Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280269/13/GU/Mm

Linz, 31.01.1997

VwSen-280269/13/GU/Mm Linz, am 31. Jänner 1997

DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 2. Kammer (Vorsitzender: Dr. Ewald LANGEDER, Berichter: Dr. Hans GUSCHLBAUER, Beisitzer: Dr. Hermann BLEIER) über die Berufung des O.M., vertreten durch RA Dr. G. H., gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt L. vom 5.6.1996, Zl..., wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung nach der am 17. Oktober 1996 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

Der Rechtsmittelwerber hat als Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens den Betrag von 4.000 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5 Abs.1, § 9 Abs.1, § 19, § 64 Abs.1 und 2 VStG, § 48 Abs.2 und 7 BauV iVm § 118 Abs.3, § 130 Abs.5 Z1 Arbeitnehmerschutzgesetz BGBl.Nr.450/1994.

Entscheidungsgründe:

Der Bürgermeister der Landeshauptstadt L. hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der .. Ges.m.b.H. und somit als gemäß § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlicher Verantwortlicher vertreten zu müssen, daß auf der von o.a. Baugesellschaft betriebenen Baustelle "St. L., WVA, Schacht 7" am 25.7.1995, ein Arbeitnehmer dieser Gesellschaft, nämlich Herr F. P., in einer ca. 3x3 m großen und 2,20 m tiefen Baugrube mit Arbeiten beschäftigt war, wobei die Baugrube nicht abgeböscht war und auch keine Bodenverfestigungen (es handelte sich um gemischtes Erdreich) oder ein Verbau der Wände erfolgt war, obwohl § 48 Abs.7 der Bauarbeiterschutzverordnung vorschreibt, daß Baugruben, Gräben und Künetten nur betreten werden dürfen, wenn die Sicherungsmaßnahmen nach Abs.2 (Abböschungen, Verbaue, Verfahren zur Bodenfestigung) durchgeführt sind.

Wegen der Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.5 Z1 iVm § 118 Abs.3 Arbeitnehmerschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr.450/1994 idgF iVm § 48 Abs.2 und 7 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV), BGBl.Nr.340/1994, wurde ihm deswegen eine Geldstrafe von 20.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 67 Stunden auferlegt und ein 10 %-iger Verfahrenskostenbeitrag für das erstinstanzliche Verfahren zur Zahlung vorgeschrieben.

In seiner dagegen vom rechtsfreundlichen Vertreter erhobenen Berufung macht der Rechtsmittelwerber geltend, daß die .. Ges.m.b.H. im Jahre 1995 einen Umsatz von etwa 700 Mill.S hatte und über 460 Mitarbeiter beschäftigte, wobei sich die Bautätigkeit auf die Bundesländer Oberösterreich, Steiermark, Niederösterreich, Wien und Burgenland erstreckte. Aufgrund dieser Umstände sei der Geschäftsführer nicht in der Lage gewesen jede einzelne Baustelle ständig zu kontrollieren. Das Unternehmen sei aber derart organisiert, daß alle Mitarbeiter über die einzuhaltenden Arbeitnehmerschutzvorschriften ausreichend informiert würden. Die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften werde durch ein sachgemäß organisiertes Kontrollsystem überwacht. Vereinzelte Fehlleistungen einzelner Mitarbeiter könnten aber nicht verhindert werden.

Für die Durchführung der gegenständlichen Kanalbauarbeiten im Gebiet der Gemeinde St. L. bei K. habe an Ort und Stelle neben dem erfahrenen Vorarbeiter J. G., der verläßliche und geschulte örtliche Bauleiter W. L., zu sorgen gehabt. Die Tätigkeit dieser beiden Mitarbeiter sei ordnungsgemäß und kumulativ durch den Bereichsleiter J. W. und den Niederlassungsleiter Ing. O. S. überwacht worden. Zwischen dem Niederlassungsleiter und der Geschäftsleitung bestehe ständiger persönlicher Kontakt, sodaß die Geschäftsführung ihrerseits in der Lage sei die Vorgänge im Bereich der Niederlassung zu kontrollieren und im Fall von Fehlentscheidungen rasch einzugreifen. Diese Organisation des Unternehmens habe sich durch Jahre bestens bewährt. Aufgrund der internen Ressortverteilung sei für die Angelegenheiten des Arbeitnehmerschutzes im Tiefbau der Geschäftsführer Ing. G. S. zuständig. Im Laufe der gemeinsamen Tätigkeit habe er sich davon überzeugen können, daß sein Mitgeschäftsführer seinen Obliegenheiten mit größter Präzision und in hervorragender Weise nachkomme. Aus diesem Grunde treffe ihn für den vom Arbeitsinspektorat für den 12. Aufsichtsbezirk beanstandeten Vorgang vom 25.7.1995 auf der Kanalbaustelle St. L. keinerlei Verschulden. Er beantragt das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verfahren einzustellen.

Hilfsweise beantragt er aufgrund seiner Unbescholtenheit, welches auch ein Indiz für sein sorgfältiges Verhalten und daher den Mangel an Verschulden darstelle, die Herabsetzung der verhängten Strafe.

Aufgrund der Berufung wurde am 17. Oktober 1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung abgehalten. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der wesentlichen Inhalt des erstinstanzlichen Verfahrensaktes zur Erörterung gestellt und der Zeuge Ing. O. S. vernommen sowie den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung des rechtlichen Gehörs geboten.

Folgender Sachverhalt ist erwiesen: Durch Bildmaterial und durch die persönlichen Wahrnehmungen des Arbeitsinspektors Ing. H. des Arbeitsinspektorates für den 12. Aufsichtsbezirk ist erwiesen, daß am 25. Juli 1995 um 08.45 Uhr auf der Baustelle Wasserversorgungsanlageschacht Nr. 7 in St. L. bei K., eine ca. 3x3 m große und 2,20 m tiefe Baugrube ausgehoben war, welche sich in einem gemischten Erdreich befand und entlang der Verbindungsstraße St. L., St. M. (im Nahbereich des Friedhofes) situiert war. In dieser Baugrube hielt sich der Arbeitnehmer F. P., der ..Ges.m.b.H., Zweigniederlassung G. - Stammsitz des Unternehmens ist L. - auf und verrichtete Arbeiten, obwohl die Baugrubenwände, die sich aus gemischtem Erdreich zusammensetzten, weder abgeböscht noch verbaut noch durch sonstige Maßnahmen gegen abrutschendes oder hereinfallendes Material gesichert waren.

Zu dieser Zeit war der Beschuldigte ein handelsrechtlicher Geschäftsführer der .. Ges.m.b.H. mit dem Sitz in L. und für die Gesellschaft nach außen zur Vertretung befugt. Im erstinstanzlichen Verfahren wurde die Einwendung erhoben, daß J. W. für diesen Lebenssachverhalt die Verantwortung trage, weil er zum verantwortlichen Beauftragten bestellt worden sei und dies auch dem zuständigen Arbeitsinspektorat mitgeteilt worden sei, welche Bestellung sich auf den Baubereich "M." bezogen habe. Tatsächlich ist beim Arbeitsinspektorat L. im April 1993 eine Mitteilung eingelangt, wonach W. zum verantwortlichen Beauftragten für den Bereich K. namhaft gemacht wurde, welche Mitteilung das genannte Arbeitsinspektorat zuständigkeitshalber an das Arbeitsinspektorat G. weitergeleitet hat, zumal es sich um eine Sammelmeldung von mehreren verantwortlichen Beauftragten handelte, welche als Überschrift die Bezeichnung Zweigniederlassung G. trug. Ein Übergang der Verantwortung für die gegenständliche Baustelle, welche sich im Bezirk K. befand, ist somit nicht rechtswirksam geworden, zumal eine jeden Zweifel ausschließende Bestellung, für den bestimmten, örtlich abgegrenzten Bereich, dem zuständigen Arbeitsinspektorat nicht mitgeteilt worden ist.

Was die Organisation, das Weisungs- und Kontrollsystem anlangt, so steht fest, daß Ing. O. S., welcher seit 19 Jahren im Unternehmenskonzern tätig ist, seit dem Jahr 1992 der Niederlassungsleiter für den Raum Steiermark und südliches Burgenland war und in dieser Funktion der Geschäftsführung in L. unmittelbar unterstellt ist. Dem Niederlassungsleiter war im gegenständlichen Fall für den Bereich M. der Bereichsleiter W. unterstellt. Bauleiter für den Raum Z. und somit für die gegenständliche Baustelle war Herr L., welcher auch bei der Baustellenmeldung gegenüber dem Arbeitsinspektorat als verantwortliche Aufsichtsperson genannt worden war. Zur Einstellung des Personales und zu dessen Kündigung war der Bereichsleiter - allerdings mit anschließender Berichtspflicht an die Niederlassungsleitung - zuständig, welchem auch neben der Entlassung bei schwerwiegenden Fällen andere Disziplinierungsmittel zur Verfügung standen.

Die Weisungskette, auch in Dienstnehmerschutzangelegenheiten, vollzieht sich von der zentralen Geschäftsführung nach unten. Berichte über besondere Ereignisse (so auch in Dienstnehmerschutzangelegenheiten) von Vorarbeiter, Bauleitung, Bereichsleitung, Niederlassungsleitung, nach oben. Nur in außergewöhnlichen Fällen hat der Niederlassungsleiter an die Geschäftsführer berichtet.

Kontrollen, etwa Stichproben - ob die Weisungen eingehalten werden - finden weder seitens der Geschäftsführer noch durch den Niederlassungsleiter statt. Letzterer hat sich - so auch in diesem Fall - auf seine nachgeordneten Bereichs- und Bauleiter verlassen. Der Niederlassungsleiter erachtete den auf der Baustelle eingesetzten Vorarbeiter G. und den in der Baugrube vorgefundenen Arbeitnehmer P. als verläßlich und mit den Arbeitnehmerschutzvorschriften vertraut.

Der Vorfall wurde dem Niederlassungsleiter erst relativ spät bekannt und zwar nachdem zwei Tage nach der Beanstandung der Bereichsleiter W. und der Bauleiter L. aus dem Unternehmen ausgeschieden sind, was jedoch seinen Grund nicht im besagten Vorfall hatte. Am entscheidungsrelevanten Sachverhalt ist nichts strittig. Bei diesem Sachverhalt vermochte der unabhängige Verwaltungssenat angesichts der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes zu keiner anderen rechtlichen Würdigung, was die Schuldfrage und die Strafzumessung anlangt, zu kommen, wie sie in der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses hinreichend und rechtlich zutreffend dargestellt wurde. Aus diesem Grunde wird, um Wiederholungen zu vermeiden, ausdrücklich auf diese Ausführungen verwiesen, insbesonders demnach fest steht, daß das Kontrollnetz von der Geschäftsführung über die Niederlassungsleitung bis zur Bereichsleitung nicht tragfähig war.

Nachdem somit der Berufung ein Erfolg versagt blieb, war dem Rechtsmittelwerber Kraft ausdrücklicher gesetzlicher Bestimmung des § 64 Abs.1 und 2 VStG, ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens von 20 Prozent der bestätigten Geldstrafe aufzuerlegen. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. L a n g e d e r

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