Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300376/16/Ki/Ka

Linz, 16.10.2001

VwSen-300376/16/Ki/Ka Linz, am 16. Oktober 2001

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Leitgeb, Berichter: Mag. Kisch) über die Berufung des GI, vom 29.12.2000, nunmehr vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H A, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.12.2000, GZ.933-11-600038001/SV1.2, wegen einer Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes 1999, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.10.2001, zu Recht erkannt:
 
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
 
II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.
 
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG
 
Entscheidungsgründe:
 
I.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 15.12.2000, GZ. 933-11-600038001/SV1.2, wurde der Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe es als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort zu verantworten, dass zumindest am 29.6.2000 von 16.55 Uhr bis 17.15 Uhr am Standort SStraße 1, L ("S-Tankstelle") der verbotene Geldspielapparat Gratispoker, Nr.01900795, aufgestellt war und ohne Bewilligung betrieben wurde. Er habe dadurch § 3 Abs.1 Z1 iVm § 10 Abs.1 Z3 Oö. Spielapparategesetz 1999, LGBl.Nr.53/1999 verletzt. Gemäß § 10 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz 1999 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 S (EFS 14 Tage) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 3.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende Berufung. Darin wird der Antrag auf Aufhebung des Straferkenntnisses mit der Begründung, es bestehe eine Genehmigung für einen Gratispoker an diesem Standort, gestellt.
 
I.3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die laut Geschäftsordnung zuständige 9. Kammer zu entscheiden.
 
I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.10.2001.
 
An dieser Verhandlung nahmen der Bw im Beisein seines Rechtsvertreters sowie ein Vertreter der Erstbehörde teil. Als Zeugen wurde das damalige Kontrollorgan des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Herr BG sowie Frau KR einvernommen.
 
I.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt bzw als Ergebnis der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung werden nachstehende entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:
 
Im Rahmen einer Überprüfung am 29.6.2000 wurde durch das Kontrollorgan der Erstbehörde der verfahrensgegenständliche Spielapparat am bezeichneten Aufstellort vorgefunden. Das Ergebnis der Überprüfung wurde in Form einer Notiz im Kontrollbericht wie folgt zusammengefasst:
 
"Poker in der Garderobe
 
Autohold, Einsatz bis 50,-, hat verschiedene Spiele und zwar: Superbank, Joker Card, Fruit Poker, Multi win, Gold bonus (= Walzenspiel)
 
Gewinnplan bis 3.000,--, hoch/tief/Gamble"
 
Der Bw führte im Rahmen der mündlichen Berufungsverhandlung aus, dass er ua den gegenständlichen Automaten angemietet hatte. Er habe für diesen jedoch bereits keine Miete mehr bezahlt und den Apparat auch beim Magistrat abgemeldet. Der Apparat sei in einem Personalraum (Garderobe) abgestellt und zur Abholung für den Automatenverleiher bereitgehalten worden, sei aber von letzterem nie abgeholt worden. Die Zeugin R bestätigte diese Aussage.
 
Das als Zeuge einvernommene Kontrollorgan des Magistrates der Landeshauptstadt Linz führte aus, dass er die gegenständliche Kontrolle im Tankstellenlokal durchgeführt habe, es habe sich dabei um eine unangemeldete Routinekontrolle gehandelt. Es seien dort zwei Geräte festgestellt worden, nämlich zwei Pokerapparate. Einer davon habe sich im Kassenbereich befunden, dieses Gerät sei angemeldet gewesen. Das zweite Gerät sei in einem Garderobenraum gewesen, dieses Gerät sei bei der Kontrolle eingeschaltet gewesen, dh es sei eingesteckt gewesen und es habe der Bildschirm geleuchtet. Eines der Spiele sei ein Walzenspiel, wobei bei drei übereinstimmenden Symbolen ein Gewinn erscheine. Hiefür hätten, so nehme er jedenfalls an, 300 Punkte hochgezählt werden können. Ein Probespiel sei nicht durchgeführt worden. Bezüglich Einsatz habe eine Spielmöglichkeit bis zu jeweils 50 Punkten bestanden, dies sei am Bildschirm ersichtlich gewesen. Nach der Kontrolle sei nichts veranlasst worden, die Platine des Gerätes sei nicht geprüft worden, zumal für ihn der wesentliche Punkt das Walzenspiel gewesen sei.
 
Der Rechtsvertreter des Bw brachte ua vor, dass nicht eindeutig zu verifizieren sei, ob es sich tatsächlich um einen Geldspielapparat im Sinne des Gesetzes handle, zumal ein solcher Apparat einen Geldeinwurf implizieren würde. Gegenständlich sei kein Geldeinwurf am Automaten angebracht gewesen. Außerdem könne nur durch Überprüfung der Platine festgestellt werden, ob die Glücksspiel- oder die Geschicklichkeitskomponente überwiege.
 
I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:
 
Zum entscheidungsrelevanten Sachverhalt wird zunächst festgestellt, dass die Eigenschaft des Gerätes als Geldspielapparat im Sinne des Oö. Spielapparategesetzes 1999 in Frage gestellt wurde. Die Berufungsbehörde vertritt dazu die Auffassung, dass eine abschließende Beurteilung wohl nur unter Beiziehung eines befugten Sachverständigen möglich wäre. Letztlich kann dieser Umstand als auch die Frage, ob dieses Gerät als aufgestellt qualifizierbar wäre jedoch dahingestellt bleiben, zumal das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.
 
 
Gemäß § 3 Abs.1 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist verboten
 

1. das Aufstellen von Geldspielapparaten;
 
2. die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten.
 
Gemäß § 10 Abs.1 Oö. Spielapparategesetz 1999 begeht eine Verwaltungsübertretung,
 
1. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 verstößt;
 
3. wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 duldet;
 
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der hiezu ergangenen Judikatur des VwGH ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Dabei sind die Anforderungen an Tatort und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtschutzüberlegungen zu messen (vgl. VwGH 9.9.1998, 97/04/0031 ua.). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1996, S.971).
 
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (VwGH 3.9.1996, 96/04/0080 ua). Sache des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (VwGH 19.3.1997, 93/11/0107 ua). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher nicht zulässig (VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).
 
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Erstbehörde ist derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Der Tatvorwurf der Erstbehörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands nach § 10 Abs 1 Z 3 iVm § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.
 
Mit der Umschreibung, der Bw habe es als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort zu verantworten, dass der gegenständliche Geldspielapparat aufgestellt war und ohne Bewilligung betrieben wurde, hat die Erstbehörde keinen dem Oö. Spielapparategesetz 1999 entsprechenden, sondern einen eigenständigen Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz keine Deckung findet. Einerseits wird vom Verbot nach § 3 Abs.1 Z1 Oö. Spielapparategesetz 1999 der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Geldspielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst. Andererseits stellt das Oö. Spielapparategesetz nicht auf das Betreiben des Spielapparates schlechthin ab, sondern exakt auf die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten. Der Vorwurf der Erstbehörde geht demnach gemessen am gesetzlichen Wortlaut ins Leere.
 
Da die Erstbehörde keine nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einstellen. Auf das weitere Berufungsvorbringen musste daher nicht mehr näher eingegangen werden.
 
II. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 

Dr. B l e i e r

 
 

Beschlagwortung:
Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes - Tatkonkretisierung

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