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des Landes Oberösterreich
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VwSen-300333/2/Kei/La

Linz, 20.06.2001

VwSen-300333/2/Kei/La Linz, am 20. Juni 2001
DVR.0690392
 

E R K E N N T N I S
 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Keinberger über die Berufung der R S, N 4 T, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. Februar 2000, Zl. Pol96-40-1999, wegen einer Übertretung des Oö. Polizeistrafgesetzes (Oö. PolStG), zu Recht:
 

  1. Der Berufung wird mit der Maßgabe, dass der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses nachstehend berichtigt wird, im Hinblick auf die Schuld keine Folge gegeben. Im Hinblick auf die Strafe wird der Berufung insoferne teilweise Folge gegeben, als die Geldstrafe auf 2.000 S (entspricht 145,35 Euro) und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 10 Stunden herabgesetzt wird.
  2. Die als erwiesen angenommene Tat (§ 44a Z1 VStG) lautet:
    "Sie haben am 15. Dezember 1998 um ca. 2015 Uhr in L, F 17, im Bereich der Shell-Tankstelle in einem mit dem Bediensteten der Bundespolizeidirektion Linz Bezirksinspektor D geführten Gespräch ein Verhalten gesetzt, das auf die Anbahnung der Prostitution abgezielt hat. In diesem Gespräch haben Sie dem Bezirksinspektor D die Durchführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs mit Ihnen für den 15. Dezember 1998 ca. 2130 Uhr in einer Wohnung im L 2, L/U, B 23, in Aussicht gestellt."
    Die Verwaltungsvorschriften, die durch die Tat verletzt worden sind (§ 44a Z2 VStG), lauten:
    "§ 2 Abs.3 lit.a iVm § 10 Abs.1 lit.b Oö. PolStG".
     
    Rechtsgrundlage:
    § 66 Abs.4 AVG iVm § 24 VStG, § 44a und § 51 Abs.1 VStG.
     

  3. Die Berufungswerberin hat als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens 10 % der verhängten Strafe, das sind 200 S (entspricht 14,53 Euro), zu leisten. Die Vorschreibung eines Beitrages zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat hatte hingegen zu entfallen.
  4.  

Rechtsgrundlage:
§ 64 Abs.1 und 2 und § 65 VStG.
 
Entscheidungsgründe:
 
1. Der Spruch des in der Präambel angeführten Straferkenntnisses lautet (auszugsweise):
"Sie haben am 13.12.1998 in der Ausgabe der Neuen Kronen Zeitung mittels Inserat auf Seite 50 unter der Rubrik 'Begleitungen' *NEU Private Begleitagentur L, 21 Jahre, schlank aufgeschlossen - Tel. 0*, die Prostitution angebahnt oder anzubahnen versucht, obwohl die Anbahnung bzw. der Versuch der Anbahnung der Prostitution durch öffentliche Ankündigung, insbesondere in Druckwerken oder anderen Medien verboten ist.
Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschrift(en) verletzt:
§ 2 Abs.3 lit. b iVm § 10 Abs.1 lit.b Polizeistrafgesetz 1979, LGBl.Nr. 36, idF LGBl.Nr. 94/1985, 30/1995 (im folgenden PolStG).
Wegen dieser Verwaltungsübertretung(en) wird über Sie folgende Strafe verhängt:
Geldstrafe von S 3.000,--
Falls diese uneinbringlich ist Ersatzfreiheitsstrafe von 15 Stunden.
Rechtsgrundlage:
§ 10 Abs.1 lit.b PolStG.
Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:
S 300,-- Schilling als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, d.s. 10 % der Strafe
(je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 200 S angerechnet)
Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher
S 3.300,-- Schilling. Außerdem sind die Kosten des Strafvollzuges zu ersetzen (§ 54d
VStG)."
 
2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die fristgerecht erhobene Berufung.
Die Berufungswerberin (Bw) brachte in der Berufung vor (auszugsweise):
"Sehr geehrte Fr. B!
Ich möchte gegen die von Ihnen erhobene Straferkenntnis (Schreiben vom 21.02.2000) zugestellt am 15.03.2000, in aller Form Einspruch erheben. Meine Begründung hierfür ist:
 

  1. Möchte ich nach wie vor die gegen mich erhobenen Vorwürfe auf das schärfste zurückweisen. Ich bleibe immer noch bei den von mir getätigten Aussagen.
  2. Sie haben es bis jetzt versäumt den Auftraggeber des Inserates in der Kronen Zeitung zu eruieren.
  3. Ist die von Ihnen verhängte Geldstrafe in ihrer Höhe nicht gerechtfertigt da mein Einkommen derzeit weit unter dem von Ihnen angenommenen Betrag liegt. Ich habe meine Vermögenswerte, in meinem Schreiben vom 19.04.1999 welches ich Ihnen in Kopie beilege, bekannt gegeben.
  4. Haben sich meine Familienverhältnisse in der Zwischenzeit ebenfalls geändert. Ich bin mittlerweile verheiratet und erwarte im September 2000 ein Kind. Meinen Verdienst beziehe ich von der OÖ. GKK da ich von meinem letzten Arbeitgeber während des Krankenstandes gekündigt worden bin.

Nach eingehenden Gesprächen und Diskussionen mit meinem Ehegatten sind wir zu der Erkenntnis gelangt, dass es für uns, meinem nervlich desolaten Zustand und für unser ungeborenes Kind besser wäre eine von Ihnen verhängte, nach den neuen Vermögensverhältnissen berechneten, Strafe zu bezahlen, um diese leidige Angelegenheit ein für alle Mal zu bereinigen."
 
3. Der Oö. Verwaltungssenat hat in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. April 2000, Zl. Pol96-40-1999, Einsicht genommen.
 
Folgender Sachverhalt wurde als erwiesen angenommen und der Entscheidung zu Grunde gelegt:
Am 13. Dezember 1998 erschien in der Ausgabe der Neuen Kronen Zeitung ein Inserat mit folgendem Inhalt: "NEU Private Begleitagentur L, 21 Jahre, schlank, aufgeschlossen."
Am 15. Dezember 1998 um ca. 19.15 Uhr rief der Bedienstete der Bundespolizeidirektion Linz Bezirksinspektor D bei der im Inserat angegebenen Telefonnummer an. Mit einer Frau wurde in diesem Telefonat ein Treffen zwischen Bezirksinspektor D und der Bw vereinbart und zwar für den 15. Dezember 1998 um 20.00 Uhr bei der Shell-Tankstelle in Linz, F 17. Bezirksinspektor D war zur vereinbarten Zeit im Bereich der angeführten Tankstelle. Am 15. Dezember 1998 um ca. 20.15 Uhr kam die Bw im Bereich der angeführten Tankstelle zum Kraftfahrzeug in dem Bezirksinspektor D war und sagte zu Bezirksinspektor D: Sie würde gegen Entgelt Sex mit ihm (dem BI D) machen. Sie hätte zwar noch einen Kunden, sie würde "es" danach um 300 S billiger machen. Bezirksinspektor D solle um 21.30 Uhr in L/U, B 23, L, im Bereich der Tiefgarage sein und von dort aus könnten sich die beiden Personen zur Durchführung eines entgeltlichen Geschlechtsverkehrs in eine Wohnung im L begeben.
Dass Bezirksinspektor D und die Bw dieses Gespräch geführt haben hat Abteilungsinspektor S, der sich in einer Entfernung von ca. 50 m zu den beiden Personen befand, wahrgenommen (er hat wegen der Entfernung den Inhalt des Geprächs nicht wahrgenommen).
Die Bw hatte 1997 und 1998 in W als registrierte Prostituierte gearbeitet und hat für diese Tätigkeit das Gesundheitsbuch gehabt.
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:
4.1. § 2 Abs.3 Oö. PolStG lautet (auszugsweise):
Eine Verwaltungsübertretung begeht,
a) wer sich an einem öffentlichen Ort in einer Weise verhält, die auf die Anbahnung der Prostitution abzielt. Als öffentlicher Ort hat ein solcher zu gelten, der jederzeit von einem nicht von vornherein beschränkten Kreis von Personen betreten werden kann oder im Rahmen seiner Zweckbestimmung allgemein zugänglich ist. Dem Verhalten an einem öffentlichen Ort ist ein Verhalten gleichgestellt, das zwar nicht an einem öffentlichen Ort gesetzt wird, das aber von dort aus wahrgenommen werden kann,
b) wer durch öffentliche Ankündigung, insbesondere in Druckwerken oder anderen Medien, die Prostitution anbahnt oder anzubahnen versucht (Angabe der Adresse, der Telefonnummer, eines Treffpunktes und dgl.). Eine Verwaltungsübertretung liegt nicht vor, wenn öffentliche Ankündigungen in Medien erfolgen, die der Anbahnung der Prostitution dienen, sofern diese Medien ausschließlich in solchen Betriebsstätten zum Zweck der Verbreitung vorrätig gehalten werden, die von Jugendlichen nach den Bestimmungen des Oö. Jugendschutzgesetzes 1973, LGBl. Nr. 22, nicht betreten werden dürfen.
§ 10 Abs.1 Oö. PolStG lautet (auszugsweise):
Verwaltungsübertretungen gemäß § 1, § 2 Abs.3 und § 3 sind von der Bezirksverwaltungsbehörde, im Wirkungsbereich einer Bundespolizeidirektion von dieser, bei Übertretungen nach
...
b) § 2 Abs.3 mit Geldstrafe bis S 200.000, im Falle der Uneinbringlichkeit mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen.
 
4.2. Der in der als erwiesen angenommenen Tat des Spruches des gegenständlichen Straferkenntnisses angeführte Sachverhalt wurde durch den Oö. Verwaltungssenat als erwiesen angenommen auf Grund der Unterlagen des gegenständlichen Verwaltungsaktes - und zwar insbesondere dem Auszug aus der Neuen Kronen Zeitung auf dem das Inserat aufscheint und den Niederschriften, die mit Bezirksinspektor D, Abteilungsinspektor S, Bezirksinspektor W und Gruppeninspektor P jeweils am 9. April 1999 aufgenommen worden sind.
Zum Inhalt des gegenständlichen Inserates:
Bemerkt wird, dass die Beurteilung des Inhaltes des Inserates ohne Berücksichtigung des Verhaltens der Bw nach dem Erscheinen des Inserates - insbesondere desjenigen am 15. Dezember 1998 um ca. 20.15 Uhr - zu erfolgen hat. Insbesondere die Worte im Inserat "schlank" und "aufgeschlossen" im Kontext des Textes des Inserates sind geeignet, Assoziationen auch im Hinblick auf Prostitution zu wecken. Zu berücksichtigen ist aber auch, dass es (auch) ("seriöse") Begleitagenturen bzw. ein ("seriöses") Begleitservice gibt. Die Schwelle, ab der durch das Inserat von einer (versuchten) Anbahnung der Prostitution ausgegangen werden kann, ist nicht erreicht und das gegenständliche Inserat diente nicht mehr erkennbar dazu, die Anbahnung von Beziehungen zur sexuellen Befriedigung anderer Personen zu Erwerbszwecken zu bewirken.
 
Im oben angeführten Gespräch der Bw mit Bezirksinspektor D am 15. Dezember 1998 um ca. 20.15 Uhr im Bereich der Tankstelle - an einem öffentlichen Ort - hat sich die Bw in einer Weise verhalten, die auf die Anbahnung der Prostitution abgezielt hat.
Eine diesbezügliche Spruchberichtigung war zulässig, weil innerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist eine taugliche Verfolgungshandlung gesetzt wurde (Strafverfügung der Bundespolizeidirektion Linz vom 7. Jänner 1999, Zl. S-44.330/98-2).
 
Der objektive Tatbestand des § 2 Abs.3 lit.a iVm § 10 Abs.1 lit.b Oö. PolStG wurde im gegenständlichen Zusammenhang verwirklicht. Das Verschulden der Bw wird - ein Rechtfertigungsgrund oder ein Schuldausschließungsgrund liegt nicht vor - als Vorsatz qualifiziert. Die Schuld der Bw ist nicht geringfügig iSd § 21 Abs.1 VStG. Da die Schuld nicht geringfügig ist und somit eines der beiden in § 21 Abs.1 VStG genannten Kriterien nicht erfüllt ist, konnte diese Bestimmung nicht angewendet und nicht von der Verhängung einer Strafe abgesehen werden.
 
4.3. Zur Strafbemessung:
Mildernd wird die Unbescholtenheit gewertet (§ 34 Abs.1 Z2 StGB iVm § 19 Abs.2 VStG). Ein weiterer Milderungsgrund liegt nicht vor. Ein Erschwerungsgrund liegt nicht vor.
Im Hinblick auf die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse der Bw wird von folgenden Grundlagen ausgegangen: Einkommen: keines, Vermögen: keines, die Bw ist verheiratet und hat mit ihrem Gatten eine Sorgepflicht für ein Kind.
Der Aspekt der Generalprävention wird berücksichtigt. Der Aspekt der Spezialprävention wird nicht berücksichtigt.
Auf den erheblichen Unrechtsgehalt und auf das Ausmaß des Verschuldens wird Bedacht genommen.
Die Strafe wurde durch den Oö. Verwaltungssenat herabgesetzt, weil der Oö. Verwaltungssenat im Hinblick auf die Einkommensverhältnisse und im Hinblick auf die Sorgepflicht von den o.a. Grundlagen ausgegangen ist und weil diese Grundlagen für die Bw günstiger sind als die diesbezüglichen Grundlagen, von denen die belangte Behörde ausgegangen ist.
 
Es war spruchgemäß (Spruchpunkt I) zu entscheiden.
 
5. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Bw gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ein Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe, das sind 200 S, vorzuschreiben. Da der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, sind für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat keine Kosten zu leisten (§ 65 VStG).
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S (entspricht 181,68 Euro) zu entrichten.
 
 
Dr. Keinberger