Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-300733/2/SR/Ri

Linz, 27.07.2006

 

 

 

VwSen-300733/2/SR/Ri Linz, am 27. Juli 2006

 

DVR.0690392

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Stierschneider über die Berufung des P S, vertreten durch Rechtsanwalt Mag. Dr. G A, Hstraße, L, gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz vom 8. 5. 2006, III/S-15.708/05-2 SE, wegen Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes zu Recht erkannt:

 

 

  1. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.
  2. Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BGBl. Nr. 51/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 10/2004 - AVG iVm § 24, § 45, § 51c und § 51e Abs.2 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 117/2002- VStG.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Polizeidirektors der Landeshauptstadt Linz wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben, wie am 21.04.2005 um 19.00 Uhr von Kriminalbeamten der BPD Linz festgestellt worden ist, die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert, da Sie als verantwortlicher Geschäftsführer der S Verlags GesmbH und somit als Domaininhaber der Internetseite http://www.private-sanit.at Frau S B es ermöglicht haben, zu versuchen, die Prostitution durch öffentliche Ankündigung in einem Medium, nämlich im Internet, anzubahnen, weil diese auf der Internetseite http://www.private-sani.at mit dem Wortlaut: 'Liebst Du zärtliche, fantasievolle Liebesspiele oder ausgefallene sündhaft sinnliche Vibratorspiele? Bei mir kannst Du Deine lüsternen, nicht alltäglichen Fantasien ausleben und genießen. Mit meiner geballten Erotik werde ich Dich in eine andere Welt entführen.' unter Angabe des Preises von € 200,-- für eine Stunde und einer Telefonnummer geworben habe.

Übertretene Rechtsvorschrift:

§ 9 Abs. 1 VStG iVm § 7 VStG, § 8 Abs. 1 VStG und § 2 Abs. 3 lit. b OÖ. Pol. StG.

Strafnorm:

§ 10 Abs. 1 lit. b OÖ. Pol. StG

Verhängte Geldstrafe:

€ 360,--

Ersatzfreiheitsstrafe:

4 Tage

Verfahrenskosten:

€ 36,--

Gesamtbetrag:

€ 396,--

."

 

2. Gegen dieses dem Vertreter des Bw am 11. Mai 2006 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende bei der Behörde erster Instanz rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

2.1. Begründend hat die Behörde erster Instanz im Wesentlichen ausgeführt, dass der Tatbestand der dem Bw zur Last gelegten Verwaltungsübertretung durch die eigene dienstliche Wahrnehmung der ermittelnden Kriminalbeamten und das behördlich durchgeführte Ermittlungsverfahren zweifelsfrei erwiesen sei. Mit zutreffenden Ausführungen zur öffentlichen Ankündigung im Internet und zur Anbahnung der Prostitution wurde das Vorliegen der unmittelbaren Tathandlung abgehandelt.

 

Auf Grund des angezeigten Sachverhaltes ging die Behörde erster Instanz davon aus, dass der Bw die Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als verantwortlicher Geschäftsführer der S V GesmbH und somit als Domaininhaber der Internetseite "http://www.private-sani.at" vorsätzlich erleichtert habe.

2.2. Dagegen hat der Bw vorgebracht, dass es sich im vorliegenden Fall um keine öffentliche Ankündigung handle, da im § 2 Abs. 3 lit. b Oö. PolStG eine Ankündigung im Internet nicht genannt sei. Nach Erläuterungen zum Mediengesetz wies der Bw darauf hin, dass der angezogene Tatbestand nicht vorliege und die Formulierungen auf der Web-Site "www.private-sani.at" nicht den Schluss zulassen würden, dass damit die Anbahnung oder Ausübung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen bezweckt worden sei. Abschließend behauptete der Bw Spruchmängel, Verfolgungsverjährung und die Nichtbeachtung eines Milderungsgrundes.

 

3. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Schreiben vom 6. Juni 2006, AZ S-15.708/05, den gegenständlichen Verwaltungsstrafakt samt Berufungsschreiben vorgelegt. Da bereits nach der Aktenlage feststeht, dass das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben ist, hatte eine mündliche Berufungsverhandlung zu entfallen.

3.1. Auf Grund der Aktenlage steht folgender Sachverhalt fest:

Entsprechend der Anzeige vom 22. April 2005 haben die ermittelnden Beamten am 21. April 2005 um 19.00 Uhr und am 22. April 2005 um 10.00 Uhr festgestellt, dass auf der "Homepage mit der Bezeichnung SANI unter http://www.private-sani.at'"  die Ausübung der Prostitution durch S B angebahnt wird. Als Domaininhaber wurde die im Ausgleich befindliche Firma "S Verlags GesmbH" und als verantwortlicher Geschäftsführer der Bw ermittelt.

Erhebungen dahingehend, ob und wann der Bw die Begehung der gegenständlichen Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert hat, sind gänzlich unterblieben.

3.2. Weder der dem Vorlageakt zugrundeliegenden Anzeige noch den weiteren Schriftsätzen kann die dem Bw angelastete Tat entnommen werden. Die die Anzeige erstattenden Beamten haben lediglich den Bw als verantwortlichen Geschäftsführer der "S Verlags GesmbH" ermittelt. Ohne weitere Erhebungen wurde dem Bw ein nicht näher konkretisiertes Tatverhalten vorgeworfen und dieser Tatvorwurf wurde vom Bw während des Verfahrens vor der Behörde erster Instanz zumindest dem Grunde nach bestritten.

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1 Gemäß § 44a VStG hat der Spruch, wenn er nicht auf Einstellung lautet, zu enthalten: 1. die als erwiesen angenommene Tat; 2. die Verwaltungsvorschrift, die durch die Tat verletzt worden ist; .......

Nach Lehre und Rechtsprechung kommt dem Spruch des Straferkenntnisses besondere Bedeutung zu. Der Beschuldigte hat ein Recht darauf, schon dem Spruch unzweifelhaft entnehmen zu können, welcher konkrete Tatbestand als erwiesen angenommen, worunter die Tat subsumiert, welche Strafe unter Anwendung welcher Bestimmung über ihn verhängt wurde usw.

Der Vorschrift des § 44a Z. 1 VStG ist (nur) dann entsprochen, wenn a) im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen ist, dass er (im ordentlichen Verwaltungsstrafverfahren, gegebenenfalls auch in einem Wiederaufnahmeverfahren) in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen und b) der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden (siehe hiezu Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1521).

 

Die Behörde erster Instanz hat im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses weder die Zeit noch den Ort der Tathandlung des Bw angeführt. Anzumerken ist, dass sich die notwendigen Konkretisierungsmerkmale auch nicht in der Begründung und im Vorlageakt finden.

Da die Handlung der unmittelbaren Täterin und eine allfällige Tathandlung des Bw erkennbar zeitlich auseinander fallen, reichen die Angaben, die die Verwaltungsübertretung der unmittelbaren Täterin konkretisieren, nicht aus, um von einer dem Gesetz entsprechenden Konkretisierung iSd § 44a Z. 1 VStG ausgehen zu können.

Schon deshalb war das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Bw einzustellen.

4.2. Abgesehen davon könnte dem Bw auf Grund des vorliegenden Sachverhaltes auch bei rechtskonformer Tatanlastung nicht der gegenständliche Tatvorwurf gemacht werden.

4.2.1. Dem Bw wurde ua. angelastet, dass er (ausschließlich) als "Domaininhaber" die Übertretung einer Verwaltungsvorschrift vorsätzlich ermöglicht habe.

"Domain" bezeichnet einen zusammenhängenden Teilbereich des hierarchischen DNS-Namenraums. Die Domain dient dazu, eine Webpräsenz (= Website) aufzurufen. Eine Website wiederum wird auch als "Homepage" bezeichnet, wobei "Homepage" streng genommen nur die Startseite der Website bezeichnet (vgl. Ciresa, Rechtsberatung Internet [2001], Reg 5, Kap 1, 1f).

 

Der OGH hat im Urteil vom 24. Jänner 2006, GZ 4 Ob226/05x ausgeführt, dass den bloßen Inhaber der Domain keine Haftung für Rechtsverletzungen trifft, die durch den Inhalt der Website begangen werden.

 

Nach § 1 Abs. 1 Z. 5a Mediengesetz idF MedienG-Nov 2005 BGBl. I Nr. 49/2005 ist eine Website ein "periodisches elektronisches Medium".

 

Das Mediengesetz regelt (ua.) die Haftung für Medieninhaltsdelikte. Ein Medieninhaltsdelikt ist eine durch den Inhalt eines Mediums begangene, mit gerichtlicher Strafe bedrohte Handlung, die in einer an einen größeren Personenkreis gerichteten Mitteilung oder Darbietung besteht (§ 1 Abs. 1 Z. 12 MedG). Die Haftung trifft den Medieninhaber (§§ 6 ff MedG); Medieninhaber ist (ua.), wer im Fall eines elektronischen Mediums dessen inhaltliche Gestaltung besorgt und dessen Ausstrahlung, Abrufbarkeit oder Verbreitung entweder besorgt oder veranlasst (§ 1 Abs. 1 Z 8 lit. c MedG).

 

Im angesprochenen Urteil hat der OGH dargelegt, dass Voraussetzung für die Haftung als Medieninhaber immer die Beteiligung an der inhaltlichen Gestaltung ist und dies auch für den elektronischen Bereich gelte (Litzka/Strebinger, MedienG5 § 1 Rz 17 mwN).

 

Diese Auffassung wurde für elektronische Medien auch schon vor Inkrafttreten der Mediengesetz-Novelle 2005 vertreten und derjenige als Medieninhaber verstanden, "dem die inhaltliche und redaktionelle Letztverantwortung für über das Netz verbreitete Inhalte zukommt; in aller Regel kann dies nur jene Person sein, die die inhaltliche Gestaltung der entsprechenden Website vornimmt" (Berka/Höhne/Noll/Polley Mediengesetz Praxiskommentar [2002], § 1 Rz 42). Die Grundsätze für die Verantwortung nach dem Mediengesetz gelten auch für die zivilrechtliche Haftung (s 4 Ob 4/02w = MR 2002, 172 - 107,5 gewinnt, Antenne verliert). Ebenso wie daher für Wettbewerbsverstöße oder Urheberrechts-verletzungen in Zeitungen der jeweilige Medieninhaber haftet, muss dies auch für Rechtsverletzungen in Websites gelten. Die Haftung trifft denjenigen, der die Website inhaltlich gestaltet und deren Abrufbarkeit besorgt oder veranlasst.

 

4.2.2. Im vorliegenden Fall wurde ausschließlich auf die "Domaininhaberschaft" abgestellt und - ohne weitere Ermittlungsschritte - daraus abgeleitet, dass der Bw dadurch die Begehung einer Verwaltungsübertretung vorsätzlich erleichtert habe. Der Begründung des OGH folgend lässt sich aber gerade aus der - bloßen - Domaininhaberschaft eine Haftung für Rechtsverletzungen nicht ableiten.

 

Ob der Bw - einem Medieninhaber vergleichbar - die inhaltliche Gestaltung des periodischen elektronischen Mediums und dessen Ausstrahlung, Abrufbarkeit oder Verbreitung besorgt oder veranlasst hat, kann den vorliegenden Sachverhaltsfeststellungen schon deshalb nicht entnommen, da entsprechende Erhebungen nicht gepflogen wurden. Da die notwenigen Sachverhaltselemente zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht mehr erfolgversprechend erhoben werden können, kann die dem Bw angelastete Tat nicht erwiesen werden.

 

4.3. Im Hinblick auf § 45 Abs. Z. 1 VStG war das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

5. Gemäß § 66 Abs. 1 VStG entfällt damit auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum