Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310032/3/Le/La

Linz, 10.07.1996

VwSen-310032/3/Le/La Linz, am 10. Juli 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des S... R..., H..., ... H..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 16.6.1995, UR96-5-2-1995-Gru/M, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Eferding vom 16.6.1995 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1 und § 39 Abs.1 lit.a Z2 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von sieben Tagen) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, in der Zeit von zumindest 15. April 1994 bis 2. Mai 1995 beim Anwesen H..., ... H..., auf dem Grundstück Nr. ... der KG H... eine bestimmte bewegliche Sache, nämlich das Wrack des Pkw, Marke Opel Rekord, E..., Fahrgestellnummer 1701141620, Farbe blau, dessen Erfassung als gefährlicher Abfall iSd Abfallwirtschaftsgesetzes im öffentlichen Interesse deswegen geboten ist, weil nur durch seine ordnungsgemäße Entsorgung die Gefahr von Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus und auch Brand- oder Explosionsgefahren beseitigt werden können, a) nicht so gelagert bzw. abgelagert zu haben, daß diese Gefahren nicht herbeigeführt werden und b) außerhalb einer genehmigten Abfallbehandlungsanlage abgelagert zu haben.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß auf Grund der Anzeige des Gendarmeriepostens Aschach vom 20.2.1995 die Bezirkshauptmannschaft Eferding davon Kenntnis erlangt hätte, daß beim Anwesen des J... F... drei abgemeldete und nicht betriebsbereite Personenkraftwagen abgestellt waren, worunter sich auch der verfahrensgegenständliche Pkw befand.

Am 28.2.1995 wären die genannten Fahrzeuge von einem Amtssachverständigen besichtigt worden. Dieser hätte festgestellt, daß der Pkw starke Durchrostungen der Karosserie aufwies und der Motor stark verölt und teilweise zerlegt war; außerdem wären sämtliche Betriebsmittel im Fahrzeug vorhanden gewesen.

Der nunmehrige Bw hätte das gegenständliche Fahrzeug am 15.4.1994 vom letzten Zulassungsbesitzer gekauft, es jedoch nicht angemeldet, sondern an seinem Wohnsitz abgestellt.

Mit Bescheid der BH Eferding vom 13.4.1995 wäre dem Bw ein Behandlungsauftrag erteilt worden; dieser sei am 20.4.1995 beim Postamt Hartkirchen hinterlegt worden.

Am gleichen Tage hätte der Bw bei der BH Eferding vorgesprochen und dabei angegeben, daß er den Pkw nicht als Abfall betrachte, sondern zu reparieren beabsichtige. Es sei ihm aber erklärt worden, daß der Pkw auf Grund seines Allgemeinzustandes als gefährlicher Abfall zu betrachten und unverzüglich zu entsorgen sei.

Am 2.5.1995 hätte ein Organ der Erstbehörde beim Anwesen H... in H... eine Kontrolle durchgeführt, bei der festgestellt wurde, daß das gegenständliche Autowrack nicht mehr vorhanden war.

Auf Grund der Aufforderung zur Rechtfertigung hätte der Bw am 26.5.1995 bei der Erstbehörde vorgesprochen und angegeben, daß er das verfahrensgegenständliche Fahrzeug vor ca. einem Jahr gekauft hätte, weil er den Führerschein machen und das Auto anmelden wollte. Er hätte aber erst vor zwei Wochen den Fahrkurs belegt. In der Zwischenzeit sei die Karosserie des Autos soweit verrostet, daß es nicht mehr angemeldet werden konnte. Er hätte daher vor drei Wochen seinem Vermieter, Herrn F..., 800 S bezahlt, worauf dieser das Fahrzeug weggebracht hätte. Wohin dieser das Fahrzeug entsorgt hätte, könnte er nicht angeben, weil die Verschrottungsbestätigung Herr F... haben müßte.

In rechtlicher Hinsicht führte die Erstbehörde aus, daß Personenkraftwagen, die auf Grund ihres schlechten Allgemeinzustandes abgemeldet und in der Folge einschließlich sämtlicher Betriebsflüssigkeiten abgestellt werden, gefährlichen Abfall iSd Abfallwirtschaftsgesetzes darstellten. Dadurch, daß der Beschuldigte das gegenständliche Fahrzeug einschließlich sämtlicher Betriebsflüssigkeiten an seinem Wohnsitz abgestellt hätte, hätte er gefährlichen Abfall entgegen § 17 Abs.1 AWG nicht so gelagert bzw. abgelagert, daß die Gefahr von Umweltverunreinigungen über das unvermeidliche Ausmaß hinaus und Brand- oder Explosionsgefahren vermieden werden.

Aus der Rechtfertigung des Beschuldigten, wonach er das Autowrack ohnehin mittlerweile entsorgt hätte, ergebe sich höchstens, daß er dem behördlichen Behandlungsauftrag nachgekommen sei, was für das gegenständliche Strafverfahren allerdings ohne Belang sei, zumal die Nichtbefolgung des Behandlungsauftrages unter separater Strafdrohung stehe.

Abschließend legte die Erstbehörde die Gründe der Strafbemessung dar, wobei sie darauf hinwies, daß sie für die Gewährung der außerordentlichen Strafmilderung gemäß § 20 VStG keine Anhaltspunkte gefunden hätte, zumal ein Überwiegen der Milderungsgründe über die Erschwerungsgründe nicht erweislich sei.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 30.6.1995, mit der schlüssig beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Zur Begründung gab der Bw an, den gegenständlichen Pkw am 15.4.1994 gekauft zu haben, weil er beabsichtigt hätte, den Führerschein zu machen und das Auto anzumelden.

Am 20.2.1995 wäre vom Gendarmerieposten Aschach eine Anzeige wegen abgemeldeter und nicht betriebsbereiter Pkw durchgeführt worden. In diesem Zusammenhang sei ihm von seinem Vermieter, Herrn F..., versichert worden, daß die Polizei wegen seines Autos keine Anzeige erstatte. Leider hätte sich die Führerscheinprüfung verzögert bzw. die Karosserie des Pkw verschlechtert.

Er ersuchte die Behörde um Zurücknahme der Strafverfügung.

Eine Geldstrafe wäre in seiner jetzigen finanziellen Situation nicht zu verkraften, zumal er bei der Sparkasse Aschach eine größere Kreditverpflichtung habe.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Eferding hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Festgestellt wird, daß der Verwaltungsakt nicht vollständig vorgelegt wurde, zumal insbesonders das Gutachten des Amtssachverständigen Ing. H... fehlte. Da aber bereits aus dem angefochtenen Straferkenntnis ersichtlich war, daß dieses zu beheben war, war die Einforderung des genannten Gutachtens entbehrlich.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist zu bestrafen mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S, wer 2. gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert.

§ 17 Abs.1 AWG legt fest, daß gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

Der Gesetzgeber unterscheidet sohin eindeutig zwischen Lagern und Ablagern von Abfällen und versteht als Lagern einen bloß vorübergehenden Zustand, während die Ablagerung (als Form der Abfallbehandlung) ein endgültiges Deponieren darstellt.

Es kann daher ein Täter einen Abfall nicht gleichzeitig lagern und ablagern, weil er sich beim Ablagern endgültig von diesem Abfall trennen will, bei der Lagerung jedoch nicht (zu dieser Problematik bzw. zur Konkretisierung des Schuldspruches wird auf das zur BH Eferding ergangene h.

Erkenntnis vom 20.6.1996, VwSen-310015/3/Ga/La, verwiesen).

Auf den vorliegenden Fall angewendet bedeutet diese Rechtslage, daß der Tatvorwurf des Ablagerns mit Sicherheit verfehlt ist: Wie aus dem von der Erstbehörde durchgeführten Ermittlungsverfahren eindeutig hervorgeht, hat der Bw den gegenständlichen Pkw der Marke Opel Rekord am 15.4.1994 gekauft, um diesen - nach bestandener Lenkerprüfung anzumelden und bestimmungsgemäß zu verwenden. Es widerspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, daß sich jemand ein Kraftfahrzeug kauft, um es dann sogleich als gefährlichen Abfall abzulagern. Genau dies hat die belangte Behörde aber getan, indem sie dem Bw im angefochtenen Straferkenntnis vorwarf, ab zumindest 15.4.1994 gefährlichen Abfall abgelagert zu haben.

Dieser Tatvorwurf ist daher rechtswidrig.

4.3. Aber auch hinsichtlich des Tatvorwurfes "Lagern" erweist sich das Straferkenntnis als unzutreffend:

4.3.1. Zum Tatzeitraum:

Es ist durch keine behördliche Ermittlung festgestellt worden, daß der gegenständliche Pkw bereits ab 15.4.1994 gefährlicher Abfall war. Die BH Eferding erlangte erstmals auf Grund einer Anzeige des Gendarmeriepostens Aschach davon Kenntnis, daß beim Anwesen des J... F... in H..., H..., drei abgemeldete und nicht betriebsbereite Personenkraftwagen abgestellt waren. Diese Anzeige ist als Verdacht einer Verwaltungsübertretung zu werten; keinesfalls kann aber daraus abgeleitet werden, daß der verfahrensgegenständliche Pkw bereits zwischen 15.4.1994 und 20.2.1995 gefährlicher Abfall war.

4.3.2. Aus den im angefochtenen Straferkenntnis zit.

Passagen des Gutachtens des technischen Amtssachverständigen ist lediglich zu entnehmen, daß die Karosserie des gegenständlichen Pkw starke Durchrostungen aufwies und daß der Motor stark verölt und teilweise zerlegt war.

Diese Feststellungen allein reichen jedoch noch nicht aus, mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren, bei dem immerhin eine Mindeststrafe von 50.000 S vorgesehen ist, erforderlichen Sicherheit behaupten zu können, daß es sich bei diesem Fahrzeug um gefährlichen Abfall handelt. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde auf Seite 4 des angefochtenen Erkenntnisses sind Pkw, die auf Grund ihres schlechten Allgemeinzustandes abgemeldet und in der Folge einschließlich sämtlicher Betriebsflüssigkeiten abgestellt werden, noch nicht unbedingt gefährliche Abfälle iSd § 2 Abs.5 AWG. Hiezu ist es gemäß § 2 Abs.1 Z2 iVm § 1 Abs.3 AWG zusätzlich erforderlich, daß die Sammlung, Lagerung, Beförderung und Behandlung als Abfall im öffentlichen Interesse erforderlich ist, wenn andernfalls zumindest eines der in acht Ziffern genannten Schutzgüter beeinträchtigt oder gefährdet werden könnte. Darauf bezogene Erhebungen wurden aber laut vorgelegtem Verwaltungsakt im Ermittlungsverfahren nicht gepflogen.

4.3.3. Schließlich ist auch das Ende des Tatzeitraumes unrichtig angegeben: Bei einer von der belangten Behörde am 2.5.1995 durchgeführten Kontrolle an Ort und Stelle wurde festgestellt, daß das gegenständliche Kraftfahrzeug nicht mehr am Grundstück war. Es ist daher unverständlich, daß dennoch dieser Tag im Straferkenntnis als Tattag (also bis 24.00 Uhr!) enthalten ist.

4.3.4. Schließlich ist dem angefochtenen Straferkenntnis erstmals zu entnehmen, daß nur durch die ordnungsgemäße Entsorgung des gegenständlichen Pkw's die Gefahr von Verunreinigungen der Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus und auch Brand- oder Explosionsgefahren beseitigt werden könnten.

Die Quelle für diese Erkenntnis wurde in der Begründung nicht genannt; auch in der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 17.5.1995 wurden diese wesentlichen Tatbestandsmerkmale nicht genannt, sodaß dem Bw im Erstverfahren die Möglichkeit nicht eingeräumt wurde, entsprechende Beweise dagegen anzubieten bzw. sich dazu zu äußern.

4.3.5. Schließlich wird angemerkt, daß der nunmehrige Bw unverzüglich nach Erhalt des Behandlungsauftrages sein Fahrzeug entfernen ließ und dafür Entsorgungskosten in Höhe von 800 S bezahlte. Ein Verwaltungsstrafverfahren war daher aus general- bzw. spezialpräventiven Gründen nicht mehr erforderlich; daß tatsächlich Umweltbeeinträchtigungen eingetreten sind, ist aus dem durchgeführten Verfahren nicht hervorgekommen.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. B l e i e r

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum