Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310087/7/LE/Ha

Linz, 04.06.1997

VwSen-310087/7/LE/Ha Linz, am 4. Juni 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 9. Kammer (Vorsitzender: Dr. Bleier, Beisitzer: Mag. Kisch, Berichter: Dr. Leitgeb) über die Berufung des W L, L, L, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5. November 1996, Zl. UR96-18/1-1996, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes nach öffentlicher mündlicher Verhandlung zu Recht erkannt:

Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, daß die Wendung "... auf unbefestigtem Untergrund nicht so abgelagert wurden ..." ersetzt wird durch die Wendung "... auf unbefestigtem Untergrund nicht so gelagert wurden ...".

Der Berufungswerber hat einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens in Höhe von 5.000 S zu entrichten.

Rechtsgrundlage: Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG, BGBl.Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51c und 51e Abs.1 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 - VStG, BGBl.Nr. 52/1991 idgF. Zu II.: § 64 Abs.1 und Abs.2 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5.11.1996 wurde über den nunmehrigen Berufungswerber (im folgenden kurz: Bw) wegen Übertretung des § 17 Abs.1 iVm § 1 Abs.3 Z2 und Z3 iVm § 39 Abs.1 lit.a Abfallwirtschaftsgesetz (im folgenden kurz: AWG) eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer von 36 Stunden) verhängt; gleichzeitig wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 10 % der verhängten Strafe verpflichtet.

Im einzelnen wurde ihm vorgeworfen, er habe es als Abwickler bzw Liquidator der F N Ges.m.b.H. in Liquidation, E, und somit als das zur Vertretung nach außen berufene Organ zu verantworten, daß gefährliche Abfälle, nämlich vier näher bezeichnete Autowracks, auf unbefestigtem Untergrund nicht so abgelagert wurden, daß keine Gefahren für die natürlichen Lebensbedingungen von Tieren und Pflanzen verursacht werden und die Umwelt nicht über das unvermeidliche Ausmaß hinaus verunreinigt wird.

In der Begründung dazu wurde im wesentlichen ausgeführt, daß bei einem am 3.4.1996 durchgeführten Lokalaugenschein von einem Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft festgestellt werden konnte, daß am Gelände der F A N mehrere Autowracks auf unbefestigtem Untergrund abgelagert waren. Diese Autowracks stellten auf Grund der noch vorhandenen Betriebsstoffe gefährlichen Abfall iSd AWG dar.

Nach einer Wiedergabe der maßgeblichen Rechtslage wurde der Gang des Ermittlungsverfahrens dargelegt. Weiters wurde ausgeführt, daß auf Grund des festgestellten Sachverhaltes dem Geschäftsführer der F A N, H W L, mit Schreiben vom 3.9.1996 die gegenständliche Verwaltungsübertretung zur Last gelegt und ihm die Möglichkeit eingeräumt wurde, binnen zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abzugeben. Der Beschuldigte hätte jedoch bis zur Erlassung des Straferkenntnisses keine Stellungnahme abgegeben. Weiters wurde der festgestellte Sachverhalt dargelegt und daraus der Schluß gezogen, daß durch die Lagerung der Autowracks zumindest im Zeitpunkt der Überprüfung die Gefahr einer Boden- und Grundwasserverunreinigung durch austretende oder ausgewaschene Öle bzw sonstige Betriebsmittel, die sich noch in den Wracks befanden, bestand. Da der Beschuldigte zum Tatzeitpunkt Abwickler bzw Liquidator im Konkursverfahren über die F A N war, sei er das zur Vertretung nach außen befugte Organ und als solcher verwaltungsstrafrechtlich verantwortlich.

Sodann wurden die Gründe der Strafbemessung dargelegt, wobei unter Anwendung des § 20 VStG die Mindeststrafe verhängt worden ist.

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung vom 19.11.1996, mit der beantragt wird, das angefochtene Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

In der Begründung dazu führte der Bw aus, daß er seit Errichtung der Gesellschaft vom März 1990 bis Mitte 1991 nur am Papier zum handelsrechtlichen Geschäftsführer bestellt worden sei. Er hätte es leider verabsäumt, H N, der handelsrechtlicher und gewerberechtlicher Geschäftsführer der Gesellschaft gewesen sei, schriftlich mitzuteilen, daß er auch am Papier die Geschäftsführung zurücklege und er die dementsprechenden Maßnahmen zu setzen habe. Gesagt hätte er H N bereits bei Errichtung der Gesellschaft, daß er als ein nur auf dem Papier bestellter Geschäftsführer keine Verantwortung übernehme. Die Gesellschaft hätte auch ihm gegenüber die Vereinbarungen nicht eingehalten, indem weder die Sozialversicherung bezahlt wurde noch er das Recht gehabt hätte, in die Bücher der Gesellschaft Einsicht zu nehmen oder an den Gesellschafterversammlungen teilzunehmen. Auch hätte er niemals eine Abschrift eines Jahresabschlusses erhalten. Es wäre ihm auch nicht die Möglichkeit geboten worden, sich gegen den Beschluß des LG Ried vom 22.5.1996, in dem er 1. von der Gesellschaft wieder etwas erfahren habe und 2. zum Liquidator der Gesellschaft bestellt worden sei, zur Wehr zu setzen. Dies wäre alles geschehen, ohne daß sich jemals wer von Amts wegen über seine Beziehung zur Gesellschaft erkundigt hätte. Er hätte auch nicht gewußt, daß über die Firma bereits 1995 der Konkurs verhängt worden sei. Er könne daher nicht zur Haftung herangezogen werden.

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung und den zugrundeliegenden Verwaltungsakt dem unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt; eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen.

Zur vollständigen Klärung der Sach- und Rechtslage hat der unabhängige Verwaltungssenat für 13.5.1997 eine öffentliche mündliche Verhandlung anberaumt.

An dieser Verhandlung nahm der Bw mit seinem Rechtsbeistand F G teil; die Bezirkshauptmannschaft Schärding blieb entschuldigt der Verhandlung fern.

Anläßlich der mündlichen Verhandlung wiederholte der Bw seine Verantwortung, daß er lediglich am Papier der Geschäftsführer der A N Ges.m.b.H. gewesen wäre und von Firmenaktivitäten nichts gewußt habe. Es sei von Anfang an zwischen ihm und H N vereinbart gewesen, daß diese Gesellschaft nie arbeite, sondern nur deshalb gegründet werde, daß H N seinen Betrieb nicht sperren müsse. Er hätte damals geglaubt, daß H N seine Tätigkeiten aufgrund der ihm vom Finanzamt zugeteilten Steuernummer führen würde.

Gelegentlich hätte er am Gelände der A N Ges.m.b.H vorbeigesehen und dabei festgestellt, daß H N Autos abgestellt hätte, bei denen die Motoren ausgebaut und getrennt gelagert waren und auch andere Fahrzeuge, bei denen die Motoren noch nicht ausgebaut waren, gelagert waren. Seines Wissens nach wären die Fahrzeuge, die nicht mehr verkauft werden konnten, ordnungsgemäß entsorgt worden. Er hätte auch immer wieder mit H N über allfällig abzuschließende Geschäfte gesprochen.

Er hätte auch nichts davon gewußt, daß er vom Landesgericht Ried zum Liquidator der Gesellschaft bestellt worden ist.

Sein Verschulden bestehe darin, daß er es nach der Firmengründung verabsäumt habe, nach einem halben oder einem Jahr schriftlich H N sowie dem Gericht mitzuteilen, daß er als Geschäftsführer ausscheide.

4. Der O.ö. Verwaltungssenat hat erwogen:

4.1. Im Verwaltungsstrafverfahren steht den Parteien gemäß § 51 Abs.1 VStG das Recht der Berufung an den unabhängigen Verwaltungssenat jenes Landes zu, in dem die Behörde, die den Bescheid erlassen hat, ihren Sitz hat. Daraus ergibt sich die Zuständigkeit des O.ö. Verwaltungssenates.

Die unabhängigen Verwaltungssenate entscheiden gemäß § 51c VStG über Berufungen durch Kammern, die aus drei Mitgliedern bestehen, wenn aber im angefochtenen Bescheid weder eine primäre Freiheitsstrafe noch eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eines ihrer Mitglieder.

Da im vorliegenden Verfahren der Bw mit einer Geldstrafe in Höhe von 25.000 S bestraft wurde, war zur Durchführung des Verfahrens die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer berufen.

4.2. Die Verwaltungsübertretung wird vom Bw insofern in Frage gestellt, als er angibt, daß die ausgebauten Motoren ordnungsgemäß gelagert und jene Autos, bei denen die Motoren nicht ausgebaut waren, auf einer betonierten Fläche gelagert worden seien.

Dies steht im offenen Widerspruch zu den Feststellungen der Amtssachverständigen für Abfallwirtschaft vom 3.4.1996. Da der Bw selbst angab, an diesem Tage nicht am Betriebsgelände gewesen zu sein, ist davon auszugehen, daß die Feststellungen der Amtssachverständigen richtig sind und die gegenteiligen Behauptungen des Bw reine Schutzbehauptungen darstellen.

Es ist daher die objektive Tatseite der angelasteten Verwaltungsübertretung als erfüllt anzusehen.

4.3. Es ist im folgenden die subjektive Tatseite einer näheren Betrachtung zu unterziehen: Hinsichtlich der Verantwortlichkeit von Organen einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung bestimmt § 9 Abs.1 VStG folgendes: "(1) Für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder Personengemeinschaften ohne Rechtspersönlichkeit ist, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist." Aus dem im Akt erliegenden Auszug aus dem Firmenbuch vom 5.9.1996, der am 13.5.1997 überprüft wurde, geht hervor, daß der Bw an der A N GmbH mit einer Stammeinlage von S beteiligt war, worauf er S geleistet hatte. Ursprünglich war er gemeinsam mit H J N handelsrechtlicher Geschäftsführer. Mit Beschluß des Landesgerichtes Ried vom 29.6.1995 wurde der beantragte Konkurs mangels Vermögen abgewiesen und der Bw als Abwickler, Liquidator bestellt.

Aufgabe des Liquidators ist es gemäß § 90 Abs.1 des Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH) iVm § 149 des Handelsgesetzbuches (HGB) unter anderem, die laufenden Geschäfte zu beendigen. Zur Beendigung der laufenden Geschäfte gehört selbstverständlich auch, daß die für den Betrieb geltenden öffentlich-rechtlichen Vorschriften, insbesonders jene zum Schutz der Umwelt, erfüllt werden. Eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung kann nicht einfach aufgelöst werden, ohne die erforderlichen Maßnahmen zum Schutz der Umwelt zu treffen und künftige Umweltgefährdungen hintanzuhalten.

Die Verpflichtung zur Setzung der dazu erforderlichen Maßnahmen kann aber bei einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung in Liquidation nur den vom Gericht bestellte Liquidator treffen, der - im vorliegenden Fall - mit dem bisherigen handelsrechtlichen Geschäftsführer ident ist, dem in dieser Funktion schon bisher die Einhaltung der abfallwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen oblegen ist.

Wenn der Bw darauf hinweist, daß er "nur auf dem Papier" Geschäftsführer gewesen wäre, so ist ihm die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes entgegenzuhalten, wonach die bloße Nichtausübung einer Funktion dem ordnungsgemäß Bestellten nicht die Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer nimmt (VwGH vom 22.11.1990, Slg. 13.323 A). Der Bw hat nicht dargetan, daß er diese Funktion zu irgendeiner Zeit rechtsverbindlich zurückgelegt hätte. Im übrigen steht fest, daß er im vorgeworfenen Tatzeitpunkt bereits durch das Gericht rechtskräftig zum Liquidator der A N Ges.m.b.H. bestellt war.

