Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300587/6/BMa/Be

Linz, 23.11.2004

 

 

 VwSen-300587/6/BMa/Be Linz, am 23. November 2004

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Bergmayr-Mann über die Berufung des Herrn Dr. DI G M ,vertreten durch Dr. A W, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns von Linz-Land vom 25. April 2003, Zl. Pol96-2003, wegen Verstoßes gegen das Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass die Wortgruppe "dass durch diesen Hund dritte Personen gefährdet wurden" durch die Wortgruppe "dass durch diesen Hund dritte Personen über das zumutbare Maß hinaus belästigt wurden" ersetzt wird.

 

 

Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG iVm § 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz - VStG
 
 

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde über den Rechtsmittelwerber (im Folgenden: Bw) gemäß § 21 Abs.1 VStG eine Ermahnung verhängt, weil er als Halter seines Schäferhundes mit dem Rufnahmen "O vom Glögglweg" diesen am 7. April 2003 um 10.10 Uhr in einer Weise beaufsichtigt hätte, dass durch diesen Hund dritte Personen gefährdet worden seien, indem der Hund in 4050 Traun, in der Höhe Nelkengasse 15, unvermittelt von rechts kommend auf die Fahrbahn gesprungen sei und der Lenker des herankommenden Fahrzeuges mit dem Kennzeichen LL nur mittels Notbremsung einen Zusammenstoß verhindern habe können. Er habe dadurch die Rechtsvorschrift des § 5 Abs.1 iVm
§ 10 O.ö. Polizeistrafgesetz, LGBl. Nr. 36/1979 idF LGBl. Nr. 90/2001, verletzt.

 

1.2. Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, aufgrund des geringen Verschuldens des Bw sowie um ihn in Hinkunft von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen gleicher Art abzuhalten sei eine Ermahnung auszusprechen gewesen.

 

1.3. Dieses Straferkenntnis wurde laut Aktenvermerk am 29. April 2003 abgesendet. Auf dem im Akt befindlichen Rückschein, der die Zustellung des Straferkenntnisses an den Bw dokumentieren soll, wurde die Übernahme am 5. Mai 2003 bestätigt. Die Berufung wurde am 15. Mai 2003 zur Post gegeben und ist damit rechtzeitig.

 

1.4. In der Berufung bringt der Bw vor, der ihm vorgeworfene Sachverhalt entspreche nicht der Sach- und Rechtslage. Der Lenker des Fahrzeuges mit dem polizeilichen Kennzeichen LL, Herr F W, der gegen den Bw bei der Polizei in Traun Anzeige erstattet habe, vermeine, er hätte einen Zusammenstoß nur durch eine Bremsung vermeiden können. Wegen dieser Anzeige des Herrn W sei auch bei der Staatsanwaltschaft Linz ein Verfahren eingeleitet worden, welches in der Folge eingestellt worden sei. Das Verhalten des Anzeigers stelle für ihn den Tatbestand der Verleumdung dar, weshalb er gegen diesen eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Linz eingebracht habe. Es werde jeweils die Beischaffung der diesbezüglichen Akte der Staatsanwaltschaft beantragt. Es sei zutreffend, dass am 7. April 2003 eine Diskussion mit der Familie W stattgefunden habe, der Hund sei jedoch überhaupt nicht Gegenstand dieser Diskussion gewesen. Als Herr W abgebremst habe, habe er sich mit seinem Fahrrad bereits auf der Straße befunden und hätte den Hund sehr wohl beaufsichtigt. Bei der Nelkengasse handle es sich um eine Wohnstraße, sodass eine Notbremsung nicht möglich sei, außer bei überhöhter Geschwindigkeit. Von einer Notbremsung könne nicht gesprochen werden. Eine Gefährdung oder Belästigung über das zumutbare Maß hinaus durch seinen Hund sei nicht erfolgt, aus diesem Grund sei auch die Ermahnung völlig verfehlt.

Daher wird beantragt, in Stattgebung der Berufung möge die über ihn verhängte Mahnung "rechtswidrig" aufgehoben werden. (Aus dem Kontext der Berufung ergibt sich, dass das Wort "rechtswidrig" offenbar nur aufgrund eines Versehens angeführt wurde und die Intention des Bw auf die bloße Aufhebung gerichtet ist.)

 

2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zu Zl - Pol96-38-2003 und in die von der Staatsanwaltschaft Linz beigeschafften Akte über die Anzeige 2 St 79/03i, die am 14. April 2003 gemäß § 90 Abs.1 StPO zurückgelegt wurde.

