Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300385/10/Ki/Ka

Linz, 16.10.2001

VwSen-300385/10/Ki/Ka Linz, am 16. Oktober 2001

DVR.0690392

 
 

E R K E N N T N I S

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Leitgeb, Berichter: Mag. Kisch) über die Berufung des GL, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. FW, vom 22.2.2001, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7.2.2001, GZ.933-11-600049692/SV1.2, wegen einer Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes 1999, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.10.2001, zu Recht erkannt:
 
I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis wird behoben und das Verfahren eingestellt.
 
II. Die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens entfällt.
 
Rechtsgrundlage:
zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG
 
Entscheidungsgründe:
 
I.1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 7.2.2001, GZ. 933-11-600049692/SV1.2, wurde der Berufungswerber (Bw) für schuldig befunden, er habe als Pächter und somit Verfügungsberechtigter über den Aufstellort geduldet, dass zumindest am 9.8.2000 von 12.35 Uhr bis 12.50 Uhr und am 31.8.2000 von 14.00 Uhr bis 14.25 Uhr der Geldspielapparat Winnerboy (Programm Magic Cardquiz) mit der Nummer H 2172 am Standort Humboldstraße 3a, 4020 Linz ("Cafe Lambada") aufgestellt war. Er habe dadurch § 10 Abs.1 Z3 iVm § 3 Abs.1 Z1 Oö. Spielapparatgesetz 1999, LGBl.Nr.53/1999, verletzt. Gemäß § 10 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz 1999 wurde eine Geldstrafe in Höhe von 30.000 S (EFS 14 Tage) verhängt. Außerdem wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Beitrages zu den Kosten des Strafverfahrens in Höhe von 3.000 S (10 % der verhängten Geldstrafe) verpflichtet.
 
I.2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die rechtsfreundlich vertretene Berufung vom 22.2.2001, in welcher weitwendig und unter Hinweis auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (VwGH) eine Vielzahl von Begründungsmängeln behauptet wird.
 
I.3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt und damit dessen Zuständigkeit ausgelöst. Dieser hatte, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch die laut Geschäftsordnung zuständige 9. Kammer zu entscheiden.
 
I.4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 2.10.2001.
 
An dieser Verhandlung nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter der Erstbehörde teil. Als Zeuge wurde das damalige Kontrollorgan des Magistrates der Landeshauptstadt Linz, Herr PS, einvernommen.
 
I.5. Aus dem vorliegenden Verfahrensakt bzw als Ergebnis der durchgeführten öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung werden nachstehend entscheidungsrelevante Fakten festgestellt:
 
Im Rahmen einer Überprüfung wurde durch das Kontrollorgan der Erstbehörde festgestellt, dass der verfahrensgegenständliche Geldspielapparat durch einen Techniker der Fa. S GmbH, Wels, aufgestellt wurde.
 
Bei einer weiteren Kontrolle am 31.8.2000 führte das Kontrollorgan ein Probespiel zur Feststellung der Funktionsweise des gegenständlichen Gerätes durch. Das Ergebnis wurde in Form einer Notiz im Kontrollbericht wie folgt zusammengefasst:
"Probespiel S 20, 14.15 - 14.22 von Herrn A
Pokerspiel
3 Deals möglich, kein Autohold, max. Einsatz pro Spiel S 5,--, Gewinn max S 200,--
Gambling: High/Low
Magic Bonus
Mystery Bonus
Es sollen 2 gleiche Kartensymbole erreicht werden
Nm. Banknoteneinzug
Gerät wurde von Herrn A außer Betrieb genommen"
 
Im Rahmen der mündlichen Verhandlung erklärte das Kontrollorgan bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme im Wesentlichen den Ablauf der Probespiele bzw den wesentlichen Spielablauf, erklärte aber, dass es in der Praxis sehr schwer möglich sei, alle Funktionen des Gerätes durchzuspielen. Grundsätzlich sei ein Maximalpunktestand in Höhe von 200 Punkten erreichbar, es könne aber auch durchaus sein, dass dieser Punktestand etwa durch Gambling erhöht werden könne.
 
Der Rechtsvertreter des Bw brachte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ua auch vor, dass es unklar sei, welches Gesetz anzuwenden sei, nämlich das Oö. Spielapparategesetz oder das Glücksspielgesetz. Diesbezüglich wären vom Zeugen ungenaue Angaben erfolgt, sodass der Sachverhalt nicht exakt erklärt werden könne. Hiezu wäre die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich.
 
I.6. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat wie folgt erwogen:
 
Gemäß § 1 Abs.2 Oö. Spielapparategesetz 1999 sind die Bestimmungen dieses Landesgesetzes, soweit die Zuständigkeit des Bundes, insbesondere in Angelegenheiten des Glücksspielmonopols, berührt wird, so auszulegen, dass sich keine über die Zuständigkeit des Landes hinausgehende rechtliche Wirkung ergibt.
 
Gemäß § 4 Abs.2 Glücksspielgesetz unterliegen Ausspielungen mittels eines Glücksspielautomaten nicht dem Glücksspielmonopol, wenn
 
1.) die vermögensrechtliche Leistung des Spielers den Betrag oder den Gegenwert von 5 S nicht übersteigt und
2.) der Gewinn den Betrag oder den Gegenwert von 200 S nicht übersteigt.
 
Im vorliegenden Falle wäre es durchaus denkmöglich, dass das gegenständliche Spielgerät, wie auch der Bw anführt, dem Glücksspielmonopol nach dem Glücksspielgesetz unterliegen könnte und der vorliegende Sachverhalt daher von der salvatorischen Klausel des Oö. Spielapparategesetzes erfasst wäre. Das als Zeuge einvernommene Kontrollorgan des Magistrates der Landeshauptstadt Linz konnte diesbezüglich keine genauen Angaben machen. Zwar wurde von ihm ein Probespiel durchgeführt, exakte Ausführungen, insbesondere im Hinblick auf die Gewinnmöglichkeiten des Gerätes wurden von ihm nicht gemacht. Die Berufungsbehörde vertritt dazu die Auffassung, dass diesbezüglich jedenfalls ein befugter Sachverständiger eine Beurteilung des konkreten Gerätes vorzunehmen hätte. Letztlich kann dieser Umstand aber im vorliegenden Falle dahingestellt bleiben, zumal das angefochtene Straferkenntnis schon aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.
 
Gemäß § 3 Abs.1 Oö. Spielapparategesetz 1999 ist verboten
 

1. das Aufstellen von Geldspielapparaten;
 
2. die Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten.
 
Gemäß § 10 Abs.1 Oö. Spielapparategesetz 1999 begeht eine Verwaltungsübertretung,
 
1. wer gegen ein Verbot gemäß § 3 Abs 1 Z 1 und Z 2 verstößt;
 
3. wer als Verfügungsberechtigter über den Aufstellort einen Verstoß gegen ein Verbot gemäß § 3 duldet;
 
Gemäß § 44a Z1 VStG hat der Spruch (eines Straferkenntnisses), wenn er nicht auf Einstellung lautet, die als erwiesen angenommene Tat zu enthalten. Nach der hiezu ergangenen Judikatur des VwGH ist die Tat so weit zu konkretisieren, dass eine eindeutige Zuordnung zu den Tatbestandsmerkmalen ermöglicht wird und die Identität der Tat unverwechselbar feststeht. Dabei sind die Anforderungen an Tatort und Tatzeitumschreibung von Delikt zu Delikt und je nach den Begleitumständen verschieden und an Rechtschutzüberlegungen zu messen (vgl. VwGH 9.9.1998, 97/04/0031 ua.). Im Spruch sind alle wesentlichen Tatbestandsmerkmale anzuführen, die zur Individualisierung und Konkretisierung des inkriminierten Verhaltens notwendig sind. Eine Umschreibung bloß in der Begründung reicht im Verwaltungsstrafrecht nicht aus (siehe Hauer/Leukauf, Handbuch des österr. Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, 1996, S.971).
 
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes hat die Berufungsbehörde nach § 66 Abs 4 AVG (iVm § 24 VStG) nicht die Befugnis, dem Beschuldigten eine andere Tat als die Erstbehörde anzulasten und damit die Tat auszuwechseln (VwGH 28.2.1997, 95/02/0601). Die Entscheidungsbefugnis der Berufungsbehörde ist durch den Abspruchgegenstand des angefochtenen Bescheides beschränkt (VwGH 23.11.1993, 93/04/0169). Eine Abänderungsermächtigung besteht nur im Rahmen der Sache iSd § 66 Abs 4 AVG (VwGH 3.9.1996, 96/04/0080 ua). Sache des Berufungsverfahrens ist die Angelegenheit, die den Inhalt des Spruchs im Bescheid der Unterbehörde bildet (VwGH 19.3.1997, 93/11/0107 ua). Ein Austausch wesentlicher Tatbestandsmerkmale führt zur Anlastung einer anderen Tat und ist daher nicht zulässig (VwGH 20.11.1997, 97/06/0170).
 
Der Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses der Erstbehörde ist derart mangelhaft, dass er einer zulässigen Korrektur durch den unabhängigen Verwaltungssenat nicht zugänglich ist. Dieser ist nämlich nach § 66 Abs 4 AVG nicht befugt, den Tatvorwurf auszutauschen. Der Tatvorwurf der Erstbehörde orientiert sich nicht am Wortlaut des herangezogenen Straftatbestands nach § 10 Abs 1 Z 3 iVm § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 und ist deshalb aus rechtlicher Sicht unschlüssig. Eine Konkretisierung der Tat iSd § 44a Z 1 VStG muss zeitlich und örtlich in Abhängigkeit vom herangezogenen Verwaltungsdelikt so präzise vorgenommen werden, dass der Tatvorwurf unverwechselbar erscheint.
 
Mit der Umschreibung, der Bw habe als Pächter und somit Verfügungsberechtigter über den Aufstellort geduldet, dass der gegenständliche Geldspielapparat aufgestellt war, hat die Erstbehörde keinen dem Oö. Spielapparategesetz 1999 entsprechenden, sondern einen eigenständigen Tatvorwurf erhoben, der im Gesetz keine Deckung findet. Denn vom Verbot nach § 3 Abs 1 Z 1 Oö. Spielapparategesetz 1999 wird der zeitlich und örtlich spezifizierte Vorgang des Aufstellens von Geldspielapparaten, nicht aber der Zustand des "Aufgestelltseins" in einem bestimmten Zeitpunkt erfasst. Auch im Fall des Duldungstatbestands nach § 10 Abs 1 Z 3 Oö. Spielapparategesetz 1999, der auf die Verbote des § 3 leg. cit. Bezug nimmt, ist dies zu beachten. Auf das Verbot nach § 3 Abs 1 Z 2 leg.cit. (Durchführung von Geld- oder Warenausspielungen mit Spielapparaten) hat die Erstbehörde ebenso wenig abgestellt. Der Vorwurf der Erstbehörde geht demnach gemessen am gesetzlichen Wortlaut ins Leere.
 
Da die Erstbehörde keine nach dem Oö. Spielapparategesetz 1999 strafbare Tat vorgeworfen hat, ist das angefochtene Straferkenntnis mit inhaltlicher Rechtswidrigkeit behaftet. Die Berufungsbehörde musste daher schon auf Grund der aufgezeigten rechtlichen Überlegungen das angefochtene Straferkenntnis aufheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs 1 Z 1 VStG einstellen. Auf das weitere Berufungsvorbringen musste daher nicht mehr näher eingegangen werden.
 
II. Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs 1 VStG die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens.
 
 
 
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
 
 
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500,00 Schilling (entspricht  181,68 Euro) zu entrichten.
 
 

Dr. B l e i e r

 
 
 

Beschlagwortung:
Übertretung des Oö. Spielapparategesetzes - Tatkonkretisierung

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