl. Nr. 147/2002) erlassenen Verordnungen oder Anordnungen verstößt.

 

4.2. Die Behörde erster Instanz hat dem Bw keinen Verstoß gegen die behördliche Anordnung - Führen des Hundes an der Leine außerhalb der Wohnung bzw. ausreichend eingefriedeter Grundstücke - vorgeworfen, sondern hat ihm vorgehalten, dass er seinen Hund in einer Weise beaufsichtigt hat, dass durch das Tier die Anzeigerin gefährdet und über das zumutbare Maß hinaus belästigt worden ist. Das Fehlverhalten des Bw wurde von der Behörde erster Instanz in der Folge jedoch so gering bewertet, dass auf Grund des geringen Verschuldens mit der Ermahnung das Auslangen gefunden werden konnte.

 

4.3. Im gegenständlichen Fall kann dem Bw jedoch keine mangelnde Beaufsichtigung vorgeworfen werden. Unwiderlegt hat der Bw eine neuwertige Hundeleine verwendet. Im Verfahren ist nicht hervorgekommen, dass sich der Bw einer - erkennbar - schadhaften Leine bedient hätte. Die Behörde erster Instanz hat es unterlassen, unmittelbar nach der Anzeigeerstattung entsprechende Ermittlungsschritte zu setzen und die verwendete Hundeleine einer Untersuchung zuzuführen. Hätte sie diese auf Grund des Hinweises in der Anzeigeerstattung vorgenommen, wäre es bereits zu diesem Zeitpunkt möglich gewesen, die Verantwortung des Bw auf seinen Wahrheitsgehalt hin zu überprüfen. Im Berufungsverfahren ist dies schon im Hinblick auf die in der Sache übereinstimmenden Zeugenaussagen nicht mehr möglich.

 

Mangels anderer Anhaltspunkte war der Verantwortung des Bw zu folgen und davon auszugehen, dass der Bw den Schäferhund an der Leine geführt hat und diese durch die ruckartige Bewegung des Schäferhundes im Halsbandbereich gerissen ist. Da dies für den Bw nicht voraussehbar war, das Führen an der Leine grundsätzlich eine Beaufsichtigung darstellt, die eine Belästigung wie im gegenständlichen Fall hintan hält, kann dem Bw der erstbehördliche Vorwurf nicht gemacht werden.

 

Der Bw hat die ihm angelastete Verwaltungsübertretung nicht begangen. Der angefochtene Ermahnungsbescheid war spruchgemäß aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 
 

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