Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310008/8/Le/La

Linz, 28.12.1995

VwSen-310008/8/Le/La Linz, am 28. Dezember 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des J P, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. M D, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.2.1995, UR96-13-1994, wegen Übertretung des O.ö.

Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 13.2.1995, UR96-13-1994, wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 500 S (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt, weil er am 18.3.1994 um ca. 19.00 Uhr bei den öffentlichen Altpapier- und Altglascontainern im Bereich der Firma V, M, Hausmüll abgelagert hätte.

Er hätte dadurch § 7 Abs.1 iVm § 42 Abs.1 Z2 lit.b des O.ö.

Abfallwirtschaftsgesetzes 1990 (im folgenden kurz: O.ö. AWG) verletzt.

In der Begründung wurde darauf hingewiesen, daß das Stadtamt Mattighofen gegen den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen B Anzeige erstattet hätte, da dieser zur fraglichen Zeit bei den öffentlichen Altpapier- und Altglascontainern im Bereich der Firma V Hausmüll abgelagert hätte. Dies sei von Herrn W D V anläßlich eines Kontrollganges beobachtet worden. Der Zeuge hätte zum Aussehen des Angezeigten angegeben, daß dieser ca. 1,70 m groß gewesen wäre, ein rundliches Gesicht, eine kräftige Figur, große starke Hände und eine dunkle Haarfarbe gehabt hätte. Dies sei zwar vom Beschuldigten bestritten worden, doch gehe die Behörde davon aus, daß die Angaben des Beschuldigten nicht den Tatsachen entsprechen würden. Der Zeuge hätte sich entsprechend seiner Angaben sehr gut an den gegenständlichen Vorfall erinnern können und angegeben, daß er den Lenker des PKWs unmittelbar bei der Entsorgung von Hausmüll beobachtet hätte. Der Zeuge unterliege der Wahrheitspflicht und hätte im Falle einer falschen Aussage mit strafrechtlichen Sanktionen zu rechnen, während der Beschuldigte sich in jeder Hinsicht rechtfertigen könne, ohne an die Wahrheit gebunden zu sein.

Darüber hinaus hätte er auch nicht bestritten, daß er am 18.3.1994 tatsächlich mit seinem PKW durch Mattighofen gefahren sei.

Nach einer Wiedergabe der Rechtslage wurde festgestellt, daß der Tatbestand in objektiver und subjektiver Hinsicht erfüllt sei.

Auch die Strafbemessung wurde begründet.

2. Dagegen wurde vom Bw fristgerecht Berufung eingebracht, die er - außerhalb der Berufungsfrist - durch eine Stellungnahme ergänzte. Darin bestritt er die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung. Weiters trat er der Zeugenaussage hinsichtlich seiner Personenbeschreibung insofern entgegen, als er angab, keinesfalls ca. 1,70 m groß zu sein, sondern etwa 1,80 m. Darüber hinaus habe er auch keinesfalls ein rundliches Gesicht, sondern sei er vollschlank und habe auch keine kräftige Figur. Er sei eher als mager zu bezeichnen. Schließlich habe er keine großen, starken Hände. Seine Haarfarbe sei brünett. Bei richtiger Würdigung der Beweise hätte daher die Erstbehörde davon ausgehen müssen, daß die Personsbeschreibung keinesfalls auf ihn zutreffe.

Bei entsprechender Beachtung der Manuduktionspflicht hätte die Erstbehörde auch den von ihm erwähnten Zeugen einvernehmen müssen, weshalb er nochmals beantragte, Herrn C E zeugenschaftlich einzuvernehmen.

Weiters wurde in der Berufung auch angeführt, daß das Straferkenntnis an inhaltlichen Mängeln leide, weil nicht definiert worden sei, in welchem Ausmaß und in welcher Zusammensetzung usw. er Hausmüll deponiert haben sollte.

3.1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt und von einer Berufungsvorentscheidung Abstand genommen.

3.2. Da der Sachverhalt bestritten wurde, hat der unabhängige Verwaltungssenat für den 21.12.1995 eine öffentliche mündliche Verhandlung im Stadtamt Mattighofen ausgeschrieben und an diesem Tage auch durchgeführt. Trotz ausgewiesener Ladung ist die belangte Behörde dieser Verhandlung ohne Angabe von Gründen ferngeblieben.

Bei dieser Verhandlung wurde Herr Wilhelm Dieter Varadi als Zeuge einvernommen. Der Zeuge war zum Tatzeitpunkt im Auftrag der Gemeinde unter anderem damit beschäftigt, unzulässige Ablagerungen von Abfällen bei der Altstoffsammelinsel zu verhindern bzw. anzuzeigen. Er gab anläßlich seiner Vernehmung an, sich an den Vorfall erinnern zu können. Der Bw sei damals mit einem roten Toyota bei den Altpapiercontainern gestanden und hätte den Kofferraum seines Fahrzeuges geöffnet gehabt. Er selbst habe das Herausnehmen der Plastiksäcke aus dem Kofferraum sowie das Ablegen neben den Altpapiercontainern nicht beobachtet, doch wären 4 bis 5 Säcke Hausmüll nachher bei den Containern gelegen, die zwei Minuten zuvor nicht dort gewesen wären. Er hätte mit dem Bw auch gesprochen. Er gab an, den Bw schon von früher her zu kennen, weil er nämlich früher Bäcker in den Orten S und S gewesen sei. Diese Tätigkeit habe er in den Jahren vor 1968 bis etwa 1970 ausgeübt.

Der Bw gab dagegen an, daß er keinen roten Toyota, sondern einen schwarzen Fiat Tipo habe (zum damaligen Zeitpunkt gehabt hätte), aus H und nicht aus S oder S zu stammen und schließlich, auch keine Hausabfälle dort bei der gegenständlichen Altstoffsammelinsel abgelagert zu haben. Er sei an diesem Tage zwar durch Mattighofen gefahren, doch sei er dort nicht stehen geblieben, weil er von seiner Berufsschule in Tirol direkt nach Hause nach H gefahren sei.

Er hätte dabei den Weg über die Westautobahn bis Salzburg und von dort über Pfaffstätten und Mattighofen nach Höhnhart genommen. Er hätte daher auch keine Hausabfälle mitgehabt, weil er im Heim der Berufsschule untergebracht gewesen sei, wo er Vollverpflegung hatte und überdies die Abfälle in einem peniblen Trennsystem gesammelt worden wären.

Schließlich ergibt sich aus dem vorliegenden Verwaltungsakt und der Angabe des Bw, daß dieser am 22.5.1968 geboren wurde.

3.3. In freier Beweiswürdigung der so ermittelten Verfahrensergebnisse kommt der O.ö. Verwaltungssenat daher zum Schluß, daß erhebliche Zweifel am Erinnerungsvermögen des Zeugen Varadi entstanden sind, weil er behauptete, den Bw schon von seiner früheren Tätigkeit als Bäcker in den Orten S und S zu kennen. Trotz mehrmaliger Fragen hatte er auf dieser Aussage beharrt. Tatsächlich jedoch ist dies denkunmöglich, weil der Bw erst im Jahr 1968 geboren wurde, sodaß es völlig unwahrscheinlich ist, daß sich der Zeuge an den Bw erinnern kann bzw. diesen nach 26 Jahren identifizieren könnte. Dazu ist auch anläßlich der mündlichen Verhandlung, an der der Bw persönlich teilnahm, feststellbar gewesen, daß die Personsbeschreibung des Zeugen V, die dieser anläßlich seiner zeugenschaftlichen Vernehmung am 15.12.1994 abgegeben hatte, mit dem Bw keine Ähnlichkeit hat.

Auch die Angabe des verwendeten Kraftfahrzeuges differiert von den Tatsachen in gravierender Art und Weise.

Weiters ist festzustellen, daß auch die Verantwortung des Bw, direkt von der Berufsschule in Tirol zu kommen und daher gar keine Hausabfälle mitgehabt zu haben, im Beweisverfahren nicht widerlegt werden konnte.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat (§ 51 Abs.1 VStG).

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Gemäß § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn 1. die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann ...; Im vorliegenden Fall hatte der Bw bestritten, überhaupt Abfälle bei der gegenständlichen Altstoffsammelinsel abgelagert zu haben. Die Anzeige des Stadtamtes Mattighofen hatte sich auf eine Aussage eines für die Gemeinde tätigen Kontrollors (der im Auftrag des Bürgermeisters bei den genannten Containern nach dem Rechten sah) gestützt. Obwohl der Bw bereits im erstinstanzlichen Verfahren seine Gegenbehauptungen vorbrachte und den Tatvorwurf bestritt, hatte es die belangte Behörde unterlassen, entsprechende Ermittlungen, wie zB eine Gegenüberstellung des Beschuldigten und des Zeugen V, anzustellen, obwohl die Personsbeschreibung des Zeugen offensichtlich nicht auf den Beschuldigten paßte.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat diese Ermittlungen nachgeholt und den Bw dem Zeugen V gegenübergestellt. Aus der Zeugenaussage ging klar hervor, daß sich der Zeuge nicht mehr mit der erforderlichen Sicherheit an den Bw erinnern konnte, sondern daß ihn offensichtlich sein Erinnerungsvermögen insofern verließ, weil er den Bw schon von früher her zu kennen glaubte und den Zeitpunkt der Begegnungen mit dem Jahr 1968 angab - exakt mit dem Jahr der Geburt des Bw. Es entspricht jedoch einer offenkundigen Tatsache, daß Personen in den ersten Lebensjahren sehr stark ihr Aussehen verändern, sodaß mit Sicherheit davon ausgegangen werden kann, daß der Zeuge den Bw mit einer anderen Person verwechselte. Dadurch aber, daß er seine Aussage mehrmals wiederholte, litt auch die Glaubwürdigkeit seiner übrigen Angaben so sehr, daß mit den Angaben des Zeugen die Verantwortung des Bw nicht eindeutig widerlegt werden konnte.

Der Bw seinerseits gab eine glaubwürdige Darstellung des Sachverhaltes, die in sich widerspruchsfrei und logisch war.

Damit konnte der Tatvorwurf nicht mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen Sicherheit erhärtet werden, sodaß das gegen den Bw ergangene Straferkenntnis zumindest im Zweifel aufzuheben war.

Der Ordnung halber wird festgestellt, daß es auch weiterer Ermittlungen der anzeigenden Stadtgemeinde Mattighofen bzw.

der belangten Behörde bedurft hätte, welcher "Hausmüll" bei der Altstoffsammelinsel unzulässigerweise abgelagert worden sei. Es hätten dazu jedenfalls Art und Menge der Hausabfälle iSd § 2 Abs.5 O.ö. AWG ermittelt werden müssen, zumal auch Altpapier und Altglas "Hausabfälle" iSd zitierten Gesetzesbestimmung sind.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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