Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310055/4/Ga/La

Linz, 26.01.1996

VwSen-310055/4/Ga/La Linz, am 26. Jänner 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof, Berichter:

Mag. Gallnbrunner, Beisitzer: Dr. Schön) über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des G J in R, M, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 14. Dezember 1995, Zl. UR96-79-1995, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben und von der Verhängung einer Strafe abgesehen; gleichzeitig wird der Beschuldigte ermahnt.

II. Der Berufungswerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten.

Rechtsgrundlage:

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG: § 66 Abs.4.

Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG: § 24; § 21 Abs.1, § 51 Abs.1, § 51c, § 51e Abs.2, § 65 und § 66 Abs.1.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 39 Abs.1 lit.a Z2 iVm § 17 Abs.1 erster Satz AWG mit einer Geldstrafe (Mindeststrafe) in der Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: drei Tage) kostenpflichtig bestraft.

Als erwiesen wurde angenommen: Herr G J ist schuldig, er hat zumindest am 10. Oktober 1995 auf einer Wiese bei seinem Haus in der Gemeinde R bestimmte gefährliche Abfälle, nämlich fünf näher beschriebene Autowracks entgegen § 17 Abs.1 AWG in einer Art und Weise gelagert, daß die Umwelt über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt habe werden können und das Landschaftsbild erheblich beeinträchtigt worden sei.

2. Mit der dagegen erhobenen Berufung bestreitet der Beschwerdeführer in keiner Weise den dem Schuldspruch zugrundeliegenden maßgebenden Sachverhalt und die Tatbestandsmäßigkeit. Hingegen führt er aus, daß ihm seine Bestrafung unverständlich sei, weil ihm doch die Bezirkshauptmannschaft mit Schreiben vom 5. Dezember 1995 für die Entsorgung der fünf Autowracks eine Frist bis 5.

Jänner 1996 gewährt habe; sobald die Witterung das ermöglicht, werde er die Autowracks bis zum gestellten Termin auch wegbringen lassen. Der unabhängige Verwaltungssenat wertet das Vorbringen als eine alles in allem erkennbar nur gegen den Straf- und Kostenausspruch gerichtete Beschwerde.

Somit ist der Ausspruch über die Schuld (teil)rechtskräftig geworden.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Die Strafhöhe begründend hält die belangte Behörde zutreffend fest, daß die Höchststrafe für Übertretungen des § 17 Abs.1 AWG 500.000 S betrage und die über den Beschuldigten verhängte Geldstrafe von 50.000 S in diesem Fall die gesetzliche Mindeststrafe darstellt. Bei der Bemessung der Geldstrafe sei außerdem berücksichtigt worden, daß der Berufungswerber derzeit nur ein monatliches Nettoeinkommen von 7.000 S habe und Erschwerungs- bzw.

Milderungsgründe nicht vorlägen.

3.2. Gemäß § 21 Abs.1 VStG kann die Strafbehörde, im Berufungsfall auch der unabhängige Verwaltungssenat, von der Verhängung einer Strafe absehen, wenn das Verschulden des Beschuldigten geringfügig ist und die Folgen der Übertretung unbedeutend sind. Gleichzeitig kann der Beschuldigte unter Hinweis auf die Rechtswidrigkeit seines Verhaltens mit Bescheid ermahnt werden, sofern dies erforderlich ist, um ihn von weiteren strafbaren Handlungen gleicher Art abzuhalten.

ISd § 21 Abs.1 VStG ist das Verschulden bzw. die Schuld des Täters gering, wenn das tatbildmäßige Verhalten hinter dem in der betreffenden Strafdrohung typisierten Unrechtsund Schuldgehalt erheblich zurückbleibt (vgl Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 4. A [1990], 814 ff, E 7, 8 und 23a zu § 21 Abs.1 VStG; Leukauf/Steininger, Kommentar zum StGB, 3. A [1992], § 42 Rz 14).

3.3. Bei gewogener Betrachtung sind diese Voraussetzungen hier - gerade noch - erfüllt.

Erkennbar erhebt der Berufungswerber den Einwand eines geringen Erfolgsunwerts der Tat und ist damit im Recht. Wenn auch davon auszugehen ist, daß es sich gegenständlich bei der entgegen der Fallgruppe des § 17 Abs.1 erster Satz AWG vorgenommenen unbefugten (tatbildlich nicht auf Endgültigkeit angelegten, sondern bloß vorübergehenden) Lagerung von Abfällen nach der ständigen Rechtsprechung des unabhängigen Verwaltungssenates um ein Dauer- bzw.

Aufrechterhaltungsdelikt handelt (vgl. zuletzt das h. Erk.

vom 30.9.1995, VwSen-310029/13/Ga/La; mit Hinweis auf maßgebliche Vorjudikatur), so darf dennoch aus dem Blickwinkel der objektiven Kriterien des Unrechtsgehalts der Tat nicht unberücksichtigt bleiben, daß in diesem Fall spruchgemäß von einem eher nur kurzzeitigen Zuwiderhandeln gegen das gesetzliche Lagerungsverbot, beginnend mit 10.

Oktober 1995 und endend längstens mit 11. Dezember 1995 (das ist der Tag der Vernehmung des Beschuldigten zum Tatvorwurf) auszugehen ist.

