Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310068/10/Le/Km

Linz, 22.11.1996

VwSen-310068/10/Le/Km Linz, am 22. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des R N, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.4.1996, GZ:

502-32/Sta/276/941 und 502-32/Sta/30/95, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird, soweit sie sich gegen die Schuld richtet, keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis diesbezüglich bestätigt.

Der Berufung wird jedoch, soweit sie sich gegen die Strafe richtet, Folge gegeben; die verhängte Geldstrafe wird auf 25.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe wird auf 17 Stunden herabgesetzt.

II. Der Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens ermäßigt sich sohin auf 2.500 S.

Ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991, iVm §§ 24, 19, 20, 44a, 51 Abs.1, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52 idgF.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 9.4.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 15 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z1 und Abs.3 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 50.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 34 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 7.7.1994 die Tätigkeit eines Abfallsammlers ausgeübt zu haben, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 AWG erforderlichen Erlaubnis zu sein, indem von der R N GesmbH am 7.7.1994 von der V A I GmbH, Abteilung TFA, Baubetrieb/Lackiererei, gefährliche Abfälle, nämlich 198 kg Lackschlammreste (Schlüsselnummer 55 503) sowie 186 kg lösemittelhaltiger Schlamm mit halogenierten organischen Bestandteilen (Schlüsselnummer 55 401) abgeholt und somit gesammelt wurden.

In der Begründung dazu wurde der Gang des Ermittlungsverfahrens sowie die anzuwendende Rechtslage genau dargestellt. Die Erstbehörde kam daraufhin zum Schluß, daß der Beschuldigte den Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht erfüllt hat.

Hinsichtlich der subjektiven Tatseite nahm die Erstbehörde unter Anwendung des § 5 Abs.1 VStG Fahrlässigkeit an.

Sodann wurde die Strafbemessung dargelegt.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 22.4.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen wurde Verfolgungsverjährung eingewendet, da sich die Verwaltungsübertretung bereits am 7.7.1994 ereignet habe, dies jedoch dem Berufungswerber erst am 9.1.1995 mitgeteilt worden sei.

Überdies wäre dem Bw im Vorhalt vom 2.1.1995 (zugestellt am 9.1.1995) vorgehalten worden, am 7.7.1994 gefährliche Abfälle "übernommen und somit gesammelt" zu haben, wogegen im gegenständlichen Straferkenntnis ihm vorgeworfen worden sei, die gegenständlichen gefährlichen Abfälle "abgeholt und somit gesammelt" zu haben. Dadurch sei die zur Last gelegte Tat nicht hinlänglich bestimmt, sodaß auch aus diesem Grunde Verfolgungsverjährung eingetreten sei.

Hinsichtlich des durchgeführten Verfahrens behauptete der Bw eine Mangelhaftigkeit darin zu sehen, daß die gefährlichen Abfälle nicht er selbst gesammelt hätte, sondern er nur als Vermittler aufgetreten sei. Der Bw hätte als Geschäftsführer der R N GmbH der Firma W GmbH den Auftrag erteilt, die gefährlichen Abfälle bei der V A I abzuholen, was am 7.7.1994 geschehen sei. Wenn die Erstbehörde Nachforschungen angestellt hätte, so hätte sich die Richtigkeit seiner Behauptungen ergeben.

Er beantragte daher die Einvernahme des Angestellten der Firma W GmbH, Herrn W, zum Beweis dafür, daß die gegenständlichen gefährlichen Abfälle am 7.7.1994 nicht von der Firma R N GmbH, sondern von der Firma W abgeholt und zur E E GmbH in Wels gebracht worden seien.

Als weitere Beweise legte er den Leistungs-/Auftragsschein Nr. 813 der E E GmbH vom 7.7.1994 vor; weiters die Rechnung Nr. 336 vom 29.7.1994 der Firma E E. Aus diesen Unterlagen sei klar zu entnehmen, daß Herr W von der Firma W GmbH die gegenständlichen Abfälle am 7.7.1994 abgeholt und zur E E GmbH gebracht habe.

3. Der Magistrat Linz hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung des Sachverhaltes hat der unabhängige Verwaltungssenat für 21.11.1996 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. An dieser mündlichen Verhandlung nahmen neben dem Berufungswerber auch eine Vertreterin der Erstbehörde sowie der Zeuge W W teil.

3.2. Zusammengefaßt steht als Ergebnis dieser Verhandlung folgender Sachverhalt fest:

Der R N GesmbH, Linz, wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes vom 10.11.1986 die Erlaubnis zum Sammeln im einzelnen näher bezeichneter "Sonderabfälle" erteilt; diese "Sonderabfälle" sind vor allem Altöle und ölverunreinigte Abfälle.

Eine Erlaubnis zum Sammeln von Lackschlammresten (Schlüsselnummer 55 503) sowie lösemittelhaltigem Schlamm mit halogenierten organischen Bestandteilen (Schlüsselnummer 55 401) wurde weder in diesem Bescheid noch später erteilt.

Es ist daher davon auszugehen, daß der Bw diesbezüglich keine Erlaubnis zum Sammeln dieser Abfälle besitzt.

Der Bw hat angegeben, seine Sammlertätigkeit als reine Vermittlertätigkeit auszuüben, wobei er dies so erklärte, daß er seit 1970 mit der V in Geschäftsverbindung stehe.

Wenn dort Abfälle zu entsorgen seien, werde er verständigt und er gebe dann den Auftrag an die Firma W (= Transporteur) weiter, bei der nächsten Entsorgungsfahrt in Linz auch die genau bezeichneten Abfälle von genau bezeichneten Anlagen aus dem Bereich der V mitzunehmen. So geschah es auch am 7.7.1994: Die V A I GmbH hatte die R. N GesmbH davon in Kenntnis gesetzt, daß die verfahrensgegenständlichen gefährlichen Abfälle abzuholen sind, worauf der Bw bei der Firma W den dafür geeigneten LKW bestellte und an Ort und Stelle hin beorderte. Nach erfolgter Sammlung stellte der Bw auch die entsprechenden beiden Begleitscheine aus, wobei er als Übernehmer jedoch folgendes einsetzte: "R. N GmbH, Linz, o. Donaul. über E GmbH, W, I"; als Abfallbesitzernummer setzte er die Abfallsammlernummer der E GmbH ein. Die Unterschrift auf den beiden Begleitscheinen stammt jedoch eindeutig vom Bw.

In der Folge ließ er die verfahrensgegenständlichen gefährlichen Abfälle zur E bringen und dort entsorgen.

Damit ist evident, daß diese gefährlichen Abfälle am Transportweg von Linz nach Wels der Sphäre des Bw zuzurechnen waren.

Die Entsorgung wurde vom Bw der V A I GmbH in Rechnung gestellt (der Bw legte zum Beweis dafür die Rechnung Nr.

1413 vom 29.7.1994 in Höhe von 11.434,30 S vor. Zum Beweis dafür, daß er diese Abfälle ordnungsgemäß an die E E GmbH in W weitergeleitet hat, legte er die von der E gestellte Rechnung Nr. 336 vom 29.7.1994 über 7.409,16 S vor).

4. Hierüber hat der O.ö. Verwaltungssenat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Der Bw verantwortete sich damit, in der gegenständlichen Angelegenheit nicht als Sammler, sondern lediglich als Vermittler zwischen V A und E GmbH aufgetreten zu sein und daher keine Sammlertätigkeit ausgeübt zu haben.

Diese Verantwortung trifft jedoch nicht zu:

Gemäß § 2 Abs.9 AWG ist Abfallsammler (Altölsammler) der, der Abfälle (Altöle) abholt oder entgegennimmt.

Eine reine "Vermittlungstätigkeit" als Sammler ist im AWG nicht vorgesehen.

Es ist nicht erforderlich, daß der Sammler die Sammeltätigkeit persönlich ausübt; er kann sich dazu auch eines geeigneten Transporteurs bedienen. Maßgeblich ist zur Beurteilung der Sammlertätigkeit vielmehr, ob der Betreffende im Rechtsverkehr als Sammler auftritt, was aber im gegenständlichen Fall eindeutig zu bejahen ist. Dafür spricht, daß der Bw von der V A den Entsorgungsauftrag als Sammler übernommen hat, die entsprechenden Begleitscheine als Sammler unterfertigt und schließlich dem Abfallerzeuger auch die Entsorgung in Rechnung gestellt hat; ihm dagegen wurden von der Firma E die Entsorgungskosten der von ihm gelieferten gefährlichen Abfälle in Rechnung gestellt.

Damit ist der Bw gegenüber der V A, aber auch gegenüber dem Landeshauptmann, an den er die entsprechenden Begleitscheinabschnitte gesandt hat, als Sammler dieser gefährlichen Abfälle aufgetreten, er ist sohin auch in verwaltungs- und strafrechtlicher Sicht als Sammler dieser gefährlichen Abfälle anzusehen.

Ein Vergleich der Schlüsselnummern der verfahrensgegenständlich gesammelten gefährlichen Abfälle mit dem Berechtigungsumfang der dem Bw erteilten Sammlererlaubnis vom 10.11.1986 zeigt, daß diese gefährlichen Abfälle darin nicht enthalten sind.

Damit aber steht als erwiesen fest, daß der Bw die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht begangen hat.

4.3. Zur subjektiven Tatseite ist auszuführen, daß es dem Bw nicht gelungen ist, im Sinne des § 5 Abs.2 VStG glaubhaft zu machen, daß ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Vielmehr ist davon auszugehen, daß ein befugter Sammler von gefährlichen Abfällen und Altölen sogar einen erhöhten Sorgfaltsmaßstab anzulegen hat, was die Auslegung der abfallwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen sowie der darauf beruhenden Verwaltungsakte trifft.

Der Hinweis darauf, daß er von einem namhaften Amtssachverständigen des Amtes der o.ö. Landesregierung den Hinweis bekommen hätte, in solchen Fällen, wo er selbst nicht zum Sammeln von gefährlichen Abfällen berechtigt sei, Name und Abfallsammlernummer der E E GmbH, Wels, einzusetzen, ist als reine Schutzbehauptung zu qualifizieren. Der genannte Amtssachverständige hatte bereits in einer schriftlichen Stellungnahme, die schon im erstinstanzlichen Verfahren eingeholt worden war, diese angebliche Auskunft entschieden in Abrede gestellt. Dieser Darstellung des Amtssachverständigen, die bei der mündlichen Berufungsverhandlung vollinhaltlich verlesen wurde, hat sich auch die Berufungsbehörde angeschlossen, weil einem Amtssachverständigen derartig mangelhafte Rechtskenntnis des Abfallwirtschaftsrechtes nicht unterstellt werden kann.

4.4. Die in der Berufung erhobene Prozeßeinwendung, daß bereits Verfolgungsverjährung eingetreten sei, trifft nicht zu:

Die Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter vom 2.1.1995 wurde dem Beschuldigten zwar erst am 9.1.1995 zugestellt, doch hat dieses Schreiben, das zweifelsfrei als taugliche Verfolgungshandlung anzusehen ist, bereits am 4.1.1995 den Bereich des Amtes verlassen. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (siehe hiezu etwa die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 5. Auflage, Seiten 523 ff) muß die Verfolgungshandlung innerhalb der Verjährungsfrist nach außen in Erscheinung getreten sein; es ist jedoch nicht erforderlich, daß sie den Beschuldigten auch innerhalb dieser Zeit erreicht hat.

Zum weiters vorgebrachten Einwand, daß Verfolgungsverjährung deshalb eingetreten sei, da dem Bw im Straferkenntnis erstmals vorgeworfen sei, die gegenständlichen gefährlichen Abfälle "abgeholt und somit gesammelt zu haben" ist folgendes auszuführen:

In der Aufforderung zur Rechtfertigung als Beschuldigter wurde dem Beschuldigten vorgeworfen, die näher bezeichneten Abfälle "übernommen und somit gesammelt" zu haben.

Der Begriff "übernommen" ist in § 2 Abs.9 AWG nicht enthalten und ist daher nach den allgemeinen grammatikalischen Regeln der Wortbedeutung auszulegen. Bezogen auf den verfahrensgegenständlichen Fall ist jedoch von besonderer Bedeutung, daß sowohl in der Aufforderung als auch im Straferkenntnis jeweils das Wort "gesammelt" vorkommt und daher zweifelsfrei zum Ausdruck kommt, daß dadurch eine konsenslose Sammlertätigkeit ausgeübt wurde.

4.5. Bei der Überprüfung der Strafbemessung wurde auch die Anwendbarkeit der außerordentlichen Milderung im Sinne des § 20 VStG geprüft. Dabei wurde festgestellt, daß der Bw bisher unbescholten ist und die Tat keine nachteiligen Auswirkungen zur Folge hatte, insbesonders durch die nachfolgend ordnungsgemäße Entsorgung bei der E E GmbH in W keine Beeinträchtigungen der Umwelt eingetreten sind.

Erschwerungsgründe konnten dagegen nicht gefunden werden, weshalb in Ausübung des außerordentlichen Milderungsrechtes die vorgesehene Mindeststrafe von 50.000 S höchstmöglich gemildert wurde und daher mit 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 17 Stunden) festgesetzt werden konnte.

Zu II.:

Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat.

Dieser Beitrag ist nach § 64 Abs.2 VStG mit 10% der verhängten Strafe zu bemessen.

Da durch die gegenständliche Berufungsentscheidung die verhängte Strafe herabgesetzt wurde, war auch der Kostenbeitrag zum Strafverfahren der ersten Instanz entsprechend anzupassen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens waren gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, weil der Berufung zumindest teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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