Da sich bereits aus diesen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte gemäß § 51e VStG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden. Es war durch ein Einzelmitglied zu entscheiden, weil weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde (§ 51 c VStG).

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Der inkriminierte Vorfall hat sich am 7. April 2003, also vor dem Zeitpunkt des Inkraft-tretens des Oö. Hundehaltegesetzes 2002 (das ist der 1. Juli 2003) ereignet; somit kommen ausschließlich die Bestimmungen des Oö. PolStG zur Anwendung.

 

Gemäß § 5 Abs.1 Oö. PolStG begeht u.a. eine Verwaltungsübertretung, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, wer als Halter eines Tieres dieses in einer Weise beaufsichtigt oder verwahrt, dass durch das Tier dritte Personen gefährdet oder über das zumutbare Maß hinaus belästigt werden.

Den Materialien (vgl. AB Blg 448/1985 zum kurzschriftlichen Bericht Oö. LT, 22.GP, 3) ist zu entnehmen, dass sich eine landesgesetzliche Regelung betreffend das Halten von Tieren nicht mehr nur auf gefährliche Tiere beschränken sollte und Missstände nicht mehr ortspolizeilichen Regelungen der Gemeinden überlassen bleiben sollten. Vielmehr sprach sich der Ausschuss für allgemeine innere Angelegenheiten des Oö. Landtages dafür aus, eine Beaufsichtigung oder Verwahrung von Tieren, die so mangelhaft erfolgt, dass sie Gefährdungen oder Belästigungen dritter Personen zur Folge hat, in Zukunft für strafbar zu erklären. Dritte Personen seien dabei alle, die nicht unmittelbar dem Haushalt des Tierhalters angehören.

 

Nach hM ist Tierhalter, wer die tatsächliche Herrschaft über das Verhalten des Tieres ausübt und über Verwahrung und Beaufsichtigung entscheidet (vgl näher Dittrich/Tades ABGB33 § 1320 E 18 ff). Auf eine bestimmte rechtliche Beziehung zum Tier (etwa das Eigentumsrecht) kommt es dabei nicht an. Wie der Verwaltungsgerichtshof ausgesprochen hat, sind die faktischen Verhältnisse der Herrschaft über das Tier (Aufzucht, Ernährung, Unterbringung, Pflege und gesundheitliche Betreuung) für den Begriff des Haltens entscheidend (vgl VwGH 30.7.1992, 88/17/0149).

 

Gemäß der ständigen Rechtsprechung des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich (z.B. VwSen-300417/2/WEI/Ni vom 25. Juni 2002 oder VwSen-3020442/5/WEI/Be vom 5. September 2002) ist klargestellt, dass § 5 Abs.1 Oö. PolStG ein Erfolgdelikt ist, bei dem die mangelnde Tierhaltung zu einer in der Außenwelt erkennbaren Gefährdung oder unzumutbaren Belästigung Dritter geführt haben muss.

 

4.1. Obwohl der Bw in seiner Berufung vom 14. Mai 2003 angibt, es wäre für Herrn W keine Veranlassung zum Abbremsen seines Autos durch seinen Hund gegeben gewesen, hat der Bw in seiner niederschriftlichen Vernehmung vor dem Stadtamt Traun am 8. April 2003 angegeben, es sei richtig, dass der eigene Schäferhund auf der Straße zum gegenüberliegenden Zaun gelaufen sei, um mit dem dort beheimateten Schäferhund der Frau S zu bellen. Herr W habe mit seinem Pkw abgebremst. Zu diesem Zeitpunkt sei der Bw bereits mit seinem Fahrrad auf der Straße gewesen.

In dieser Vernehmung wurde vom Bw einleitend ausgesagt, er lege Wert darauf, dass keinerlei Berührungs- und Beziehungspunkte zur Familie W bestehen würden.

Von Herrn W wurde anlässlich seiner niederschriftlichen Einvernahme vor dem Stadtamt Traun am 8. April 2003 geschildert, dass auf der Höhe Nelkengasse 15 unvermittelt ein Schäferhund von rechts verdeckt durch ein "Handwerkerauto - H Perg" auf die Fahrbahn gesprungen sei. Da er mit Schrittgeschwindigkeit gefahren sei, sei es ihm mittels einer Notbremsung gelungen, einen Zusammenstoß mit dem Hund zu vermeiden. Am gegenüberliegenden Maschendrahtzaun sei der Schäfer mehrmals hin und her gehüpft.

