Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310079/12/Le/Km

Linz, 22.11.1996

VwSen-310079/12/Le/Km Linz, am 22. November 1996 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des R N, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14.8.1996, Zl.

UR96-14-1996, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird Folge gegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

II. Es entfallen alle Beiträge zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 14.8.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 15 Abs.1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z1 Abfallwirtschaftsgesetz 1990 (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10% der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, es als gemäß § 15 Abs.5 AWG bestellter abfallrechtlicher Geschäftsführer der R N GesmbH, Linz, und somit als gemäß § 39 Abs.3 AWG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher vertreten zu haben, daß von dieser Firma im Zeitraum vom 19.7. bis 20.7.1994 die Tätigkeit eines Altölbehandlers ausgeübt wurde, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 AWG erforderlichen Erlaubnis zu sein, indem 1. am 19.7.1994 insgesamt 5.220 kg Altöl von näher bezeichneten Erzeugern übernommen und nach Filterung, somit Behandlung im Sinne des § 15 Abs.1 AWG, als recyceltes Altöl an den Landwirt W K, Walding, geliefert und verkauft wurde und 2. am 20.7.1994 7.690 kg Ölschlamm von einem näher bezeichneten Erzeuger übernommen und daraus durch Filterung und somit Behandlung 4.830 kg gefiltertes Altöl sowie 2.860 kg Schlamm gewonnen wurden, wobei am 20.7.1994 die Menge von 4.830 kg recyceltem Altöl an den Landwirt L W, Ottensheim, geliefert und verkauft wurde.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß sich das Straferkenntnis auf die Anzeige der Umweltrechtsabteilung beim Amt der o.ö. Landesregierung sowie auf das durchgeführte Ermittlungsverfahren stütze.

Sodann wurde das durchgeführte Ermittlungsverfahren im einzelnen dargelegt.

Nach einer ausführlichen Darstellung der Rechtslage wurde der Schluß gezogen, daß die dem Beschuldigten zur Last gelegte Verwaltungsübertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht erwiesen sei. Insbesonders wurde davon ausgegangen, daß die Filterung eine Behandlung des Altöls darstellt und somit hiefür eine Erlaubnis nach § 15 Abs.1 AWG erforderlich wäre. Tatsächlich verfüge der Beschuldigte jedoch nur über eine Erlaubnis zum Sammeln von Altölen.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 23.8.1996, mit der beantragt wird das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

Im einzelnen wurde dazu ausgeführt, daß sich der Bw immer damit verantwortet hätte, daß nicht er selbst, sondern die Firma W GmbH die Absaug- bzw. Filterarbeiten durchgeführt hätte. Der Bw hätte lediglich irrtümlich die Begleitscheine namens der R. N GmbH unterschrieben.

Weiters führte der Bw aus, daß das Absaugen des Öles bzw.

das gleichzeitige mit Filtern vorgenommene Abfiltern des Ölschlammes keine Abfallbehandlung sei, weil dieses unmittelbar beim Pfarramt St. Ägidi bzw. bei der Volksschule St. Ägidi und beim Stadtamt Eferding durchgeführt worden wäre, weshalb § 2 Abs.2 Z3 AWG zur Anwendung käme. Überdies komme auch § 21 Abs.3 AWG zur Anwendung, wonach Altöl nicht entstehe, wenn für eine neuerliche, dem ursprünglichen Zweck entsprechende Verwendung eine mechanische Reinigung im Betrieb des Altölbesitzers ausreiche, und diese Reinigung innerhalb von zwei Monaten durchgeführt werde.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

3.1. Zur vollständigen Klärung der Sach- und Rechtslage hat der unabhängige Verwaltungssenat für den 21.11.1996 eine öffentliche mündiche Verhandlung anberaumt und an diesem Tage auch durchgeführt. Dabei wurden der Berufungswerber sowie der von ihm namhaft gemachte Zeuge F R einvernommen.

3.2. Demnach steht folgender Sachverhalt als erwiesen fest:

Der R N GesmbH wurde mit Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom 10.11.1986 die Erlaubnis zum Sammeln einer Reihe genau bezeichneter Altöle bzw. ölverunreinigter Abfälle erteilt; Herr R N wurde als abfallrechtlicher Geschäftsführer bestellt.

Der Bw betreibt sein Unternehmen gewerberechtlich als Abfallsammler, eingeschränkt auf den Bürobetrieb. Das heißt, daß er zwar zur Kesselreinigung Arbeiter hat, jedoch keine Saugtankwagen, um das angefallene Altöl bzw. den Ölschlamm aus den gereinigten Tanks zu entfernen. Zur Besorgung dieser Saugtätigkeiten bedient er sich regelmäßig verschiedener Firmen, unter anderem der Firma W.

In den verfahrensgegenständlichen Fällen hat er sich der Firma W aus Wels bedient, die an den beiden Tagen jeweils einen Saugtankwagen zur Verfügung stellte. Da sich in den zu reinigenden Tanks noch Altöl befand, das einer Verwertung zugeführt werden konnte, gab er den Auftrag, diesen Teil des Altöls unter Verwendung eines Filters in eine eigene Kammer des Saugtankwagens abzusaugen und das verunreinigte Altöl bzw. den Ölschlamm in die andere Kammer des Saugtankwagens zu pumpen.

Dies geschah auch, wobei die Filterungstätigkeit vom Kraftfahrer des Saugtankwagens durchgeführt wurde.

Nach erfolgter Tankentleerung fuhr der Saugtankwagen am 19.7.1994 nach Walding zum Landwirt Walter KONZALLA, der ohne befugter Altölbehandler zu sein - dieses Altöl zur Befeuerung einer Maistrocknungsanlage verwendete. Der Bw erhielt dafür nach eigenen Angaben pro kg Altöl 1 S bis 1,50 S.

Am 20.7.1994 wurden bei der Entsorgung des Tanks beim Stadtamt Eferding (Objekt Volksschule Nord) insgesamt 7.690 kg Ölschlamm aus dem Tank gesaugt. Daraus wurden an Ort und Stelle bereits beim Absaugvorgang 4.830 kg Altöl herausgefiltert und in der Folge am selben Tag an den Landwirt L W aus Ottensheim geliefert und verkauft. Der Rest, nämlich 2.860 kg Schlamm, wurde zum Entsorgungsbetrieb ENBE nach Wels gebracht Die Firma R N GesmbH ist sowohl gegenüber der Stadt Eferding als auch der Gemeinde St. Ägidi als Abfallsammler aufgetreten und hat dementsprechend die Entsorgungskosten verrechnet.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat.

Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Da eine Geldstrafe über 10.000 S verhängt wurde, ist für die Durchführung dieses Verfahrens die Zuständigkeit der Kammer gegeben (§ 51c VStG).

4.2. § 39 Abs.1 AWG bestimmt, daß, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet oder nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist, eine Verwaltungsübertretung begeht und zu bestrafen ist a) mit Geldstrafe von 50.000 S bis 500.000 S, wer 1. die Tätigkeit eines .... Abfall(Altöl)behandlers ausübt, ohne im Besitz der gemäß § 15 Abs.1 erforderlichen Erlaubnis zu sein ...

Ein Abfallbehandler (Altölverwerter) ist, wer Abfälle (Altöle) verwertet, ablagert oder sonst behandelt (§ 2 Abs.10 AWG).

Es ist im vorliegenden Fall daher zu klären, ob die dem Bw vorgeworfene Filterung beim Heraussaugen des Altöles aus den Heizöltanks der bezeichneten Abfallerzeuger ein "sonstiges Behandeln" im Sinne der obigen Bestimmungen darstellt.

Vorauszuschicken ist, daß das AWG keine ausdrückliche Legaldefinition dieses Begriffes enthält. Die "sonstige Behandlung" ist im AWG als Rechtsbegriff jedoch inhaltlich definiert und erfaßt (nur) das biologische, das chemische oder das physikalische (inklusive thermische) Behandeln, insbesondere im Interesse einer Unschädlichmachung, dh Entsorgung des anhand der Kriterien des § 1 Abs.3 AWG zu bewertenden Gefährdungspotentiales der jeweiligen Abfälle (vgl. § 1 Abs.2 Z3 AWG sowie die Ausführungen zur Begriffswelt des AWG 1274 Blg NR XVII. GP, 28 Z7); daraus wird auch deutlich, daß "sonstiges Behandeln" jedenfalls keine Verwertung, keine Lagerung und keine Ablagerung, aber auch nicht das bloße Sammeln, Entgegennehmen und schlichte Zerlegen von Abfällen bedeutet (siehe VwSen-210076/4/Ga/Fb vom 5.8.1994).

Die vom Bw vorgenommene Filterung des Altöls geschah in der Weise, daß das oben aufschwimmende Öl, das nur wenig Verunreinigungen enthielt, abgesaugt und unter Vorschaltung eines technisch nicht aufwendigen Filterstückes in die dafür bestimmte Kammer des Saugwagens gepumpt wurde. Wenn im Zuge des Saugvorganges mehr Schwebstoffe angesaugt wurden, wurde der Filter verlegt und die Saugpumpe schaltete automatisch ab. Der Kraftfahrer schloß daraufhin den Schieber der Altölkammer und kuppelte den Saugschlauch an die zweite Kammer des Saugtankwagens an, wobei er den Filter nicht mehr in die Leitung einkuppelte. In diese Kammer wurde sodann das verunreinigte Altöl und der Ölschlamm eingesaugt.

Diese Filterung ist daher keine "sonstige Behandlung", sondern vielmehr eine "getrennte Sammlung" von Altöl und Ölschlamm, die den Grundsätzen des AWG (§ 1 Abs.2) entspricht: Durch diese Trennung ist es (erst) möglich, daß das nicht verunreinigte Altöl einer thermischen Verwertung im Sinne einer Abfallverwertung (§ 1 Abs.2 2. Alternative AWG) zugeführt wird, sodaß nur mehr ein geringerer Teil der thermischen Entsorgung im Sinne einer Abfallentsorgung (§ 1 Abs.2 3. Alternative AWG) zugeführt werden muß.

Damit wird es also ermöglicht, den Grundgedanken des AWG, Abfälle womöglich zu verwerten, in die Praxis umzusetzen.

Der Tatvorwurf ist sohin nicht berechtigt.

4.3. Unbestritten nicht korrekt war die weitere Vorgangsweise des Bw, daß er Altöl an zwei Landwirte verkauft hat, die dieses ohne im Besitz einer entsprechenden Altölbehandlererlaubnis zu sein, in dafür nicht genehmigten Altölverfeuerungsanlagen verwerteten. Dies wurde dem Bw jedoch im erstbehördlichen Verfahren nicht vorgehalten, weshalb diesbezüglich Verfolgungsverjährung eingetreten ist.

Zu II.:

Die Aufhebung und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens bewirkt auf der Kostenseite, daß der Bw weder mit Beiträgen zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens erster Instanz noch zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu belasten ist.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Dr. B l e i e r

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