Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-102070/2/Br

Linz, 30.06.1994

VwSen - 102070/2/Br Linz, am 30. Juni 1994 DVR.0690392

Erkenntnis

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn Dr. Gerhard R, J, 5020 S, zu Hd. Dr. V Dr. S, Rechtsanwälte, Kommandit-Partnerschaft, M, S, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion S vom 27. Dezember 1993, Zl: III/St.20395/93, wegen Übertretungen der StVO 1960 und des KFG zu Recht:

I. Der Berufung wird F o l g e gegeben und das Straferkenntnis mit der Feststellung, daß es von einer unzuständigen Behörde erlassen worden ist, aufgehoben.

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 AVG, BGB1.Nr. 51, iVm § 24 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 VStG, BGBl.Nr. 52; § 2 Abs.2, § 27 Abs.l, § 51 Abs.l, § 51c und § 51e Abs.l VStG.

II. Der Berufungswerber hat keine Beiträge zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 65 Abs.l VStG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Die Bundespolizeidirektion S (als Bezirksverwaltungsbehörde) hat mit dem angefochtenen Straferkenntnis den Berufungswerber wegen einer Übertretung nach § 18 Abs.1 iVm § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 und § 100 KFG iVm § 134 Abs.1 KFG bestraft, weil er am 27.12.1992 zw. 17.20 und 17.24 Uhr auf der W A 1, Fahrtrichtung S, bei km 256-257, a) als Lenker des Pkw S keinen solchen Abstand zu dem vor Ihm fahrenden Pkw S eingehalten habe, daß ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Kfz. plötzlich abgebremst worden wäre, weil er bei einer Fahrgeschwindigkeit von 130 km/h auf zwei Meter aufgefahren sei, und b) als Lenker des Pkw S mehrmals optische Warnzeichen abgegeben, obwohl es die Verkehrssicherheit nicht erforderte.

Es wurden über den Berufungswerber Geldstrafen 1.) in der Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) und 2.) 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 12 Stunden) verhängt.

1.2. Dagegen richtet sich die mit dem Antrag auf Aufhebung und Verfahrenseinstellung eingebrachte Berufung.

1.2.1. Die Bundespolizeidirektion S hat die Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat des Landes S vorgelegt. Von diesem erfolgte mit 16. Juni 1994 die Übermittlung gemäß § 51 Abs.1 VStG zuständigkeitshalber an den O.ö. Verwaltungssenat mit dem Hinweis, daß der Tatort (A1 Strkm. 256 - 257) noch im Bereich des Bundeslandes Oberösterreich gelegen sei. Auch die Überprüfung durch den O.ö. Verwaltungssenat im Wege der Autobahngendarmerie Seewalchen hat ergeben, daß die Landesgrenze auf der A in Fahrtrichtung S erst bei Strkm. 264 liegt.

2. Rechtlich ist folgendes zu erwägen:

2.1. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist jene Bezirksverwaltungsbehörde in erster Instanz zur Untersuchung und Bestrafung einer Übertretung örtlich zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

Begangen wird eine Übertretung gemäß § 2 Abs.1 VStG dort, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen.

2.2. Auf der Grundlage dieser für die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde maßgeblichen Rechtslage war die Bundespolizeidirektion S weder für die Einleitung des Verwaltungsstrafverfahrens nach der StVO 1960 noch nach dem KFG (hier wäre wohl eine Abtretung durch die Tatortbehörde nach § 29a VStG an die Wohnsitzbehörde möglich gewesen) als auch für die Erlassung des bekämpften Straferkenntnisses unzuständig.

3. Obwohl in der Berufung die Frage der Zuständigkeit nicht angezogen wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat einen Verwaltungsakt in jeder Richtung rechtlich zu überprüfen. Die nunmehr feststehende Unzuständigkeit war zwingend aufzugreifen (VwGH 4.7.1968 Slg 7385/A).

3.1. Zusammenfassend war im Grunde des § 27 Abs.1 iVm § 2 Abs.2 VStG die (örtliche) Unzuständigkeit der Bundespolizeidirektion S festzustellen und war daher das Straferkenntnis wegen Rechtswidrigkeit vom unabhängigen Verwaltungssenat aufzuheben.

4. Eine materielle Einstellungswirkung ist in diesem Fall mit der Aufhebung des Straferkenntnisses nicht verbunden (vgl. das zu einem anderen Falltypus ergangene Erk. d. VwGH vom 4.9.1992, 92/18/0353).

Die Beantwortung der Frage, ob hinsichtlich des zugrundeliegenden Verwaltungsstrafverfahrens eine taugliche Verfolgungshandlung vorliegt, welche auch von einer unzuständigen Behörde rechtswirksam gesetzt werden konnte, ist hier nicht zu tätigen, wird aber wohl im Hinblick auf die Übertretung der StVO 1960 zu bejahren sein. Eine Weiterleitung der Anzeige bzw. Abtretung des Verfahrens an die Tatortbehörde (dies wäre die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck) bleibt der Bundespolizeidirektion S anheimgestellt. Ob letztlich die im Akt insgesamt auffindbaren Verfolgungshandlungen für eine Unterbrechung der Verfolgungsverjährungsfrist bestimmt genug im Sinne der einschlägigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der Entscheidungspraxis des unabhängigen Verwaltungssenates gewesen sind, obliegt letztlich der sachlich und örtlich zuständigen Strafbehörde.

5. Der Ausspruch über den Entfall von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens ist auf die angegebene Gesetzesbestimmung gegründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

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