Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280568/16/Gu/Pr

Linz, 26.06.2001

VwSen-280568/16/Gu/Pr Linz, am 26. Juni 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Hans Guschlbauer über die Berufung des O. O., vertreten durch Rechtsanwälte Dr. H., DDr. M., Dr. W., Dr. M., Dr. G-W., gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach vom 19.4.2001, Ge96-37-2000, wegen Übertretung der Bauarbeiterschutzverordnung iVm dem Arbeitnehmerschutzgesetz, nach der am 12.6.2001 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:
 
Der Berufung wird teilweise Folge gegeben.
Im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses hat die Wortfolge " ... und die Arbeitnehmer auch nicht entsprechend § 30 Bauarbeitenschutzverordnung sicher angeseilt waren" zu entfallen.
Die Zitierung der verletzten Rechtsvorschrift wird dahingehend berichtigt, dass anstelle von "§ 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung" iVm " .... § 87 Abs.3 Bauarbeiterschutzverordnung" zu treten hat.
 
Die verhängte Geldstrafe wird auf 8.000 S (entspricht  581,38 Euro), die Ersatzfreiheitsstrafe auf 4 Tage und der erstinstanzliche Verfahrenskostenbeitrag auf 800 S (entspricht  58,14 Euro) herabgesetzt.
 
Der Rechtsmittelwerber hat keinen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten.
Rechtsgrundlage:
§ 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 5, § 9 Abs.1, § 31, § 44a Z1 und 2, § 65 VStG, § 87 Abs.3 BauV, §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG.
 
Entscheidungsgründe:
 
Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat den Rechtsmittelwerber mit dem angefochtenen Straferkenntnis schuldig erkannt, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der E. Gesellschaft mbH mit dem Sitz in L. i.M., die das Dachdeckergewerbe besitzt, somit als gemäß § 9 Abs.1 VStG zur Vertretung nach außen berufenes Organ und verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher, am 24.5.2000 auf der Baustelle in Linz, mehrere Arbeitnehmer mit der Neueindeckung (Aufnageln der Dachlattung) der ca. 40 ° Dachfläche bei einer möglichen Absturzhöhe (Traufenhöhe) von ca. 6 m beschäftigt zu haben, wobei keine geeigneten Schutzeinrichtungen (wie z.B. Dachfanggerüste oder Dachschutzblenden) vorhanden gewesen seien, die den Absturz von Menschen, Materialien oder Geräten in sicherer Weise verhindert hätten und die Arbeitnehmer auch nicht entsprechend § 30 Bauarbeitenschutzverordnung sicher angeseilt gewesen seien.
 
Wegen Verletzung des § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung iVm §§ 118 Abs.3 und 130 Abs.5 Z1 ASchG wurde ihm deswegen in Anwendung des § 130 Abs.5 Einleitungssatz ASchG eine Geldstrafe von 10.000 S, im Falle der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 5 Tagen und ein erstinstanzlicher Verfahrenskostenbeitrag von 1.000 S auferlegt.
 
Die erste Instanz stützt ihren Schuldspruch auf die dienstliche Wahrnehmung eines Organs des Arbeitsinspektorates iVm den bei dieser Inspektion angefertigten Lichtbildern.
 
Gegen dieses Straferkenntnis hat der Rechtsmittelwerber durch seinen rechtsfreundlichen Vertreter Berufung eingebracht und im Wesentlichen dargetan, dass er keinesfalls § 87 Abs.2 Bauarbeiterschutzverordnung (welcher Dachneigungen bis zu 20 ° betreffe), verletzt habe.
 
Im Rahmen seiner Geschäftsführung über drei Filialstandorte habe er verfügt, dass Herr Ing. R. E. zur Einhaltung der Bauarbeiterschutzverordnung für die gegenständliche Baustelle zu sorgen habe. Es habe für ihn keine Hinweise gegeben, dass dieser seiner Verpflichtung zur Kontrolle nicht nachkommen würde und es habe auch keine Hinweise darauf gegeben, dass die beschäftigten Arbeitnehmer, die ihnen mindestens einmal jährlich in Schulungen zur Kenntnis gebrachten Vorschriften missachten würden.
 
Auch sei den Dienstnehmern für jede Baustelle somit auch im konkreten Fall mit dem Arbeitsauftrag, der die zu verrichtende fachliche Tätigkeit beschreibe, auch ein schriftlicher Hinweis auf die Einhaltung der Bauarbeiterschutzverordnung mitgegeben worden. Er habe trotz unangekündigt durchgeführter Kontrollen der von Ing. E. betreuten Baustellen vom gegenständlichen Fall keine Hinweise darauf gehabt, dass auf den von ihm betreuten Baustellen die Bauarbeiterschutzvorschriften nicht eingehalten würden, obwohl er derartige Baustellen auch mehrfach unangekündigt kontrolliert und überwacht habe. Es seien auf der Baustelle Dachschutzblenden und Dachfanggerüste als Schutzeinrichtungen den Dienstgebern mitgegeben gewesen und es sei daher für ihn unvorhersehbar und unabwendbar gewesen, dass es zur Nichteinhaltung der Vorschriften gekommen sei.
Dasselbe treffe für den von der ersten Instanz zu Grunde gelegten Umstand zu, dass Ing. E. auf eine entsprechende Beanstandung des Arbeitsinspektorates überhaupt nicht reagiert habe. Der Beschuldigte habe über keine Meldung seitens des Arbeitsinspektorates verfügt.
 
Da keine Erfolgshaftung bestehe, beantragt er, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen in eventu die verhängte Geldstrafe, welche ein halbes monatliches Nettogehalt ausmache, auf maximal 3.000 S herabzusetzen.
 
Aufgrund der Berufung wurde am 12.6.2001 die öffentliche mündliche Verhandlung in Gegenwart des Beschuldigten, seines Vertreters und eines Vertreters des Arbeitsinspektorates sowie der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach durchgeführt.
 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung wurde der Beschuldigte vernommen und ihm Gelegenheit zur Rechtfertigung geboten.
 
Im Beweisverfahren wurden die Zeugen Ing. Wolfgang Wiesauer, Ing. R. E. und E. M. vernommen und in die vom Meldungsleger Ing. W. W. anlässlich seiner Inspektion am 24.5.2000 angefertigten im Akt erliegenden Lichtbilder Einsicht genommen und zur Erörterung gestellt.
 
Demnach ist folgender Sachverhalt erwiesen.
 
Am 24.5.2000 besichtigte der Arbeitsinspektor Ing. W. W. des Arbeitsinspektorates für den 9. Aufsichtsbezirk eine Baustelle der E. GesmbH, in Linz, und stellte bei der routinemäßigen Kontrolle fest, dass bei dem bei der Dachsanierung befindlichen Objekt, bei dem die Dachziegel abgetragen waren, vom Dachdeckerunternehmen der vorangeführten Gesellschaft vier Arbeitnehmer mit Dacharbeiten beschäftigt waren.
 
Die Traufenhöhe betrug ca. 6 m und die Dachneigung 40°. Hiebei führte ein Arbeitnehmer Vorbereitungsarbeiten für die Montage der Dachrinnen im Dachsaumbereich auf der Lattung sitzend aus. Drei weitere Arbeitnehmer waren auf mittlerer Höhe bei einer Ixe zu einem vorspringenden Dachteil tätig. Nur auf dem vorspringenden Teil, auf welchem nicht gearbeitet wurde, befanden sich auf der dort bereits montierten Dachrinne, Schutzgitter. Der Arbeitsbereich der vorbeschriebenen drei Arbeitnehmer war nicht gesichert, der am Dachsaum tätige Vorarbeiter war weder durch eine persönliche Schutzausrüstung noch durch sonstige technische Schutzmaßnahmen gesichert.
Der Arbeitsinspektor begab sich in den Dachbodenbereich, stellte sich vor und fragte, wer der Vorarbeiter sei. Daraufhin gab sich der am Dachsaum Sitzende als dieser zu erkennen. Der Arbeitsinspektor rügte die fehlenden Arbeitsschutzmaßnahmen und trug dem Vorarbeiter auf, diese sofort zu treffen und die Firmenleitung von seinem Einschreiten zu verständigen und vertraute darauf, nachdem sich der Vorarbeiter zerknirscht gegeben hatte, dass letzterer das Nötige veranlassen werde.
 
Anschließend begab sich der Arbeitsinspektor zu einer anderen Baustelle und kehrte nach ca. 45 Minuten zu der spruchgegenständlichen Baustelle zurück. Er fand den Zustand - nämlich die ungeschützt arbeitenden Arbeitnehmer auf dem Dach - wie bei seinem ersten Einschreiten, vor.
 
Bei seinem zweiten Einschreiten begegnete der Arbeitsinspektor Herrn Ing. E., einem Bediensteten der E. GesmbH, der ihm als solcher bekannt war und besprach mit ihm - ähnlich wie bei seinem ersten Erscheinen (mit dem Polier) - die fehlenden Arbeitsschutzmaßnahmen bei den Dacharbeiten.
 
Herrn Ing. E. war das Beschaffungswesen auf den Baustellen übertragen und war es seine Aufgabe, für die Bereitstellung der Arbeitssicherheitsausrüstung Sorge zu tragen, dass diese auf den Baustellen auch vorhanden sind.
 
Für die Anbringung bzw. Verwendung durch die Arbeitnehmer war intern der Vorarbeiter auf der Baustelle zuständig.
 
Ing. E. hatte von der Firmenleitung keinen unmittelbaren Auftrag, die Schutzeinrichtung zu kontrollieren. Wenn ihm in früheren Fällen das diesbezügliche Fehlen auffiel und er nicht vor Ort mit dem Polier die Sache bereinigen konnte, dann wendete er sich an den Beschuldigten. Auf der gegenständlichen Baustelle war der Beschuldigte Bauleiter und wurde die Baustelle sowohl von ihm als auch von Herrn Ing. E. wöchentlich einmal besichtigt. Nach dem Vorfall sprach Herr Ing. E. am Abend desselben Tages mit dem Beschuldigten über die Beanstandung durch den Arbeitsinspektor.
 
Vom ersten Erscheinen des Arbeitsinspektors hatte der Polier Herrn Ing. E. nichts mitgeteilt.
 
Bei der Würdigung der Beweise kam der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass die Aussagen der Zeugen Ing. W. und Ing. E. und soweit vom Zeugen M. nicht auch Zweifel angemeldet wurden, ob er beim zweiten Erscheinen des Arbeitsinspektors nicht doch einen Bauchgurt getragen habe, auch dessen Aussage glaubhaft erschienen. Die beiden Erstgenannten machten einen guten Eindruck und brachten ihre Eindrücke aus der Erinnerung nicht zögerlich vor. Demgegenüber war der Zeuge M. unsicher, blickte während der Vernehmung immer wieder fragend auf den Beschuldigten, so, als wollte er mit Blickkontakt erkunden, ob er wohl nichts Falsches gesagt habe. Immerhin steht er als Arbeitnehmer noch in einem wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnis zum Unternehmen, deren handelsrechtlicher Geschäftsführer der Beschuldigte ist. Hinsichtlich der Verwirklichung der objektiven Tatseite, wie im Spruch gegenständlich ist, bestehen aber keine Zweifel.
 
Der Arbeitsinspektor machte sich nicht unglaubwürdig, wenn er bei seinem Wiedererscheinen den Eindruck hatte, dass Ing. E. vom Vorarbeiter gerufen worden sei, nachdem er ihm die Verständigung der Firmenleitung aufgetragen hatte und sich der Vorarbeiter zerknirscht gezeigt hatte, wenn auch der Polier, wie er als Zeuge in der mündlichen Verhandlung aussagte und von Ing. E., indessen Aussage bestätigt wurde, vom ersten Erscheinen des Arbeitsinspektors Herrn Ing. E. keine Mitteilung gemacht hatte. Letzterer Umstand ist jedoch für die Beurteilung der objektiven Tatseite und deren Gewichtung von Relevanz. Es zeigt nämlich, dass die jährlichen Schulungen und die einmalige Kontrolle durch den Bauleiter - den Beschuldigten - nicht ausreichten, um ein zuverlässiges funktionierendes Kontrollnetz bezüglich der zu gewährleistenden Schutzmaßnahmen für die Bauarbeiten sicherzustellen, wenn nicht einmal das Berichtsystem funktionierte. Der Beschuldigte hat weder in der Berufung noch in seiner Rechtfertigung vor dem Oö. Verwaltungssenat dargetan, dass er ein konkretes hinreichendes Anordnungs- und Kontrollnetz, welches speziell auch die gegenständliche Baustelle mit einschloss, eingerichtet hatte, um die Arbeitsschutzmaßnahmen bei den Bauarbeiten am Dache sicher zu stellen.
 
Rechtlich war zur Sache zu bedenken:
Gemäß § 87 Abs.3 BauV müssen bei Arbeiten auf Dächern mit einer Neigung von mehr als 20° und einer Absturzhöhe von mehr als 3 m geeignete Schutzeinrichtungen vorhanden sein, die den Absturz von Menschen, Materialien oder Geräten in sicherer Weise verhindern. Als solche geeignete Maßnahmen gelten Dachschutzblenden und Dachfanggerüste (§ 88).
 
Gemäß § 87 Abs.5 leg.cit. darf das Anbringen von Schutzeinrichtungen nach Abs.3 nur entfallen, bei

  1. geringfügigen Arbeiten, wie Reparatur oder Anstricharbeiten, die nicht länger als einen Tag dauern,
  2. Arbeiten am Dachsaum oder im Giebelbereich.
  3.  

In diesen Fällen müssen die Arbeitnehmer mittels Sicherheitsgeschirr angeseilt sein.
 
Gemäß § 130 Abs.5 Z1 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 4.000 S bis 200.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber in den nach dem IX. Abschnitt weiter geltenden Bestimmungen zuwider handelt.
 
Um eine solche weiter geltende Bestimmung handelt es sich gemäß § 118 Abs.3 ASchG.
 
Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen (das ASchG bestimmt nichts anderes) und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind (die Bestellung eines solchen ist nicht nachgewiesen), strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.
 
Unbestrittenermaßen ist der Beschuldigte der handelsrechtliche Geschäftsführer der E. GesmbH und war es auch zur Tatzeit, welche GesmbH Arbeitgeberin der am Dach beschäftigten Arbeitnehmer war.
 
Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift für das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Ein solches sogenanntes Ungehorsamsdelikt liegt im gegenständlichen Fall vor.
 
Eine Glaubhaftmachung seiner Unschuld ist dem Beschuldigten auch im Berufungsverfahren nicht gelungen.
 
Hinsichtlich der Zitierung der verletzten Norm im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses ist anzumerken, dass, wie aus der Verfolgungshandlung - der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 7.9.2000 ersichtlich ist - § 87 Abs.3 BauV angeführt wurde. Auch aus der Begründung des angefochtenen Straferkenntnisses, wo dies ebenfalls treffend und zwar auch textlich wiedergegeben ist, ergibt sich dies. Es ist somit der Bezirkshauptmannschaft Rohrbach im Spruch des Straferkenntnisses ein offensichtlicher Schreibfehler unterlaufen, welchen zu korrigieren nicht nur zulässig sondern nach der Spruchpraxis des Verwaltungsgerichtshofes durch die Berufungsbehörde sogar geboten ist.
 
Hinsichtlich des Satzendes des Spruches, betreffend das sichere Anseilen ist zu bemerken, dass weder die vorzitierte Aufforderung zur Rechtfertigung auch die sonstigen Verfahrensschritte dem Beschuldigten rechtzeitig das sichere Anseilen (gemeint wohl des Poliers bei Arbeiten am Dachsaum) zum Vorwurf gemacht wurde. Dies wäre ein gesondertes Delikt, zumal für die übrigen Arbeitnehmer, welche auf Höhe der Dachmitte, jedoch versetzt von dem am Saum arbeitenden Polier, nicht nur vorübergehende Dacharbeiten ausführten, die vom Gesetz vorgeschriebenen technischen Schutzmaßnahmen anzubringen gewesen wären. Die Eliminierung der Passage über das sichere Anseilen war vorzunehmen, um die Pflicht der Anbringung der technischen Schutzmaßnahmen zur Sicherung der vorerwähnten drei Arbeitnehmer klar zu stellen und andererseits, um eine zusätzliche eventuell beabsichtigte Verfolgung in der gesonderten Tat des Nichtanseilens des Poliers, welcher der Verjährung anheim gefallen ist, nicht mehr zu erfassen.
 
Insoweit war bei Verwirklichung des hiemit bereinigten Lebenssachverhaltes der Schuldspruch im verbleibenden Umfang zu bestätigen.
 
Das Nichtanseilen, welches sich offenbar auch in der Gewichtung des Unrechtsgehaltes durch die erste Instanz niedergeschlagen hatte, war anlässlich der Eliminierung jedoch bei der Strafbemessung zu berücksichtigen.
 
Grundsätzlich gilt für die Strafbemessung:
Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
 
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
 
Das Straferkenntnis lässt weder im Spruch noch in der Begründung erkennen, dass die erste Instanz vom zweiten Strafrahmen des Einleitungssatzes des § 130 Abs.5 ASchG ausgegangen ist. Der Beschuldigte war von der Behörde am 27.7.1999 wegen Übertretung des § 87 Abs.2 BauV bestraft worden, sohin wegen einer Übertretung wegen nicht entsprechend geschützter Arbeiten auf einem Dache.
Wenngleich die Dachneigung (aufgrund der Zitierung der erwähnten Vorschrift) offensichtlich geringer war, so bezog sich das Verhalten im Grunde auf dieselbe schädliche Neidung.
 
Die erste Instanz hat diese Vorstrafe jedoch als erschwerend gewertet. Nachdem durch nichts erkennbar war, dass der zweite Strafrahmen angewendet wurde, sondern vom ersten Strafrahmen ausgegangen wurde, verstieß dies nach der Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes, der sich der Oö. Verwaltungssenat anschließt, eben dann nicht gegen das Doppelverwertungsverbot.
 
Bezüglich der Verletzung des geschützten Interesses sohin der Gewichtung des Unrechtsgehaltes kommt der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass durch die Traufenhöhe von ca. 6 m und der Dachneigung von 40° ein hohes Gewicht zukommt. Dazu kommt, dass das Schutzinteresse jedem einzelnen Arbeitnehmer gilt und daher das Gewicht des Unrechtsgehaltes auch dadurch besonders hoch war, dass jedenfalls drei Arbeitnehmer ohne die erforderliche technische Sicherheitsvorkehrung arbeiteten.
 
Die subjektive Tatseite erschien angesichts der Mängel des Kontrollsystems bereits im Berichtswesen jedenfalls von mittlerem Gewicht. Auch im Berufungsverfahren sind keine mildernden Umstände hervorgekommen.
 
Der Rechtsmittelwerber hat bei seiner Einvernahme in der mündlichen Verhandlung ein Monatseinkommen mit 20.000 S netto beziffert und ansonsten Vermögenslosigkeit angegeben. Von beiden Umständen ist bereits die erste Instanz ausgegangen. In der mündlichen Verhandlung hat er Sorgepflichten für zwei Kinder glaubhaft gemacht.
 
In der Zusammenschau der Umstände, insbesondere des bereinigten Tatvorwurfes, kommt der Oö. Verwaltungssenat zur Überzeugung, dass die nunmehr herabgesetzte Geldstrafe von 8.000 S maßgerecht ist.
 
Die Ersatzfreiheitsstrafe beträgt im gegenständlichen Fall gemäß § 16 Abs.2 VStG bis zu zwei Wochen.
 
Nachdem die unterste Grenze des ersten Strafrahmens 2.000 S beträgt, war aus erstinstanzlicher Bemessung die Ersatzfreiheitsstrafe kein offensichtliches Missverhältnis herauszulesen. Infolge Herabsetzung der Geldstrafe fand der Oö. Verwaltungssenat es auch erforderlich, die Ersatzfreiheitsstrafe angemessen zu kürzen.
 
Aufgrund des Teilerfolges der Berufung ist der Rechtsmittelwerber gemäß § 65 VStG von der Pflicht befreit, Beiträge zu den Kosten des Berufungsverfahrens leisten zu müssen.
 
Rechtsmittelbelehrung:
 
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
 
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 

Dr. G u s c h l b a u e r

Beschlagwortung: Arbeiten am Dachsaum verspätet vorgeworfen; weitere Dacharbeiten bestätigt gefunden bzw. verminderter Unrechtsgehalt, Herabsetzung der Strafe