Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300592/2/WEI/Da

Linz, 09.08.2005

 

 

 

VwSen-300592/2/WEI/Da Linz, am 9. August 2005

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß über die Berufung des G P, vertreten durch Mag. A M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 30. August 2004, Zl. Pol 96-22-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 2 Abs 1 lit d) iVm § 10 Abs 1 lit b) Oö. Polizeistrafgesetz - Oö. PolStG (LGBl Nr. 94/1985, zuletzt geändert mit LGBl Nr. 147/2002) zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.

 

II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (im Folgenden Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben bis zum 27.2.2004 keine Anzeige an die Stadtgemeinde Gmunden gemäß § 2 Abs. 1 Oö. Polizeistrafgesetz erstattet, obwohl Sie beabsichtigt haben, ab 1.3.2004 in 4810 Gmunden, Bahnhofstraße 26 durch Anbieten und Durchführung von Tantra- und Erotikmassagen in diesem Gebäude durch Handlungen am Körper, welche zur sexuellen Befriedigung einer Person führen können, die Prostitution gewerblich ausüben zu lassen."

 

Dadurch erachtete die belangte Behörde § 2 Abs 1 lit d) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschrift und verhängte nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) Oö. PolStG eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 36 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten der Strafverfahren wurde der Betrag von 30 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw zu Händen seines Rechtsvertreters am 1. September 2004 zugestellt worden ist, richtet sich die rechtsfreundlich eingebrachte Berufung vom 13. September 2004, die bei der belangten Behörde rechtzeitig am 15. September 2004 einlangte und mit der die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens angestrebt wird.

 

2. Aus der Aktenlage ergibt sich der folgende wesentliche S a c h v e r h a l t :

 

2.1. Mit Bericht vom 1. März 2004 hat die Städtische Sicherheitswache Gmunden der belangten Behörde über eine Erhebung am 23. Februar 2004 um 21.30 Uhr im Tantra-Massage-Studio, berichtet. Eine xx sei angetroffen worden, die angab, dass derzeit nur sie arbeite. Über die Geschäftsführung konnte sie keine Angaben machen, holte aber einen Verantwortlichen aus dem Wettbüro nebenan. Dabei kam sie mit A K zurück, der angab, dass der Bw Geschäftsführer, das Studio noch nicht in Betrieb wäre und Interessierte nur informiert werden würden. Verfügungsberechtigter und Inserateaufgeber wäre der Bw, der laut Auskunft der belangten Behörde keine Gewerbeberechtigung benötigte.

 

2.2. Am 26. Februar 2004 kontrollierten Organe der belangten Behörde das Objekt Bahnhofstraße 26, 4810 Gmunden, im Rahmen einer fremdenpolizeilichen Fahndung (vgl Aktenvermerk vom 2.03.2004). An der Glasfront eines Gebäudeteiles befand sich die Aufschrift TANTRA STUDIO, Erotik und Entspannung, Massage (vgl aktenkundiges Lichtbild). Im Lokal befand sich im Eingangsbereich eine Bar, in weiteren Räumlichkeiten ein Massagetisch und Doppelbetten. Im Lokal fanden die Beamten der Fremdenpolizei die Frauen E H, geb. 29.01.1976, I M K, geb., und D S, geb., vor. In einem der Doppelbetten lagen die Bulgarin Sund der österreichische Staatsangehörige A K. Mit der Bulgarin konnte mangels Deutschkenntnisse keine Niederschrift aufgenommen werden. Mit den beiden Österreicherinnen wurden Niederschriften am GPK Gmunden aufgenommen.

 

Nach dem Aktenvermerk der belangten Behörde lag der Verdacht nahe, dass die Damen der illegalen Prostitution zugeführt worden wären. Keine hätte eine entsprechende Bewilligung bzw. Untersuchung gehabt. Die Bulgarin war im Besitz einer Aufenthaltserlaubnis für den Zweck "kurzfristige Kunstausübende", auf deren Basis sie im Lokal Kammerhof als Gogo-Girl Tanzvorführungen darbringen, nicht aber die Prostitution ausüben dürfte.

 

2.3. Im vorgelegten Akt befinden sich Niederschriften des GPK Gmunden je vom 26. Februar 2004 ohne Geschäftszahl über Einvernahmen der Frau Ina Maria K und der Frau EH.