Im strafbehördlichen Ermittlungsverfahren sind über die - für den Schuldspruch allerdings genügende - konkrete Möglichkeit einer Umweltverunreinigung hinaus keinerlei sonstige Folgen der Übertretung, insbesondere auch nicht eine tatsächliche Verunreinigung des Bodens und allenfalls in der Folge des Grundwassers, hervorgekommen. Auch dies spricht für einen umständehalber eher geringeren Unrechtsgehalt.

Die dem Schuldspruch überdies zugrundegelegte erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes (§ 1 Abs.3 Z8 AWG) hingegen ist dem Berufungswerber rechtswidrig, weil auf keinen subsumtionsrelevanten Sachverhalt gegründet, vorgeworfen worden. Aus dem als Beweismittel eingesehenen Strafakt zu Zl. UR96-79-1995 geht hervor, daß dieser Teil des Schuldspruchs allein auf einen am 8. Mai 1995 durchgeführten Augenschein eines beauftragt gewesenen Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft zurückführbar ist.

In dem über diesen Augenschein am 6. Juni 1995 verfaßten Schriftsatz stellt der Sachverständige, insoweit unzulässigerweise die Beantwortung der Rechtsfrage vorwegnehmend, lediglich fest, daß "die Ablagerung der Fahrzeuge und Gegenstände in der beschriebenen Form eine erhebliche Beeinträchtigung des Landschaftsbildes" darstelle. Weder jedoch ist im Befundteil dieses Schriftsatzes die "Form" der gelagert vorgefundenen Fahrzeuge dargestellt noch hat sonst der Sachverständige in irgend einer Weise ausgeführt, welches Landschaftsbild konkret vorgefunden wurde, weshalb gerade dieses Landschaftsbild überhaupt - aus sachlicher Sicht - für beeinträchtigungsfähig erachtet wurde und, welche Kriterien - aus sachlicher Sicht - für eine Erheblichkeit der Beeinträchtigung sprechen (vgl. hiezu die Materialien zu dem mit der AWG-Novelle BGBl.Nr. 155/1994 im positiven Recht neu verankerten Schutzgut "Orts- und Landschaftsbild"; danach hat der Abfallwirtschaftsgesetzgeber dezidiert festgehalten, daß diesbezüglich auf die Schwere des Eingriffs abzustellen ist; 1282 BlgNR XVIII. GP, Seite 8).

Im Ergebnis wäre dieser "Sachverständigenbeweis" als gravierend unschlüssig zu verwerfen gewesen. Davon abgesehen beginnt der dem Beschuldigten spruchgemäß angelastete Tatzeitraum mit 10. Oktober 1995, weshalb schon aus diesem Grund die Berücksichtigung eines fünf Monate davor durchgeführten Augenscheines den - gleichwohl teilrechtskräftig gewordenen - Schuldspruch in diesem Punkt mit Rechtswidrigkeit belastet.

Daß indessen die belangte Behörde selbst den am 10.

Oktober 1995 am Tatort vorgefundenen Lebenssachverhaltes nicht als akut bedrohlich bewertet hat, geht im übrigen daraus hervor, daß sie vom Feststellungszeitpunkt an noch nahezu zwei Monate hat verstreichen lassen, um dann schließlich am 5. Dezember 1995 (Datum des Schriftsatzes) den Berufungswerber - nach der Aktenlage erstmalig aufzufordern, die inkriminierten fünf Autowracks bis längstens 5. Jänner 1996 zu entsorgen. Auch dieser Umstand läßt den unabhängigen Verwaltungssenat auf einen im Lichte der Kriterien des § 19 Abs.1 VStG eher geringeren Unrechtsgehalt der Tat schließen. Im übrigen ist der Berufungswerber dieser formlosen Aufforderung, wie der unabhängige Verwaltungssenat ermittelt hat, fristgerecht (wenngleich noch nicht kontrolliert) nachgekommen; darüber hat er die Abfallbehörde auch benachrichtigt.

3.4. Aus allen diesen Gründen bewertet der unabhängige Verwaltungssenat den objektiven Unwert der Tat des Schuldspruchs als so gering, daß dadurch keine besondere Tatschuld begründet werden konnte, weil Schuld im strafrechtlichen Sinn immer nur die Vorwerfbarkeit des konkret verwirklichten Unrechts bedeutet (vgl. zB das h.

Erk. vom 7.9.1995, VwSen-260152/5/Wei/Bk).

Zusammenfassend ist das Verhalten des Berufungswerbers hinter dem in der Strafdrohung des § 39 Abs.1 lit.a AWG typisierten Unrechts- und Schuldgehalt erheblich zurückgeblieben und sind andere als bloß unbedeutende Folgen der Tat nicht bekannt geworden. Der Berufungswerber hatte daher einen Rechtsanspruch auf Anwendung des § 21 VStG, sodaß die verhängte Strafe aufzuheben war.

Die gleichzeitig zu erteilen gewesene Ermahnung hält der unabhängige Verwaltungssenat für erforderlich, um dem Berufungswerber das öffentliche Interesse an der Vermeidung unbefugter, weil zur Verunreinigung der Umwelt geeigneter Abfallagerungen vor Augen zu führen.

Im Hinblick auf die Rechtskraft des Schuldspruchs erübrigt sich dessen gleichzeitige Bestätigung.

4. Mit dem Absehen von der Strafe ist von Gesetzes wegen die Entlastung des Berufungswerbers von allen Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens verbunden.

Eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung war gemäß § 51e Abs.2 VStG nicht durchzuführen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. G r o f

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