Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300679/2/SR/Ri

Linz, 06.06.2005

VwSen-300679/2/SR/Ri Linz, am 6. Juni 2005

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des T S, geb., Wstraße, L, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 3. Mai 2005, Zl. Pol96-358-2004, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Glücksspielgesetz - GSpG (BGBl. Nr. 620/1989, zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 136/2004) zu Recht erkannt:

  1. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 3 VStG eingestellt.
  2. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs. 1 VStG 1991.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

"Sie haben es als Gewerbeinhaber und Betreiber des Videopark in L, Wstraße, strafrechtlich zu verantworten, das im angeführten Lokal, wie anlässlich einer von der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land beauftragten und durch Organe des Amtes der . Landesregierung (Polizeiabteilung) am 08.07.2004 in der Zeit von 17.30 bis 18.00 Uhr stattgefundenen Spielapparatekontrolle festgestellt wurde, nachfolgende Glücksspielapparate, die dem Glücksspielmonopol unterliegt, außerhalb einer Spielbank und somit verbotenerweise betrieben bzw. zugänglich gemacht:

  1. Type: Diplomat World Gaming, ID-Nr.: BOV-2001291, Spielprogramm: Quiz Card, Foto-Nr.: auf CD
  2. Type: Admiral Caesar's Choice, ID-Nr.: keine vorhanden, Spielprogramm: Fruity Bar 50, 100, 200, Foto-Nr.: auf CD

Verwaltungsübertretungen nach

§ 1 Abs. 1, § 2 Abs. 1, 2 und 3, § 3, § 4 Abs. 2 iVm. § 52 Abs. 1 Ziff. 5 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 idgF. iVm § 3 und 4 Oö. Spielapparategesetz 1999 in 2 Fällen.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von

  1. 2.000 Euro
  2. 2.000 Euro

Falls diese uneinbringlich ist, Ersatzfreiheitsstrafe von

  1. 72 Stunden
  2. 72 Stunden

gemäß

§ 52 Abs. 1 Ziff. 5 Glücksspielgesetz, BGBl. Nr. 620/1989 idgF. in 2 Fällen

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

400 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 4.400 Euro."

2. Gegen dieses dem Bw am 18. Mai 2005 durch Hinterlegung zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz am 20.Mai 2005, somit rechtzeitig eingebrachte Berufung.

2.1. Die Behörde erster Instanz hat im unter Punkt 1. dargestellten Spruch vor den Spruchpunkten 1 und 2 ausgeführt, dass der Bw als "Gewerbeinhaber und Betreiber des Videopark ...... strafrechtlich zu verantworten habe, dass im angeführten Lokal ........ Glückspielapparate ....... verbotenerweise betrieben bzw. zugänglich gemacht" wurden.

In der Begründung führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass es sich bei den aufgestellten Spielapparaten um Glücksspielapparate bzw. -automaten im Sinne des Glücksspielgesetzes handle, zumal die Spieleinsatzmöglichkeit klar über der Bagatellgrenze von 0,50 Euro liege und eine Gewinnaussicht von mehr als 20 Euro bestehe. Das Aufstellen solcher Apparate ohne Spielapparatebewilligung (§ 4 Abs. 1 Oö. SpielapparateG) sei daher verboten.

Nach der Zitierung des § 52 Abs. 1 Z. 5 Glücksspielgesetz kommt die Behörde erster Instanz in der Begründung bei der Strafbemessung zum Ergebnis, dass der Bw strafrechtlich zu verantworten habe, dass die angeführten Glücksspielapparate verbotenerweise betrieben bzw. zugänglich gemacht wurden.

Erschwerend (!!) wertet die Behörde erster Instanz, dass der Bw die "Spielapparate am 30. 12. 2004 noch immer ohne erforderliche Bewilligung aufgestellt und betrieben" hat.

2.2. Dagegen bringt der Bw vor, dass ihm sein Anwalt nach Rücksprache mitgeteilt hätte, dass er nicht gegen das Glücksspielgesetz verstoßen habe. Die von ihm aufgestellten Automaten seien als Geschicklichkeitsgeräte geführt und für diese Geräte gäbe es eine Unbedenklichkeitserklärung vom Hersteller.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Schreiben vom 30. Mai 2005, AZ Pol96-358-2004 den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 5 Glücksspielgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe bis zu 22.000 Euro zu bestrafen, wer Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank betreibt (Veranstalter) oder zugänglich macht (Inhaber).

Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten:

1. die als erwiesen angenommene Tat;

2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; ........

4.2. Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw. Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1521).

Dass es im Bescheidspruch zufolge der Z. 1 der Anführung aller wesentlichen Tatbestandsmerkmale, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens und damit für die Subsumtion der als erwiesen angenommenen Tat unter die dadurch verletzte Verwaltungsvorschrift (Z. 2) erforderlich sind, bedarf, bedeutet, dass es nicht ausreicht, den bloßen Gesetzeswortlaut unter Anführung der Tatzeit und des Tatortes wiederzugeben, sondern dass die Tat entsprechend den Gegebenheiten des jeweiligen Falls zu individualisieren ist, wobei der Umfang der notwenigen Konkretisierung vom einzelnen Tatbild abhängt (siehe hiezu Hauer/Leukauf, aaO, Seite 1522).

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs. 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl. allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl. VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs. 4 AVG (vgl. etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl. u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl. VwGH 20.11.1997, 97/06/0170). Die Verfolgungshandlung gegen einen Beschuldigten muss daher das ihm zur Last gelegte Handeln - im Falle des Unterlassens durch Beschreibung jener Handlung, die er hätte setzen müssen und nach Auffassung der Behörde rechtswidriger Weise nicht gesetzt hat - unter Berücksichtigung sämtlicher gemäß § 44a Z. 1 VStG im Spruch des Straferkenntnisses aufzunehmenden Tatbestandselemente der verletzten Verwaltungsvorschrift gemäß § 44a Z. 2 VStG näher konkretisieren und individualisieren (VwGH vom 7.9.1990, Zl. 85/18/0186).

Enthält die Tatumschreibung im Spruch des Strafbescheides einen Alternativvorwurf, so liegt ein Verstoß gegen § 44a Z. 1 VStG vor (VwGH 17.9.1992, 92/18/0180).

Abgesehen davon, dass dem Akt nicht entnommen werden kann, ob der Bw von der Behörde erster Instanz als Veranstalter oder Inhaber angesehen wird, wird dem Bw vorgeworfen, dass er zu verantworten habe, dass Glückspielapparate "betrieben bzw. zugänglich gemacht" wurden.

§ 52 Abs.1 Z. 5 Glücksspielgesetz stellt aber auf zwei voneinander unabhängige Begehungsweisen ab und stellt jede davon unter Strafe. Einerseits begeht der Veranstalter gemäß § 52 Abs. 1 Z. 5 Glücksspielgesetz eine Verwaltungsübertretung, wenn er Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten betreibt und andererseits begeht der Inhaber gemäß § 52 Abs. 1 Z. 5 leg.cit. eine Verwaltungsübertretung, wenn er Glücksspielapparate oder Glücksspielautomaten zugänglich macht.

Die Tatumschreibung im Spruch entspricht nicht den Erfordernissen des § 44a Z. 1 VStG weil sie - arg.: "bzw." - einen unzulässigen Alternativvorwurf enthält (vgl. VwGH vom 28.10.1987, Zl. 86/03/0131; mit weiteren Verweisen Walter-Thienel, Verwaltungsverfahren, 2. Auflage, 2000, E 35 zu § 44a VStG).

Auch die vorangegangenen Verfolgungshandlungen (Aufforderung zur Rechtfertigung vom 4. Oktober 2004, Zl. Pol96-358-2004; "Niederschrift" vom 4. November 2004 - Formular betreffend Akteneinsicht und Kenntnisnahme der Sach- und Rechtslage) enthalten denselben - alternativen - Tatvorwurf und sind deshalb als untaugliche Verfolgungshandlungen zu qualifizieren. Da somit während der Verfolgungsverjährungsfrist keine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde, ist Verfolgungsverjährung eingetreten. Dem Oö. Verwaltungssenat ist es schon aus den genannten Gründen verwehrt, eine den Kriterien des § 44a Z. 1 leg.cit. entsprechende Spruchänderung vorzunehmen.

4.3. Gemäß § 45 Abs. 1 Z. 3 VStG hat die Behörde von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn Umstände vorliegen, die die Strafbarkeit ausschließen.

Nachdem bereits Verfolgungsverjährung eingetreten ist, war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und die Einstellung des Verfahrens zu verfügen.

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Mag. Stierschneider

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum