Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300728/8/Ste/Jo

Linz, 04.05.2006

 

 

 

VwSen-300728/8/Ste/Jo Linz, am 4. Mai 2006

DVR.0690392

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Vizepräsident Mag.Dr. Wolfgang Steiner über die Berufung des F H L, vertreten durch Dr. H O, Dr. T W, Mag. E O, Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom 2. Februar 2006, Zl. III/S-16.833/04-2 SE, wegen einer Übertretung des Glücksspielgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren wird eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 24 und 45 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG;

zu III: § 66 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Linz vom
2. Februar 2006, Zl. III/S-16.833/04-2 SE, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 und 6 Glücksspielgesetz eine Geldstrafe von
365 Euro, im Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe von 7 Tagen, verhängt, weil er "wie anlässlich von Erhebungen durch Kriminalbeamte der BPD Linz am 12.06.2004, um 23.30 Uhr in Linz, im dortigen ‚X Casino' festgestellt wurde, als verantwortlicher Geschäftsführer an Spieltischen die Pokerspiele ‚S Card S Poker' und ‚T Hold Em' veranstaltet und somit Glücksspiele, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, in verbotener Weise durchgeführt" habe "da es sich bei diesem Casino um keine Spielbank handelt". Er habe dadurch die §§ 1 Abs. 1 iVm. 2 Abs. 4 und § 3 Glücksspielgesetz übertreten.

 

Begründend führt die Behörde erster Instanz im Wesentlichen aus, dass die Tat auf Grund des Erhebungsergebnisses erwiesen sei. Der Rechtfertigung des Bw im bis dahin durchgeführten Verfahren, wonach es sich bei den angeführten Spielen nicht um Glücksspiele handelt, wurde unter Hinweis auf eine Stellungnahme des Bundesministeriums für Finanzen, in der wiederum auf Entscheidungen von Gerichten und des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Wien verwiesen wurde, nicht gefolgt. Nach Erwägungen zum Verschulden schließt die Behörde erster Instanz ihre Begründung mit Ausführungen zur Strafbemessung.

 

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 21. Februar 2006 zugestellt wurde, richtet sich die am 8. März 2006 (Postaufgabe 7. März 2006) - und somit rechtzeitig - bei der belangten Behörde eingelangte Berufung. Darin wiederholt der Bw in weitwendigen Ausführungen im Wesentlichen seine Verantwortung aus dem bisherigen Verfahren.

 

Abschließend beantragt er im Hinblick auf ein laufendes gerichtliches Strafverfahren das Verfahren auszusetzen und das Verfahren einzustellen.

 

 

2.1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Linz sowie Durchführung ergänzender Ermittlungen zur Frage der Rechtzeitigkeit der Berufung.

2.3. Da sich bereits aus den bisher vorliegenden Unterlagen in Verbindung mit dem Parteienvorbringen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und bereits auf Grund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs. 2 Z. 1 VStG die Durchführung einer öffentlichen Verhandlung entfallen.

 

 

3. Über die Beschwerde hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 52 Abs. 1 Z. 1 Glücksspielgesetz begeht eine Verwaltungsübertretung wer Glücksspiele entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes veranstaltet, diese bewirbt oder deren Bewerbung ermöglicht. Nach Z. 6 der zitierten Bestimmung begeht eine Verwaltungsübertretung, wer Glücksspiele, die nicht in Form einer Ausspielung durchgeführt werden und die dem Glücksspielmonopol unterliegen, außerhalb einer Spielbank durchführt.

 

Im gesamten bisherigen Verwaltungsstrafverfahren wurde dem Bw vorgeworfen "als verantwortlicher Geschäftsführer an Spieltischen die Pokerspiele ‚S Card Stud Poker' und ‚T Hold Em' veranstaltet und somit Glücksspiele, die dem Glücksspielmonopol unterliegen, in verbotener Weise durchgeführt" zu haben "da es sich bei diesem Casino um keine Spielbank handelt". Diese Tathandlung wurde der "Strafnorm" des "§ 52 Abs. 1 Z. 1 und 6 Glücksspielgesetz" unterstellt.

3.2. Nach § 44a Z. 1 VStG in jener Ausprägung, die diese Bestimmung durch die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) erfahren hat, muss der Spruch des Straferkenntnisses die als erwiesen angenommene Tat derart konkretisieren, dass der Beschuldigte einerseits in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten und er andererseits rechtlich davor geschützt wird, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Aufl., Anm. zu § 44a VStG, S. 1520 ff).

 

Der Spruch eines Straferkenntnisses, wenn er nicht auf Einstellung lautet, hat die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Wie der VwGH in ständiger Rechtsprechung zu dieser Bestimmung dargelegt hat, ist, um den Anforderungen dieser Gesetzesstelle zu entsprechen, im Spruch die Tat hinsichtlich des Täters und der Tatumstände so genau zu umschreiben, dass

Dem § 44a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn aufgrund der Tatumschreibung es dem Beschuldigten ermöglicht wird, im Verwaltungsstrafverfahren in der Lage zu sein, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen.

Diesen Erfordernissen wird das angefochtene Straferkenntnis in mehrfacher Hinsicht nicht gerecht. Schon der Tatzeitpunkt oder Tatzeitraum ist nicht mit hinreichender Genauigkeit angeführt, ergibt sich doch aus dem Spruch lediglich, dass zu dem dort genannten Zeitpunkt die Erhebungen der Kriminalbeamten stattgefunden haben, jedoch sind dem Spruch weder Anfang noch Ende des vorgeworfenen strafbaren Verhaltens mit hinreichender Genauigkeit zu entnehmen.

Weiters ist dem Spruch auch nicht zu entnehmen, welche Tathandlung welcher der (beiden genannten) Strafnormen zugeordnet wird oder ob eine (einheitliche) Tathandlung beiden Strafnormen unterstellt werden soll.

Letztlich entspricht auch die Umschreibung "als verantwortlicher Geschäftsführer" nicht dem Konkretisierungsgebot des § 44a Z. 1 VStG. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofs bedürfte es dazu der Anführung der Merkmale, denen zufolge der Beschuldigte die Eigenschaft als "Verantwortlicher" hat (vgl. VwSlg. 11.143 A/1983, VwSlg. 11.187 A/1983 uva.). Ebenso wäre die zweifelsfreie Bezeichnung der juristischen Person oder Personengemeinschaft ohne Rechtspersönlichkeit, in deren Geschäftsbetrieb die Pflichtverletzung erfolgt, die der Beschuldigte zu verantworten hat, erforderlich (VwGH vom 27. November 1995, 93/10/0136). Abgesehen davon, dass dort auch § 9 VStG nicht zitiert wurde, fehlen diese Angaben im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses zur Gänze.

 

Abgesehen von der mittlerweile eingetretenen Verfolgungsverjährung ist im vorliegenden Fall nach Ansicht des erkennenden Mitglieds des Oö. Verwaltungssenats auch eine Sanierung des Spruchs in den genannten Punkten durch die Berufungsbehörde nicht zulässig, weil damit letztlich eine Tat bestraft werden würde, die dem Bw nicht vorgeworfen wurde.

 

3.3. Vor diesem Hintergrund war der vorliegenden Berufung daher gemäß § 24 VStG iVm. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 und 3 VStG einzustellen, ohne dass auf die weiteren Vorbringen des Bw inhaltlich eingegangen werden musste.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw nach § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat noch ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde vorzuschreiben.

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

Wolfgang Steiner

 

Beschlagwortung

§ 44a VStG

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