Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
A-4012 Linz, Fabrikstraße 32 | Telefon (+43 732) 70 75-155 85 | Fax (+43 732) 70 75-21 80 18

VwSen-280743/2/Ga/Da

Linz, 01.03.2005

VwSen-280743/2/Ga/Da Linz, am 1. März 2005

DVR.0690392
 

 

 

E R K E N N T N I S
 
 
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Mag. Gallnbrunner über die Berufung der Frau A H, vertreten durch Dr. H und Dr. S, Rechtsanwälte in R, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Ried i.I. vom 11. Mai 2004, Ge96-15-2003, wegen Übertretung von Arbeitszeitvorschriften, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen. Das Straferkenntnis wird mit folgender Maßgabe bestätigt: Im Spruchabschnitt gemäß § 44a Z3 VStG hat die Strafverhängungsnorm zu beiden Fakten zu lauten: "§ 28 Abs.1a AZG".
Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten: zu 1. 14,4 Euro, zu 2. 20 Euro.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. § 24; § 51 Abs.1, § 51c, § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:
Mit bezeichnetem Straferkenntnis vom 11. Mai 2004 wurde die Berufungswerberin in ihrer Eigenschaft als handelsrechtliche Geschäftsführerin der M GmbH, Sitz in W, der Übertretung von (auch gemeinschaftsrechtlicher) Arbeitszeitvorschriften in zwei Fällen für schuldig befunden; sie habe dafür einzustehen, dass, wie am 11. März 2003 durch das LGK für , Verkehrsabteilung, im Zuge einer Lenkerkontrolle festgestellt worden sei,
ein namentlich angeführter Lenker (als Arbeitnehmer der genannten Gesellschaft) mit einem der VO(EG) Nr. 3820/85 unterliegenden (weil im grenzüberschreitenden, innergemeinschaftlichen [ Straßentransport-] Verkehr verwendeten) Fahrzeug (ein durch die Kennzeichen bestimmter Sattelzug)
1.
im 24-Stunden-Zeitraum vom 9. März 2003, 21.50 Uhr, bis zum 10. März 2003, 21.50 Uhr, in näher beschriebener Weise die tägliche Ruhezeit - vorliegend eine vorgeschriebene Ruhezeit von 12 Stunden, welches Ausmaß sich aus der vom Lenker vorgenommenen Aufteilung der Ruhezeit ergebe - nicht eingehalten habe;
2.
in der Zeit vom 9. März 2003, 21.50 Uhr, bis zum 10. März 2003, 21.50 Uhr, in näher beschriebener Weise über die zulässige Einsatzzeit (hier: 12 Stunden) hinaus eingesetzt worden sei.
Dadurch habe die Berufungswerberin zu 1. § 28 Abs.1a Z2 AZG iVm Art.8 Abs.1 VO(EG) 3820/85, und zu 2. § 28 Abs.1a Z7 iVm § 16 Abs.3 AZG verletzt.
Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wurden über die Berufungswerberin Geldstrafen je kostenpflichtig verhängt: zu 1. gem. § 28 Abs.1a Z2 AZG 72 Euro, zu 2. gem. § 28 Abs.1a Z7 AZG 100 Euro. Für den Fall der Uneinbringlichkeit wurden Ersatzfreiheitsstrafen festgesetzt.
 
Über die gegen dieses Straferkenntnis erhobene, Aufhebung und Einstellung, hilfsweise ein Vorgehen gemäß § 21 VStG beantragende Berufung hat der UVS nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafverfahrensakt der belangten Behörde erwogen:
 
Die Berufungswerberin bekämpft das Straferkenntnis nicht tatseitig, vor allem auch nicht hinsichtlich der den beiden Fakten zu Grunde gelegten Unterschreitungs- bzw. Überschreitungszeitangaben. So war für beide Fakten als erwiesen festzustellen, dass - von der Aktenlage gedeckt und von der Berufungswerberin weder im Verfahren vor der Strafbehörde noch in der Berufung angegriffen - den Tatvorwürfen in sachverhaltsmäßiger Hinsicht eine der VO(EG) Nr. 3820/85 gemäß deren Art.2 Abs.1 unterstellte innergemeinschaftliche Beförderung (somit nicht eine Beförderung in das oder im Drittstaaten Ausland oder eine nur innerösterreichische Beförderung) mit einem von der genannten VO (Art.4 Z1) erfassten (Kraft-)Fahrzeug zu Grunde liegt und dass die zu 1. und 2. in je bestimmter Weise beschriebenen Zuwiderhandlungen tatsächlich stattgefunden haben.
 
Die Berufungswerberin zielt mit ihrem Vorbringen jedoch auf die Vorwerfbarkeit des verpönten Verhaltens (Schuldseite) und führt begründend im Wesentlichen aus:

  • Der Lenker habe, dies sei neu hervorgekommen, den Auftrag gehabt, erst am 10.3.2003 um 2.00 Uhr Früh wegzufahren; dass er entgegen diesem Auftrag schon am 9.3.2003 (ein Sonntag) um 21.50 Uhr weggefahren sei, sei - aus organisatorischen Gründen wegen des Sonntags - nicht verhinderbar gewesen.
  • Bei den inkriminierten Verstößen handle es sich keineswegs um eine "systematische" Vorgangsweise der involvierten Gesellschaft sondern, was zumindest im Zweifel hätte festgestellt werden müssen, um einen "einmaligen Vorfall".
  • Es hätte sich die belangte Behörde auch mit einer (von der Berufungswerberin vorgelegten) Stellungnahme des BMfWA auseinandersetzen müssen und es hätte die Strafbehörde dann zu einem anderen Ergebnis kommen können.
  • Eine unrichtige rechtliche Beurteilung liege darin, dass die belangte Behörde offenbar von einem "automatisch" vorliegenden Verschulden ausgehe, was auf die Annahme einer hier nicht statthaften Erfolgshaftung hinauslaufe.
  • Im Betrieb der Berufungswerberin sei ein sehr wirksames Kontrollsystem eingerichtet. Dies ergebe sich aus folgenden Umständen: Trotz laufender behördlicher Kontrolle seien kaum Beanstandungen erfolgt; der Disponent sei sehr umsichtig, er mache laufend Kontrollen sowohl telefonisch während der Fahrt als auch durch Überprüfung der Tachografenscheiben; dies gelte auch für die Geschäftsführung. Überhaupt würden die Schaublätter regelmäßig und nicht nur stichprobenartig kontrolliert.
  • Insofern der Auftrag gegeben gewesen sei, erst um 2.00 Uhr Früh wegzufahren, habe sich die Berufungswerberin auf die Befolgung des Auftrages verlassen dürfen und schon durch die Auftragserteilung alles getan, um die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften sicherzustellen.
  • Jedenfalls dürfe nicht schon dadurch, dass zwar der objektive Tatbestand, als einmaliger Vorfall, gegeben sei, automatisch auch die Erfüllung der Schuldseite zu Grunde gelegt werden; auch habe der involvierte, grundsätzlich sehr verlässliche Fahrer aus der Zuwiderhandlung "keinerlei Vorteile von der Firma zugewendet" erhalten.
  • Schließlich könne darin, dass der Vorfall sozusagen durch eine "Fleißaufgabe" des Lenkers zu Stande gekommen sei - er sei eben zu früh weggefahren - , kein anderes als nur ein äußerst geringes Verschulden der Berufungswerberin erblickt werden, weshalb (hilfsweise) iSd § 21 VStG von einer Strafe abzusehen gewesen wäre.


 
Diesem Vorbringen ist zunächst entgegen zu halten, dass die belangte Behörde im Berufungsfall in unmissverständlicher Weise - und zutreffend - von Ungehorsamsdelikten ausgegangen ist und ausdrücklich im Zusammenhang damit die Verwirklichung der subjektiven Tatseite im Grunde des § 5 VStG angenommen hat. Vor diesem rechtlichen Hintergrund aber versäumte es die Berufungswerberin, in allen Einzelheiten auszuführen, in welcher Weise sie als Arbeitgeberin ein wirksames Kontrollsystem eingerichtet und - durch Ergreifen bestimmter Maßnahmen, die sie selbst in ihrem Rechtsmittel konkret darzustellen gehabt hätte - angewendet hat, um iSd Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes die Befolgung ihrer (im übrigen bloß schlicht behaupteten) Anweisung betreffend die Einhaltung von Arbeitszeit-Vorschriften sicherzustellen bzw. im Missachtungsfall sogleich und nachhaltig eingreifen zu können.
 
An dieser Beurteilung vermochte weder die vorgelegte Stellungnahme des BMfWA (die im übrigen konkrete Vorgaben für die Gestaltung eines hinreichenden Kontrollsystems im Betrieb der Berufungswerberin gar nicht enthalten hatte) noch der Hinweis auf den Umstand, wonach der 9. März 2003 ein Sonntag gewesen und daher das weisungswidrige Verhalten des Lenkers nicht verhinderbar gewesen sei noch die Behauptung, dass der Disponent sehr umsichtig sei und auch laufend kontrolliere (während der Fahrten telefonisch sowie nach den Fahrten durch Überprüfung der Tachografenscheiben), etwas zu ändern, weil mit diesem Vorbringen kein Beitrag zur Darstellung eines effizienten, konkrete Eingriffs- und Sanktionsmaßnahmen beinhaltenden Kontrollsystems geleistet wurde.
Von der Anwendung einer, wie es die Berufungswerberin sieht, Verschuldensautomatik durch die belangte Behörde kann keine Rede sein. Auch war es in Fällen wie vorliegend nicht Aufgabe der Strafbehörde, zu ermitteln, ob bei Befolgung des (behaupteten) Auftrages durch den Lenker die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen täglichen Ruhezeit und Einsatzzeit möglich gewesen wäre. Unter allen diesen Umständen war daher, entgegen der Ansicht der Berufungswerberin, nicht zweifelhaft, dass vorliegend selbst ein "einmaliger Vorfall" die Erfüllung der subjektiven Tatseite zu Lasten des für die Einrichtung und Handhabung eines wirksamen Kontrollsystems verantwortlichen Vertretungsorgans im Grunde einfacher Fahrlässigkeit schlagend machen konnte.
 
Dem hilfsweise beantragten Absehen von der Strafe war schon deswegen nicht näher zu treten, weil im Hinblick auf die Dauer der Fehl-/Überschreitungszeiten das Merkmal des unbedeutenden Unrechtsgehaltes (im § 21 Abs.1 VStG verselbständigt als "Folgen der Übertretung unbedeutend") für beide Fakten nicht erfüllt ist.
 
Aus allen diesen Gründen war, weil auch gegen das Ausmaß der konkret verhängten Geldstrafen nichts vorgebracht wurde und Ermessensfehler der belangten Behörde diesbezüglich nach Auffassung des UVS nicht vorliegen - zu 1. wurde nur die Mindeststrafe, zu 2. eine nur geringfügig höhere Strafe verhängt - , wie im Spruch zu erkennen. Die gleichzeitig zu verfügen gewesene Richtigstellung der Strafverhängungsnorm ist ohne Einfluss auf den Abspruchsgegenstand.
 
Bei diesem Verfahrensergebnis waren der Berufungswerberin Beiträge zu den Kosten des Tribunalverfahrens in der gesetzlich bestimmten Höhe (20 % der je verhängten und bestätigten Geldstrafe) aufzuerlegen.
 
 

Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 

 

Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 180 Euro zu entrichten.
 
 
 
 

Mag. Gallnbrunner