Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300705/2/Ste

Linz, 19.12.2005

 

 

VwSen-300705/2/Ste Linz, am 19. Dezember 2005

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung der A J, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. November 2005, Zl. Pol96-110-2005, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Tierschutzgesetz, zu Recht erkannt:

 

 

  1. Die Berufung wird mit der Maßgabe als unbegründet abgewiesen, dass der Tatvorwurf und die verletzte Rechtsvorschrift im Spruch wie folgt lautet:

"Sie haben es als Halterin von Rindern im Alter über sechs Monate bei ganzjähriger Haltung im Freien zwischen 1. Juli und 11. Oktober 2005 unterlassen, den Boden im für diese Tiere ständig benützten Fütterungs- und Tränkebereich zu befestigen.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 38 Abs. 3 iVm. § 17 Tierschutzgesetz, BGBl. I Nr. 118/2004, sowie Anlage 2 Z. 4.3. der 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004."

 

Im Übrigen wird der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II. Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den Verfahrenskosten erster Instanz einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 80 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 21, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Kirchdorf an der Krems vom 15. November 2005, Zl. Pol96-110-2005, wurde über die Berufungswerberin (im Folgenden: Bwin) eine Geldstrafe von 400 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil sie es als Halterin von landwirtschaftlichen Nutztieren (sieben Rinder) unterlassen haben, dass das zusätzlich erforderliche Futter an einem hiefür vorgesehenen und befestigten Futterplatz angeboten wird und den Boden im Tränkebereich zu befestigen. Sie habe dadurch § 38 Abs. 3 iVm. § 17 Tierschutzgesetz sowie Anlage 2 Z. 4.3. der 1. Tierhaltungsverordnung verletzt.

Begründend führt die Behörde erster Instanz dazu im Wesentlichen aus, dass die Nicht-Einhaltung der Vorschriften auf Grund der vom Amtstierarzt durchgeführten Kontrolle erwiesen sei. Der strafbare Tatbestand sei einwandfrei erwiesen. Darüber hinaus setzt sich die belangte Behörde in der Begründung mit der Rechtfertigung der Bwin aus dem bis dahin geführten Verfahren auseinander.

Im Zuge des Verfahrens habe die Bwin nicht glaubhaft machen können, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe; eine Anwendung des § 21 VStG komme nicht in Betracht (in diesem Punkt dürfte der belangten Behörde in der Begründung ein Schreibfehler unterlaufen sein, wenn sie davon spricht, dass ein Verstoß "als geringfügig" angesehen werden kann; gemeint ist wohl "nicht mehr als geringfügig").

Die Behörde erster Instanz schließt ihre Begründung mit Ausführungen zur Strafbemessung, wobei weder besondere Milderungs- noch Erschwernisgründe zur Anwendung kamen.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das der Bwin am 16. November 2005 zugestellt wurde, richtet sich die am 23. November 2005 - und somit rechtzeitig - zur Post gegebene Berufung.

Diese besteht aus folgenden zwei Sätzen:

"Auf Grund meines Straferkenntnisses teile ich höflich mit, dass ich gegen diesen Bescheid Berufung einlege.

Begründung: finanzielle Schwierigkeit und Unkenntnis dieser Vorschriften bezüglich Tränke und Futterplatz."

Damit wird - gerade noch erschließbar - die Aufhebung des Straferkenntnisses beantragt.

 

2. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser - da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde - durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorliegenden Verwaltungsstrafakt der belangten Behörde. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhaltung konnte abgesehen werden, da im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

2.2. Für den Unabhängigen Verwaltungssenat ergibt sich folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Am 11. Oktober 2005 wurde vom Amtstierarzt und einem weiteren Amtsorgan der Betrieb der Bwin einer Nachschau unterzogen. Dabei wurde festgestellt, dass die Bwin sieben Rinder und zwölf Schafe in ganzjähriger Freilandhaltung hält. Bei der Überprüfung wurde festgestellt, dass das notwendigerweise zusätzlich angebotene Futter nicht an einem dafür vorgesehenen, befestigten Fütterungsplatz angeboten wurde. Ein solcher befestigter Fütterungs- und Tränkebereich fehlte gänzlich ebenso wie eine ständig zur Verfügung stehende verfestigte Tränke. Das Futter wurde in Rundballen auf den unbefestigten Boden abgelagert.

Die Bwin wurde von der Behörde und vom Amtstierarzt mehrmals, jedenfalls bereits am 23. Mai 2005, unmissverständlich darauf hingewiesen, dass die Tiere eine trockene Liegefläche und eine entsprechende Fütterungs- und Tränkungseinrichtung benötigen.

Im Rahmen der von der belangten Behörde am 31. Oktober 2005 abgehaltenen mündlichen Befragung der Bwin gab diese an, dass sie sich keiner Verwaltungsübertretung schuldig fühle. Die Notwendigkeit des Erfordernisses eines befestigten Futterplatzes sei ihr bisher nicht bekannt gewesen. Im Stallgebäude seien ausreichend eingestreute Liegeflächen vorhanden; die Futtermittel sind bereits auf dem Heuboden eingelagert, was jederzeit überprüft werden könne. Im Bereich des Hofs seien drei Tränken vorhanden, die täglich mit frischem Wasser befüllt werden. Mehr möchte sie zu dieser Angelegenheit nicht sagen.

Nach Mitbeteiligung der Tierschutzombudsstelle erließ die belangte Behörde daraufhin das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

Im Betrieb der Bwin war jedenfalls zwischen 23. Mai und 11. Oktober 2005 der Boden im Bereich der ständig benützten Fütterungs- und Tränkebereiche nicht befestigt.

Wie eine telefonische Nachfrage des Unabhängigen Verwaltungssenats beim einschreitenden Amtstierarzt ergab, waren unter den gehaltenen Rindern jedenfalls auch solche in einem Alter von über sechs Monaten.

2.3. Der dargestellte Sachverhalt wird im Kern auch von der Bwin nicht bestritten. Sämtliche ihrer Ausführungen sowohl im Verfahren erster Instanz, als auch in der Berufung richten sich im Ergebnis ausschließlich gegen die Annahme, dass sie ein vorwerfbares Verschulden treffe, weil ihr die Vorschriften nicht bekannt gewesen wären.

Der Oö. Verwaltungssenat hat insbesondere auch keinen Grund an der Darstellung des Amtstierarztes zu zweifeln, der vor Ort die genauen Umstände gesehen hat.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. § 17 des Tierschutzgesetzes - TSchG, BGBl. I Nr. 118/2004, regelt das Füttern und Tränken.

 

Die näheren Bestimmungen dazu enthält die 1. Tierhaltungsverordnung, BGBl. II Nr. 485/2004, die gemäß § 1 die Mindestanforderungen für die Haltung ua. von Rindern regelt. Nach § 2 dieser Verordnung gelten für die Tiere nach § 1 die sich aus den Anlagen ergebenden Mindestanforderungen. Die Anlage 2 enthält im Punkt 4. Besondere Haltungsvorschriften für Rinder über sechs Monate und regelt im Punkt 4.3. ua. "Der Boden im Bereich der ständig benützten Fütterungs- und Tränkebereiche muss befestigt sein."

 

Wer diesen Bestimmungen zuwiderhandelt, macht sich nach § 38 Abs. 3 des TSchG einer Verwaltungsübertretung schuldig und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 3.750 Euro, im Wiederholungsfall bis 7.500 Euro zu bestrafen.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist die Tatsache der mangelnden Befestigung im ständig benützten Fütterungs- und Tränkebereich unbestritten; es bestand überhaupt keine Befestigung des gewachsenen Bodens.

 

Im Ergebnis kann der Unabhängige Verwaltungssenat der belangten Behörde daher nicht entgegentreten, wenn sie grundsätzlich von der verwaltungsbehördlichen Strafbarkeit der Bwin auf der Basis der genannten Bestimmungen ausging.

 

Auf Grund der Feststellungen und der Beweiswürdigung steht damit - letztlich auch von der Bwin unbestritten - fest, dass die Bwin den Tatbestand in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

 

3.3. Gemäß § 5 Abs. 1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und die Täterin nicht glaubhaft macht, dass sie an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs hat die Bwin initiativ alles darzulegen, was für ihre Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch die Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Die Bwin hat durch Hinweise auf die Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift versucht, sich zu entlasten. Nach § 5 Abs. 2 VStG entschuldigt eine solche Unkenntnis der Verwaltungsvorschrift, der die Täterin zuwidergehandelt hat, nur dann, wenn sie erwiesenermaßen unverschuldet ist und die Täterin das Unerlaubte ihres Verhalterns ohne Kenntnis der Verwaltungsvorschrift nicht einsehen konnte.

 

Wie auch die belangte Behörde richtig erkannt hatte, musste die Bwin als Betriebsinhaberin einerseits über die Anforderungen und den Wortlaut der tierschutzrechtlichen Bestimmungen auch im Detail informiert sein, andererseits war sie vom Amtstierarzt bereits seit einiger Zeit über die Anforderungen aufgeklärt worden. Die behauptete Unkenntnis der genauen Vorschrift ist daher keinesfalls unverschuldet. Darüber hinaus kann wohl davon ausgegangen werden, dass der Inhalt der fragliche Vorschrift jeder Person, die mit Rindern zu tun hat, an sich einsichtig und nachvollziehbar ist.

 

Im Übrigen dürfte dieser Gesichtspunkt ohnehin im Rahmen der Strafbemessung hinreichend berücksichtigt worden sein.

 

Auch auf der Verschuldensebene teilt der Unabhängige Verwaltungssenat damit im Ergebnis die Ansicht der Behörde erster Instanz.

 

Die Strafbarkeit der Bwin ist daher gegeben.

 

3.4. Die verhängte Strafe ist jedenfalls tat- und schuldangemessen. Bei der Festsetzung dieses Strafbetrages blieb die Erstbehörde mit etwas über 10 % der möglichen (Erst-)Höchststrafe im unteren Bereich des Strafrahmens, da nach § 38 Abs. 3 TSchG für derartige Verwaltungsübertretungen Geldstrafen bis 3.750 Euro verhängt werden können.

 

Der Oö. Verwaltungssenat vertritt daher insgesamt die Auffassung, dass die Erstbehörde von ihrem Ermessen im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat.

 

Abgesehen davon sind die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse ohnedies nur ausnahmsweise, nach Maßgabe der einzelnen Milderungs- und Erschwerungsgründe nach den §§ 32 bis 35 StGB, wie etwa dem Milderungsgrund der drückenden Notlage iSd. § 34 Z10 StGB zu berücksichtigen (Verwaltungsgerichtshof vom 20. September 2000, Zl. 2000/03/0074). Es erübrigt sich daher eine nähere Erörterung dieses Themas, zumal die Bwin auch keine "drückende Notlage" behauptete.

 

Im Übrigen stünde der Bwin auch die Möglichkeit des Aufschubs oder der Teilzahlung offen (vgl. § 54b Abs. 3 VStG).

 

3.5. Auf Grund der ohnehin im untersten Bereich des gesetzlichen Strafrahmens gelegenen Höhe der verhängten Strafe, und auch auf Grund sowohl spezial- als auch generalpräventiver Überlegungen, kam für den Unabhängigen Verwaltungssenat eine Anwendung des § 21 VStG mangels Geringfügigkeit des Verschuldens nicht in Betracht. Dies vor allem deshalb, da nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats das tatbildmäßige Verhalten der Bwin gerade nicht in dem dafür notwendigen Ausmaß erheblich hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechts- und Schuldgehalt zurückblieb, der in der Verwaltungsvorschrift unter Strafdrohung gestellt ist. Es war daher nicht von der Strafe abzusehen und auch nicht mit Ermahnung vorzugehen.

3.6. Die Korrektur des Spruchs stellt sicher, dass dieser in jeder Hinsicht den Anforderungen des § 44a VStG entspricht. Die Korrektur war vor allem auch deswegen notwendig, um den Tatzeitraum zu präzisieren.

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bwin gemäß § 64 Abs. 1 und 2 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Strafe, das sind 80 Euro, vorzuschreiben.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Wolfgang Steiner

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