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des Landes Oberösterreich
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VwSen-101956/2/1993/Br

Linz, 25.05.1994

VwSen - 101956/2/1993/Br Linz, am 25. Mai 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr.Bleier über die Berufung des Herrn Ing. Udo P, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 2. Februar 1994, Zl.: VerkR96/5915/1993-Mr, wegen Übertretung der StVO 1960, zu Recht:

I. Der Berufung wird k e i n e F o l g e gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage:

§66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 866/1992 - AVG iVm §19, §24, §51 Abs.1 und §51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. 867/1992 - VStG.

II. Als Kosten für das Berufungsverfahren werden dem Berufungswerber 260 S (20% der verhängten Strafe) auferlegt.

Rechtsgrundlage:

§64 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem Straferkenntnis vom 2. Februar 1994, VerkR96/5915/1993-Mr, wegen der Übertretung nach §52 lit.a Z10 a StVO 1960 über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.300 S und für den Nichteinbringungsfall 48 Stunden Ersatzfreiheits-strafe verhängt, weil er am 1. Dezember 1992 um 15.28 Uhr im Gemeindegebiet von Ansfelden auf der Westautobahn A1, bei Autobahnkilometer 174.060 in Fahrtrichtung Wien, den PKW mit dem Kennzeichen im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit) 100 km/h" mit einer Geschwindigkeit von 133 km/h gelenkt und somit die erlaubte Höchstgeschwindigkeit um 33 km/h überschritten habe.

1.1. Inhaltlich führt die Erstbehörde begründend wie folgt aus:

"Auf Grund einer Anzeige des Landesgendarmeriekommandos für 0.Ö. vom 28.12.1992 wird Ihnen die umseits genannte Verwaltungsübertretung zur Last gelegt.

Sie bestreiten in Ihrem Einspruch vom 16.6.1993 die Ihnen zur Last gelegte Tat und wenden außerdem ein, daß bereits Verjährung eingetreten ist.

In Ihrem Antwortschreiben vom 30.8.1993 im Bezug auf die Lenkererhebung vom 12.8.1993 geben Sie sich selbst als Lenker des PKW's, KZ., bekannt.

In Ihrer abschließenden schriftl. Stellungnahme vom 1.12.1993 geben Sie nach Kenntnisnahme des Akteninhaltes an, daß Ihnen eine Verwaltungsübertretung am 1.12.1992 zur Last gelegt wird und die Strafverfügung am 1.6.1993 zur Post gegeben wurde. Sie führen aus, daß es sich bei der Verjährungsfrist um eine materiellrechtliche Frist handelt, bei deren Berechnung die dem Beschuldigten zur Last gelegt (gemeint wohl gelegten) Verwaltungsübertretung bereits bei Zustellung bzw. Aufgabe der Strafverfügung verjährt war.

Hiezu nimmt hs. Behörde wie folgt Stellung:

Laut §31 Abs.1 VStG.1950 ist die Verfolgung einer Person unzulässige, wenn gegen Sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§32 Abs.2 VStG.) vorgenommen werden ist. Gemäß §31 Abs. 2 beträgt die VerVerjährungsfrist bei den Verwaltungsübertretungen der Gefährdung, Verkürzung oder Hinterziehung von Landes- und Gemeindeabgaben ein Jahr, bei allen anderen Verwaltungsübertretungen sechs (6) Monate. §32 Abs.2 VStG. 1950 besagt, daß eine Verfolgungshandlung jede von einer Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung und dgl.) ist, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte keine Kenntnis davon erlangt hat. Die im §32 Abs. 2 VStG. festgelegte, innerhalb der Verjährungszeit notwendige Verfolgungshandlung hat während der Verjährungszeit in irgendeiner Form nach außen in Erscheinung zu treten; nicht von Bedeutung ist, daß sie dem Täter zur Kenntnis gelangt (VwGH. 26.6.1974, 195/74).

Hs. Behörde hatte daher zu prüfen, ob innerhalb der Verjährungsfrist, in diesem Fall der Verfolgungsverjährungsfrist, von der Behörde eine Verfolgungshandlung vorgenommen wurde, die die Verjährung unterbricht. Ergeht die Strafverfügung innerhalb der Verjährungsfrist und wird sie auch innerhalb dieser Frist abgefertigt (z.B. der Post zur Beförderung übergeben), so liegt eine innerhalb der Verjährungsfrist vorgenommene Verfolgungshandlung vor, auch wenn die außerhalb der Verjährungsfrist erfolgte Zustellung letztlich rechtsunwirksam war, weil z.B. die Beschuldigte zum Zeitpunkt der Zustellung ortsabwesend war (VwGH. 27.3.1979, 3271/8 und 29.1.1980, 2187/79).

Im gegenständlichen Fall wurde die Strafverfügung nachweislich am 1.6.1993 der Post zur Beförderung übergeben, also innerhalb der Verjährungsfrist, und von dieser, laut Aufgabetag am Rückschein der österreichischen Postverwaltung, am 2.6.1993 weitergeleitet.

Gemäß §52 lit.a Z.10a StVO begeht eine Verwaltungsübertretung, wer als Lenker eines Fahrzeuges im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)" die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschreitet.

Daß Sie im konkreten Fall im Bereich des Vorschriftszeichens "Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindig-keit) 100 km/h" Ihr Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 133 km/h gelenkt haben, hat das durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei ergeben, und bedarf somit keiner näheren Erklärung.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. Bezüglich Ihrer für die Strafbemessung zu berücksichtigenden Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ging hs. Behörde von folgenden geschätzten Werten aus (Einkommen: S 25.000,--, Vermögen: keines, Sorgepflichten: keine) Strafmildernd war kein Umstand zu werten. Straferschwerend war der Umstand zu werten, daß Sie ha. einschlägig vorbestraft aufscheinen." 2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter mit der fristgerecht am 4. März 1994 der Post zur Beförderung übergebenen Berufung. Inhaltlich führt er aus:

"Dieses Straferkenntnis wird seinem gesamten Inhalt nach angefochten.

Die Verwaltungsbehörde I. Instanz verneint das Vorliegen der eingewendeten Verjährung mit der Begründung, die Strafverfügung sei innerhalb der Verjährungsfrist der Post zur Beförderung übergeben worden. Dem ist entgegenzuhalten, daß der Beschuldigte die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung am 1.12.1992 begangen haben soll. Die Strafverfügung wurde am 1.6.1993 zur Post gegeben. Der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist hängt vom einzelnen Tatbild ab. Sie beginnt bei einem Begehungsdelikt mit dem Abschluß der Handlung. Als Beispiel wird angeführt, daß die Verjährungsfrist beim Delikt nach §4 Abs.5 StVO in der Regel knapp nach dem Unfallszeitpunkt zu laufen beginnt (Hauer-Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, Seite 667, Erläuterungen zu §31 VStG). Angewendet auf den gegenständlichen Fall bedeutet dies, daß die Verjährungsfrist unmittelbar nach Begehung des Deliktes, sohin bereits am 1.12.199L, begonnen hat. Wenn dieser Tag in die sechsmonatige Verjährungsfrist einzurechnen ist, hat die Verwaltungsbehörde I. Instanz die Strafverfügung erst am Tag nach Eintritt der Verjährung zur Post gegeben.

Für diesen Standpunkt des Beschuldigten spricht auch das argumentum e contrario aus der Bestimmung, daß grundsätzlich bei der Berechnung von Fristen, die gegen eine mit Rechtsverlust bedrohte Verfügung eingeräumt sind, der Tag der Zustellung grundsätzlich nicht eingerechnet wird, da dem Rechtsmittelberechtigten eine möglichst lange volle Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Frist gewährleistet sein soll. Aus dem gleichen Rechtsgedanken muß somit einem Rechtsmittelberechtigten, dem Rechtsverlust droht, die verkürzte Frist durch im Sinn des vorstehend angeführten sofortigen Beginnes der Verjährungsfrist eingeräumt werden. Weiters hält der Beschuldigte seinen Rechtsstandpunkt aufrecht, daß es sich bei der gegenständlichen Frist um eine materiell rechtliche Frist handelt.

Aus all dem folgt, daß auch zum Zeitpunkt der Postaufgabe bereits die Verjährung der dem Beschuldigten zur Last gelegten Verwaltungsübertretung eingetreten war.

Der Beschuldigte stellt daher (den) BERUFUNGSANTRAG das gegen ihn ergangene Straferkenntnis der BH Linz-Land vom vom 2.2.1994 zur Zahl VerkR-96-5915/1993-Mr zur Gänze aufzuheben und das gegen ihn geführte Verwaltungsstrafverfahren zur Einstellung zu bringen." 3. Die Erstbehörde hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser ist, da keine 10.000 S übersteigende Strafe verhängt worden ist, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung wurde nicht gesondert beantragt, sodaß angesichts der sich schon aus der Aktenlage ergebenden entscheidungsfähigen und unbestrittenen, sich aus dem von der Erstbehörde zur AZ. VerkR96-5915/1993 vorgelegten Akt, zu entnehmenden Beweislage von der Anberaumung einer solchen Abstand genommen werden konnte (§51e Abs.1 VStG).

4. Um Wiederholungen zu vermeiden wird zum Sachverhalt auf die Ausführung unter Punkt 1. verwiesen.

4.1. Unbestritten ist, daß die Tatzeit der 1. Dezember 1992, 15.28 Uhr gewesen ist. Die erste wider den Berufungswerber gesetzte Verfolgungshandlung liegt in der Strafverfügung vom 26. Mai 1993, welche an den Berufungswerber gerichtet, am 1. Juni 1993 der Post zur Beförderung übergeben wurde. 5. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich folgendes erwogen:

5.1. Eine Verfolgungshandlung ist, wie die Erstbehörde zutreffend ausführt, jede von der Behörde gegen eine bestimmte Person als Beschuldigten gerichtete Amtshandlung (Ladung, Vorführungsbefehl, Vernehmung, Auftrag zur Ausforschung, Strafverfügung u. dgl, und zwar auch dann, wenn die Behörde zu dieser Amtshandlung nicht zuständig war, die Amtshandlung ihr Ziel nicht erreicht oder der Beschuldigte davon keine Kenntnis erlangt hat (§32 Abs.2 VStG).

Die Verfolgung einer Person ist unzulässig, wenn gegen sie binnen der Verjährungsfrist von der Behörde keine Verfolgungshandlung (§32 Abs.2 VStG) vorgenommen wurde (§31 Abs.1 VStG). Eine derartige, dem §44a VStG gerecht werdende Verfolgungshandlung liegt inhaltlich in der oben genannten Strafverfügung. Der Fristenlauf ergibt sich aus der Bestimmung des §32 AVG. Demnach ist bei der Berechnung von Fristen, die nach Tagen bestimmt sind, der Tag nicht mitzurechnen, in den der Zeitpunkt oder die Ereignung fällt, wonach sich der Anfang der Frist richten soll (§32 Abs.1 AVG). Bereits in diesem Punkt scheint der Berufungswerber einem Rechtsirrtum zu unterliegen. Nach Wochen, Monaten oder Jahren bestimmte Fristen enden mit dem Ablauf desjenigen Tages der letzten Woche oder (hier) des letzten Monates, der durch seine Benennung oder Zahl dem Tag entspricht, an dem die Frist begonnen hat. Fehlt dieser Tag in dem letzten Monat, so endet die Frist mit Ablauf des letzten Tages dieses Monates (§32 Abs.2 AVG). Demnach wurde die Verfolgungshandlung mit der Postübergabe der Strafverfügung mit 1. Juni 1993 noch binnen offener Frist bewirkt (VwGH 17.9.1986, 84/01/0005). Damit hatte die die Verfolgung begründende Postsendung die Sphäre der Behörde verlassen (vgl. VwGH 1.7.1953 Slg. 3055 A, 22.9.1980 Slg. 10232 A, 12.10.1984, 84/02/0042 u. 31.1.1990, 88/03/0239 u.v.a.).

Wenn der Berufungswerber andererseits damit argumentiert, daß ihm die Frist möglichst lange für die "volle Ausschöpfung der ihm zur Verfügung stehenden Frist gewährleistet sein soll", so vermag hier eine Fristverkürzung nicht erblickt werden. Es ist auch unerfindlich, welchen Rechtsverlust der Berufungswerber hier erblicken will. Offenbar verkennt der Berufungswerber auch, daß sich für sein subjektives Interesse auf Eintritt der Verjährung des wider ihn anhängigen Verwaltungsstrafverfahrens, kein Rechtsanspruch begründen läßt. 7. Gemäß §19 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §32 bis §35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.

7.1. Grundsätzlich ist hinsichtlich des Schnellfahrens festzustellen, daß dieser Übertretung ein erheblicher Unwertgehalt zugrundeliegt. Gilt es doch als gesicherte Tatsache, daß gerade diese Art von Mißachtung von Verkehrsvorschriften eine der häufigsten Unfallursachen darstellt. Die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit um 33 km/h, stellt eine beträchtlich nachteilige Rechtsgutbeeinträchtigung dar. Speziell im Bereich der Einmündung der A7 kommt der gegenständlichen Geschwindigkeitsbeschränkung ein wesentlicher Schutzzweck zu, wobei sich eben spezifisch die Überschreitung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit als besonders unfallträchtig erweist. Da es offenbar dem Berufungswerber weitgehend an einem Unrechtsbewußtsein zu mangeln scheint, indem das Berufungsvorbringen auf kein, wie immer geartetes diesbezügliches Bewußtsein schließen läßt, kann insbesondere aus Gründen der Spezialprävention (beim Berufungswerber soll durch die Bestrafung das Unrechtsbewußtsein sensibilisiert und auch im Hinblick auf dieses Rechtsgut eine positivere Werthaltung bewirkt werden) unter zusätzlicher Bedachtnahme auf das beträchtlich überdurchschnittliche Einkommen des Berufungswerbers der Strafe nicht entgegengetreten werden. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r :

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