Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310029/13/Ga/La

Linz, 30.09.1995

VwSen-310029/13/Ga/La Linz, am 30. September 1995 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter: Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des M. H. in .............., ............, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 2. Mai 1995, Zl. UR96-21-1995, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG (Spruchpunkt 1.), zu Recht erkannt:

Zu Spruchpunkt 1. wird der Berufung Folge gegeben; insoweit wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt.

Rechtsgrundlage:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG: § 66 Abs.4.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG: § 24; § 44a Z1, § 45 Abs.1 Z1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.1; § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Gemäß Spruchpunkt 1. des angefochtenen Straferkenntnisses wurde der Berufungswerber wie folgt schuldig erkannt: "Sie haben zumindest am 07.02.1995 auf der Liegenschaft ............, ................, verschiedene gefährliche Abfälle, nämlich Metall- und Kunststoffgebinde in Größen von 10 l bis 200 l mit teilweise stark verschmutzten Restinhalten, 3 Stück KFZ-Starterbatterien sowie einen Kühlschrank außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage gelagert." Durch die so umschriebene Tatanlastung erachtete die belangte Strafbehörde § 17 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung "gemäß § 29 Abs.1 lit.a Z2 AWG" (gemeint wohl: § 39 Abs.1 lit.a AWG) unter gleichzeitiger Bestimmung des Kostenbeitrages eine Geldstrafe im Ausmaß von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage).

2. Dagegen wendet sich die ausdrücklich zwar nur eine Strafmilderung gemäß § 20 VStG beantragende, erschließbar jedoch - weil gleichzeitig Einwendungen zum Tatsachverhalt vorbringende - auch gegen die Schuld gerichtete Berufung.

Die belangte Behörde hat mit der Berufung zugleich den Strafakt vorgelegt und in der Folge 14 am Tatort aufgenommene Lichtbilder nachgereicht. Eine Gegenäußerung hat die belangte Behörde nicht erstattet.

3. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender Sachverhalt:

3.1. Dem Verwaltungsstrafverfahren liegen die Ergebnisse eines behördlich angeordneten Augenscheines durch einen Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft an Ort und Stelle am 7. Februar 1995 zugrunde. Aus Befund und Gutachten der Beweiserhebung geht nicht eindeutig hervor, ob der Sachverständige die vorgefundenen und von ihm als Abfälle gewerteten Gegenstände als gelagert oder als abgelagert wahrgenommen hat. In seinem Bericht vom 14. Februar 1995 verwendet er beide Ausdrücke indifferent, wobei aus dem gesamten Inhalt nicht zu erkennen ist, ob sich der Sachverständige ihres unterschiedlichen Begriffsinhaltes bewußt gewesen ist.

Auf diesen Bericht gestützt hat die belangte Behörde mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 24. März 1995 (hinausgegeben am 28. März 1995) das Verwaltungsstrafverfahren eingeleitet und unter Faktum 1. die unbefugte ABlagerung der als gefährliche Abfälle bezeichneten Sachen (oben 1.) mit der Tatzeit "zumindest am 7.2.1995" angelastet.

3.2. Ohne daß sich der Beschuldigte zu diesem Tatvorwurf gerechtfertigt und ohne daß - aktenkundig - irgend ein anderer Ermittlungsschritt stattgefunden hat, fällte sodann die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis. Dabei hat sie jedoch im Spruchpunkt 1. den Vorwurf der unbefugten Ablagerung auf den Vorwurf der unbefugten Lagerung geändert.

Mit diesem Schuldspruch aber hat die belangte Behörde noch innerhalb der sechsmonatigen Verjährungsfrist den objektiven Tatvorwurf in einem wesentlichen Merkmal gewechselt. Über die Beweggründe für diese Auswechslung gibt die Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses keinen Aufschluß. Die Tatzeit des Bescheidspruchs ("zumindest am 7.2.1995") ist ident mit der Tatzeit der vorhin genannten Aufforderung zur Rechtfertigung.

3.3. Auf den Tatvorwurf der Lagerung der Abfälle hat sich daher auch der Berufungswerber eingelassen und mit näherer Begründung ausgeführt, daß er bemüht sei, auf seiner Liegenschaft Ordnung zu schaffen. In diesem Bemühen habe er auch die ihm von der Bezirkshauptmannschaft aufgetragenen Aufräumarbeiten fristgerecht bis 14. April 1995 ordnungs gemäß erledigt; allerdings habe sich davon seither kein Sachverständiger überzeugt.

3.4. Die belangte Behörde hat keine Berufungsvorentscheidung erlassen; sie hat aber - eine Gegenäußerung wurde nicht erstattet - der Verantwortung des Berufungswerbers auch im Zuge der Aktenvorlage nicht widersprochen (dies, obwohl der vom Berufungswerber angegebene Zeitpunkt der schließlichen Entsorgung der Abfälle noch vor dem Zeitpunkt der Fällung des Straferkenntnisses liegt!).

3.5. Zusammenfassend stellt der unabhängige Verwaltungssenat als maßgebenden Sachverhalt fest, daß nach den Umständen dieses Falles die im Spruch genannten Sachen nur vorübergehend gelagert waren, weil sie wieder entfernt werden sollten und auch entfernt wurden.

Eine auf die endgültige Deponierung dieser Sachen auf seiner Liegenschaft gerichtete Entledigungsabsicht ist zumindest im Zweifel zugunsten des Berufungswerbers - nicht hervorgekommen; hiefür nämlich liegen weder direkte (beispielsweise ein Zugeben des Berufungswerbers) noch indirekte (beispielsweise eine vom Amtssachverständigen wahrgenommene Offensichtlichkeit der Deponierung) Beweise vor.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu ahndende Verwaltungsübertretung, wer gemäß Z2 dieser Bestimmung gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 AWG lagert, behandelt oder ablagert.

Im Berufungsfall unter Spruchpunkt 1. hat die belangte Behörde gefährliche Abfälle angenommen.

§ 17 Abs.1 erster Satz AWG ordnet an, daß gefährliche Abfälle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden werden.

§ 17 Abs.1 zweiter Satz AWG verbietet das ABlagern von gefährlichen Abfällen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen.

4.2. In gefestigter Rechtsprechung hat der unabhängige Verwaltungssenat schon wiederholt (zuletzt grundlegend: vgl.

Erk. vom 6.7.1995, VwSen-210162/3/Ga/La) ausgesprochen, daß in Strafverfahren wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes strikte zwischen den unterschiedlichen Inhalten der Rechtsbegriffe Lagerung (ein vorübergehender Vorgang) und der Ablagerung (ein auf Dauer angelegter Vorgang) unterschieden werden muß [mit übereinstimmendem Begriffsverständnis vgl. hiezu auch den neuen Durchführungserlaß des BMfU vom 16.8.1995 zum AWG und seinen Verordnungen].

Davon ausgehend hat die belangte Behörde verkannt, daß ein Behandeln gefährlicher Abfälle entgegen den im § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG niedergelegten Anlagenvorbehalt nur durch das unbefugte ABlagern von gefährlichen Abfällen verwirklicht werden kann. Der Vorwurf einer schlichten Lagerung von gefährlichen Abfällen außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage verfehlt daher die Tatbestandsmäßigkeit.

Von Bedeutung ist in diesem Fall, daß die belangte Behörde in Kenntnis ihrer eigenen ersten Verfolgungshandlung (siehe oben 3.1.) mit ihrer zweiten Verfolgungshandlung (das ist das angefochtene Straferkenntnis) nicht mehr die Ablagerung, sondern nur mehr die Lagerung der gefährlichen Abfälle zugrundegelegt hat, daß weiters der Berufungswerber sich in seiner Verteidigung auf diesen Vorwurf eingelassen und schließlich die belangte Behörde der Verantwortung des Berufungswerbers daraufhin nicht widersprochen hat. Auch die Umschreibung der Tatzeit ("zumindest am 7.2.1995") deutet, weil damit der Beginn eines sonst für Dauerdelikte charakteristischen Zeitraumes ausgedrückt wird, darauf hin, daß die belangte Behörde in diesem Punkt in Wahrheit von Anfang an von einer bloß vorübergehenden und aus dem Blickwinkel des § 17 Abs.1 AWG nur als sogen. 'Aufrechterhaltungsdelikt' verwirklichbaren (vgl. hiezu neuerlich VwSen-210162/3/Ga/La) unbefugten Lagerung ausgegangen ist.

4.3. Zusammenfassend hat die belangte Behörde mit dem Vorwurf, daß bestimmte gefährliche Abfälle außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage gelagert worden seien, einen Sachverhalt, der von vornherein das von der belangten Behörde herangezogene Tatbild nicht erfüllen konnte, zugrundegelegt und dadurch den Schuldspruch mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit belastet.

Eine Auswechslung des maßgeblichen Tatsachverhalts würde eine inhaltliche Änderung des Abspruchsgegenstandes bedeuten; dies ist vorliegend dem unabhängigen Verwaltungssenat schon im Hinblick auf die abgelaufene Verfolgungsverjährungsfrist verwehrt.

4.4. Aus allen diesen Gründen war das angefochtene Straferkenntnis im Spruchpunkt 1. aufzuheben, weil der Berufungswerber wegen eines Verhaltens, das keine Verwaltungsübertretung bildet, bestraft worden ist. Gleichzeitig war gemäß § 45 Abs.1 Z1 zweiter Fall VStG die Einstellung des Strafverfahrens zu verfügen. Bei diesem Ergebnis kann dahingestellt bleiben, ob nach den Umständen des Berufungsfalles tatsächlich alle im Bescheidspruch unter Faktum 1.

aufgezählten beweglichen Sachen rechtens als gefährliche Abfälle hätten eingeordnet werden dürfen.

Die Aufhebung war gemäß § 51e Abs.1 VStG ohne öffentliche mündliche Verhandlung auszusprechen.

Zur Entscheidung über die Berufung gegen den zugleich angefochtenen Spruchpunkt 2. ist das Einzelmitglied zuständig.

5. Mit diesem Verfahrensergebnis entfällt die Kostenpflicht des Berufungswerbers zu diesem Spruchpunkt gänzlich (die Aufhebung bewirkt diesbezüglich zugleich auch den Wegfall des strafbehördlichen Kostenausspruchs).

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilage Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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