Die vorgebrachte Behauptung nicht gewußt zu haben, daß er als Abwickler/Liquidator der A N Ges.m.b.H. bestellt war, kann den Bw nicht entlasten: Einerseits wäre es als handelsrechtlicher Geschäftsführer dieser Ges.m.b.H. notwendig gewesen, sich immer um seine Aufgaben und um die Geschäfte und Aktivitäten der Ges.m.b.H zu kümmern, andererseits war im Firmenbuch seine Eigenschaft als Liquidator längst eingetragen, sodaß er aufgrund der positiven Publizitätswirkung des Firmenbuches - für jedermann ersichtlich - Liquidator war. Auch er hätte sich durch gelegentliche Einsicht in das Firmenbuch von allfälligen Veränderungen in der Ges.m.b.H. informieren müssen.

Es ist daher davon auszugehen, daß der Bw die ihm angelastete Verwaltungsübertretung als Liquidator dieser Gesellschaft zu verantworten hat.

4.4. Auch bei einer amtswegigen Überprüfung über das Berufungsvorbringen hinaus konnte keine Entlastung des Bw gefunden werden. Es ist aus dem gesamten Verwaltungsverfahren nicht hervorgekommen, daß ein verantwortlicher Beauftragter iSd § 9 Abs.2 VStG bestellt worden wäre. Weder der Bw hat dies behauptet noch fanden sich bei der Bezirkshauptmannschaft Schärding diesbezügliche Unterlagen.

Schließlich kennt auch das Abfallwirtschaftsgesetz keine gesonderten Regelungen hinsichtlich der Einhaltung der abfallwirtschaftsrechtlichen Bestimmungen, sodaß Übertretungen des Abfallwirtschaftsgesetzes dem handelsrechtlichen Geschäftsführer anzulasten sind.

Auch der Umstand, daß der Bw nach eigenen Angaben von Februar 1996 bis 26.6.1996 in Untersuchungshaft war, konnte sein Verschulden an dieser Übertretung nicht aufheben, zumal es seine Aufgabe gewesen wäre, auch für den Fall seiner Abwesenheit für eine ordnungsgemäße Erfüllung der ihn treffenden Verpflichtungen zu sorgen (siehe hiezu etwa VwGH vom 16.1.1987, 86/18/0077; 11.7.1996, 95/07/0208).

4.5. Die Überprüfung der Strafbemessung ergab, daß diese den Grundsätzen des § 19 VStG entsprechend vorgenommen wurde.

Die Erstbehörde hat die in § 39 Abs.1 lit.a vorgesehene Mindeststrafe von 50.000 S bereits unter Anwendung des außerordentlichen Milderungsrechtes des § 20 VStG auf das gesetzlich mögliche Mindestmaß von 50% reduziert, sodaß eine weitere Herabsetzung nicht mehr möglich war.

Die Anwendung des § 21 VStG schied deshalb aus, weil die Folgen der Übertretung nicht unbedeutend waren und auch das Verschulden des Bw nicht geringfügig war, zumal er sich offensichtlich nicht um die Aufgaben gekümmert hat, die ihn zunächst als handelsrechtlichen Geschäftsführer und später als Liquidator der A N Ges.m.b.H. getroffen haben.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.: Gemäß § 64 Abs.1 und 2 VStG ist in jeder Entscheidung eines unabhängigen Verwaltungssenates, mit der ein Straferkenntnis bestätigt wird, auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens zu leisten hat, der mit weiteren 20 % der verhängten Strafe zu bemessen ist. Da im vorliegenden Fall eine Geldstrafe in Höhe von 25.000 S verhängt wurde, beträgt der Verfahrenskostenbeitrag für das Berufungsverfahren 5.000 S.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Ergeht an:

Beilage Dr. B l e i e r

Beschlagwortung: Handelsrechtlicher Geschäftsführer und Liquidator einer GmbH. Für Ablagerung von Abfällen verantwortlich.

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