Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310091/4/Ga/Ha

Linz, 17.03.1998

VwSen-310091/4/Ga/Ha Linz, am 17. März 1998 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des Paul J in Mgegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Wels-Land vom 12. Dezember 1996, Zl. Ge96-163-1994/RE/Dw, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das - in beiden Fakten - angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG; §§ 24; 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c,  51e Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe: 1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde der Berufungswerber in zwei Fällen eines Verstoßes gegen den sogenannten Anlagenvorbehalt gemäß § 17 Abs. 1 iVm § 39 Abs.1 lit.a Z2 AWG schuldig erkannt. Als erwiesen wurde angenommen, er habe sowohl am 2. November als auch am 13. Dezember 1994 auf einem bestimmten Grundstück in M näher beschriebene gefährliche Abfälle abgelagert, "obwohl das Ablagern von gefährlichen Abfällen oder Altölen außerhalb genehmigter Abfallbehandlungsanlagen unzulässig ist." Über den Berufungswerber wurde zu beiden Fakten die Mindeststrafe von je 50.000 S verhängt.

2. Im erstinstanzlichen Verfahren unterließ es der Berufungswerber, trotz entsprechender Aufforderung sich zu den Tatvorwürfen zu rechtfertigen.

In seiner mündlich erhobenen, dann mit Schriftsatz ergänzten, erkennbar auf die Aufhebung gerichteten Berufung bestreitet der Beschuldigte nicht die Eigenschaft der in den Schuldsprüchen angeführten beweglichen Sachen als gefährliche Abfälle; er bringt jedoch vor, daß er nicht als Privatperson hätte verantwortlich gemacht werden dürfen und daß er außerdem sämtliche Abfälle bereits nachweislich entsorgt habe; außerdem hätten ihm nicht zwei getrennte Taten, sondern nur ein einziges Delikt angelastet werden dürfen, weil sich die unter Punkt 2. des Schuldspruchs aufgelisteten Gegenstände auch bereits am 2. November 1994 auf der gegenständlichen Liegenschaft befunden hätten.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

3.1. Mit seinem Einwand, er hätte nicht als "Privatmann", sondern vielmehr als verantwortlicher Geschäftsführer der Paul J Gesellschaft m.b.H. belangt werden müssen, gewänne der Berufungswerber noch nichts für sich, weil die allenfalls gebotene - nur den Rechtsgrund der strafrechtlichen Haftung, nicht aber die Identität des Haftenden selbst berührende - Richtigstellung des Verantwortlichkeitsgrundes durch die Berufungsbehörde auch außerhalb der Verfolgungsverjährungsfrist vorgenommen werden könnte. Auch der von der belangten Behörde im Zuge der Berufungsvorlage nicht bestrittene Umstand, wonach sämtliche spruchgegenständliche Abfälle mittlerweile entsorgt worden seien, könnte die Strafbarkeit des angelasteten Verhaltens grundsätzlich nicht abwenden. Unstrittig und somit erwiesen ist vorliegend auch die Abfalleigenschaft aller in den Schuldsprüchen angeführten beweglichen Sachen und ihre rechtliche Einordnung als gefährliche, dh dem Regime des AWG unterliegende Abfälle (die nach der Aktenlage im übrigen zur Gänze vom rechtskräftig gewordenen, an den Berufungswerber gerichteten und schließlich auch erfüllten Behandlungsauftrag vom 24.5.1995 erfaßt wurden).

3.2. Die Tatbestandsmäßigkeit des Vorwurfs eines Verstoßes gegen den Anlagenvorbehalt des § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG setzt jedoch auch voraus, daß, wie vorliegend den Schuldsprüchen zugrunde gelegt ist, die Abfälle am Tatort nicht nur (vorübergehend) gelagert, sondern abgelagert worden sind. Ablagerung iSd Tatbestandsmerkmals meint einen durch Endgültigkeit (oder der Endgültigkeit gleichwertigen Sachverhalt des langen Fortdauerns, so nämlich, daß von einem bloß zwischenzeitigen, temporären Vorgang faktisch nicht mehr gesprochen werden kann) bestimmten Sachverhalt, der entweder durch unmittelbare Feststellung oder offensichtliche (dh. aus den konkreten Umständen ableitbare) Intention der Entledigungsabsicht nachgewiesen ist.

3.3. Ein Sachverhalt, der die Beurteilung als Ablagerung zweifelsfrei zuließe, ist im Berufungsfall nach der Aktenlage jedoch nicht festgestellt worden. Im Gegenteil: Es überwiegen die Hinweise, die hinsichtlich der vom angefochtenen Straferkenntnis erfaßten Abfälle für eine nur vorübergehende Lagerung als den wahrscheinlicheren Lauf der Dinge sprechen.

So ist die Entledigungsabsicht des Berufungswerbers weder durch ein direktes (Geständnis) noch ein indirektes (zB Zeugenaussage) Beweisergebnis nachgewiesen. Hingegen lassen sich aus den Aktenvermerken vom 9. Februar und vom 30. März 1995 Anhaltspunkte, die für eine Lagerung sprechen, gewinnen. Dort ist nämlich festgehalten, daß der Beschuldigte für den "V" (gemeint: V F86 blau) einen Käufer habe, der nur durch das schlechte Wetter am Abholen des Fahrzeuges gehindert gewesen sei; auch habe der Berufungswerber das Kabinenmoped der Marke S bereits entfernt. Zudem verwendet der Aktenvermerk vom 30. März 1995 hinsichtlich einiger der von den Schuldsprüchen erfaßten Abfälle selbst den Ausdruck "lagern". Und schließlich spricht der Amtssachverständige für Abfallwirtschaft in der Niederschrift vom 6. Mai 1996 über die an Ort und Stelle vorgenommene abfallrechtliche Überprüfung im Gutachtensteil von der "Zwischenlagerung in der im Befund beschriebenen Form." Diese auf eine bloß vorübergehende, wenngleich zweifellos das Beeinträchtigungsvermeidungsgebot des § 17 Abs.1 erster Satz AWG verletzt habende Lagerung hindeutenden Belegstellen in der Aktenlage werden auch nicht durch die Niederschrift über die Amtshandlungen am 13. Dezember und am 2. November 1994 entwertet. So äußert sich der Amtssachverständige in der Niederschrift über den Augenschein am 2. November 1994 zur Frage der Lagerung oder Ablagerung überhaupt nicht. In der Niederschrift über den Augenschein am 13. Dezember 1994 hingegen ist zwar, allerdings nur hinsichtlich eines der vom Schuldspruch zu Faktum 2. erfaßten Abfälle (konkret: Palette mit darauf gelagerter Wanne; in dieser Schmutzwasser mit aufschwimmender Lackschlammschicht), festgehalten, daß "Gestrüpp" diesen Gegenstand überwuchert habe. Allein daraus aber zu schließen, daß dieser Abfall an dieser Stelle "schon über Jahre abgelagert" worden sei, ist keineswegs schlüssig, kann doch eine solche Gestrüppüberwucherung auch innerhalb einer einzigen Vegetationsperiode erfolgen. Die im Akt der Strafbehörde auch einliegende Niederschrift über eine abfallrechtliche Überprüfung am 10. Mai 1994 ist, weil über einen außerhalb der spruchgemäßen Tatzeit liegenden Sachverhalt aufgenommen, für den Berufungsfall ohne Bedeutung. Zuletzt enthält weder die zum Strafakt genommene Äußerung der Marktgemeinde Marchtrenk über einen ersuchten Augenschein am 3. April 1995 noch die Begründung des nachfolgenden Behandlungsauftrages vom 24. Mai 1995 einen tauglichen Hinweis über eine von der belangten Behörde wie auch immer festgestellte Ablagerung der nämlichen Abfälle.

3.4. War aber aus allen diesen Gründen nach der - gemäß § 51e Abs.1 erster Satz VStG zunächst zu prüfenden - Aktenlage hinsichtlich der vorliegend (Fakten 1. und 2.) erfaßten Abfälle von einer deutlich überwiegenden Wahrscheinlichkeit der Lagerung auszugehen, hätte insofern der Tatvorwurf nicht in einer Übertretung des Anlagenvorbehalts iSd § 17 Abs.1 zweiter Satz AWG, sondern in der Übertretung des Beeinträchtigungvermeidungsgebotes iSd § 17 Abs.1 erster Satz AWG - nur dieser Tatbestand kann auch durch eine vorübergehende Lagerung verwirklicht werden - bestehen müssen. Die entsprechende Umformulierung der Schuldsprüche war dem unabhängigen Verwaltungssenat als Berufungsbehörde allerdings versagt, weil dies den Vorwurf einer anderen, freilich verjährten Tat bedeutet hätte. Hinsichtlich der Tatzeit einer iSd § 17 Abs.1 erster Satz AWG unbefugten Lagerung von gefährlichen Abfällen ist nach ständiger Judikatur des unabhängigen Verwaltungssenates ein Dauerdelikt anzunehmen. Auf den Berufungsfall angewendet bedeutet dies, daß von einem Tatzeitraum mit Beginn '2.11.1994' und Ende '12.12.1996' auszugehen war (letzteres als der Tag der Fällung des Straferkenntnisses, worauf nach der VwGH-Judikatur im Zweifel dann, wenn für ein Dauerdelikt - bei sonst erfülltem Tatbild - das Aufhören des verpönten Verhaltens im Schuldspruch datumsmäßig nicht angegeben und aus dem Strafakt auch nicht auf andere Weise eruierbar ist, abzustellen wäre).

3.5. Hat aber der Berufungswerber die ihm angelastete Übertretung des Anlagenvorbehalts nicht begangen, weil - wenigstens im Zweifel - die in Rede stehenden Abfälle von ihm nicht abgelagert, sondern (nur) gelagert gewesen sind, war wie im Spruch zu entscheiden. Dieses Verfahrensergebnis hat von Gesetzes wegen auch die Entlassung des Berufungswerbers aus der Kostenpflicht zur Folge.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens:

Beilage (Akt; Erkenntnis) Dr. G r o f

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