 

4.2. Diese beiden Aussagen stimmen insofern überein, als sowohl vom Bw als auch von Herrn W angegeben wurde, der Schäferhund habe die Straße überquert, um zum gegenüberliegenden Zaun zu laufen, und Herr W sei mit seinem Pkw auf dieser Straße gefahren und habe sein Auto angehalten.

Hinsichtlich der Motivation der Anhaltung wird lediglich von Herrn W ausgesagt, er habe eine Notbremsung durchgeführt, um einen Zusammenstoß mit dem Hund zu vermeiden. Der Berufungswerber hingegen gab in seiner Berufung an, durch seinen Hund habe es keinerlei Veranlassung zu einer Bremsung für Herrn W gegeben.

Bei Würdigung dieser widersprechenden Aussagen geht das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates davon aus, dass Herr W nicht ohne jeglichen Grund plötzlich sein Auto zum Stillstand gebracht hat. Wie vom Berufungswerber selbst angegeben wurde, haben keinerlei Berührungs- und Beziehungspunkte zur Familie W bestanden. Eine andere Motivation als jene der Verhinderung eines Zusammenstoßes mit dem die Straße querenden Schäferhund des Herrn M ist nicht erkennbar. Somit ist die Aussage, der Hund habe keinerlei Veranlassung zu einer Bremsung für Herrn W gegeben, lediglich als Schutzbehauptung zu werten.

 

4.3. Durch das Queren der öffentlichen Straße durch den Schäferhund des Berufungswerbers wurde der Pkw - Lenker Herr M über das zumutbare Maß hinaus belästigt, da er beim Fahren auf einer öffentlichen Straße nicht damit rechnen muss, sein Auto abbremsen zu müssen, um einem Schäferhund das Queren der Straße zu ermöglichen. Dem Schäferhund war das Queren der Straße vor einem Pkw nur möglich, weil er nicht ausreichend beaufsichtigt oder in einer Weise verwahrt wurde, dass derartige Vorfälle ausgeschlossen sind.

Im bekämpften Straferkenntnis wird dem Bw die "Gefährdung" von dritten Personen vorgeworfen. Der Begriff "Gefährdung" ist umfangreicher als jener der "Belästigung über das zumutbare Maß hinaus" und beinhaltet diesen.

Durch die bloße begriffliche Einschränkung war eine Korrektur des Spruches (unter Beachtung der Erfordernisse des § 44a VStG) möglich.

 

Der Bw hat somit tatbildlich im Sinne des § 5 Abs.1 Oö. PolStG gehandelt.

 

4.4. Das Verschulden des Bw ist gemäß § 5 VStG zu beurteilen, da der Verstoß ein Vergehen gegen Verwaltungsvorschriften darstellt.

 

Gemäß § 5 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt.

Bei der übertretenen Norm handelt es sich - wie bereits oben dargestellt - um ein Erfolgsdelikt. Ein Erfolgsdelikt ist beendet, wenn der in der Verbotsnorm umschriebene Erfolg herbeigeführt wurde, ein Erfolgsdelikt kann auch fahrlässig oder durch Unterlassung begangen werden.

Aus dem gesamten Aktenvorgang ist nicht ersichtlich, dass der Bw zum Zeitpunkt des gegenständlichen Vorfalls für eine ordnungsgemäße Verwahrung oder Beaufsichtigung seines Schäferhundes gesorgt hat. Das plötzliche Queren von Straßen durch freilaufende Hunde, insbesondere um zu anderen Hunden zu gelangen, ist aufgrund der Lebenserfahrung nicht auszuschließen. Der Bw hätte daher damit rechnen müssen, dass sein Schäferhund, der sich auf der öffentlichen Straße frei bewegen konnte, zu einem anderen Hund laufen und damit die Straße queren würde.

Er hat damit zumindest fahrlässig seinen Hund auf eine mangelhafte Weise beaufsichtigt oder verwahrt.

 

Dadurch hat er die subjektive Tatseite des § 5 Abs.1 Oö. PolStG erfüllt.

 

5. Die belangte Behörde hat (lediglich) eine Ermahnung erteilt.

Gemäß § 51 Abs.6 VStG darf aufgrund einer vom Beschuldigten oder einer zu seinen Gunsten erhobenen Berufung in einer Berufungsentscheidung keine höhere Strafe verhängt werden als im angefochtenen Bescheid. Die belangte Behörde hat mit der mildersten Form der Strafe, nämlich der Ermahnung, das Auslangen gefunden und von der Berufungsbehörde konnte diese daher nicht angehoben, sondern nur bestätigt werden.

 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Bergmayr-Mann

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum