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VwSen-280571/2/Kl/Rd

Linz, 26.06.2001

VwSen-280571/2/Kl/Rd Linz, am 26. Juni 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 
 
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Klempt über die Berufung des Ing. S, vertreten durch Rechtsanwälte, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.5.2001, Ge96-38-1999-GRM, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Arbeitnehmerschutzgesetz zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.
 
II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.
 
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z2 und 3 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.5.2001, Ge96-38-1999-GRM, wurde über den Bw eine Geldstrafe von 10.000 S, Ersatzfreiheitsstrafe von drei Tagen, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 8 Abs.2 Z3 und § 130 Abs.1 Z10 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG verhängt, weil er als persönlich haftender Gesellschafter und zur Vertretung nach außen berufenes Organ (§ 9 VStG 1991 idgF) der Firma V, zu verantworten hat, dass folgende Übertretungen von Arbeitnehmerschutzbestimmungen begangen wurden:
Am 19.2.1999 ereignete sich in der V, ein Arbeitsunfall, bei dem Arbeitnehmer der E, schwer verletzt wurden.
N und G waren mit der Deinstallation der alten Beleuchtungseinrichtung an der Decke in der Blechbearbeitungshalle beschäftigt. Um diese Arbeiten in einer Höhe von ca 6m durchführen zu können, benutzten sie eine Scherehubbühne.
Um ca. 10.50 Uhr bediente Kr (Arbeitnehmer der V) den flurgesteuerten Einträger-Laufkran und steuerte diesen gegen die ausgefahrene Scherehubbühne, sodass diese umkippte. N und G, die sich im Korb der Scherenhubbühne befanden, stürzten zu Boden und erlitten dadurch schwere Verletzungen.
Für den Einträger-Laufkran gibt es in der Halle beim Elektroverteilerschrank einen Schlüsselschalter, mit dem die Stromzufuhr des Krans aus- und eingeschaltet werden kann. Es wurde verabsäumt, mit diesem Schalter den Kran stromlos zu schalten, damit dieser nicht betrieben werden kann. Dies ist darauf zurückzuführen, dass zwischen den beiden Arbeitgebern (V und E) die erforderlichen Schutzmaßnahmen für die Arbeitnehmer der E nicht festgelegt wurden.
 
2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Strafverfahrens beantragt. Begründend wurde ausgeführt, dass der objektive Tatbestand nicht gegeben war. Durch Einvernahme der betroffenen Arbeitnehmer wäre die Behörde zu dem Ergebnis gelangt, dass im konkreten Fall eine Vorsichtsregelung getroffen und praktiziert worden ist. Laut übereinstimmenden Angaben war zwischen den Angestellten und den Führungskräften der beiden Firmen vereinbart worden, dass durch die Demontagearbeiten der Arbeitsbetrieb in der Lagerhalle nur unwesentlich gestört werden sollte. Es bestand daher eine mündliche Vereinbarung, dass im Zuge dieser Deckenarbeiten der Schlüssel zum Hauptschalter des Hallen- bzw Laufkrans vom Schaltkasten abgezogen und bei den Elektroinstallateuren auf der Hebebühne verwahrt werden sollte. Wird der Laufkran für Hebe- bzw Transportarbeiten von Arbeitern der Fa. V benötigt, so wurde der Schlüssel für die Dauer der Arbeiten ausgehändigt und die Demontagearbeiten im Deckenbereich für diese Dauer unterbrochen. Das vereinbarungswidrige Verhalten ist den verunfallten Arbeitnehmern zuzurechnen. Auch die subjektive Tatseite war nicht gegeben. Es war ein ausreichend dichtes und zulänglich organisiertes Netz von Aufsichtsorganen eingerichtet und es hat eine Überwachung stattgefunden. Für den Fall der Beanstandungen wäre selbstverständlich sofort reagiert worden und wären die nötigen Schritte gesetzt worden. Auch sei der betreffende Arbeitnehmer verwarnt und belehrt worden, obwohl kein Fehlverhalten gesetzt wurde. In rechtlicher Hinsicht wurde darauf hingewiesen, dass eine mündliche Unterweisung über die zutreffenden Schutzmaßnahmen ausreiche und es keinerlei Anhaltspunkte in § 8 Abs.2 Z3 ASchG gebe, dass eine mündliche Information und Unterweisung nicht dem Gesetz entspricht. Die erforderlichen Schutzmaßnahmen sind im Einvernehmen mit den Arbeitgebern getroffen worden.
 
