Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310069/3/Le/La

Linz, 19.12.1996

VwSen-310069/3/Le/La Linz, am 19. Dezember 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des F S, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.1.1996, Zl.

UR96-4-1995-RE/Dw, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z3, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

iVm § 17 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 Abfallwirtschaftsgesetz - AWG, BGBl.Nr. 325/1990 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 2.1.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1 und § 39 Abs.1 lit.a Z2 des Abfallwirtschaftsgesetzes (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 100.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 72 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens in der Höhe von 10 % der verhängten Strafe vorgeschrieben.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, am 16.3.1996 auf dem Areal der ehemaligen Ziegelei W in T bei W, A, im östlichen Bereich sowie auf den Grundstücken ..., ... und ..., je KG A, Gemeinde T bei W 1. im Bereich der Fabrikshalle a) insgesamt 4 im erstinstanzlichen Spruch näher bezeichnete Fahrzeugwracks samt Betriebsflüssigkeiten sowie mehrere auf Grund der Lagerung nicht exakt zählbare Motoren und Getriebeblöcke, sämtliche mit Betriebsmittel und ölverschmiert sowie b) im Bereich Erdgeschoß unter dem Stiegenaufgang einen Kanister mit ca. 15 l Batteriesäure, ein 200 l-Faß zur Hälfte gefüllt mit Altöl, ein Kunststoffkanister mit ca.

0,5 l Altöl sowie 2. im Bereich des Freigeländes vor der Fabrikshalle insgesamt vier im erstinstanzlichen Spruch näher bezeichnete Fahrzeugwracks samt Betriebsmittel sowie 3. im Bereich der Grundstücke ..., ..., ..., ... und ..., KG A, weitere drei im erstinstanzlichen Spruch näher bezeichnete Fahrzeugwracks samt Betriebsmittel abgelagert, somit gefährlichen Abfall abgelagert zu haben, obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig ist.

In der Begründung wurde dazu im wesentlichen ausgeführt, daß der Tatbestand bei einer gewerbe- und abfallrechtlichen Überprüfung am 16.3.1995 von Organen der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land sowie von den Amtssachverständigen für Maschinen- und Elektrotechnik, Abfallwirtschaft und Gewässerschutz festgestellt worden sei.

Weiters wurde in der Begründung angeführt, daß es sich bei den genannten Gegenständen um gefährlichen Abfall iSd AWG handelte, durch das Abstellen dieser Fahrzeugwracks bzw.

gefährlichen Abfälle auf Dauer jedoch das Ablagern iSd AWG erfüllt werde; weiters, daß diese gefährlichen Ablagerungen eine konkrete Gefahr für die Umwelt darstellen, was auch von den beigezogenen Sachverständigen eindeutig festgestellt wurde.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 17.1.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zur Gänze zu beheben.

Als Begründung bringt der Bw im wesentlichen folgendes vor:

"Die belangte Behörde wirft mir also ausschließlich die Ablagerung von gefährlichen Abfällen vor. In meiner Rechtfertigung vom 6.7.1995 habe ich dargetan, daß ich diverse Kraftfahrzeuge und deren Teile abstelle bzw. lagere, jedoch nicht ablagere. Dies läßt sich insbesondere aus dem Umstand ableiten, daß ich die abgestellten Autos entweder zur Gänze oder bestimmte Bestandteile davon verkaufe. Damit ist Ziel meiner Tätigkeit nicht die Ablagerung, das heißt die Hinterlassung der Kraftfahrzeuge auf Dauer, sondern die projektsgemäße Entfernung dieser, sodaß keine Ablagerung, sondern vielmehr eine Lagerung vorliegt (vgl. Raschauer, Wasserrecht 1993, 143, der die Lagerung von der Ablagerung so abgrenzt, als er im Gegensatz zur Ablagerung für die Lagerung die projektsgemäße Entfernung der betreffenden Stoffe als immanent ansieht).

Wenn die belangte Behörde behauptet, daß das gegenständliche Abstellen von Fahrzeugen, Wracks bzw. gefährlichen Abfällen infolge "Dauer" den Begriff Ablagern im Sinne des AWG erfüllt, muß bemängelt werden, daß es die belangte Behörde einerseits an Feststellungen hat mangeln lassen, ab welcher Dauer nicht mehr von einer Lagerung, sondern von einer Ablagerung zu sprechen ist, und andererseits keinerlei Erhebungen vorliegen, von welcher Dauer im konkreten Fall tatsächlich ausgegangen wurde. Grundsätzlich ist dazu nämlich festzustellen, daß ich die Fahrzeuge tatsächlich nur wenige Wochen abstelle, da der Verkauf der Fahrzeuge bestens floriert.

Ausdrücklich muß auch dazu festgestellt werden, daß die Ausführungen der belangten Behörde im Widerspruch zu meinen Rechtfertigungsgründen stehen, wo ich nur das Abstellen im Sinne von Lagern der Kraftfahrzeuge zugestanden habe.

Da die belangte Behörde somit fälschlich von einer Ablagerung und nicht von einer Lagerung ausgegangen ist, mir jedoch ausschließlich die unzulässige Ablagerung vorgeworfen wird, ist der gegenständliche Bescheid rechtswidrig." 3. Die Bezirkshauptmannschaft Wels-Land hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Da der rechtserhebliche Sachverhalt auf Grund der Aktenlage zweifelsfrei feststeht und in der Berufung auch nicht bestritten wurde und da auf Grund der Aktenlage ersichtlich ist, daß der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, konnte eine mündliche Verhandlung gemäß § 51e VStG unterbleiben.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. Gemäß § 39 Abs.1 lit.a AWG begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S zu bestrafen, wer 2. gefährliche Abfälle und Altöle entgegen § 17 Abs.1 lagert, behandelt oder ablagert.

§ 17 Abs.1 AWG legt fest, daß gefährliche Abfälle und Altöle unbeschadet weitergehender Verpflichtungen jedenfalls so zu lagern und zu behandeln (verwerten, ablagern oder sonst zu behandeln) sind, daß Beeinträchtigungen iSd § 1 Abs.3 AWG vermieden werden. Das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen ist unzulässig.

4.3. Zum Abfallbegriff:

Wie die Erstbehörde zutreffend festgestellt hat, sind die im Spruch des bekämpften Straferkenntnisses aufgezählten Gegenstände (bzw Substanzen) als gefährliche Abfälle im Sinn des objektiven Abfallbegriffes anzusehen (§ 2 Abs.5 iVm § 2 Abs.1 zweite Alternative AWG; wobei zu bemerken ist, daß der Gesetzgeber in den EB zur RV zu § 2 Abs.5 AWG ausdrücklich "Autowracks", die noch gefährliche Substanzen enthalten, als Beispiel für gefährlichen Abfall hervorgehoben hat).

Der maschinenbautechnische Amtssachverständige hat anläßlich des Lokalaugenscheines am 16.3.1995 bezüglich der im Spruch aufgezählten Autowracks bzw KFZ-Bestandteile festgestellt, daß diese in ihrer Gesamtheit mit wirtschaftlich vertretbarem Aufwand nicht mehr instandsetzbar sind.

Im übrigen wird die Abfalleigenschaft dieser Wracks nicht schon allein dadurch ausgeschlossen, daß für diese noch ein Entgelt erzielbar ist bzw bestimmte Einzelteile noch verwertbar sind.

4.4. Zur Gefährlichkeit:

Zur Gefährlichkeit der gegenständlichen Abfälle ist festzustellen, daß der Amtssachverständige für Abfallwirtschaft, in seinem Gutachten festgestellt hat, daß die gegenständlichen "Maschinen und Maschinenteile, die in diesem Gutachten als Abfälle eingestuft werden und grundwassergefährdende Flüssigkeiten (Betriebsmittel) enthalten, der Schlüsselnummer 35103 'Eisen- und Stahlabfälle verunreinigt' gemäß ÖNORM S 2100 'Abfallkatalog' zuzuordnen sind.

Bei längerer Lagerung dieser Abfälle in der vorgefundenen und im Befund beschriebenen Art und Weise kann nicht ausgeschlossen werden, daß bei Auftreten von Undichtheiten grundwassergefährdende Flüssigkeiten auf dem ungesicherten Untergrund austreten und eine Gefährdung des Bodens und des Grundwassers bedingen.

Es ist daher davon auszugehen, daß die vorgefundenen Altautos gefährliche Abfälle im Sinn der Verordnung des Bundesministers für Umwelt, Jugend und Familie über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl.Nr. 49/1991, darstellen.

Weiters ist festzuhalten, daß auch die im Spruchteil 1.c) des erstinstanzlichen Bescheides genannte Batteriesäure der Schlüsselnummer 52101 der ÖNORM S 2101 entspricht und somit gefährlicher Abfall ist.

Das im erstinstanzlichen Spruch unter Punkt 1.c) genannte Altöl, ist ex lege vom Tatbestand des § 17 Abs.1 AWG erfaßt.

Wie die erstinstanzliche Behörde zu Recht festgestellt hat, geht vom Verbleib der genannten gefährlichen Abfälle sowie des Altöles eine Gefahr für die Umwelt iSd § 1 Abs.3 AWG aus, deren Hintanhaltung das AWG (auch) mit den Mitteln des Verwaltungsstrafrechtes zu erreichen versucht.

4.5. Zur Abgrenzung Lagern - Ablagern:

Dem Berufungswerber ist jedoch insoweit Recht zu geben, als die erstinstanzliche Behörde die Unterscheidung "Lagern Ablagern" iSd § 17 Abs.1 AWG unrichtig beurteilt hat.

So stellt der VwGH im Erkenntnis vom 14.12.1995, 95/07/0112, fest, daß "eine Ablagerung dann vorliegt, wenn sie nach den erkennbaren Umständen langfristig oder auf Dauer erfolgt.

Die Auffassung .... der Begriff der Ablagerung ..... sei nicht im engen, technischen Sinn zu verstehen, sondern erfasse auch jede Verwendung der Liegenschaft zur bloß vorübergehenden Aufbewahrung, kann nicht geteilt werden." Bei einer Lagerung ist immanent, daß die betreffenden Stoffe projektsgemäß wieder entfernt werden.

Eine genaue zeitliche Grenze, die das Lagern vom Ablagern trennt, läßt sich dem AWG nicht entnehmen (VwGH vom 24.10.1995, 95/07/0113).

Einerseits kann ein Verbleib von Abfällen, der länger als ein Jahr dauert, noch als Lagerung einzustufen sein, andererseits kann auch bei kürzeren Zeiträumen bereits eine Ablagerung vorliegen (so VwGH vom 24.10.1995, 95/07/0113).

Die Behörde hat im Spruch festgehalten, daß sich zu einem bestimmten Zeitpunkt, nämlich am 16.3.1995, die gegenständlichen gefährlichen Abfälle auf der im Spruch näher bezeichneten Liegenschaft befunden haben. Zur Dauer oder zu Umständen, die auf eine Ablagerung (insbesondere auf eine Entledigungsabsicht) hinweisen, wurden weder im Spruch noch in der Begründung nähere Angaben gemacht.

Es war daher von dem in der Berufung erhobenen und insoweit unwidersprochen gebliebenen Vorbringen des Beschuldigten auszugehen, sodaß von einer (unsachgemäßen) Lagerung und nicht von einer Ablagerung der Autowracks ausgegangen werden muß.

Eine derartige Lagerung entgegen den Voraussetzungen des § 1 Abs.3 AWG wurde dem Bw nicht zur Last gelegt, sodaß spruchgemäß zu entscheiden war.

Eine Berichtigung des Tatvorwurfes durch den unabhängigen Verwaltungssenat würde ein Auswechseln der vorgeworfenen Tat bewirken, was aber nicht zulässig wäre.

Zu II.:

Wird ein Strafverfahren eingestellt, so sind gemäß § 66 Abs.1 VStG die Kosten des Verfahrens von der Behörde zu tragen.

Damit war der Verfahrenskostenausspruch der belangten Behörde aufzuheben.

Die Kosten des Berufungsverfahrens sind gemäß § 65 VStG dem Bw nicht aufzuerlegen, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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