Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300366/17/Ki/Ka

Linz, 16.10.2001

VwSen-300366/17/Ki/Ka Linz, am 16. Oktober 2001

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Leitgeb, Berichter: Mag. Kisch) über die Berufung der MG, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. FW, vom 25.10.2000, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19.10.2000, GZ.933-11-600044768/1, wegen einer Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes 1999, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.10.2001, zu Recht erkannt:
 
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
 
II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.
 
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG
 
Entscheidungsgründe:
 
I.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 19.10.2000, GZ. 933-11-600044768/1, wurde die Berufungswerberin (Bw) für schuldig befunden, sie sei als Geschäftsführerin der Firma G Restaurantbetriebsgesellschaft m.b.H., nach außen hin zur Vertretung befugtes Organ und habe es somit als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort zu verantworten, dass zumindest am 29.6.2000, 16.15 Uhr bis 16.50 Uhr bzw seit 12.4.2000 am Standort S, ("Café-Pub") der Geldspielapparat Winnerboy (Programm: Magic Cardquiz), mit der Nr.H 2219 aufgestellt war und betrieben wurde. Sie habe dadurch § 3 Abs.1 Z1 iVm § 10 Abs.1 Z3 Oö. Spielapparategesetz 1999, LGBl.Nr.53/1999, verletzt. Gemäß § 10 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz 1999 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 S (EFS 14 Tage) verhängt. Außerdem wurde sie gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 3.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.
 
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 25.10.2000, in welcher weitwendig und unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) eine Vielzahl von Begründungsmängeln behauptet wird.
 
I.3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die laut Geschäftsordnung zuständige 9. Kammer zu entscheiden.
 
I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.10.2001.
 
An dieser Verhandlung nahmen der Rechtsvertreter der Bw sowie ein Vertreter der Erstbehörde teil. Als Zeuge wurde das Kontrollorgan des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Herr BG, einvernommen. Auf die Einvernahme des weiteren Kontrollorganes, Herrn PS, wurde mit Zustimmung aller Verfahrensparteien verzichtet.
 
I.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt bzw als Ergebnis der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung werden nachstehend entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:
 
Im Rahmen einer Überprüfung durch Kontrollorgane der Erstbehörde am 19.6.2000 wurde der verfahrensgegenständliche Spielapparat vorgefunden und es wurde ein Probespiel zur Feststellung der Funktionsweise des Gerätes durchgeführt. Das Ergebnis wurde in Form einer Notiz im Kontrollbericht wie folgt zusammengefasst:
 
"Winnerboy
bet 5,00, kein Autohold, Gamblefunktion High/Low, Lastdata, Score (Würfelspiel = ein Zwischenspiel, die Augentaschen des Würfels werden verglichen) bis 10 Spiele, Höchstgewinn 200 S.
 
Magicbonus, Mysterybonus, 2 deals"
 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte das Kontrollorgan bei seiner Einvernahme, dass die Kontrolle durchgeführt wurde, zumal vorher eine Bewilligung untersagt worden ist. Die Kontrolle sei ziemlich gleich verlaufen, wie im Lokal "Jackpot" am 19.6.2000 (siehe VwSen-300365).
 
Der Rechtsvertreter der Bw brachte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ua auch vor, dass es unklar sei, welches Gesetz anzuwenden sei, nämlich das Oö. Spielapparategesetz oder das Glücksspielgesetz. Diesbezüglich wären vom Zeugen ungenaue Angaben erfolgt, sodass der Sachverhalt nicht exakt erklärt werden könne. Hiezu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich.
 
I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:
 
Gemäß § 1 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz 1999 sind die Bestimmungen dieses Landesgesetzes, soweit die Zuständigkeit des Bundes, insbesondere in Angelegenheiten des Glücksspielmonopols, berührt wird, so auszulegen, dass sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergibt.
 
Gemäß § 4 Abs.2 Glücksspielgesetz unterliegen Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten nicht dem Glücksspielmonopol, wenn
 
1.) die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 5 S nicht übersteigt und
2.) der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 200 S nicht übersteigt.
 
Im vorliegenden Falle wäre es durchaus denkmöglich, dass das gegenständliche Spielgerät, wie auch die Bw anführt, dem Glücksspielmonopol nach dem Glücksspielgesetz unterliegen könnte und der vorliegende Sachverhalt daher von der salvatorischen Klausel des Oö. Spielapparategesetzes erfasst wäre. Das als Zeuge einvernommene Kontrollorgan des Magistrates der Landeshauptstadt Linz konnte diesbezüglich keine genauen Angaben machen. Zwar wurde von ihm ein Probespiel durchgeführt, exakte Ausführungen, insbesondere im Hinblick auf die Gewinnmöglichkeiten des Gerätes wurden von ihm nicht gemacht. Die Berufungsbehörde vertritt dazu die Auffassung, dass diesbezüglich jedenfalls ein befugter Sachverständiger eine Beurteilung des konkreten Gerätes vorzunehmen hätte. Letztlich kann dieser Umstand aber im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, zumal das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.
 
Gemäß § 3 Abs.1 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist verboten
 

1. das Aufstellen von Geldspielapparaten;
 
2. die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten.
 
Gemäß § 10 Abs.1 Oö. Spielapparategesetz 1999 begeht eine Verwaltungsübertretung,
 
1. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 verstößt;
 
3. wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 duldet;
 
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der hiezu ergangenen Judikatur des VwGH ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Dabei sind die Anforderungen an Tatort und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtschutzüberlegungen zu messen (vgl. VwGH 9.9.1998, 97/04/0031 ua.). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1996, S.971).
 
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (VwGH 3.9.1996, 96/04/0080 ua). Sache des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (VwGH 19.3.1997, 93/11/0107 ua). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher nicht zulässig (VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).
 
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Erstbehörde ist derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Der Tatvorwurf der Erstbehörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands nach § 10 Abs 1 Z 3 iVm § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.
 
Mit der Umschreibung, die Bw habe es als Verfügungsberechtigte über den Aufstellort zu verantworten, dass der gegenständliche Geldspielapparat aufgestellt war und betrieben wurde, hat die Erstbehörde keinen dem Oö. Spielapparategesetz 1999 entsprechenden, sondern einen eigenständigen Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz keine Deckung findet. Einerseits wird vom Verbot nach § 3 Abs.1 Z1 Oö. Spielapparategesetz 1999 der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Geldspielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst. Andererseits stellt das Oö. Spielapparategesetz nicht auf das Betreiben des Spielapparates schlechthin ab, sondern exakt auf die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten. Der Vorwurf der Erstbehörde geht demnach gemessen am gesetzlichen Wortlaut ins Leere.
 
Da die Erstbehörde keine nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einstellen. Auf das weitere Berufungsvorbringen musste daher nicht mehr näher eingegangen werden.
 
II. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.
 
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
 

Dr. B l e i e r

 
 
 

Beschlagwortung:
Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes - Tatkonkretisierung