 

2.3.1. I M Kberichtete, seit Dezember 2000 mit A K verheiratet zu sein und seit Februar 2003 getrennt von ihm zu leben. Sie hätte bis Dezember 2003 als Kellnerin bei ihren Eltern in einem Gasthof in Thalheim gearbeitet und wäre dann arbeitslos geworden. Vor ein bis zwei Wochen hätte ihr Mann angeboten, dass sie bei ihm in einem Massagestudio in Gmunden arbeiten könnte. Dieses Studio werde aber vom Bw, einem befreundeten Geschäftsführer, geführt.

 

Bei einem Treffen mit A K, bei dem sie auch "Lisa" aus Linz kennen lernte, hätten sie die Arbeitsbedingungen besprochen. Die Arbeitszeit wäre von 10.00 bis 22.00 Uhr. Die Massage sollte "Oben ohne" durchgeführt werden und sich nicht nur auf männliche Kunden beschränken. Eine halbe Stunde Massage sollte 60 Euro, eine Stunde 100 Euro kosten, wobei im ersten Fall 30 und sonst 60 Euro der Masseuse gehörten. Am Tag der Kontrolle hätte man mit der Arbeit begonnen und auf Kundschaft gewartet. Der erste Gast wäre kurz vor 16.00 Uhr und gleich danach die Gendarmerie gekommen. Sie hätte noch keine Massage gemacht. Über Bewilligungen hätte sie sich keine Gedanken gemacht, in den geschäftlichen Ablauf des Massagestudios wäre sie in keiner Weise involviert. Mit dem Bw wäre vereinbart gewesen, dass sie noch einen Arbeitsvertrag bekomme.

 

2.3.2. Bei ihrer Einvernahme am GPK Gmunden berichtete Frau Elisabeth H (vgl Niederschrift vom 26.02.2004), dass sie vor ca. 2 Wochen im Anzeigenteil der "Korrekt"-Zeitung von einem Massageinstitut in Gmunden gelesen hätte, das in Kürze eröffnet werden sollte. Mit ihrem Freund fuhr sie am 18. Februar 2004 - an diesem Tag sollte angeblich eröffnet werden - dorthin, um sich das Studio anzusehen. Sie wurden von Herrn Kbegrüsst, der sich als Chef ausgegeben hatte und sie durch das Studio führte. Zwei Mädchen waren anwesend. Relativ viele Leute hielten sich in der Bar auf. Sie vereinbarte mit K am Freitag, dem 20. Februar 2004, vorbeizuschauen, um die Formalitäten zu erledigen und gleich mit der Arbeit zu beginnen. Gegen 14.00 Uhr traf sie dann im Geschäft ein, wo sich wieder zwei Mädchen aufhielten. Auch Frau K war anwesend. E H unterhielt sich mit ihr und erfuhr mehr über den Arbeitsablauf. Jeden Tag müssten zwei Mädchen im Studio sein, die in Unterwäsche Massagen vornehmen, wobei der Kunde aufgeklärt werde, dass lediglich eine erotische Ganzkörpermassage, die auch die Massage der Geschlechtsteile einbeziehe, geleistet werde. Sexuelle Leistungen wie Geschlechts- oder Oralverkehr sollten nicht erbracht werden. Pro Massage sollten 100 Euro kassiert werden, wovon sie 60 Euro und Herr K den Rest erhalten sollte. Herr K meinte zu ihr und den anderen Mädchen, dass sie ihn im Falle einer Razzia nicht als offiziellen Chef angeben dürften. Am Samstag wäre sie mit dem Zug angereist und von Frau K am Bahnhof Wels abgeholt worden. Am Freitag und Samstag hätte sie keine Kundschaft gehabt. Es hätten sich nur Leute erkundigt und wären wieder gegangen. Am Aschermittwoch wäre sie von 10.00 bis 22.00 Uhr anwesend gewesen und hätte wieder keine Kundschaft gehabt.

 

Am 26. Februar 2004 wäre gegen 15.15 Uhr ein älterer Herr gekommen, der ihr 100 Euro gab. Nachdem er noch geduscht hatte, begann sie in Unterwäsche den Kunden, der auf einem Doppelbett in einer Kabine auf dem Bauch lag, vom Rücken abwärts zu massieren, als plötzlich mehrere Beamte in der Kabine standen. Sexuelle Handlungen hätte sie nicht durchgeführt. Bei mancher Kollegin könnte es auch zu sexuellen Handlungen kommen, sie praktiziere dies jedoch nicht.

 

2.4. Der Bw wurde am 27. Februar 2004 je von der Städtischen Sicherheitswache Gmunden und von der belangten Behörde befragt (vgl Niederschriften je vom 27.02.2004).

 

2.4.1. Bei der Städtischen Sicherheitswache gab er an, eine Künstlervermittlungsagentur im Standort Seewalchen, zu betreiben. Er hätte ab 1. März 2004 ein Geschäftslokal für Tantramassagen offiziell angemietet und in Betrieb genommen. Derzeit bestünde noch kein Mietvertrag. Zur Zeit wären ihm nur die Vornamen und keine genauen Personaldaten der Damen bekannt, die für die Durchführung der sinnlichen Massagen geeignet waren. Er hätte sich bisher nicht umfassend damit beschäftigen können, weil er beruflich viel unterwegs wäre. Dass bereits am 26. Februar 2004 Massagen durchgeführt wurden, hätte er erst gestern erfahren und überraschte ihn. Auf sein Inserat "Tantra-Studio Gmunden sucht Masseurinnen" wären Anfragen von ca 200 Männern erfolgt. Er hätte daher zwei Mädchen ersucht sich gelegentlich im Vorraum aufzuhalten, um etwaigen Besuchern zu erklären, worum es bei den Massagen geht. Die sich vorgestellt habenden Mädchen hätten seiner Meinung nach keinen Ausweis nach § 2 der Verordnung des BMGU über die gesundheitliche Überwachung von Personen, die der Prostitution nachgehen. Er sei nach wie vor der Meinung, dass in dem Lokal keine Prostitution ausgeübt werde. Er müsse zugeben, dass er nicht gewusst hätte, dass auch Erotik- oder sog. Tantramassagen unter diesen Tatbestand fielen.

Vor zwei Wochen hätte der Bw bei der belangten Behörde vorgesprochen. Eine zuständige Dame hätte ihm mitgeteilt, dass es für sog. Erotik- und Tantramassagen keiner Bewilligung bedürfe. Er wäre nur aufmerksam gemacht worden, beim Finanzamt wegen einer Steuernummer vorzusprechen. Einen Gewerbeschein für die beabsichtigten Massagen besitze er nicht.

 

Ab dem 1. März 2004 wäre der Bw Verfügungsberechtigter über die Räumlichkeiten im Objekt Gmunden, Bahnhofstraße 26, gewesen. Eigentümer wäre die Wettbürogesellschaft. Die Räume rechts vom Eingang hätte er nicht beansprucht, seine Räume wären jene links vom Eingang gewesen. Soweit ihm bekannt sei, wären die rechtsseitigen Räume für den Aufenthalt auswärtiger Mädchen geplant gewesen. Mehr könne er nicht angeben.

 

2.4.2. Vor der belangten Behörde gab der Bw an, dass er ein Tantrastudio eröffnen und von der Firma C Sportwetten Räumlichkeiten in der Bahnhofstraße 26 in Gmunden anmieten wollte. Ansprechpartner wäre Herr Anton K gewesen, der dem Bw die C Sportwetten Gesellschaft als Vermieterin nannte. Die Werbung für das Tantrastudio an der Gebäudefront und auch Inserate in der Oö. Rundschau, mit denen Masseusen gesucht wurden, hätte er veranlasst. Zum Vorhalt, dass in dem Lokal bereits illegale Prostitution ausgeübt worden wäre, erklärte der Bw, davon nichts gewusst zu haben. Fünf Damen hätten sich vorgestellt, er hätte lediglich drei gebeten, sich - wenn es ihre Zeit erlaube - ins Studio zu setzen und die Tantramassage allfälligen Gästen zu erklären. Zum Vorhalt, dass Damen bereits massiert und andere sexuelle Handlungen vorgenommen hätten, erklärte der Bw, dass er davon erst am Vortag von einem Exekutivbeamten telefonisch erfahren hätte.

 

Zu den Räumlichkeiten rechts vom Eingang gab der Bw an, dass er diese nicht gemietet hätte. Diese Räume gehörten zum Wettbüro. Er glaube, dass dort ein Mitarbeiter des Wettbüros geschlafen hätte. Wie eine bulgarische Staatsangehörige, die in einer Gogobar arbeite, in diese Räume gekommen war, könnte er auch nicht sagen. Der Bw gab abschließend bekannt, mit der Sache nichts mehr zu tun haben zu wollen. Er werde das Studio keinesfalls eröffnen und weder einen Pacht- noch einen Mietvertrag unterschreiben.

 

2.5. Die belangte Behörde erließ daraufhin gegen den Bw die Strafverfügung vom 13. Mai 2004, in der sie ihm vorwarf, Räumlichkeiten zur Durchführung von Tantra- und Erotikmassagen zur Verfügung gestellt zu haben, in der Woche zuvor durch öffentliche Ankündigung die Prostitution in dieser Form angebahnt zu haben und keine Anzeige an die Stadtgemeinde Gmunden gemäß § 2 Abs 1 Oö. PolStG erstattet zu haben. Dadurch erachtete die belangte Behörde § 2 Abs 3 lit b) und c) sowie § 2 Abs 1 lit d) Oö. PolStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte je 300 Euro (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) Geldstrafe.

 

Gegen diese Strafverfügung erhob der Bw durch seinen Rechtsvertreter rechtzeitig den Einspruch vom 24. Mai 2004 und führte diesen nach Akteneinsicht mit Schriftsatz vom 14. Juli 2004 näher aus. Die Tatvorwürfe wurden bestritten und vorgebracht, der Bw hätte zum Unterschied von Herrn K beinahe keinen Kontakt zu den Damen gehabt. Die Aussage der E H zeige eindeutig, dass für das Etablissement Herr K zuständig gewesen wäre. Die Meinung, dass im Massageinstitut Prostitution ausgeübt hätte werden sollen, sei schlicht und einfach falsch. Warum das Suchen von Masseusen strafbar sein soll, sei nicht nachvollziehbar. Der Bw bestritt, eine Verfügungsgewalt über das Massageinstitut gehabt zu haben. Zu einem Mietvertragsabschluss wäre es nicht gekommen. Verfügungsberechtigt wäre Herr K gewesen. Der Bw habe mit der Angelegenheit wenig zu tun, er habe lediglich Inserate aufgegeben.

 

Die Räumlichkeiten rechts vom Eingang hätten mit dem potentiellen Mietobjekt nichts zu tun gehabt. Es hätte sich um Räumlichkeiten des Wettbüros gehandelt, über die Herr K verfügungsberechtigt gewesen wäre. Wenn dort Spuren ersichtlich waren, die auf einen Geschlechtsverkehr schließen ließen, könnten daraus noch keine zwingenden Schlüsse auf Prostitution gezogen werden. Selbst wenn eine dort anwesende Dame die Prostitution ausgeübt haben sollte, hätte der Bw davon keine Kenntnis und auch keine Verfügungsmacht gehabt.

 

Die belangte Behörde hat in weiterer Folge das angefochtene Straferkenntnis erlassen, ohne weitere Erhebungen zu pflegen. Im Straferkenntnis wird allerdings nur mehr der dritte Vorwurf nach § 2 Abs 1 lit d) Oö. PolStG aufrecht erhalten. Die weiteren Tatvorwürfe stellte sie ein. Den verbleibenden Tatvorwurf hätte der Bw in seinen Aussagen zugegeben.

 

2.6. In der rechtsfreundlich eingebrachten Berufung wird auf die Ausführungen im Einspruch vom 14. Juli 2004 und auf die Niederschrift mit Elisabeth H verwiesen. Deren Aussage zeige eindeutig, dass Herr K für das Etablissement zuständig war. Der Bw betont abermals, keine Verfügungsgewalt über das Massageinstitut gehabt zu haben. Zu einem Mietvertragsabschluss wäre es nicht gekommen. Verfügungsberechtigt wäre seiner Meinung nach Herr K gewesen.

 

Bei der belangten Behörde habe sich der Bw erkundigt, welche Erfordernisse für das Betreiben eines Massagesalons bestehen. Dort wäre ihm mitgeteilt worden, dass es keiner gewerberechtlichen Bewilligung bzw. sonstiger Anzeigen bedürfte. Durch diese Auskunft wäre er in der Auffassung bestärkt gewesen, die erforderlichen Schritte eingeleitet zu haben. Es könnte ihm daher nichts vorgeworfen werden.

 

Die belangte Behörde ginge offensichtlich von einem falschen Sachverhalt aus. Der Tatbestand des § 2 Abs 1 Oö. PolStG gehe von der Durchführung der Prostitution aus. Weder aus den Aussagen der Damen, noch aus dem Akteninhalt gehe hervor, dass es im Rahmen der Massagen tatsächlich zur sexuellen Befriedigung anderer Personen gekommen ist. Tatsächlich verfolge auch die Tantramassage nicht das Ziel der sexuellen Befriedigung. Dabei handle es sich um eine Ganzkörperbehandlung, bei welcher die Haut, das darunter liegende Bindegewebe und die Skelettmuskulatur des ganzen Körpers ausgestrichen, geknetet und durch spezielle Techniken von Verspannungen befreit werden. Es sei daher die Annahme von Prostitution nicht richtig. Dem Bw sei kein Verschulden vorzuwerfen. Wenn überhaupt sei es nur so gering, dass die Anwendung des § 21 VStG geboten gewesen wäre.

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat nach Einsicht in die vorgelegten Verwaltungsakten und unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis mangels ausreichender Beweise bereits nach der Aktenlage aufzuheben ist.

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 2 Abs 3 lit d) Oö. PolStG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist nach dem Strafrahmen des § 10 Abs 1 lit b) Oö. PolStG (idF LGBl Nr. 90/2001) mit Geldstrafe bis zu 14.500 Euro, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen,

 

wer die Anzeige gemäß § 2 Abs 1 nicht erstattet.

 

Nach § 2 Abs 1 Satz 1 Oö. PolStG hat der Gemeinde - soweit es nicht nach § 2 Abs 3 lit c) verboten ist - mindestens zwei Monate vor Aufnahme der Prostitution anzuzeigen, wer beabsichtigt, für Zwecke der Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken (Prostitution) ein Gebäude, eine Wohnung oder einzelne Räumlichkeiten zu nutzen oder für solche Zwecke zur Verfügung zu stellen.

 

Aus dem § 2 Abs 1 erster Satz Oö.PolStG ergibt sich begrifflich, dass der Landesgesetzgeber unter dem Begriff Prostitution die Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken versteht. Dabei muss es nicht zu einem klassischen Geschlechtsverkehr kommen. Vielmehr werden alle sexuellen Handlungen im Vorfeld eines Geschlechtsverkehrs oder sonstige Handlungen zur sexuellen Befriedigung eines Kunden erfasst (vgl schon VwSen-230345/2/Wei/Bk vom 02.08.1995). Auch für Erotikmassagen und die sog. "Tantramassage", eine Gesamtkörpermassage unter Einschluss des sensiblen Intimbereichs von Menschen, hat der Oö. Verwaltungssenat klargestellt, dass diese Massagetechnik zur sexuellen Befriedigung der behandelten Personen führen kann, weshalb in einem solchen Fall bei Ausübung zu Erwerbszwecken Prostitution iSd Oö. PolStG anzunehmen ist (vgl VwSen-300380/2/Ki/Ka vom 23.01.2001 und VwSen-300515/2/WEI/Pe).

 

4.2. In den zitierten Entscheidungen des Oö. Verwaltungssenates war der Sachverhalt nach den aktenkundigen Beweisergebnissen stets so gelagert, dass die Erotik- oder Tantramassage zum Orgasmus beim Mann führen konnte und sollte. Auch wenn der primäre Zweck der praktizierten Tantramassage die energetische Ausgewogenheit und Harmonisierung des Körpers durch Stimulation der Meridiane war, konnte es dabei auch zur "Totalentspannung" und damit zum Orgasmus kommen, was manche Kunden schätzen, andere hingegen angeblich nicht wollten. Im Erkenntnis VwSen-300380/2/Ki/Ka vom 23. Jänner 2001 wurde daher für diesen Fall der in die Massage einbezogenen Option der sexuellen Befriedigung der behandelten Person angenommen, dass Tantramassage in Teilbereichen den Begriff der Prostitution im Sinne des § 2 Abs 1 Oö. PolStG erfüllen konnte.

 

Dies bedeutet allerdings entgegen der pauschalen Meinung der belangten Behörde nicht, dass Tantramassagen schon begrifflich stets als Prostitution angesehen werden könnten. Vielmehr müssen in jedem Einzelfall die konkreten Handlungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken in die Betrachtung mit einbezogen werden. Die Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung ist nämlich Wesensmerkmal der Prostitution nach der oben zitierten Legaldefinition. Deshalb bildet die Frage der sexuellen Befriedigung auch das entscheidende Kriterium. Die Grenze zur Prostitution wird demnach überschritten, wenn und sobald eine Erotik- oder Tantramassage auch die sexuelle Befriedigung des Kunden ermöglicht, selbst wenn dies nicht der primäre Zweck der angewendeten Massagetechnik sein sollte. Hingegen können entgeltliche Massagen mit einem bloß "erotischen Touch" (zBsp.: Masseuse in Unterwäsche oder "oben ohne"), die ein Wohlbefinden und eine Entspannung des Kunden im herkömmlichen Sinn herbeiführen, noch nicht als Prostitution gewertet werden, stellt doch die landesgesetzliche Legaldefinition zum Begriff "Prostitution" ausdrücklich auf sexuelle Befriedigung ab.

 

4.3. Im vorliegenden Fall beruht der Tatvorwurf der belangten Behörde nicht auf einer gesicherten Tatsachengrundlage. Die Berufung hat zu Recht beanstandet, dass es nach der Aktenlage kein Beweisergebnis gibt, wonach es im Rahmen von Erotik- oder Tantramassagen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen tatsächlich gekommen ist oder kommen sollte. Die Zeugin E H hat die Vornahme sexueller Handlungen für ihre Person dezidiert ausgeschlossen und Frau I M K hat nur von "oben ohne" Massage gesprochen, die sich nicht auf männliche Kunden beschränken sollte. Solche Erotik- oder Tantramassagen, bei denen die sexuelle Befriedigung durch einen Höhepunkt beim Kunden in die Behandlung mit einbezogen wird, hat die belangte Behörde weder konkret festgestellt noch hinreichende Umstände aufgezeigt, die für eine Absicht des Bw sprechen, Räumlichkeiten in Gmunden, Bahnhofstraße 26, für derartige Massagen zu nutzen. Die belangte Strafbehörde hat sich vielmehr darauf beschränkt, aus einer gegebenen Verdachtslage (vgl Aktenvermerk vom 2.03.2004) auf Prostitution zu schließen und entsprechende Absichten zu unterstellen, ohne diesen Verdacht durch geeignete Beweiserhebungen zu erhärten.

 

Die Werbung für das Tantrastudio an der Front des Gebäudes und die Inserate in der Oö. Rundschau mit dem Titel "Tantra-Studio Gmunden sucht Masseurinnen" beweisen entgegen der offenbar pauschalen Sichtweise der belangten Behörde noch keine Absicht des Bw, Räumlichkeiten für Zwecke der Prostitution zu nutzen oder zur Verfügung zu stellen. Diese Umstände sind nur Indizien aber noch keine Beweise. Die im gegebenen Zusammenhang offenbar nicht unwesentliche Rolle des Anton K hat die belangte Behörde überdies in keiner Weise hinterfragt und überprüft. Nach der Aktenlage erscheint die sinngemäße Berufungsdarstellung, wonach Anton K die Verfügungsgewalt über das Massageinstitut hatte und der "Drahtzieher" war, während der nicht anwesende Bw nur vorgeschoben wurde, durchaus denkbar. Die belangte Behörde hätte jedenfalls versuchen müssen, die Verhältnisse zu klären. Statt dessen hat sie im Zweifel gegen den Bw entschieden und diesen mit vordergründigen Argumenten, die zwar einen Verdacht rechtfertigen, aber noch keinen Schuldbeweis ausmachen, verantwortlich gemacht.

 

Die belangte Behörde hat nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats die Rechtslage nicht richtig erfasst und dementsprechend die Tantramassage begrifflich überbewertet. Dadurch verkannte sie, dass auch für einen Schuldspruch nach § 2 Abs 1 iVm Abs 3 lit d) Oö. PolStG konkrete Beweisergebnisse erforderlich sind. Eine begründete Verdachtslage genügt auch im Verwaltungsstrafverfahren noch nicht für eine Verurteilung.

 

5. Im Ergebnis war daher der Berufung Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG mangels ausreichender Beweise einzustellen. Bei diesem Ergebnis entfällt auch gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum