Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-310097/3/Ga/Ha

Linz, 28.11.1997

VwSen-310097/3/Ga/Ha Linz, am 28. November 1997 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch die 5. Kammer (Vorsitzender: Dr. Grof; Berichter: Mag. Gallnbrunner; Beisitzer: Dr. Schön) über die Berufung des Alfred F, vertreten durch Rechtsanwälte G, Lenz, T & P in L, gegen das Strafer-kenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 7. Oktober 1996, UR96-21-1996, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes - AWG, zu Recht erkannt:

Der Berufung wird stattgegeben; das angefochtene Straferkenntnis wird aufgehoben und die Einstellung des Strafverfahrens verfügt. Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG. §§ 24; 45 Abs.1 Z1, 51 Abs.1, 51c, 51e Abs.1 und 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis vom 7. Oktober 1996 wurde der Berufungswerber für schuldig befunden, er habe in seiner Eigenschaft als abfallrechtlicher Geschäftsführer der A A Oberösterreich GesmbH & CoKG, in Linz, zu verantworten, daß am 10. Jänner 1996 von der Firma Mercedes L in S insgesamt 37 kg Druckgaspackungen SN 59803, was gemäß dieser Schlüsselnummer der ÖNORM S 2101 gefährlichen Abfall darstelle, zwecks Abfallsammlung "entgegengenommen" worden seien, obwohl dafür keine Bewilligung gemäß § 15 AWG vorhanden gewesen sei. Der Berufungswerber habe dadurch eine Übertretung des § 15 Abs.1 iVm § 2 Abs.5 AWG begangen. Über ihn wurde gemäß § 39 Abs.1 lit.a Einleitung und Abs.3 AWG iVm § 20 VStG eine (ao gemilderte) Geldstrafe in der Höhe von 25.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe: 36 Stunden) kostenpflichtig verhängt.

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, Verfahrensmängel und, vor allem, unrichtige Tatsachenfeststellung einwendende Berufung. Der unabhängige Verwaltungssenat hat darüber - nach Einsicht in den zugleich vorgelegten Strafakt - erwogen:

2.1. Zur örtlichen Zuständigkeit der belangten Behörde:

Erlaubnispflichtig im Sinne § 15 Abs.1 AWG ist jedenfalls das Sammeln gefährlicher Abfälle. Dieses Sammeln definiert die Gesetzesvorschrift als Abholen oder Entgegennehmen. Das Abholen der gefährlichen Abfälle geschieht beim Kunden des Sammlers, das Entgegennehmen hingegen am Ort des Sammelplatzes, das ist in der Regel die Betriebsstätte am Sitz des Abfallsammlers. Daraus ergeben sich, weil mit der Übertretung gemäß § 15 Abs.1 erster Fall iVm § 39 Abs.1 lit.a Z1 erster Fall AWG ein Tätigkeitsdelikt vorliegt, für das unbefugte Sammeln zwei Tatortmöglichkeiten iSd § 27 Abs.1 iVm § 2 Abs.2 VStG, je nach dem ob die verpönte Tätigkeit in einem Abholen oder in einem Entgegennehmen der Abfälle bestanden hat (vgl die hiezu ständige Rechtsprechung des O.ö. Verwaltungssenates, zB Erk vom 31.5.1995, VwSen-310021 mwN). Vorliegend hat die belangte Behörde schon mit der ersten Verfolgungshand-lung (AzR vom 4.7.1996) angelastet, daß die hier in Rede stehenden Druckgaspackungen von einer bestimmten Firma "zum Zwecke der Abfallsammlung entgegengenommen" worden seien. Denselben Wortlaut verwendet der Schuldspruch des angefochtenen Straferkenntnisses. Tatsächlich hat das als Sammler involvierte, vom Berufungswerber abfallrechtlichhaftbar vertretene Unternehmen die in Rede stehenden Abfälle nicht am Firmensitzgelände in L entgegengenommen, sondern bei der in der Tatanlastung genannten Kundenfirma in S per Sammel-LKW abgeholt. Dies war, zumindest nach der Aktenlage, im gesamten strafbehördlichen Ermittlungsverfahren nicht strittig und fand der unabhängige Verwaltungssenat durch ergänzende Erhebungen im Sinne des § 66 Abs.1 AVG auch bestätigt. Im Ergebnis nahm die belangte Behörde, entgegen dem Anschein der offenbar nur versehentlich falschen Wortwahl in den Tatanlastungen, ihre örtliche Zuständigkeit zu Recht an.

2.2. Dennoch aber verfällt das angefochtene Straferkenntnis wegen gravierender Feststellungsmängel, die der Berufungswerber mit Erfolg einwendet, der Aufhebung.

2.2.1. Die im Strafakt einliegende Anzeige der Umweltrechtsabteilung des Amtes der O.ö. Landesregierung vom 2. Juli 1996 ordnet die gesamte, im Zuge einer Auswertung aus dem Abfall-Datenverbund festgestellte Menge von 37 kg Druckgaspackungen der Schlüsselnummer 59803 der ÖNORM S 2101 zu und führt aus, daß mit dieser Schlüsselnummer ganz bestimmte Druckgaspackungen (Spraydosen), nämlich solche mit mehr als 45 % Massenanteil an brennbarem Inhalt bezeichnet werden. Die so definierten Spraydosen seien zufolge der Verbindlicherklärung durch § 1 der Verordnung über die Festsetzung gefährlicher Abfälle, BGBl. Nr. 49/1991, gefährliche Abfälle. Schon diese Anzeige enthält aber nicht den geringsten Hinweis, ob der - für die Wertung als gefährlicher Abfall jedoch vorauszusetzende - brennbare Inhalt in diesen Spraydosen (immerhin in einem Anteil von mehr als 45 % der Masse) im Zeitpunkt des Abholens tatsächlich vorhanden gewesen ist, und wenn ja, wie dies durch wen festgestellt worden ist. Die Anzeige stellt bloß auf das Formalkriterium der Eintragung der Schlüsselnummer auf dem der Anzeige beigeschlossen gewesenen Begleitschein Nr. 3813096 ab. Allein daraus aber durfte nach den Umständen dieses Falles noch nicht, wie sogleich zu zeigen ist, auf das tatsächliche Vorliegen des wesentlichen Sachelements eines Mindestinhaltes brennbarer Substanzen geschlossen werden.

2.2.2. Bereits in seiner ergänzenden Rechtfertigung vom 6. September 1996 machte der nunmehrige Berufungswerber nämlich geltend, daß nach seinen eigenen, durch die Tatanlastung in der Folge veranlaßten Recherchen es sich bei den nämlichen Spraydosen um vollkommen entleerte Druckgaspackungen, für die offenbar versehentlich die Schlüsselnummer 59803 eingetragen worden war, gehandelt hätte und dieser Abfall "ja sogar von Schrotthändlern, wenn ein Loch in die Spraydose gemacht wurde, akzeptiert" würde. Spätestens in diesem Stadium des Strafverfahrens hätte sich die belangte Behörde auf Grund des Einwandes des Beschuldigten zu geeigneten Ermittlungsschritten entschließen müssen, um dem Wahrheitsgehalt der Beschuldigtenverantwortung auf den Grund zu gehen. Derartige Ermittlungen haben jedoch, zumindest nach der Aktenlage, nicht stattgefunden. Vielmehr fällte die belangte Behörde sogleich das nun angefochtene Straferkenntnis. In dessen Begründung hält sie den objektiven Tatbestand für zweifelsfrei erwiesen und verwirft die oben ausgebreitete Rechtfertigung des Beschuldigten mit der Auffassung, daß die hier fraglichen Spraydosen gefährlicher Abfall schon deswegen gewesen seien, weil "bei entsorgten Druckgaspackungen praktisch immer ein Rest des Inhaltes an der Packung haften bleiben müsse" (Hervorhebungen durch den UVS). Abgesehen davon, daß dem Beschuldigten zu dieser die Tatseite betreffenden, auf offensichtliche Vermutungen aufbauenden Auffassung von der belangten Behörde vor der Fällung des Schuldspruchs kein rechtliches Gehör gewährt wurde, ist diese Darstellung für sich genommen zur Untermauerung der Tatbestandsmäßigkeit sachlich und rechtlich untauglich, weil die angegebene Schlüsselnummer der (zum Tatzeitpunkt noch in Geltung stehenden) ÖNORM S 2101, Fassung 1.12.1983 bzw Juni 1993, keineswegs von bloß irgendeinem Restinhalt ausgeht, sondern von mehr als 45 % Massenanteil an brennbarem Inhalt. Daß aber ein solcher Massenanteil von brennbaren Inhalten in der Gesamtmenge von 37 kg Spraydosen tatsächlich vorhanden war, ist nicht festgestellt worden. Diesem Ermittlungsdefizit steht die nach Ansicht des unabhängigen Verwaltungssenates nicht von vornherein unplausible, zudem in der Berufung mit zwei eidesstattlichen Erklärungen (des Inhabers der Kundenfirma sowie des abholenden KFZ-Lenkers) untermauerte und alles in allem nicht unglaubwürdige Bestreitung gegenüber, sodaß die Annahme der Tatbestandsmäßigkeit auf den schlichten Umstand der Begleitschein-Eintragung nicht, jedenfalls nicht mit der für einen Schuldspruch erforderlichen Sicherheit, gestützt werden durfte.

2.3. Weil aber der aufgezeigte, gravierende Feststellungsmangel vom unabhängigen Verwaltungssenat nicht nachzuholen war (vgl VfGH 26.6.1997, G 270/96 ua, wonach der unabhängige Verwaltungssenat nicht zur Führung von Verwaltung, sondern zu deren Kontrolle berufen ist) und auch aus praktischen Gegebenheiten nicht mehr hätte nachgeholt werden können, war aus allen diesen Gründen wie im Spruch zu entscheiden.

3. Mit diesem Verfahrensergebnis ist der Berufungswerber auch aus seiner Kostenpflicht entlassen.

Rechtsmittelbelehrung: Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis: Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muß - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 2.500 S zu entrichten.

Ergeht an die Parteien dieses Verfahrens:

Dr. G r o f

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