Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-280740/2/Ga/Da

Linz, 30.06.2004

VwSen-280740/2/Ga/Da Linz, am 30. Juni 2004

DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die VIII. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Langeder, den Berichter Mag. Gallnbrunner und den Beisitzer D. R über die - auf die Strafe eingeschränkte - Berufung des Ing. J H, vertreten durch D. W B und M. P M B, Rechtsanwälte in W, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 30. März 2004, Ge96-2540-2003, wegen Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes - ASchG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben. Die Geldstrafe wird auf 1.000 Euro, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 60 Stunden, der Kostenbeitrag auf 100 Euro herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 f VStG.

Entscheidungsgründe:

Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 30. März 2004 wurde der Berufungswerber einer Übertretung des § 130 Abs.1 Z27 iVm § 79 Abs.1 AschG für schuldig befunden. Als erwiesen wird angenommen, er habe als handelsrechtlicher Geschäftsführer der H T H G mit Sitz in V dafür einzustehen, dass diese Gesellschaft als Arbeitgeberin, wie im Zuge einer am 20. August 2003 durch das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck durchgeführten Besichtigung des Betriebes in Vöcklamarkt, O, festgestellt worden sei, 1. trotz der seit 1. Jänner 1998 bestehenden Verpflichtung keine Bestellung eines Arbeitsmediziners erfolgt sei.

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wurde über den Berufungswerber gemäß § 130 Abs.1 Einleitung ASchG eine Geldstrafe von 3.500 Euro kostenpflichtig verhängt und eine Ersatzfreiheitsstrafe von 210 Stunden festgesetzt.

Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, ausdrücklich auf die Strafe eingeschränkte Berufung hat der Unabhängige Verwaltungssenat nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:

Zufolge der eingeschränkten Berufung sind die Schuldsprüche zu Faktum 1. des bezeichneten Straferkenntnisses rechtskräftig (unangreifbar) geworden.

Die belangte Behörde führte zur Strafbemessung begründend aus, diese sei unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG und unter Zugrundelegung des vom Beschuldigten selbst angegebenen Geschäftsführerjahresgehaltes in Höhe von 21.000 Euro (sodass ihm monatlich 1.750 Euro zur Verfügung stünden) erfolgt. Gegen den Beschuldigten lägen sechs Verwaltungsstrafen vor, sodass der Milderungsgrund absoluter Unbescholtenheit nicht gegeben sei. Erschwerend sei jedenfalls, dass den Aufforderungen durch das AI vom 6. August 2002 und vom 17. Mai 1999 bis zum Überprüfungszeitpunkt am 20. August 2003 nicht entsprochen worden sei.

Speziell zu Faktum 1. wird darauf hingewiesen, dass die Verpflichtung zur Bestellung eines Arbeitsmediziners bereits seit 1. Jänner 1998, also seit nunmehr sechs Jahren bestehe. Allerdings erscheint die de-facto-Ausschöpfung des gesamten gesetzlichen Strafrahmens (7.260 Euro) bei der erstmaligen Anzeige noch nicht gerechtfertigt und es sei die Verhängung der Hälfte der beantragten Strafhöhe tat- und schuldangemessen.

Das AI hat die von ihm (auch mit Wirkung für das vorliegende Faktum) beantragten Strafhöhen (vgl. die Anzeige vom 10. November 2003) ohne jede Einlassung auf die Besonderheiten der einzelnen Fakten nur pauschal begründet ("Das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Gefährdung im Sinne des § 19 Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz ist erheblich."). Aus dieser Formulierung kann für die Plausibilität der je beantragten Strafhöhen - zu Faktum 1. wurde eine solche von 7.000 Euro beantragt - nichts gewonnen werden; sie ist nicht aussagekräftig, weil floskelhaft und alle sieben Fakten in einen Topf werfend.

Aber auch die Ausführung der belangten Behörde, es sei die im Vergleich zum Antrag um die Hälfte herabgesetzte Geldstrafe zu 1. tat- und schuldangemessen, ist nicht nachvollziehbar, weil damit weder über das für die Strafbemessung herangezogene Ausmaß des Verschuldens noch über das dem Ermessensakt in objektiver Hinsicht zu Grunde gelegte Gewicht der Rechtsgutverletzung Auskunft gegeben wird.

Was nun den Unrechtsgehalt zu 1. angeht, hält der Unabhängige Verwaltungssenat für vertretbar, als Vergleichsmaßstab die mit Faktum 6. des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfene und mit 1.000 Euro bestrafte Übertretung heranzuziehen (vgl. diesbezüglich sowie zu den weiteren Fakten des bezeichneten Straferkenntnisses das mit heutigem Datum zur Zl. VwSen-280741 erlassene h. Erkenntnis). Danach sind, lebensnah besehen, betriebliche Alltagssituationen vorstellbar, in denen ein akuter Mangel an ausgebildeten Erste-Hilfe-Kräften sich fataler auswirkt als das Faktum der, wenngleich schon einen längeren Zeitraum unterlassenen Nichtbestellung eines Arbeitsmediziners. Schon aus dieser Sicht ist nicht einzusehen, warum zu Faktum 1. eine dreieinhalbmal so hohe Geldsanktion zu verhängen gewesen sei, zumal wenn mit bedacht wird, dass auch die Verpflicht hinsichtlich ausgebildeter Erst-Hilfe-Kräfte (vgl. das zit. Faktum 6.) gleichfalls schon seit etlichen Jahren (konkret seit 1.1.1999) aufrecht gewesen ist.

Auch zu dem der Strafbemessung zu Grunde gelegten Ausmaß des Verschuldens enthält sich das angefochtene Straferkenntnis konkreter Ausführungen.

Nach Auffassung des Oö. Verwaltungssenates ist schuldseitig der - vom Berufungswerber unbestritten gebliebene - Umstand bestimmter, der Anzeige vorausgegangener Aufforderungen durch das AI, denen - ebenso unstrittig - nicht entsprochen wurde, belangvoll. Dies aber steht vorliegend der Annahme bloßer Fahrlässigkeit im Sinne des § 5 Abs.1 VStG entgegen. Vielmehr ist zufolge dieses Umstandes die Zurechnung des Fehlverhaltens wenn nicht gar mit Vorsatzschuld, so doch wenigstens im Gewicht der groben Fahrlässigkeit gerechtfertigt. Allerdings durfte daraus - unter Hinweis auf das Doppelverwertungsverbot - entgegen der Auffassung der belangten Behörde ein besonderer Erschwerungsgrund nicht gewertet werden; die Nichtbefolgung der Aufforderungen begründet diesfalls erst die Strafbarkeit.

Zu Recht hingegen hat die belangte Behörde die (wenigstens) nachträgliche Erfüllung der Schutzbestimmungen nicht als besonderen Milderungsgrund berücksichtigt. Gleiches gilt für die Einwände einer auf die Verbesserung der Produktionsabfolgen (auch) durch Anpassung an die dem Stand der Technik entsprechenden Sicherheitsmaßnahmen gerichtet gewesene Geschäftsführertätigkeit sowie der Komplexität bestimmter Auflagen und daraus erwachsener Schwierigkeiten für die eingeschaltet gewesenen Projektanten. Auch dass, wie eingewendet wurde, die Tat keine unmittelbare Schädigung oder Gefährdung von geschützten Interessen nach sich gezogen hätte, war nicht mildernd anzurechnen, weil Folgen dieser Art tatbestandlich nicht normiert sind.

Anders als es der Berufungswerber interpretiert, hat die belangte Behörde "sechs Verwaltungsvorstrafen" (die aus dem vorgelegten Akt ersichtlich sind) keineswegs als Erschwerungsgrund gewertet, sondern dazu - im Übrigen im Einklang mit der Rechtsprechung - lediglich festgestellt, dass ihm deswegen der Milderungsgrund der absoluten Unbescholtenheit nicht angerechnet werden könne.

Unwidersprochen von der belangten Behörde hat der Berufungswerber allerdings vorgetragen, er sei, was im angefochtenen Straferkenntnis keinen Niederschlag gefunden habe, gegenüber der nicht berufstätigen Ehefrau unterhaltspflichtig. Dieser Umstand wird als glaubwürdig und erwiesen festgestellt und war daher bei der Strafbemessung zu berücksichtigen, ohne dass es des zu seiner Einkommenssituation allgemein vom Berufungswerber beantragten Zeugenbeweises bedurft hätte.

Aus allen diesen Gründen erwiesen sich die zu 1. verhängte Geldstrafe im Ausmaß von nahezu der halben Höchststrafe als überschießend bemessen. Sie war vor allem aus objektiven Rücksichten nicht bloß marginal zu mindern. Das nun bestimmte Ausmaß entspricht der zu 6. (siehe oben) verhängten Geldstrafe und ist im Hinblick auf die festzustellen gewesene grobe Fahrlässigkeit als angemessene Sanktion auch in subjektiver Hinsicht zu begreifen.

Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Berufungswerber kein Beitrag zu den Kosten des Tribunalverfahrens aufzuerlegen. Die Herabsetzung des erstinstanzlich auferlegten Kostenbeitrages ist im Gesetz begründet.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.

Dr. Langeder

Beachte:

vorstehende Entscheidung wurde aufgehoben;

VwGH vom 25.01.2005, Zl.: 2004/02/0312-7

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