Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300371/3/WEI/Bk

Linz, 27.09.2001

VwSen-300371/3/WEI/Bk Linz, am 27. September 2001 DVR.0690392

 

E R K E N N T N I S
 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 3. Kammer (Vorsitzender Dr. Fragner, Berichter Dr. Weiß, Beisitzerin Mag. Bissenberger) über die Berufung des I, vertreten durch Dr. F, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 20. November 2000, Zl. 933-11-600035281/SV2.2, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 (LGBl Nr. 53/1999) zu Recht erkannt:
 
 
I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG eingestellt.
 
II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.
 
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs 4 AVG 1991 iVm § 24 VStG 1991; § 66 Abs 1 VStG 1991.
 
 
Entscheidungsgründe:
 
1.1. Mit dem bezeichneten Straferkenntnis hat die belangte Behörde den Berufungswerber (Bw) als den persönlich haftenden Gesellschafter der Firma F KEG und somit als nach außen zur Vertretung befugtes Organ schuldig gesprochen, weil er es als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort geduldet habe, dass zumindest am 29. Juni 2000 von 14.50 - 16.00 Uhr und am 17. August 2000 von 21.50 - 22.00 Uhr am Standort S, L("C"), der verbotene Geldspielapparat Impera Casinomaster (Magic Cardquiz), Geräte-, Erzeuger- oder Seriennummer 961030274 aufgestellt war.
 
Dadurch erachtete die belangte Behörde § 10 Abs 1 Z 3 iVm § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 iVm § 9 Abs 1 VStG als verletzte Rechtsvorschriften und verhängte wegen dieser Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 eine Geldstrafe von S 30.000,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit 14 Tage (336 Stunden) Ersatzfreiheitsstrafe. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden S 3.000,-- (10 % der Strafe) vorgeschrieben.
 
1.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 4. Dezember 2000, die offenbar rechtzeitig am 5. Dezember 2000 bei der belangten Behörde eingebracht worden ist.
 
2. Aus dem angefochtenen Bescheid und der Aktenlage ergibt sich im Wesentlichen der nachstehende S a c h v e r h a l t :
 
2.1. Anlässlich von Spielapparatekontrollen am 29. Juni und 17. August 2000 im Lokal "C" in L, stellte das Prüfungsorgan der belangten Behörde jeweils fest, dass der Spielapparat der Firma Impera vom Typ "Casino Master", Gerätenummer 961030274, mit dem Spielprogramm Magic Cardquiz aufgestellt war. Der Bw konnte dem Prüfungsorgan keine Spielapparatebewilligung vorweisen. Obwohl der Bw laut Bericht des Kontrollorgans zunächst versprochen hatte, den Spielapparat zu entfernen, wurde er bei der Kontrolle am 17. August 2000 abermals vorgefunden.
 
Die belangte Behörde führt in der Begründung ihres Straferkenntnisses aus, dass der im Spruch dargestellte Sachverhalt im Rahmen der oben genannten Überprüfungen durch Kontrollorgane festgestellt worden wäre. Bei einem unentgeltlich ermöglichten Probespiel am 29. Juni 2000 zur Feststellung der Funktionsweise sei Folgendes festgestellt worden:
 
Beim gegenständlichen Spielapparat handle es sich um einen Poker-Automaten mit einem Höchsteinsatz von S 5,-- pro Spiel und der in Aussicht gestellte Gewinn übersteige nicht den Betrag von S 200,--. Das Spielprogramm (Magic Cardquiz) verfüge über folgende Funktionen:
 

2.2. Mit Aufforderung zur Rechtfertigung vom 29. August 2000 hat die belangte Behörde dem Bw angelastet, er habe den gegenständlichen "... verbotenen Geldspielapparat aufgestellt bzw. das Aufstellen des Geldspielapparates zu verantworten ..." oder zumindest als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort das Aufstellen des Geldspielapparates geduldet.
 
Als Zeit der Begehung nennt die belangte Behörde die Kontrolle am 29. Juni 2000 14.50 - 16.00 Uhr und am 17. Juli 2000, bei der der bezeichnete Geldspielapparat aufgestellt, ans Stromnetz angeschlossen und in Betrieb gewesen wäre. Ferner wurden die Feststellungen der Organe der belangten Behörde während des Probespiels bekannt gegeben. Die belangte Behörde forderte den Bw weiter auf Angaben zu machen und zu belegen (Automatenaufstellvertrag, Automatenabrechnung etc.), wer den Geldspielapparat im Lokal aufgestellt hat, auf wessen Veranlassung und wann dies erfolgt ist. Für den Fall der Nichtbekanntgabe der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse kündigte die belangte Behörde an, ein monatliches Nettoeinkommen von S 20.000,-- bei fehlenden Sorgepflichten anzunehmen.
 
Der Bw sprach weder bis zum gesetzten Termin am 26. September 2000 bei der belangten Behörde vor, noch erstattete er eine schriftliche Rechtfertigung. In weiterer Folge erließ die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis vom 20. November 2000.
 
2.3. In der weitwendigen Berufung wird unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes eine Vielzahl von Begründungsmängeln behauptet und dazu im Wesentlichen vorgebracht, dass dem angefochtenen Straferkenntnis keine ausreichende Sachverhaltsdarstellung zu entnehmen sei. Die belangte Behörde habe keine Feststellungen zur Software und Hardware und damit auch nicht zum exakten Programmablauf des gegenständlichen Spielapparates getroffen. Der Sachverhalt könne der angewendeten Rechtsnorm nicht eindeutig zugeordnet werden.
 
In diesem Zusammenhang wird auf die von der belangten Behörde übersehenen Wahlmöglichkeit des Spielers hingewiesen, beim sog. Risikospiel (Gamblespiel) einen als Teilergebnis erzielten Gewinn entweder zu verdoppeln oder zu verlieren. Bei diesem Spiel würden in schneller Zeitabfolge wechselweise Reihen von jeweils vier Kartensymbolen aufblinken, wobei der Spieler abzuschätzen hätte, ob nach Betätigung der Stoppvorrichtung eine höhere oder niedrigere Karte angezeigt wird. Ein effektives Ausschöpfen dieser Wahlmöglichkeit korreliere im hohen Maß mit der individuellen intellektuellen Geschicklichkeit des einzelnen Spielers. Die belangte Behörde habe verabsäumt, auf die Frage des Überwiegens der Geschicklichkeitskomponente einzugehen. Sie habe, ohne sachkundig zu sein, eine Qualifikation vorgenommen, für die spezielles Fachwissen essentiell sei.
 
Die weiteren Ausführungen rügen eine fehlende Begründung zur rechtlichen Beurteilung und bekämpfen ferner auch die Strafbemessung. Abschließend beantragt die Berufung die Aufhebung des angefochtenen Bescheids, allenfalls die Ergänzung des Ermittlungsverfahrens, weiter die Herabsetzung der Strafe oder ein Absehen von der Strafe nach § 21 VStG.
 
3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat nach Einsicht in den vorgelegten Verwaltungsstrafakt unter Berücksichtigung des Berufungsvorbringens festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.
 
4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:
 
4.1. Gemäß § 3 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist verboten
 

1. das Aufstellen von Geldspielapparaten;
 
2. die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten;
 
3. ........
 
Gemäß § 10 Abs 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 begeht eine Verwaltungsübertretung,
 
1. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 verstößt;
 
2. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 3 und Z 4 verstößt;
 
3. wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein
Verbot gemäß § 3 duldet;
 
4. .....
 
Nach § 10 Abs 2 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist eine Verwaltungsübertretung gemäß § 10 Abs 1 Z 1, 3, 4, 5 oder 8 leg. cit. mit einer Geldstrafe von 2.000 bis zu 20.000,-- Euro zu bestrafen, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Gemäß § 13 Abs 4 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 gilt bis zum Ablauf des 31. Dezember 2001 im § 10 Abs 2 leg.cit. anstelle des Strafrahmens von 2.000 bis 20.000 Euro ein Strafrahmen von S 28.000,-- bis S 280.000,--.
 
4.2. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu den Sprucherfordernissen nach § 44a Z 1 VStG ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht (stRsp seit den verst. Senaten VwSlg 11.466 A/1984 und VwSlg 11.894 A/1985). Dabei sind die Anforderungen an Tatort- und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtsschutzüberlegungen zu messen (vgl u.a. im Anschluss an verst. Senat VwSlg 11.894 A/1985; VwGH 29.9.1993, 93/02/0046; VwGH 31.1.1995, 95/05/0008; VwGH 9.9.1998, 97/04/0031). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (vgl mwN Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens5, 1996, 971).
 
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Rechtsmittelbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (vgl allgemein VwGH 25.3.1994, 93/02/0228; VwGH 19.5.1993, 92/09/0360; VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchsgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (vgl VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (vgl etwa VwGH 25.9.1992, 92/09/0178; VwGH 8.2.1995, 94/03/0072; VwGH 3.9.1996, 96/04/0080). Dabei ist Sache des Berufungsverfahrens die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (vgl u.a. VwGH 24.3.1994, 92/18/0356; VwGH 23.10.1995, 94/04/0080; VwGH 29.10.1996, 96/07/0103; VwGH 19.3.1997, 93/11/0107). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher unzulässig (vgl VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).
 
4.3. Der Spruch im angefochtenen Straferkenntnis der belangten Behörde ist derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Der Tatvorwurf der belangten Behörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands nach § 10 Abs 1 Z 3 iVm § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.
 
Mit der Umschreibung, der Bw habe als außenvertretungsbefugtes Organ der F KEG und als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort zumindest zu den (bloß) angegebenen Zeitpunkten der Spielapparatekontrollen geduldet, dass der gegenständliche Geldspielapparat aufgestellt war, hat die belangte Behörde keinen dem Oö. Spielapparategesetz 1999 entsprechenden, sondern einen eigenständigen Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz keine Deckung findet. Denn vom Verbot nach § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 wird der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Geldspielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst. Auch im Fall des Duldungstatbestands nach § 10 Abs 1 Z 3 Oö. Spielapparategesetz 1999, der auf die Verbote des § 3 leg. cit. Bezug nimmt, ist dies zu beachten. Auf das Verbot nach § 3 Abs 1 Z 2 leg. cit. (Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten) hat die belangte Behörde ebenso wenig abgestellt. Der Tatvorwurf der belangten Behörde geht demnach gemessen am gesetzlichen Wortlaut ins Leere.
 
4.4. Da die belangte Behörde keine nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Die erkennende Kammer musste daher schon auf Grund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einstellen, ohne dass auf das Berufungsvorbringen näher eingegangen hätte werden müssen.
 
5. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von S 2.500,-- (entspricht 181, 68 Euro) zu entrichten.
 
 
 
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