3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.
Weil der angefochtene Bescheid schon aufgrund der Aktenlage aufzuheben war, war eine öffentliche mündliche Verhandlung nicht durchzuführen (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).
 
4. Aufgrund der Strafanzeige des GP Krenglbach sowie der Anzeige des zuständigen Arbeitsinspektorats steht unbestritten fest, dass die Arbeitnehmer N und G der Fa. E , mit der Deinstallation der alten Beleuchtungseinrichtung an der Decke in der Blechbearbeitungshalle der V beschäftigt waren und diese Arbeiten in einer Höhe von ca 6 Meter mit einer Scherehubbühne am 19.2.1999 durchführten. Der Arbeitnehmer der V, K, bediente den flurgesteuerten Einträger-Laufkran und steuerte diesen gegen die ausgefahrene Scherehubbühne, sodass diese umkippte und die im Korb der Scherehubbühne befindlichen Arbeitnehmer zu Boden stürzten und schwere Verletzungen erlitten.
 
Mit Urteil des BG Wels vom 27.10.1999 wurde der Arbeitnehmer K der fahrlässigen Körperverletzung nach § 88 Abs.1 und 4 erster Deliktsfall des StGB für schuldig erkannt und eine Geldstrafe verhängt. In den Entscheidungsgründen stützte sich das Gericht im Wesentlichen darauf, dass es seitens der Betriebsverantwortlichen eine Vereinbarung hinsichtlich der Verwendung des Laufkrans gegeben habe, also klare Richtlinien für das Verhalten bei der Inbetriebnahme des Krans festgelegt und den Arbeitern entsprechende Anweisungen erteilt worden waren. Diese Feststellungen stützt das Gericht auf die Angaben des Bw und sämtlicher Zeugen. Hinsichtlich der Einhaltung der besagten Vereinbarung allerdings stellte das Gericht widersprechende Aussagen fest und kam unter Würdigung aller Beweise zu dem Schluss, dass diese Sicherheitsvereinbarung von den in der Halle Beschäftigten völlig negiert wurde. Weil der beschuldigte Arbeitnehmer K sich den Schlüssel für die Inbetriebnahme des Laufkrans selbst holte und in den Schaltkasten steckte und die Arbeiter der Fa. E nicht informierte, in welchem Bereich er mit dem Kran Arbeiten zu verrichten beabsichtigte und zu welcher Zeit, und bei der Inbetriebnahme des Krans die Fahrstrecke nicht beobachtete, hat er durch dieses Verhalten einen elementaren Sorgfaltsverstoß gesetzt.
 
Mit Urteil des LG Wels als Berufungsgericht vom 3.5.2000 wurde der Beschuldigte K freigesprochen und es wurde in den Entscheidungsgründen dargelegt, dass den Feststellungen des Erstgerichts über eine Aufweichung der ursprünglich zwischen den Verantwortlichen der Fa. V und der Fa. E getroffenen Vereinbarungen dem Angeklagten nicht bekannt war und es wurde nicht festgestellt, dass dem Angeklagten bekannt war, dass E-Arbeiter im unmittelbaren Fortbewegungsbereich des Hallenkrans zu einem Zeitpunkt auf der ausgefahrenen Hebebühne arbeiteten, als der Hallenkran funktionierte und in Betrieb bzw Bewegung war. Aber auch das Berufungsgericht ist erwiesenermaßen ausgegangen, dass es aufgestellte Verhaltensregeln der verantwortlichen Arbeitgeberfirmen gegeben hat.
 
Im Zweifel wurde aber der Angeklagte mangels eines subjektiven Wissensstandes über die Abweichungen von den Vereinbarungen vom Vorwurf der fahrlässigen Körperverletzung freigesprochen.
 
5. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
 
5.1. Gemäß § 130 Abs.1 Z10 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz - ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 2.000 S bis 100.000 S zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Koordinationspflichten verletzt.
Gemäß § 8 Abs.2 ASchG werden in einer Arbeitsstätte Arbeitnehmer beschäftigt, die nicht in einem Arbeitsverhältnis zu den für diese Arbeitsstätte verantwortlichen Arbeitgebern stehen (betriebsfremde Arbeitnehmer), so sind die für diese Arbeitsstätte verantwortlichen Arbeitgeber verpflichtet,
3) die für die betriebsfremden Arbeitnehmer erforderlichen Schutzmaßnahmen im Einvernehmen mit deren Arbeitgebern festzulegen und
4) für die Durchführung der zu ihrem Schutz in der Arbeitsstätte erforderlichen Maßnahmen zu sorgen.
 
5.2. Im Grunde des Beweisergebnisses und der darauf gestützten Feststellungen des BG Wels sowie auch des Berufungsgerichts steht einwandfrei fest, dass die jeweiligen Verantwortlichen der Arbeitgeberfirmen, nämlich E und V, Schutzmaßnahmen vereinbart und festgelegt haben, wonach die Arbeiter der Fa. E, ehe sie auf der Hebebühne zu arbeiten begannen, den Schlüssel aus dem Schaltkasten abziehen und an sich nehmen sollten. Dadurch sollte sichergestellt werden, dass eine Betätigung des Krans ausgeschlossen war, solange sich Arbeiter auf der Hebebühne befanden. Wenn ein Arbeiter der Fa. V den Laufkran benötigte, so hatte dieser vereinbarungsgemäß den Schlüssel bei den Arbeitern der Fa. E zu holen und diesen mitzuteilen, dass bzw wann er den Kran in Betrieb nehmen muss. In diesem Falle waren von den Arbeitern der Fa. E die Arbeiten auf die Dauer der Kranfahrt einzustellen. Dies jedenfalls bei Arbeiten durch die Fa. E im Bereich der Lasermaschinen 1 und 2. Im Bereich der Lasermaschinen 3 und 4 wurden diese Arbeiten nicht automatisch unterbrochen, aber die Arbeiten des Hallenkrans durften nur im Bereich von der Lasermaschine 1 und 2 erfolgen und die Arbeiter durften den Hallenkran nicht weiter in den Bereich von Laser 3 und 4 hinunterfahren.
 
5.3. Legt man diesen Sachverhalt auch dem gegenständlichen Strafverfahren zugrunde, so steht aber erwiesenermaßen fest, dass Schutzmaßnahmen im Einvernehmen mit den betroffenen Arbeitgebern festgelegt wurden. Damit hat aber der Beschuldigte den objektiven Tatbestand nach § 8 Abs.2 Z3 iVm § 130 Abs.1 Z10 ASchG nicht erfüllt. Es hat daher der Bw die ihm zur Last gelegte Tat nicht begangen, weshalb das Verwaltungsstrafverfahren gemäß § 45 Abs.1 Z2 VStG einzustellen war.
 
Hingegen ist schon im gerichtlichen Verfahren zu Tage getreten, dass es Schwierigkeiten bei der Umsetzung der festgelegten Maßnahmen gegeben hat, indem die vereinbarten Maßnahmen entweder überhaupt negiert oder nicht in vereinbartem Ausmaß eingehalten wurden. Es wurde daher für die Durchführung der erforderlichen Maßnahmen nicht in geeignetem Ausmaß Sorge getragen. Dies stellt aber eine gesonderte Pflicht gemäß § 8 Abs.2 Z4 ASchG dar. Ein entsprechendes Tatverhalten wurde aber dem Bw zu keinem Zeitpunkt vorgeworfen. Weil daher für ein diesbezügliches Fehlverhalten des Bw Verfolgungsverjährung eingetreten ist, konnte daher eine Spruchänderung durch den Oö. Verwaltungssenat nicht vorgenommen werden.
 
6. Weil die Berufung Erfolg hatte, entfällt jeglicher Verfahrenskostenbeitrag gemäß § 66 Abs.1 VStG.
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 €) zu entrichten.
 
 

Dr. Klempt
 

Beschlagwortung:
Koordinierungspflichten, Vereinbarung der Arbeitgeber, mangelhafte Durchführung, Umsetzung;

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