Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310059/2/Le/La

Linz, 15.03.1996

VwSen-310059/2/Le/La Linz, am 15. März 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Leitgeb über die Berufung des E... L..., T..., ... P..., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.1.1996, Zl.

Ge96/321/1993/Ew, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z1 und Z2, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 5.1.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 39 Abs.1 lit.c Z7 bzw. § 39 Abs.1 lit.b Z5 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz:

AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 2.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 12 Stunden) und eine Geldstrafe in Höhe von 2.500 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 24 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als abfallrechtlicher Geschäftsführer der Firma R... L... verantworten zu haben, daß 1. den Aufzeichnungs-, Nachweis- und Meldepflichten gemäß der Abfallnachweisverordnung nicht nachgekommen worden sei, indem sämtliche im Zeitraum 4.3.1993 bis 1.7.1993 gesammelten (näher bezeichneten) gefährlichen Abfälle unter einer Schlüsselnummer (Schlüssel-Nr. 54928) an die Entsorgungsbetriebe Simmering in Wien (an näher bezeichneten Tagen in näher bezeichneten Mengen) weitergegeben wurden, obwohl gemäß § 5 Abs.1 der Abfallnachweisverordnung der Besitzer von gefährlichen Abfällen Art, Menge, Herkunft und Verbleib der gefährlichen Abfälle durch Begleitscheine und durch fortlaufende Aufzeichnungen auf Grund dieser Begleitscheine nachzuweisen hätte und gemäß § 6 Abs.1 der Abfallnachweisverordnung auf dem Begleitschein die für ihn bestimmten Rubriken auszufüllen hätte; 2. daß entgegen § 11 AWG (näher bezeichnete) gefährliche Abfälle mit anderen (näher bezeichneten) gefährlichen Abfällen und mit (näher bezeichneten) nicht gefährlichen Abfällen vermischt und gemeinsam wie unter Punkt 3. angeführt bei den Entsorgungsbetrieben Simmering entsorgt wurden, obwohl gemäß § 11 Abs.2 AWG gefährliche Abfälle nicht vermischt oder vermengt werden dürfen, wenn dadurch die Behandlung erschwert wird, im vorliegenden Fall wurde durch die Erhöhung der Masse die Behandlung erschwert.

Diese Übertretungen wurden unter folgende Rechtsvorschriften subsumiert:

Zu 1.: § 39 Abs.1 lit.c Z7 und § 39 Abs.3 AWG iVm § 6 Abs.1 Z2 und 3 der Abfallnachweisverordnung iVm § 1 der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle; 2.: § 39 Abs.1 lit.b Z5 iVm § 11 Abs.2 und § 39 Abs.3 AWG iVm § 1 der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß auf Grund einer Überprüfung im Betrieb in Pasching am 14.6.1993 von Organen der Umweltrechtsabteilung des Amtes der O.ö. Landesregierung die im Spruch zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen festgestellt worden wären.

Nach einer ausführlichen Wiedergabe der Rechtslage wurde festgestellt, daß sämtliche von der Einzelunternehmung Rosemarie Leitner im Zeitraum 4.3. bis 1.7.1993 gesammelten gefährlichen Abfälle (die im folgenden genau bezeichnet wurden) unter einer einzigen Schlüssel-Nr. an die Entsorgungsbetriebe Simmering Wien weitergegeben worden seien. Dies stehe im eindeutigen Widerspruch zu den Vorschriften der §§ 5 Abs.1 und 6 Abs.1 der Abfallnachweisverordnung und sei dadurch der objektive Tatbestand der zur Last gelegten Verwaltungsübertretung erfüllt. Der vom Beschuldigten ins Treffen geführte Umstand, bei der EBS würden alle Abfälle der Stoffgruppe 720 zugeordnet, könne ihn nicht entlasten. Auch wenn dies tatsächlich zutreffen würde, könne das den Übergeber von gefährlichen Abfällen nicht von der Einhaltung der Vorschriften der Abfallnachweisverordnung befreien. Im übrigen hätte eine Anfrage bei den Entsorgungsbetrieben Simmering ergeben, daß Altlacke, Altfarben, soferne lösemittel- oder schwermetallhaltig, ausgenommen voll ausgehärtete Reste in geleerten Gebinden, ebenso wie Klebemittel und Leimabfälle der EBS-Stoffgruppe 520 zuzuordnen wären. Leergebinde mit geringen Restanhaftungen der oa. Stoffe, verunreinigte Putztücher und mineralölhaltige Öl- und Luftfilter seien hingegen in die Stoffgruppe 720 einzuordnen.

Die Rechtfertigung, ölverunreinigte Ölfilter seien deshalb mit leeren Lackdosen bzw. eingetrockneten Lackresten entsorgt worden, um bei einer durch eine gemeinsame Lagerung im Sammelgebinde und im Transportfahrzeug möglichen Kontamination auch leere Lackdosen bzw. eingetrocknete Lackreste als gefährlichen Abfall zu behandeln, gehe fehl.

Da damit jedenfalls eine unnötige Erhöhung der Masse und somit eine erschwerte Behandlung einhergehe, sei dafür Sorge zu tragen, daß die Sammlung und die Lagerung von gefährlichen und nichtgefährlichen Abfällen getrennt erfolge.

Hinsichtlich des Verschuldens wurde in Anwendung des § 5 Abs.1 VStG fahrlässiges Verhalten angenommen.

Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt.

Dieses Straferkenntnis wurde am 17.1.1996 zugestellt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 29.1.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu führte der nunmehrige Bw aus, daß die für Kfz-Werkstätten typischen Sonderabfälle in dafür vorgesehenen Mülltonnen in den Betrieben gesammelt, gegen Ausstellung eines entsprechenden Begleitscheines übernommen und zur thermischen Entsorgung zu den EBS nach Simmering gebracht würden.

Die vorgeworfene Erhöhung der Masse und damit eine erschwerende Behandlung gehe dahingehend ins Leere, weil die Entsorgungsbetriebe Simmering in allen diesen Fällen eine thermische Behandlung durchführten. Die Erhöhung der Masse allein könne seiner Meinung nach kein verwaltungsrechtlich relevanter Vorwurf sein, weil in der Zwischenzeit seitens der EBS österreichweit auf Plakaten gefragt werde, wo die errechneten Mengen Sonderabfall in Österreich verbleiben.

Für alle im Straferkenntnis angeführten Sonderabfälle sei in der angeführten ÖNORM die thermische Behandlung ausdrücklich vorgesehen. Seitens der EBS sei nie die gleichzeitige und nicht getrennte Anlieferung beanstandet worden (weil diese Stoffe auch aus einem gemeinsamen Bunker der Verbrennung zugeführt würden).

Natürlich sei auch in seinem Betrieb eine sorgfältige Trennung der einzelnen Abfälle nach Schlüsselnummern vorgesehen, wenn diese sortenrein vorlägen und eine Bagatellgrenze pro Kunden überstiegen würde.

Abschließend verwies er darauf, daß in allen oberösterreichischen Entsorgungsbetrieben die Sammlung dieser Kleinmengen in gleichem Modus zu nahezu gleichen Preisen seit Jahren praktiziert werde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da aus dem vorgelegten Verwaltungsakt der Sachverhalt ausreichend ermittelt hervorgeht, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung unterbleiben.

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö.

Verwaltungssenates.

4.2. Zum 1. Tatvorwurf:

Dieser Tatvorwurf wurde zu Unrecht auf § 39 Abs.1 lit.c Z7 AWG gestützt: Die durchgeführten Ermittlungen haben ergeben, daß der Bw verschiedene Arten der von ihm gesammelten gefährlichen Abfälle an die Entsorgungsbetriebe Simmering (= ein befugter Behandler von gefährlichen Abfällen) unter einer einzigen Schlüsselnummer weitergegeben hat. Damit hat er aber nicht die Aufzeichnungs-, Nachweis- und Meldepflichten gemäß der Abfallnachweisverordnung (im folgenden kurz: ANV) verletzt, weil er ja die Begleitscheine der von ihm gesammelten gefährlichen Abfälle ordnungsgemäß aufbewahrt und an den Landeshauptmann weitergeleitet hatte.

Er hat vielmehr in Wahrheit bei der Weitergabe dieser gefährlichen Abfälle an den Behandler diese nicht richtig deklariert, weil er die verschiedenartigen gefährlichen Abfälle unter einer einzigen Bezeichnung und mit einer einzigen Schlüsselnummer versehen hat. Er hat daher gegen die Bestimmung des § 39 Abs.1 lit.c Z10 AWG verstoßen.

Diese Verwaltungsübertretung wurde dem Bw von der belangten Behörde jedoch nicht vorgeworfen, weshalb diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

4.3. Zum 2. Tatvorwurf:

Die hier maßgebliche Bestimmung des § 11 Abs.1 und Abs.2 AWG hat folgenden Wortlaut:

"(1) Gefährliche Abfälle und Altöle sind von anderen Abfällen so getrennt zu sammeln, zu lagern, zu befördern und zu behandeln, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 vermieden werden.

(2) Gefährliche Abfälle und Altöle dürfen nicht vermischt oder vermengt werden, wenn dadurch die Behandlung erschwert wird." § 39 Abs.1 lit.b Z5 AWG erklärt zur Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 5.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer 5. gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 11 Abs.1 und 2 nicht getrennt sammelt, lagert, befördert, behandelt, vermischt oder vermengt; Dieser Tatvorwurf enthält in Wahrheit zwei getrennte Tatvorwürfe, die aber beide nicht ausreichend begründet sind. Im ersten Halbsatz wird der auf § 11 Abs.2 AWG und im zweiten Halbsatz der auf § 11 Abs.1 AWG gestützte Tatvorwurf erhoben; sodann folgt - nach einem völlig bezugslosen Hinweis: "wie unter Punkt 3. angeführt" - die Darstellung des Weges der Entsorgung zu den Entsorgungsbetrieben Simmering und schließlich der einzig auf § 11 Abs.2 AWG gestützte Schluß sowie die Behauptung, daß im vorliegenden Fall durch die Erhöhung der Masse die Behandlung erschwert worden sei.

Sohin wurde ein konkreter Tatvorwurf hinsichtlich der Übertretung des § 11 Abs.1 AWG offensichtlich nicht erhoben, weil nicht ausgeführt wurde, inwieweit durch die vorgenommenen "Vermischungen" Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 eingetreten worden wären.

Der auf die Übertretung des § 11 Abs.2 AWG gestützte Tatvorwurf ist nicht ausreichend begründet, zumal im ganzen Ermittlungsverfahren nicht hervorgekommen ist, daß durch die Erhöhung der Masse die Behandlung tatsächlich erschwert worden ist. Die in der Begründung des Straferkenntnisses gezogene Schlußfolgerung, daß "damit jedenfalls eine unnötige Erhöhung der Masse und somit eine erschwerte Behandlung einhergeht", ist jedenfalls eine nicht begründete bloße Behauptung die aus der Auskunft der Entsorgungsbetriebe Simmering vom 4.7.1995 jedenfalls nicht abzuleiten ist.

Überdies ist die Rechtfertigung des Bw, daß er derartige Abfälle bereits von den Kunden in derart vermischtem Zustand bekommt, weil es sich dabei um Kleinmengen handelt, aus dem durchgeführten Ermittlungsverfahren nicht zu widerlegen.

Damit haftet dem Spruchabschnitt 2. ein wesentlicher Mangel iSd § 44a VStG an, weil die als erwiesen angenommene Tat durch die oben aufgezeigten Mängel des Spruchabschnittes nicht ausreichend konkretisiert wurde.

Hinsichtlich des auf § 11 Abs.2 AWG gestützten Tatvorwurfes fehlt eine ausreichende Begründung im Ermittlungsverfahren.

Da es einerseits nicht Aufgabe des unabhängigen Verwaltungssenates ist, im Berufungsverfahren erstmals Beweise aufzunehmen und überdies auf Grund des verstrichenen Zeitraumes eine ergänzende Beweisaufnahme von vornherein aussichtslos erscheint, konnte dieser Ermittlungsmangel nicht mehr behoben werden.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. L e i t g e b

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